Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.01.2013, Az. XII ZB 74/11

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8536

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Gegenstand

Gesetzesänderung zum Versorgungsausgleich: Anzuwendendes Recht nach Nichtbetreiben des Verfahrens während sechs Monaten


Leitsatz

Für die Frage der Anwendung des vor oder nach dem 1. September 2009 geltenden materiellen und formellen Rechts zum Versorgungsausgleich steht das bloße Nichtbetreiben eines Verfahrens nicht einer gerichtlichen Anordnung über das Ruhen des Verfahrens gleich.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 18. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 2. Februar 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

[X.]: 2.000 €

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über den Versorgungsausgleich.

2

Auf den am 21. April 2008 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 22. März 1996 geschlossene Ehe der Antragstellerin (Ehefrau) und des Antragsgegners (Ehemann) - insoweit rechtskräftig - durch [X.] vom 11. August 2010 geschieden und den Versorgungsausgleich auf der Grundlage des seit 1. September 2009 geltenden Rechts geregelt.

3

Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das [X.] die Entscheidung zum Versorgungsausgleich - ebenfalls unter Anwendung des seit 1. September 2009 geltenden Rechts - abgeändert. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns.

II.

4

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

5

Entgegen der Annahme des [X.]s ist auf das Verfahren gemäß Art. 111 Abs. 1, 3, 4 [X.], § 48 Abs. 1, 2 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Verfahrensrecht und materielle Recht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist und weil es weder am 1. September 2009 noch danach abgetrennt oder ausgesetzt und das Ruhen nicht angeordnet war (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 - [X.] 139/09 - FamRZ 2011, 1287 mwN).

6

Zwar hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Amtsgerichts mit Aktenvermerk vom 9. Dezember 2009 festgestellt, dass das Verfahren seit sechs Monaten nicht betrieben sei und deshalb gemäß § 7 Abs. 3 [X.] als erledigt gelte. Dies steht jedoch der Anordnung eines Ruhens des Verfahrens im Sinne des Art. 111 Abs. 3 [X.] und des § 48 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht gleich.

7

Der ursprüngliche Gesetzentwurf, nach dem das neue materielle Recht anzuwenden sei, wenn das Verfahren nach dem Tag seines Inkrafttretens "entweder wieder aufgenommen oder sonst weiterbetrieben werde" (BT-Drucks. 16/10144 S. 16, 86), wurde im Gesetzgebungsverfahren dahin abgeändert, dass nur ein Ruhen auf der Grundlage einer formellen gerichtlichen Entscheidung einen Wechsel des materiellen und formellen Rechts bewirken solle, während ein solcher Wechsel nicht an bloße faktische, gerichtsinterne Vorgänge anknüpfen solle, die für die Verfahrensbeteiligten nicht ohne weiteres erkennbar seien (BT-Drucks. 16/11903 S. 23, 57, 61 f.; BT-Drucks. 16/10144 S. 127; vgl. bereits [X.] Celle FamRZ 2011, 587). An der danach erforderlichen formellen gerichtlichen Entscheidung über das Ruhen des Verfahrens, die allein den Wechsel des anwendbaren Rechts bewirken könnte, fehlt es im vorliegenden Fall.

8

Das [X.] wird den Versorgungsausgleich insgesamt nach dem bis zum 1. September 2009 geltenden Recht durchzuführen haben, da die vollständige interne Teilung der in der gesetzlichen Rentenversicherung ehezeitlich erworbenen Anwartschaften - auch wenn sie mit der Beschwerde und Rechtsbeschwerde nicht angegriffen ist - neben einem möglichen erweiterten Splitting nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 [X.] bezüglich der in der Lebensversicherung erworbenen Anrechte keinen Bestand haben kann.

Dose                                  Schilling                          Günter

             Nedden-Boeger                            Botur

Meta

XII ZB 74/11

30.01.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Stuttgart, 2. Februar 2011, Az: 18 UF 257/10

§ 48 Abs 2 VersAusglG, Art 111 Abs 3 FGG-RG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.01.2013, Az. XII ZB 74/11 (REWIS RS 2013, 8536)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8536

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