Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2016, Az. VI ZR 654/15

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 5621

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:130916U[X.]654.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]

Verkündet am:

13. September 2016

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 249 ([X.], K)

a)
Zur Berechnung des bei fiktiver Schadensabrechnung vom [X.] eines unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs in Abzug zu brin-genden Umsatzsteueranteils ([X.], Urteil vom 9.
Mai 2006 -
VI [X.], [X.], 987).

b)
Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, ist die im Rahmen einer Ersatzbeschaffung angefallene Umsatzsteuer nicht ersatzfähig. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist
insoweit unzulässig ([X.], Urteil vom 30. Mai 2006 -
VI [X.], [X.], 1088 Rn. 11).

[X.], Urteil vom 13. September 2016 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2016 durch den Vorsitzenden [X.], den
Richter Wellner,
die Richterinnen von [X.] und [X.] und [X.] Klein

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] und die [X.] der [X.] wird unter Zurückweisung der weitergehenden Revision des [X.] das Urteil der 6.
Zivilkammer des [X.] vom 29. Oktober 2015 teilweise aufgehoben und zur Klar-stellung teilweise neu gefasst.
Die Berufung der Beklagten wird insoweit zurückgewiesen, als die Beklagte zur Zahlung

jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. April 2014,
und
zur Freistellung des [X.] von den Vergütungsansprüchen sei-

verurteilt worden ist. Insoweit wird auch die Anschlussberufung des [X.] zurückgewiesen.
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3
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Hinsichtlich der Frage des entgangenen Gewinns wird die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger, ein Taxiunternehmer,
nimmt den beklagten Haftpflichtversi-cherer auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 21. [X.]
in Anspruch. Die volle Haftung der Beklagten für den Unfallscha-den steht dem Grunde nach außer Streit.
In einem vom Kläger vorprozessual eingeholten Gutachten ermittelte ein Sachverständiger einen Wiederbeschaffungswert von brutto und einen Restwert
des [X.], eines Taxis der Marke [X.], [X.], von netto 1..
Der Kläger rechnete mit der Beklagten auf Gutachtenbasis ab, zuletzt machte er zudem entgangenen Gewinn für 26 Tage zog bei der Schadensregulierung
von dem geltend gemachten Wiederbeschaffungswert einen Umsatzsteueranteil von 19
% ab und zahlte entgangenen Gewinn Der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger
erwarb am 16.
Januar 2014 ein [X.] im September 2009 zugelassenes, regelumsatzbesteuertes Fahrzeug der z-steuer.
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Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, wonach ein Ersatzfahrzeug der Differenzbesteuerung mit einem Umsatzsteuer-anteil von 2,4 % unterläge,
vom ermittelten Wiederbeschaffungswert von brutto . Ausgehend von einem Wiederbeschaffungswert von damit

und
einem Restwert von netto hat das Amtsgericht einen Wiederbeschaffungsaufwand von errechnet
und der Klage unter Berücksichtigung der hierauf geleiste-ten vorgerichtlichen Zahlung der Beklagten von
5.084,0insoweit in Höhe von Zudem hat das Amtsgericht weiteren entgangenen

abzüglich vorgericht-)
sowie Sachverständigen-ko

zugesprochen
und die Beklagte verpflich-tet, den Kläger von vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe freizustellen.
Auf die Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des [X.] hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert
und der Klage en vom Gutachter ermittelten Wiederbeschaffungswert
hat es um die in dem
Fahrzeugerwerb vom 16. Januar 2014 enthaltene Umsatzsteuer von 926,05

Im Ergebnis ist das Berufungsgericht von einem restlichen Wiederbeschaffungsaufwand des [X.] von brutto

h

Zudem hat das Berufungsgericht ent-abzüglich vorgerichtlicher ZSachverständigenkosten in Höhe von weiteren 35,70

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Beklagte verpflichtet, den Kläger von vorgerichtlich angefallenen Rechtsan-

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger über den vom Amtsgericht zuerkannten Betrag hinaus weiter
e-nen Gewinn). Die Beklagte wendet sich mit der [X.] gegen den dem Kläger vom Berufungsgericht zugesprochenen
weiteren entgangenen Ge-winn.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
im We-sentlichen ausgeführt, dass sich der Geschädigte die Möglichkeit des [X.] bei Abrechnung auf Gutachtenbasis als Vorteil anrechnen lassen müsse. Der Gesetzgeber habe nur bei nicht vorsteuerabzugsberechtigten [X.]n den Schadensersatz bei der Umsatzsteuer an die konkreten steuerlichen Verhältnisse gekoppelt. Die Umsatzsteuer sei nur noch bei ihrem konkreten Anfall ersatzfähig. Erwerbe ein vorsteuerabzugsberechtigter Geschädigter ein regelbesteuertes Ersatzfahrzeug, gewährte eine Nichtberücksichtigung der [X.] dem Geschädigten einen Vorteil durch den Ausgleich eines Schadens, der bei ihm konkret nicht eingetreten sei.
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6
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Den entgangenen Gewinn des [X.] hat das Berufungsgericht ge-schätzt.

II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Revision des [X.] wendet sich mit Erfolg gegen die Auffassung
des Berufungsgerichts, der Kläger müsse sich im Rahmen der fiktiven Scha-densberechnung die -
im regelbesteuerten Fahrzeugerwerb
vom 16.
Januar 2014 enthaltene
-

Auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung
des entgangenen Gewinns [X.] durchgreifenden Bedenken.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger nach § 249 Abs. 2 Satz
2 [X.] keinen Anspruch auf Ersatz von [X.] hat, die tatsächlich nicht angefallen ist. Hingegen ist die Annahme des Berufungsgerichts, der deshalb vom Wiederbeschaffungswert in Abzug zu brin-gende Betrag bemesse sich aus dem Umsatzsteueranteil des Fahrzeugerwerbs vom 16. Januar 2014, nicht frei von [X.].
Eine Kombination
fiktiver und konkreter Schadensberechnung ist
insoweit nicht zulässig.
a) Der bei Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag schließt die Umsatzsteuer nach § 249 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mit dieser durch das [X.] zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.
Juli 2002 ([X.]l.
I 2002, 2674) eingeführten gesetzlichen Regelung wollte der [X.] nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstel-7
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lung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tat-sächlich angefallen ist. Für den Ersatz der Umsatzsteuer kommt es aber -
unab-hängig von dem Weg, den der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat
-
darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands [X.] ist.
Hingegen soll die Umsatzsteuer nicht mehr ersetzt werden, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Repara-tur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt (Senatsurteil vom 2.
Juli 2013 -
VI [X.], [X.], 587). Verzichtet der Geschädigte
auf eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung und verlangt stattdessen den hierfür erforderlichen [X.], erhält er nicht mehr den vollen, sondern den um die Umsatzsteuer redu-zierten Geldbetrag. Dies gilt sowohl für den Fall, dass sich der erforderliche Geldbetrag nach den fiktiven Reparaturkosten richtet als auch für den Fall, dass er sich nach den fiktiven Kosten für die Beschaffung einer gleichwertigen [X.]
([X.]. 14/7752, 23
f.).
Die Vorschrift des §
249 Abs. 2 Satz 2 [X.] begrenzt insoweit die Dispositionsfreiheit des Geschädigten (Senatsur-teile vom 2.
Juli 2013 -
VI [X.], [X.], 587
Rn.
7; vom 9. Mai 2006
-
VI [X.], [X.], 2181, Rn. 10).
b) Das Berufungsgericht hat hierbei
aus dem Blick verloren, dass der
Kläger
nach den getroffenen Feststellungen den Schaden fiktiv auf der [X.] eines Sachverständigengutachtens abrechnet. Die vom Brutto-Wieder-in Abzug zu bringende Umsatzsteuer bemisst sich folglich nicht aus dem -
am 16. Januar 2014 tatsächlich erfolgten -
Erwerb eines Ersatzfahrzeugs, sondern aus dem fiktiven Ersatzbeschaffungsgeschäft.
Hierfür hatte
der Tatrichter zu klären, ob solche Fahrzeuge üblicherweise auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 10 UStG regelbesteuert oder nach §
25a UStG differenzbesteuert oder von Privat und damit umsatzsteuerfrei an-geboten werden. Dabei ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn 12
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sich der Tatrichter im Rahmen der Schadensschätzung (§ 287 ZPO) an der überwiegenden Wahrscheinlichkeit orientiert, mit der das Fahrzeug diesbezüg-lich auf dem Gebrauchtwagenmarkt gehandelt wird
(Senatsurteil vom 9.
Mai 2006 -
VI [X.], [X.], 2181; Soergel/Ekkenga/[X.], [X.], 13. Aufl., § 249 Rn.
273; [X.].
14/7752, 24).
Nach den von den Parteien nicht beanstandeten Feststellungen war [X.] bei einer (hypothetischen) Ersatzbeschaffung von Differenzbesteuerung auszugehen und ist in
dem [X.] von 7.400

Umsatzsteueranteil in Höhe von 2,4 %

enthalten. Der Schaden des [X.] errechnet sich somit insoweit
aus einem Netto-Wiederbeschaffungswert

Abzüglich des [X.] von netto 1.1e-richtlichen Zahlung

sich folglich der vom Amtsgericht zugesprochene
restliche Wiederbeschaf-

Bei dieser Sachlage kommt es entgegen der Auffassung der
Anschluss-revision auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des [X.]
nur bei Berechnung des Netto-Restwertes des [X.], nicht aber dessen [X.] an. Da die fiktive Umsatzsteuer nach § 249 Abs. 2 Satz 2 [X.] von vornherein nicht zu erstatten
ist, ist es entgegen der Auffassung der Revision nicht erheblich, dass die bei Differenzbesteuerung im (fiktiven) [X.] enthaltene (fiktive) Umsatzsteuer von der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs nicht erfasst würde
(vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25.
November 2008 -
VI [X.], r
+
s 2009, 83 mwN).
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c) Der Abzug der Umsatzsteuer vom [X.] hat-te nicht deshalb zu unterbleiben, weil
bei der Ersatzbeschaffung vom 16.
Ja-nuar 2014 tatsächlich U

Dies ergibt sich im Streitfall schon aus dem Umstand, dass der [X.] Kläger am 16. Januar 2014 ein regelbesteuertes Fahrzeug erworben hat und er sich nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs den Einwand der Vorsteuerabzugsmöglichkeit entgegen halten lassen muss (st. Rspr. seit [X.] vom 6. Juni 1972 -
VI [X.], NJW 1972, 1460; zuletzt etwa [X.] vom 18. März 2014 -
VI [X.], NJW 2014, 2874 Rn. 17).
Unabhängig hiervon ist die beim Fahrzeugerwerb vom 16. Januar 2014 tatsächlich angefallene Umsatzsteuer nicht ersatzfähig, weil der Kläger die für ihn günstigere Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung auf der [X.] gewählt hat. An dieser Art der Scha-densabrechnung muss er sich jedenfalls dann festhalten lassen, wenn -
wie hier
-
die konkreten Kosten der Ersatzbeschaffung unter Einbeziehung der gel-tend gemachten Nebenkosten den ihm aufgrund der fiktiven Schadensabrech-nung zustehenden Betrag nicht übersteigen; eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (Senatsurteil vom 30.
Mai 2006 -
VI [X.], [X.], 2320, 2321 Rn. 11; vgl. auch Senats-urteile
vom 17. Oktober 2006 -
VI [X.], [X.], 263 Rn. 15; vom 15.
Februar 2005 -
VI [X.], [X.], 170, 175). Auf die umstrittene Frage, ob
bei fiktiver Abrechnung von Reparaturkosten unter Umständen tat-sächlich aufgewendete Umsatzsteuer neben den vom Sachverständigen ermit-telten Nettoreparaturkosten ersetzt verlangt werden kann, wenn der [X.] sich mit einer Eigen-, Teil-
oder Billigreparatur zufrieden gibt (vgl. hierzu [X.] vom 3. Dezember 2013 -
VI [X.], NJW 2014, 535 Rn.
13 mwN),
kommt es für die vorliegende Fallgestaltung nicht an.
Solche
Fallgestaltungen sind schon deshalb nicht vergleichbar, weil die verkehrssichere (Teil-)Reparatur 16
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nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats unter Umständen gerade Voraussetzung der Abrechenbarkeit
von fiktiven Reparaturkosten ist (Senatsur-teile vom 29. April 2008 -
VI [X.], [X.], 1941; vom 29.
April 2003
-
VI [X.], [X.], 395).
Überstiegen -
wie hier nicht -
die konkreten Kosten der nachträglich vor-genommenen Ersatzbeschaffung einschließlich der Nebenkosten wie tatsäch-lich angefallener Umsatzsteuer den aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden
Betrag, bliebe es dem Geschädigten

im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Schadensabrechnung und der Verjährung -
im Übrigen unbenommen,
zu einer konkreten Berechnung auf der Grundlage der Ersatzbeschaffung überzugehen (Senatsurteile vom 18. Oktober 2012

VI
ZR 17/11, [X.], 50; vom 17. Oktober 2006 -
VI [X.], [X.], 263; vom 20. April 2004 -
VI [X.], [X.], 388,
391 f.; zur konkreten Be-rechnung der zu ersetzenden Umsatzsteuer s. insoweit Senatsurteil vom 15.
November 2005 -
VI ZR 26/05, [X.], 397).
d) Die von den Vorinstanzen zugesprochenen weiteren Sachverständi-genkosten sowie die Verpflichtung zur Freistellung vorgerichtlicher [X.] sind nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.
2. Die Berechnung des dem Kläger zugesprochenen weiteren entgange-nen Gewinns (§ 252 [X.]) erweist sich ebenfalls als
rechtsfehlerhaft.
a) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die diesbezügliche Beweis-würdigung des Berufungsgerichts. Das Revisionsgericht kann
dabei
lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. 18
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Rspr.; Senatsurteile vom 1. Oktober 1996 -
VI ZR 10/96, [X.], 362, 364; vom 8. Juli 2008 -
VI
ZR 274/07, [X.], 1126 Rn. 7; [X.], Urteil vom 5.Oktober 2004 -
XI ZR 210/03, [X.]Z 160, 308, 317). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für eine Beweiswürdigung, die -
wie hier ([X.], Urteil vom 9.
April 1992 -
IX ZR 104/91, NJW-RR 1992, 997)
-
nach § 287 ZPO vorzuneh-men ist. Diese Vorschrift stellt nämlich lediglich geringere Anforderungen an das Maß für eine Überzeugungsbildung des Tatrichters, ist aber hinsichtlich der revisionsrechtlichen Überprüfung keinen anderen Maßstäben als die Überzeu-gungsbildung im Rahmen des § 286 ZPO unterworfen (Senatsurteil vom 19.
April 2005 -
VI ZR 175/04, [X.], 1108
Rn. 9).
b) Die Revision zeigt einen solchen Denkfehler auf. Sie weist zutreffend darauf hin,
dass sich das Berufungsgericht die Angaben aus dem Privatgutach-ten des [X.] zu Eigen
gemacht, dabei aber übersehen hat, dass der [X.] für die Dauer der Wiederbeschaffung von elf
Werktagen ausging und nicht, wie vom Berufungsgericht ohne weiteres
im Urteil niedergelegt, von elf
(Kalender-)
Tagen. Die auf diesem Fehlverständnis aufbauende Herleitung von 6,63 Tagen [X.] ist denkfehlerhaft.
Die dem Berufungsurteil zugrundeliegende Berechnung der [X.] verkennt zudem, dass sich die Ausfallzeit eines Fahrzeugs aus der notwendigen Reparatur-
oder
Wiederbeschaffungsdauer zuzüglich der [X.] für die Schadensfeststellung und gegebenenfalls einer angemessenen Überle-gungszeit zusammensetzt (Senatsurteil vom 5. Februar 2013 -
VI [X.], [X.], 1151 Rn. 22). Aufgrund der bisherigen Feststellungen wäre -
die Darlegung entgangenen Gewinns unterstellt
-
von einer längeren Ausfallzeit auszugehen gewesen, da das Schadensgutachten den Kläger erst am 30. [X.] erreichte.
22
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c) Darüber hinaus hält die Schätzung
des entgangenen Gewinns auf-grund des vom Kläger gehaltenen, vom Berufungsgericht selbst
als unzu-reichend monierten Vortrags auch
den Angriffen der
[X.] nicht stand.
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung entgangenen Ge-winns des [X.] nach § 287 ZPO ist überraschend und verletzt den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Erteilt das Gericht einen rechtlichen Hinweis in einer entscheidungserheblichen Frage, so darf es diese Frage im Urteil nicht abweichend von seiner geäußerten Rechtsauffas-sung entscheiden, ohne die Verfahrensbeteiligten zuvor auf die Änderung der rechtlichen Beurteilung hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben (Senatsbeschluss vom 29. April 2014
-
VI
ZR 530/12, r + s 2014, 427 mwN; [X.], NJW 1996, 3202). Gleiches gilt für das vorliegende Abrücken
des Berufungsgerichts von seinem Hinweis, der klägerische Vortrag betreffend entgangenen Gewinn sei unzureichend. Mit einer
Schadensschät-zung durch das Berufungsgericht musste die Beklagte nach dem dokumentier-ten Fortgang des Verfahrens auch bei kundiger und gewissenhafter [X.] nicht rechnen. Das Berufungsgericht hatte den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom
25.
April 2015 darauf hingewiesen, dass er den entgangenen Ertrag konkret darlegen
müsse. Auf sodann vom Kläger gehaltenen
Vortrag wies das Berufungsgericht in der nächsten Verhandlung am 24. September 2015 darauf hin, dass auch der weitere Vortrag des [X.] für den Nachweis entgangenen Gewinns nicht genüge. In der Berufungsentscheidung legt es [X.] aber den vom Kläger genannten Betrag zugrunde. Überdies fehlt eine Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Beklagten zum Ende eines
geordne-ten Geschäftsbetriebs
des [X.] noch vor dem Unfall
gänzlich.
24
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13
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Über die Verletzung rechtlichen Gehörs hinaus moniert die [X.] zutreffend die Schätzung des entgangenen Gewinns nach §
287 ZPO als solche. Der Tatrichter kann und muss von einer Schätzung absehen, wenn [X.] mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge
([X.], Urteil
vom 22. Mai 1984 -
III ZR 18/83,
[X.]Z 91, 243, 256). Eine hinreichende Schätz-grundlage ist vorliegend nicht ersichtlich
(Senatsurteil vom 28.
April 1992

-
VI
ZR 360/91,
NJW-RR 1992, 1050, 1051; [X.], Urteil
vom 18. Februar 1993

-
III ZR 23/92,
NJW-RR 1993, 795, 796; [X.]/[X.], ZPO, 31.
Auflage,
§
287 Rn. 8). Das Berufungsgericht selbst hat durch seine Hinweise im Verfahren deutlich gemacht, dass es den Vortrag des [X.]
zum entgangenen Gewinn für unzureichend erachtet. Eine auf Gewinn zielende unternehmerische Tätig-keit für das [X.] konnte das Berufungsgericht nicht mehr feststellen. Das Abstellen auf den Einkommenssteuerbescheid des [X.] für das [X.], in dem zu erheblichen Teilen eine aufgelöste Rücklage des Vorjahres enthalten war, genügt nicht, zumal sich das Berufungsgericht in keiner Weise mit dem Vortrag der Beklagten auseinandersetzt, der Geschäftsbetrieb des [X.] sei im [X.] in sich zusammengebrochen.

III.
Das angefochtene Urteil war daher im Umfang der Anfechtung durch Re-vision und [X.] teilweise aufzuheben. Hinsichtlich des restlichen [X.] hat der Senat in der Sache selbst entschieden und im Ergebnis das
Urteil des Amtsgerichts wiederhergestellt, weil die Aufhe-bung des Berufungsurteils insoweit nur wegen Rechtsverletzung bei Anwen-dung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt ist und nach letzterem die Sache zur Entscheidung reif war. Hinsichtlich der Frage des restli-26
27
-
14
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chen entgangenen Gewinns war
die Sache zu
neuer
Verhandlung und Ent-scheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen

562 Abs. 1, § 563 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Galke
Wellner
von [X.]

[X.]

Klein
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.11.2014 -
13 C 1812/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 29.10.2015 -
Bi 6 S 1/15 -

Meta

VI ZR 654/15

13.09.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2016, Az. VI ZR 654/15 (REWIS RS 2016, 5621)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5621

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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