Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2013, Az. XI ZR 19/12

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1449

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI ZR 19/12
Verkündet am:

5. November
2013

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat gemäß §
128 Abs.
2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 13.
September
2013
einge-reicht werden konnten, durch
den Vorsitzenden Richter [X.], [X.]
Ellenberger, [X.], [X.] und die Richterin Dr.
Menges
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]
wird das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 16.
Dezember
2011
im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als im Verhältnis zur [X.] zu
1) hinsichtlich
des Vorwurfs der unterbliebenen Aufklärung
über die von der [X.] zu
1) vereinnahmten
Rückvergütungen zum Nachteil des
[X.]
entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:
Der
Kläger
macht in der Revisionsinstanz nur noch gegenüber der Be-klagten zu
1) (nachfolgend: Beklagte) Schadensersatzansprüche wegen fehler-hafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlosse-nen Immobilienfonds geltend.
Auf Rat und Empfehlung des Mitarbeiters B.

der [X.]
zeich-nete der Kläger am 27.
November 1998 eine Kommanditbeteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds L.

KG
(nachfolgend: Fonds) in Höhe von 100.000
DM. Die Beklagte erhielt von dem Fonds eine Provision in Höhe von 5.117
DM, die aus den im Prospekt ausgewiesenen Kosten der [X.] flossen. Ferner
schloss der Kläger mit der früheren [X.] zu
2), die den Erwerb der Immo-bilien finanziert hatte und die die obligatorische Anteilsfinanzierung der Anleger in Höhe von 26,9% des jeweiligen [X.] übernommen hatte, einen Übernahme-/Darlehensvertrag über 26.900
DM. Die frühere Beklagte zu
3) sollte die Beteiligung des [X.] treuhänderisch halten.
Der Fonds investierte in sechs eigenständige Büro-
und Verwaltungsge-bäude am S.

. Hauptmieterin der Fondsgebäude war der B.

, mit dem ein Mietvertrag mit einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren, der eine Verlängerungsoption enthielt, geschlossen worden
war. Als die Mietverträge
im Jahr 2008 ausliefen, wurden sie vom B.

nicht verlängert. Infolge der ausbleibenden Mietzahlungen in Höhe von mehr als 1
Mio.
DM monatlich kam die Fondsgesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkei-ten. Da eine Neuvermietung nur nach umfassenden baulichen Maßnahmen möglich gewesen wäre, wurden die Fondsobjekte
im Jahr 2008 veräußert. Die 1
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Anleger erhielten aus dem Verkauf keine Zahlungen. Die Fondsgesellschaft befindet sich in Abwicklung.
Der
Kläger
hat
die Beklagte
unter anderem deswegen auf [X.] in Anspruch
genommen, weil deren
Mitarbeiter nicht über vereinnahmte Rückvergütungen informiert
habe. Das [X.] hat unter vollständiger Ab-weisung der Klage gegen die früheren [X.] zu
2) und zu
3) der Klage des [X.] gegen die Beklagte
unter Abweisung im Übrigen
lediglich in Höhe von 32.124,82

n-teile sowie wegen vorgerichtlicher
Anwaltskosten in Höhe von 1.761,08

nebst Zinsen stattgegeben. Ebenso hat
es den gegen die Beklagte
gerichteten Anträ-gen auf Feststellung der Ersatzpflicht für
weitere Schäden und des Annahme-verzuges
sowie auf Freistellung von der gegenüber der früheren [X.] zu
2) bestehenden Darlehensrückzahlungsverpflichtung
stattgegeben. Auf die Widerklage der früheren [X.]
zu
2) hat das [X.] den Kläger verur-teilt,
an diese den noch offenen
Darlehensbetrag in Höhe von 13.954,28

nebst Zinsen in Höhe von 2,5
Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.] seit dem 1.
Juli
2008 zu zahlen. Das landgerichtliche Urteil ist
im Verhältnis zu den früheren [X.] zu
2) und
zu 3) (Klageabweisung und Widerklage-verurteilung) rechtskräftig geworden. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte
die vollständige Klageabweisung begehrt. Der Kläger hat demgegenüber be-gehrt, die Beklagte
über den zuerkannten Betrag hinaus
zur Zahlung weiterer 12.952,72

Das Berufungsgericht hat unter Zu-rückweisung der Berufung des [X.] auf die Berufung der [X.]
die ge-gen sie gerichtete Klage abgewiesen.
Der Senat hat die Revision des [X.] gegen das Berufungsurteil nur zugelassen, soweit es um den Vorwurf der un-terbliebenen oder fehlerhaften Aufklärung über die von der [X.]
verein-nahmten Provisionen oder Rückvergütungen geht. In diesem Umfang verfolgt 4
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5
-
der Kläger mit der Revision sein Klagebegehren gegenüber der [X.]
wei-ter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für das Revisionsverfahren
von Interesse

im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe ihre aus einem
[X.] fließende Pflicht,
über Rückvergütungen
aufzuklären, nicht verletzt. Die Beklagte habe eine Innenpro-vision erhalten, keine Rückvergütung. Der Umstand, dass
die Provision aus den offen im Prospekt ausgewiesenen Eigenkapitalvermittlungskosten geflossen sei, ändere an dieser Einordnung nichts, da die offen ausgewiesenen Eigenka-pitalvermittlungskosten nicht aus offen ausgewiesenen Provisionen, sondern aus dem Anlagevermögen gezahlt worden seien.

II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

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-
6
-
1. Nach den
nicht angegriffenen Feststellungen des
Berufungsgerichts ist
zwischen dem
Kläger
und der [X.] stillschweigend ein [X.] zustande gekommen.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht
eine Aufklärungspflichtver-letzung aus diesem Beratungsvertrag in Bezug auf die von der [X.] ver-einnahmte
Provision verneint.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem [X.] verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte [X.] aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklä-ren.
[X.] Rückvergütungen in diesem Sinne sind -
regelmäßig umsatzabhängige
-
Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisi-onen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provi-sionen wie zum Beispiel [X.] und [X.] gezahlt werden, deren Rückfluss an die [X.] aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entste-hen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9.
März 2011 -
XI
ZR
191/10, [X.], 925
Rn.
25 und Senatsurteil vom 8.
Mai 2012

XI
ZR
262/10, BGHZ
193, 159 Rn.
17). Danach handelt es sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
auch dann
um aufklärungs-pflichtige Rückvergütungen, wenn diese nicht aus einem Agio oder aus Verwal-tungsgebühren, sondern aus sonstigen
offen ausgewiesenen Vertriebskosten fließen, wobei es auch nicht darauf ankommt, ob die Zahlung des Anlegers "über die Bank" oder direkt an die Fondsgesellschaft erfolgt
(vgl. Senatsurteil vom 8.
Mai 2012

XI
ZR
262/10, BGHZ
193, 159 Rn.
18 mwN).

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7
-
b) Die Beklagte hat nach den vom Berufungsgericht in Bezug
genomme-nen Feststellungen des [X.]s
eine Provision in
Höhe
von
5.117
DM aus den im Prospekt in Höhe von ca. 7,9
Mio.
DM ausgewiesenen Kosten für die
Ei-genkapitalbeschaffung
erhalten. Dabei handelt es sich

wie der erkennende Senat zum selben Fonds bereits entschieden hat (Senatsurteile
vom 11.
Sep-tember 2012

XI
ZR
363/10, [X.], 513
Rn.
16
f. und vom 16.
Juli 2013

XI
ZR
363/11, juris
Rn.
12
f.)

um eine Rückvergütung
im Sinne der Senats-rechtsprechung, über die die Beklagte den
Kläger
ungefragt hätte aufklären müssen.
Das hat der Mitarbeiter der [X.] nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getan. Auch aus dem Prospekt war nicht zu ersehen, dass die Beklagte einen Teil der [X.]skosten erhalten soll-te.

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8
-
III.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO). Sollte es im weiteren
Verfahren auf die
Frage der Kausalität
oder der Verjährung
ankommen, weist der Senat auf die Ausführungen in seinen
Urteilen
vom 8.
Mai 2012 (XI
ZR
262/10, BGHZ
193, 159 Rn.
28
ff.)
und vom 26.
Fe-bruar 2013 (XI
ZR
498/11, [X.], 233
Rn.
26
ff.) hin.

[X.]

Ellenberger

Grüneberg

[X.]

Menges

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.10.2010 -
3 O 180/09 -

O[X.], Entscheidung vom 16.12.2011 -
3 U 1206/10 -

12

Meta

XI ZR 19/12

05.11.2013

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2013, Az. XI ZR 19/12 (REWIS RS 2013, 1449)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1449

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