Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2013, Az. XI ZR 363/11

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4133

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI ZR 363/11
Verkündet am:

16. Juli 2013

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat gemäß §
128 Abs.
2 ZPO im schriftlichen Verfahren,
in dem Schriftsätze bis zum 4.
Juni 2013
eingereicht werden konnten, durch
den Vorsitzenden Richter [X.], die Richter Dr.
Joeres, Dr.
Ellenberger, Dr.
Matthias
und die Richterin Dr.
Menges
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]
wird das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 15.
Juli 2011
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als im Verhältnis zur [X.] zu
1) hinsichtlich
des Vorwurfs der unterbliebenen Aufklärung
über die von der [X.] zu
1) vereinnahmten
Rückvergütungen zum Nachteil des
[X.]
entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der
Kläger
macht in der Revisionsinstanz nur noch gegenüber der Be-klagten zu
1) (nachfolgend: Beklagte) Schadensersatzansprüche wegen fehler-hafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlosse-nen
Immobilienfonds geltend.
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Bei einem Treffen am 29.
Oktober 1998 mit dem Mitarbeiter E.

der [X.] zeichnete der Kläger eine Kommanditbeteiligung
an dem [X.] Immobilienfonds L.

(nachfolgend: Fonds).
Der Fonds investierte in sechs eigenständige Büro-
und Verwaltungsge-bäude am S.

. Hauptmieter
der Fondsgebäude war der B.

, mit dem ein Mietvertrag mit einer Vertragslaufzeit von zehn [X.], der eine Verlängerungsoption enthielt, geschlossen worden
war. Der
Klä-ger
beteiligte sich mit einer Beteiligungssumme von 1
Mio.
DM, wobei, wie im Prospekt vorgesehen, das Beteiligungskapital zu 73,1% aus Eigenmitteln des
Anlegers
und zu 26,9% über eine obligatorische Anteilsfinanzierung aufge-bracht wurde. Neben seiner
Beitrittserklärung unterzeichnete der Kläger
einen Übernahme-/Darlehensvertrag über 269.000
DM. Mittels dieses Vertrages über-nahm der Kläger
entsprechend dem Konzept des Fonds anteilig ein von der M.

bei der früheren [X.] zu
2) aufgenommenes Darlehen. Mit der früheren [X.] zu
3) wurde vereinbart, dass diese die aus der Beteiligung erwachsenen Rechte des [X.]
treuhänderisch für diesen
wahrnehmen sollte.
Die mit dem B.

geschlossenen Mietverträge liefen im [X.] aus und wurden von diesem nicht verlängert. Infolge der ausbleibenden Mietzahlungen in Höhe von mehr als 1
Mio.
DM monatlich kam die [X.] in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Da eine Neuvermietung nur nach umfassenden baulichen Maßnahmen möglich gewesen wäre, wurden die Fondsobjekte
im [X.] veräußert. Der Erlös von gut 37
Mio.

aus, um die Restverbindlichkeiten aus der Immobilienfinanzierung vollständig zu decken.
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4
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Die Ausschüttungen des Fonds kamen in Höhe von 47.396,30

Kläger direkt zugute. In Höhe von 79.107,07

n
die Ausschüttungen [X.] verwendet, das Darlehen des [X.] bei der früheren [X.] zu
2) zu bedienen. Das Darlehen war tilgungsfrei. Zurückgezahlt wurden
nur Zinsen und Auslagen.
Der
Kläger
hat
die Beklagte
unter anderem deswegen auf [X.] in Anspruch
genommen, weil deren
Mitarbeiter nicht über vereinnahmte Rückvergütungen informiert
habe. Das [X.] hat unter vollständiger Ab-weisung der Klage gegen die früheren [X.] zu
2) und zu
3) der Klage des [X.] gegen die Beklagte zu
1) unter Abweisung im Übrigen
in Höhe von 326.358,17

Zug um Zug gegen Abtretung der Kommanditanteile sowie wegen vorgerichtlicher
Anwaltskosten in Höhe von 4.890,66

nebst Zin-sen stattgegeben. Ebenso hat es den gegen die
Beklagte zu
1) gerichteten An-trägen auf Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden und des [X.] stattgegeben. Auf die Widerklage der früheren [X.] zu
2) hat das [X.] den Kläger verurteilt,
an diese den noch offenen
Darlehensbe-trag in Höhe von 140.288,27

nebst 2,5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.
Mai 2008 zu zahlen. Gegen dieses Urteil haben der Kläger und die Beklagte zu
1) Berufung eingelegt. Das landgerichtliche Urteil ist wegen Berufungsrücknahme des [X.] im Verhältnis zu den früheren [X.] zu
2) und
3) (Klageabweisung und Widerklageverurteilung) rechtskräftig geworden. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte zu
1) die vollständige [X.] begehrt. Der Kläger hat demgegenüber neben seinem Schaden
in voller Höhe von 450.775,37

nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung seiner Kommanditanteile, den vorgerichtlichen
Kosten in Höhe von 4.890,66

n
beiden Feststellungsanträgen
auch die Freistellung von dem Darlehensrückzah-lungsanspruch der früheren [X.] zu
2) in Höhe von
140.288,27

Zinsen geltend
gemacht. Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung der 5
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Berufung des [X.] auf die Berufung der [X.] zu
1) die gegen sie ge-richtete Klage abgewiesen.
Der Senat hat die Revision des [X.] gegen das Berufungsurteil nur zugelassen, soweit es um den Vorwurf der unterbliebenen oder fehlerhaften Aufklärung über die von der [X.] zu
1) vereinnahmten Provisionen oder Rückvergütungen geht. In diesem Umfang verfolgt der Kläger sein Klagebegehren gegenüber der [X.] zu 1) weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für das Revisionsverfahren von Interesse

im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe ihre aus einem
[X.] fließende Pflicht,
über Rückvergütungen
aufzuklären, nicht verletzt. Die Beklagte habe eine Innenpro-vision erhalten, keine Rückvergütung. Der Umstand, dass die Provision aus den offen im Prospekt ausgewiesenen Eigenkapitalvermittlungskosten geflossen sei, ändere an dieser Einordnung nichts, da die offen ausgewiesenen Eigenka-pitalvermittlungskosten nicht aus offen ausgewiesenen Provisionen, sondern aus dem Anlagevermögen gezahlt worden seien.

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II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des
Be-rufungsgerichts ist
zwischen dem
Kläger
und der [X.] stillschweigend ein [X.] zustande gekommen.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht
eine Aufklärungspflichtver-letzung aus diesem Beratungsvertrag in Bezug auf die von der [X.] ver-einnahmte
Provision verneint.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem [X.] verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte [X.] aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklä-ren.
[X.] Rückvergütungen in diesem Sinne sind -
regelmäßig umsatzabhängige
-
Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisi-onen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provi-sionen wie zum Beispiel [X.] und [X.] gezahlt werden, deren Rückfluss an die [X.] aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entste-hen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9.
März 2011

XI ZR 191/10, [X.], 925
Rn.
25 und Senatsurteil vom 8.
Mai 2012

[X.], BGHZ
193, 159 Rn.
17). Danach handelt es sich,
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, auch dann
um aufklärungs-pflichtige Rückvergütungen, wenn diese nicht aus einem Agio oder aus Verwal-tungsgebühren, sondern aus sonstigen
offen ausgewiesenen Vertriebskosten fließen, wobei es auch nicht darauf ankommt, ob die Zahlung des Anlegers 9
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-
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"über die Bank" oder direkt an die Fondsgesellschaft erfolgt
(vgl. Senatsurteil vom 8.
Mai 2012

XI
ZR 262/10, BGHZ
193, 159 Rn.
18 mwN).

bb) Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sowie den von ihm
in Bezug
genommenen Feststellungen des [X.]s
eine Provision in Höhe von 50.000
DM aus den im Prospekt in Höhe von ca. 7,9
Mio.
DM ausgewiesenen Kosten für die
Eigenkapitalbeschaffung
erhalten. Dabei handelt es sich

wie der erkennende Senat zum selben Fonds bereits entschieden hat (Senatsurteil vom 11.
September 2012

XI
ZR 363/10, [X.], 513
Rn.
17)

um eine Rückvergütung
im Sinne der Senatsrechtspre-chung, über die die Beklagte den
Kläger
ungefragt hätte aufklären müssen.
Das hat der Mitarbeiter der [X.] nach den Feststellungen des Berufungsge-richts bzw. des [X.]s unstreitig nicht getan. Auch aus dem Prospekt war nicht zu ersehen, dass die Beklagte einen Teil der Eigenkapitalbeschaffungs-kosten erhalten sollte.

III.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO). Sollte es im weiteren
Verfahren auf die
Frage der Kausalität
oder der Verjährung
ankommen, weist der Senat auf die Ausführungen in seinen
Urteilen
vom 8.
Mai 2012 (XI
ZR 262/10, BGHZ
193, 159 Rn.
28
ff.)
und vom [X.] (XI
ZR 498/11, [X.], 609 Rn.
26
ff.) hin.
Ferner weist der Senat darauf hin, dass wegen der Rücknahme der Berufung des [X.] gegen die frühere Beklagte zu
2) am 6.
Juni 2011 die auf die Widerklage der [X.] zu
2) erfolgte
Verurteilung des [X.]
vor Erlass des Berufungsurteils rechts-13
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kräftig geworden ist und daher die
Änderung des landgerichtlichen Tenors im Berufungsurteil
insofern ins Leere ging, was bei der erneuter Tenorierung zu beachten sein wird.

[X.]

Joeres

Ellenberger

Matthias

Menges

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.04.2010 -
3 [X.]/08 -

O[X.], Entscheidung vom 15.07.2011 -
3 U 578/10 -

Meta

XI ZR 363/11

16.07.2013

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2013, Az. XI ZR 363/11 (REWIS RS 2013, 4133)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4133

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XI ZR 363/11

XI ZR 191/10

XI ZR 262/10

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