Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.04.2014, Az. XI ZR 513/11

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6278

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI ZR 513/11
Verkündet am:

15.
April 2014

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat gemäß §
128 Abs.
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ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 24.
Februar 2014 einge-reicht werden konnten, durch [X.] [X.], die Richter Dr.
Joeres, Dr.
Ellenberger, Dr.
Matthias und die Richterin Dr.
Menges
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 2.
Dezember 2011 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als im Verhältnis zu der [X.] zu
1) hinsichtlich des Vorwurfs der unterbliebenen oder fehlerhaf-ten Aufklärung über die von der [X.] zu
1) vereinnahmten Rückvergütungen zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens der [X.] zu 2) und zu 3) hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

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Tatbestand:
Die Klägerin macht in der Revisionsinstanz nur noch gegenüber
der [X.] zu
1) (nachfolgend: Beklagte) aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds geltend.
Am 27.
Dezember 1993 unterzeichneten die Klägerin und ihr Ehemann nach einem Gespräch des Ehemanns mit einem Mitarbeiter der [X.] eine Beitrittserklärung zum geschlossenen Immobilienfonds F.

28 KG mit einem Beteiligungsbetrag von 70.000
DM nebst 5% Agio.
Bereits am 20.
Juli 1993 hatten die Klägerin und ihr Ehemann bei der [X.] den Beitritt zum geschlossenen Immobilienfonds F.

27 KG mit einer Beteiligung in Höhe von 40.000
DM erklärt. Darüber hinaus halten sie einen weiteren geschlossenen Fonds mit einer Zeichnungssumme von 85.000
DM.
Mit Schreiben vom 5.
Dezember 2003 wandten sich die Klägerin und ihr Ehemann an
die Beklagte und wiesen darauf hin, dass die versprochenen [X.] der F.

Fonds 27 und 28 ausgeblieben seien. In diesem Zu-sammenhang stellten sie in dem vorgenannten Schreiben fest, dass der F.

Fonds 27 vor dem Aus stehe und dies für den Fonds 28 mittelfristig eben-falls zu erwarten sei. Die Anteile seien nach Mitteilung der [X.] inzwischen wertlos. Am 27.
Februar 2004 fand deshalb ein Gespräch mit der [X.] statt.

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Die Klägerin hat die Beklagte unter anderem deswegen auf [X.] in Anspruch genommen, weil deren Mitarbeiter nicht über vereinnahmte Rückvergütungen informiert habe. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, weil es etwaige Schadensersatzansprüche für verjährt angesehen hat. Das Be-rufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das [X.] ist im Hinblick auf die früheren [X.] zu
2) und 3) rechtskräftig ge-worden, nachdem die Klägerin ihre Nichtzulassungsbeschwerde insoweit zu-rückgenommen hat.
Der Senat hat die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil nur zugelassen, soweit es im [X.] zur [X.] um den Vorwurf der unterbliebenen oder fehlerhaften Aufklärung über die von der [X.] [X.] Provisionen oder Rückvergütungen geht. In diesem Umfang verfolgt die Klägerin mit der Revision ihr Klagebegehren gegenüber der [X.] [X.].

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung im zugelassenen Umfang.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für das Revisionsverfahren von Interesse

im Wesentlichen ausgeführt: Eine Haftung der [X.] wegen unterlassener Aufklärung über im Gesamtauf-5
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wand enthaltene [X.]en bzw. Rückvergütungen komme nicht in [X.]. Zwar habe die Klägerin nach ihrem [X.] 5% Agio, mithin eine offen ausgewiesene Provision gezahlt. Diese habe jedoch nicht der Deckung der
[X.]skosten gedient, sondern sei ausweislich der Bi-lanz der [X.] einer Kapitalrücklage zugeführt worden. Soweit im Fondsprospekt außerdem darauf hingewiesen werde, dass 12,22% des [X.] für Beratungs-
und Vermittlungsleistungen von Banken, Spar-kassen oder anderen Finanzdienstleistungsunternehmen verwendet würden, betreffe dies die Frage, ob die Beklagte Aufklärungspflichten bezogen auf eine ihr gewährte [X.] verletzt habe. Unabhängig davon, ab welcher Höhe eine solche offenzulegen sei, reiche es aus, dass die Provision im Prospekt als Kosten der [X.] bezeichnet werde. Da sowohl im Prospekt als auch im Gesellschaftsvertrag ein Investitions-
und Finanzierungsplan enthal-ten sei, in dem
die [X.]skosten aufgeführt würden, sei die Beklagte nicht zu einer weitergehenden Aufklärung verpflichtet gewesen. Dem Kläger habe der Emissionsprospekt so rechtzeitig vorgelegen, dass er von des-sen Inhalt habe Kenntnis nehmen können.

II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Nach den [X.] und [X.] Feststellungen des [X.]s, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist still-schweigend ein [X.] zwischen der Klägerin bzw. ihrem Ehemann und der [X.] zustande gekommen.

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2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht eine Aufklärungspflichtver-letzung aus diesem Beratungsvertrag in Bezug auf die von der [X.] ver-einnahmten Rückvergütungen verneint.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem [X.] verpflichtet, über die von ihr vereinnahmten [X.] ungefragt aufzuklären. [X.] Rückvergütungen in diesem Sinne sind

regelmäßig umsatzabhängige
Provisionen, die im Gegen-satz zu versteckten [X.]en nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie z.B. [X.] und [X.] gezahlt werden, deren Rückfluss an die [X.] aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Se-natsbeschluss vom 9.
März 2011
XI
ZR 191/11, [X.], 925 Rn.
25 und Senatsurteil vom 8.
Mai 2012
XI
ZR 262/10, [X.], 159 Rn.
17). Danach handelt es sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, wenn diese nicht aus einem Agio oder aus Verwaltungsgebühren, sondern aus sonstigen offen ausgewiesenen [X.] fließen, wobei es auch nicht darauf ankommt, ob die Zahlung des Anlegers über die Bank oder direkt an die [X.] erfolgt (vgl. Se-natsurteil vom 8.
Mai 2012
XI
ZR 262/10, [X.], 159 Rn.
18 mwN).
b) Die Beklagte hat nach den vom Berufungsgericht in Bezug genomme-nen Feststellungen des [X.]s aus den im
Prospekt ausgewiesenen Kos-ten der [X.] eine Provision erhalten. Dabei handelt es sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts

wie der erkennende Senat zum selben Fonds bereits entschieden hat (Senatsurteil vom 19.
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XI
ZR 493/11, juris Rn.
14)
um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung. Über diese hat der Mitarbeiter der [X.] die Klägerin und ihren Ehemann nach den Feststellungen der Instanzgerichte nicht aufgeklärt. Auch aus dem Prospekt war nicht zu ersehen, dass die Beklagte einen Teil der [X.] erhalten sollte. Somit liegt entgegen der Ansicht des Beru-fungsgerichts eine [X.] der [X.] vor.

III.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO). Sollte es im weiteren Verfahren noch auf die Frage der Kausalität oder
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der Verjährung ankommen, weist der Senat auf die Ausführungen in seinen Ur-teilen vom 8.
Mai 2012 (XI
ZR 262/10, [X.], 159 Rn.
28 ff.) und vom 26.
Februar 2013 (XI
ZR 498/11, [X.], 233 Rn.
26 ff.) hin.

[X.]

Joeres

Ellenberger

Matthias

Menges

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.09.2010 -
5 O 53/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 02.12.2011 -
3 U 1145/10 -

Meta

XI ZR 513/11

15.04.2014

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.04.2014, Az. XI ZR 513/11 (REWIS RS 2014, 6278)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6278

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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