Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.09.2017, Az. 2 StR 256/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 5781

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[X.]:[X.]:BGH:2017:050917B2STR256.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 [X.]/17
vom

5. September 2017

in der Strafsache
gegen

wegen sexueller Nötigung u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 5.
September 2017 gemäß §
349 Abs. 2
und 4
StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 2.
Februar 2017 mit den Feststellungen im Fall
II.
1
der Urteilsgründe und im [X.] aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine
andere
Jugendkammer des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weitergehende Revision wird als offensichtlich unbegrün-det verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in [X.] mit vorsätzlicher Körperverletzung, versuchter Nötigung, Verbreitung pornographischer Schriften in vier Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
1. Der Schuldspruch im Fall
II.
1 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nach-prüfung nicht stand. Die Verurteilung wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung wird von den Feststellungen nicht getragen.
1
2
-
3
-
Nach den Feststellungen des [X.] verschaffte sich der Ange-klagte in der Nacht des 26.
Juni 2016 Zugang in eine Wohnung, in der sich

wie er wusste

allein der 14-jährige

S.

aufhielt und schlief. Er begab sich unbemerkt in das Schlafzimmer und zu dem auf dem Bett liegenden Jungen. Er entblößte dessen Geschlechtsteil und manipulierte daran, worauf dieser erwachte. In der Folge versuchte

S.

, sich gegen diese Ma-nipulation zu wehren, indem er sich auf den Bauch drehte, um die Handlung des Angeklagten abzuwehren. Der Angeklagte blieb unbeeindruckt und manipu-lierte weiter an dem Penis des Jungen, der dabei Schmerzen empfand und [X.] am Geschlechtsteil erlitt. Anschließend ver-ließ der Angeklagte die Wohnung.
Das [X.] hat darin eine sexuelle Nötigung (nach §
177 Abs.
1 StGB a.[X.]) in Tateinheit mit einer vorsätzlichen Körperverletzung gesehen, da der Angeklagte an dem bereits über 14-jährigen Jungen sexuelle Handlungen gegen dessen Willen und Abwehr durchgeführt und ihm dabei deutlich sichtbare und mit Schmerzen verbundene Verletzungen zugefügt habe. Es ist insoweit offenbar davon ausgegangen, dass der Angeklagte die Manipulation an dem Penis des Angeklagten mit Gewalt erzwungen hat.
Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die [X.] belegen nicht, dass der Angeklagte Gewalt angewendet hat. Für diese An-nahme wäre es erforderlich, dass der Angeklagte [X.] entfaltet hat, um den als ernst erkannten oder erwarteten Widerstand des Opfers gegen
die Vornahme sexueller Handlungen zu überwinden (Senat, Urteil vom 4.
März 2015

2
StR
400/14, [X.] 2015, 211; Beschluss vom 31.
Juli 2013

2
StR
383/13, BGHR StGB §
177 Abs.
1 Gewalt
17). Dies lässt sich den Ur-teilsfeststellungen nicht entnehmen, die lediglich belegen, dass der Angeklagte im Rahmen der Manipulation am Geschlechtsteil des Opfers [X.] entfaltet hat. Darüber hinausgehende Handlungen des Angeklagten (zur mögli-3
4
5
-
4
-
chen Überwindung des Widerstandes durch den Jungen) sind nicht festgestellt. Auch kann nicht aus der Vornahme der sexuellen Handlung, bei der es zu [X.] am Geschlechtsteil gekommen ist, zugleich auf die Anwendung von (weitergehender) Gewalt geschlossen werden (vgl. Senat, Urteil vom 30.
März 2016

2
StR
405/15, [X.], 42); insoweit ist auch das [X.] davon ausgegangen, dass die festgestellten Verletzungen allein durch die [X.] am Penis, etwa durch einen Nagel, entstanden sind (UA S.
25). Dass der Angeklagte mit der sexuellen Handlung aber, die er vor dem Aufwachen des Opfers begonnen und

nachdem dieser sich auf den Bauch gedreht hatte

fortgesetzt hat, auch die für die Annahme von Gewalt erforderliche Zwangswir-kung beim Opfer erzielen wollte, ist nicht dargetan (vgl. Senat, Urteil vom 4.
März 2015

2
StR
400/14, NStRR 2015, 211 zum Griff des [X.] an ei-nen Penis). Dies versteht sich auch nicht deshalb von selbst, weil der Junge sich nach den Feststellungen auf den Bauch gedreht hatte, um die Handlungen des Angeklagten abzuwehren. Denn dies lässt nicht ohne Weiteres den Schluss zu, der Angeklagte habe nunmehr mit seiner Manipulation am Penis des [X.], die als sexuelle Handlung grundsätzlich von einer Gewaltanwen-dung als Nötigungshandlung zu unterscheiden ist (vgl. Senat, Urteil vom 30.
März 2016

2
StR
405/15, [X.], 42), ausnahmsweise zugleich den Widerstand des Opfers überwunden und überwinden wollen. Dies gilt insbe-sondere auch mit Blick darauf, dass den Urteilsgründen nicht zu entnehmen ist, wie es bei der Liegesituation des Jungen überhaupt zur Fortsetzung der Mani-pulation an seinem Geschlechtsteil gekommen sein soll.
Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird der neue Tatrichter auch die Möglichkeit einer tateinheitlichen Verurteilung nach §
179 Abs.
1 Nr.
1 StGB a.[X.], §
177 Abs.
2 Nr.
1 StGB
n.[X.] in den Blick zu nehmen sowie gegebenenfalls im Rahmen der Prüfung des §
177 StGB zu er-wägen haben, ob der Angeklagte eine schutzlose Lage des Opfers zur [X.]
-
5
-
gehung ausgenutzt hat (§
177 Abs.
1 Nr.
3 StGB a.[X.], §
177 Abs.
5 Nr.
3 StGB
n.[X.]).
2. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall
II.
1 der Urteilsgründe ent-zieht dem [X.] die Grundlage.
Krehl
Richter am BGH Dr.
Eschelbach ist
Zeng

an der Unterschriftsleistung gehin-

dert.

Krehl

Richterin am BGH
Dr.
Bartel
ist an der Unterschriftsleistung
gehindert.

Krehl
Schmidt
7

Meta

2 StR 256/17

05.09.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.09.2017, Az. 2 StR 256/17 (REWIS RS 2017, 5781)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5781

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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