Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2004, Az. 4 StR 160/04

4. Strafsenat | REWIS RS 2004, 2889

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[X.] vom 8. Juni 2004 in der Strafsache gegen

wegen versuchten Mordes u. a.
- 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 8. Juni 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2003 im Schuldspruch da-hin geändert, daß hinsichtlich der zum Nachteil des [X.]begangenen Tat die [X.]e Verurteilung we-gen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den [X.]nverkehr entfällt. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den [X.] im Revisionsverfahren entstandenen not-wendigen Auslagen zu tragen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten des versuchten Mordes in Tatein-heit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den [X.]nverkehr (Tat zum Nachteil [X.]) sowie des versuchten [X.] in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichem ge-fährlichen Eingriff in den [X.]nverkehr (Tat zum Nachteil [X.]) für schuldig befunden und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Ferner hat es Maßregeln nach §§ 69, 69 a StGB angeord-net. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt - 3 - hinsichtlich der zum Nachteil des [X.] [X.] G.

begange-nen Tat zu einer Änderung des Schuldspruchs. Im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, soweit es ihn hinsichtlich der Tat zum Nachteil des [X.] [X.] des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverlet-zung und soweit es ihn wegen der weiteren Tat zum Nachteil des Nebenklä-gers Hans-Jürgen [X.] verurteilt hat. 2. Dagegen hält der Schuldspruch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit das [X.] den Angeklagten hinsichtlich der zum Nachteil des [X.]begangenen Tat auch des [X.] verwirklichten vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den [X.]nverkehr (§ 315 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a StGB) für schuldig befunden hat. Insoweit fehlt es nach den Feststellungen an der für die Anwendung des § 315 b StGB vorausgesetzten Beeinträchtigung der Sicherheit des [X.]. Geschütztes Rechtsgut der Bestimmung des § 315 b StGB ist die Si-cherheit des [X.]nverkehrs. Sie bezieht sich nur auf den öffentlichen [X.] und setzt daher voraus, daß durch die Tathandlung in den Verkehr auf Wegen und Plätzen, die jedermann oder allgemein bestimmten Gruppen dauernd oder vorübergehend zur Benutzung offen stehen, eingegriffen worden ist (st. Rspr.; BGHSt 16, 7, 9 f., [X.], 122 f.; OLG Düsseldorf NJW 1982, 2391). Daran fehlt es hier. - 4 - a) Nach den Feststellungen beobachtete der Angeklagte von seinem in Fahrtrichtung gesehen am rechten [X.]nrand der [X.] in [X.]gegenüber dem dortigen Polizeigebäude stehenden Pkw heraus, daß der später Geschädigte [X.] auf den Haupteingang des [X.] zuging und dabei die zwischen dem [X.] und dem zum Eingang führenden gepflasterten Weg befindliche, mehrere Meter breite (Zier-)Rasenfläche überquerte. —In diesem Moment beschloß der Angeklagte in seiner sich steigernden Aufwallung von Wut und Verärgerung, sich an [X.](–) zu rächen und (ihn) durch den Einsatz seines Pkw zu verletzen, wobei er auch den möglichen Tod des [X.] [X.]

billigend in [X.] ([X.]). Er fuhr deshalb vom rechten [X.]nrand "mit aufheulen-dem Motor beschleunigend" nach links über die [X.] und den angrenzenden Gehweg auf den "[X.]", wo er den Geschädigten von hinten erfaßte, der nach links weggeschleudert wurde und auf dem [X.] verletzt liegen blieb. b) Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verkehrsraum dann öffentlich, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des [X.] für jedermann oder aber für eine allgemein bestimmte grö-ßere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird (zuletzt Senatsurteil vom 4. März 2004 [X.] 4 StR 377/03 [X.] m.w.N., zur Veröffent-lichung in BGHSt vorgesehen). In diesem Sinne gehörte die Rasenfläche vor dem Polizeigebäude, auf der sich der Nebenkläger befand, nicht mehr zum [X.] Verkehrsraum. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn [X.] wozu das Urteil sich nicht verhält [X.] tatsächlich einzelne Besucher den Weg vom Parkplatz zum Polizeigebäude über den Rasen "aus Bequemlichkeit" ab-kürzen; denn die vereinzelte Inanspruchnahme der Rasenfläche, die ersichtlich nicht als Zuweg zum Polizeigebäude diente, würde auch eine bloß faktische - 5 - Öffentlichkeit der Fläche nicht begründen (vgl. [X.], 418; [X.], 86; zu [X.] als nicht-öffentlicher Verkehrsraum [X.] VRS Bd. 65, 156 f.). c) Bei dieser Sachlage scheidet eine Strafbarkeit nach § 315 b StGB aus. Dem steht nicht entgegen, daß die Tat ihren Ausgang vom öffentlichen [X.]nverkehr aus genommen hat, indem der Angeklagte mit seinem Pkw über die [X.] und den angrenzenden Gehweg (insoweit noch öffentlicher Verkehrsraum; vgl. BGHSt 22, 365, 367) hinweg auf die Rasenfläche fuhr (wie hier [X.], 122 f.; OLG Düsseldorf NJW 1982, 2391; [X.], [X.] 37. Aufl. StGB § 315 b Rdn. 2). Allerdings wird die Anwend-barkeit der Strafvorschrift des § 315 b StGB nicht schon dadurch ausgeschlos-sen, daß die konkrete Gefahr oder gar der Schaden erst außerhalb des öffent-lichen [X.] eintreten. So hätte der Senat keine Bedenken, einen tatbestandsmäßigen gefährlichen Eingriff in den [X.]nverkehr nach § 315 b StGB auch dann zu bejahen, wenn der Täter mit seinem Pkw das Opfer bereits auf der [X.] verfolgt, er es aber erst außerhalb des öffentlichen Verkehrs-raums erfaßt. Befindet sich wie hier das Opfer dagegen von vorneherein [X.] d.h. in dem Zeitpunkt, in dem sich der Täter zur Tatbegehung entschließt und sein Fahrzeug zweckwidrig als Waffe oder Schadenswerkzeug einsetzt ("perver-tiert") [X.] außerhalb des öffentlichen [X.], fehlt es an einer Beein-trächtigung der Sicherheit des [X.]nverkehrs und damit an einer tatbestand-lichen Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 315 b StGB. Daß die [X.] in unmittelbarem Zusammenhang mit dem [X.]nverkehr steht, führt zu keinem anderen Ergebnis [X.] in [X.] 11. Aufl. § 315 b Rdn. 61). [X.] Überlegungen (vgl. [X.] [X.], 223) haben dabei außer Betracht zu bleiben. - 6 - 3. Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend der [X.] ab. Die Schuldspruchänderung läßt den Rechtsfolgenausspruch unberührt. Der Wegfall der [X.]en Verurteilung nach § 315 b StGB ändert den Schuldgehalt der zum Nachteil des [X.] [X.] G.

began-genen Tat nicht. Der Senat schließt auch aus, daß das Schwurgericht bei dem auf die Verurteilung wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung beschränkten Schuldspruch auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte. Denn das [X.] hat bei der Bemessung der dem gemäß §§ 23, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 211 Abs. 1 StGB ent-nommenen Strafe die angenommene [X.]e Verwirklichung des § 315 b StGB nicht mit herangezogen; vielmehr hat es strafschärfend allein auf die nicht unerheblichen Verletzungen und erheblichen psychischen Folgen der Tat für das Opfer abgestellt ([X.]). Die Schuldspruchänderung gibt keinen Anlaß, den Angeklagten [X.] und Auslagen seines Rechtsmittels freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO). Tepperwien

Maatz Athing

Solin-Stojanovi

Ernemann

Meta

4 StR 160/04

08.06.2004

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2004, Az. 4 StR 160/04 (REWIS RS 2004, 2889)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2889

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