Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2001, Az. XI ZR 41/00

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3901

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:16. Januar 2001Herrwerth,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________BGB §§ 892, 1157Wer eine Grundschuld einredefrei erworben hat, ist Berechtigter. Einerwirksamen Übertragung der Grundschuld auf einen Folgeerwerber stehtdessen [X.]nntnis über das frühere Bestehen von Einwendungen [X.] nicht entgegen.[X.], Urteil vom 16. Januar 2001 - [X.]/00 - [X.] LG München II- 2 -- 3 -Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündlicheVerhandlung vom 16. Januar 2001 durch den Vorsitzenden RichterNobbe und [X.] Bungeroth, [X.], Dr. Müller undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des5. Zivilsenats des [X.] Dezember 1999 aufgehoben und das Urteil [X.] des [X.] abgeändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.Von Rechts [X.]:Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung der [X.] aus einer notariellen Urkunde über die Bestellung einer inzwi-schen mehrfach abgetretenen Grundschuld. Dem liegt folgender Sach-verhalt zugrunde:[X.] übernahm der damals 21 Jahre alte, geschäftlichunerfahrene Kläger von seinem Vater ein etwa 43 ha großes land- und- 4 -forstwirtschaftliches Anwesen in [X.]. Als Gläubiger [X.] des Hofes mit einem geschätzten Verkehrswertvon etwa 3,5 Mio. [X.] betrieben, wurde dem Kläger ein Pfleger bestellt,da er nicht in der Lage sei, seine rechtlichen Angelegenheiten selbst zuregeln. Die Versteigerung von drei Grundstücken führte zwar zu einerReduzierung der Verbindlichkeiten des [X.] auf insgesamt ca.800.000 [X.], nicht aber zur Beendigung des Zwangsversteigerungs-verfahrens.Da der Kläger befürchtete, sein Pfleger werde die Versteigerungweiterer Teile seines Anwesens nicht verhindern können, suchte er an-derweit Hilfe. Er bekam zunächst Kontakt mit dem ehemaligen [X.] aus M., der ihn veranlaßte, als erstes die Aufhebung [X.] anzustreben. Auf Betreiben des [X.], vertreten [X.], hob das [X.] die Pflegschaft durch [X.] vom 12. Dezember 1985 auf. Bereits am Tag darauf suchte L.den Kläger in Begleitung des Finanzmaklers [X.]. auf, der auf die [X.] einer Umschuldung hinwies. Bei einem weiteren Besuchstellten L. und [X.]. dem Kläger den Finanzmakler Kr. vor, der die [X.] regeln werde. Dieser erklärte, er kenne in M. zwei [X.], [X.] und [X.], die schon mehrfach in Not geratenen Landwirtengeholfen hätten. Falls der Kläger Hilfe wünsche, müsse er eine [X.] über 1 Mio. [X.] zugunsten der [X.] (im folgenden:[X.]) bestellen. Von dem dann aufzunehmenden Kredit werde er fürdringend benötigte Anschaffungen einen Betrag von 100.000 [X.] er-halten, eine Zusage, die später nicht eingehalten wurde.Am 28. Januar 1986, einen Tag vor dem anberaumten Zwangs-versteigerungstermin, bestellte der Kläger auf Veranlassung [X.] vor dem Notar Dr. R. zugunsten der [X.] die streit-- 5 -gegenständliche vollstreckbare Buchgrundschuld über 1 Mio. [X.] zu-züglich 16% Zinsen. Am gleichen Tage ließ sich Rechtsanwalt [X.] [X.] eine notariell beurkundete "Spezialvollmacht" erteilen, die ihnzur freien Verfügung über den Grundbesitz des [X.] ermächtigte.Ebenfalls am 28. Januar 1986 billigte der Kläger mit dem Ver-merk "gelesen und einverstanden" ein von Rechtsanwalt [X.] an [X.], der zu dieser [X.] die Interessen von [X.] und [X.] vertrat,gerichtetes Schreiben. Darin wurden [X.] und [X.] beauftragt, alle [X.] aufzukaufen, wegen derer das [X.] be-trieben wurde. Sämtliche aufzuwendenden Beträge und entstehendenKosten sollten vom Kläger getragen und ihm nach Möglichkeit bis zum31. Dezember 1987 finanziert werden. Diese Darlehensverbindlichkeitdes [X.] sollte mit dem Erlös aus dem Verkauf entbehrlichenGrundbesitzes getilgt werden. Gesichert werden sollten die Ansprüchevon [X.] und [X.] durch die zu erwerbenden Forderungen samt Neben-rechten sowie durch die zugunsten der [X.] bestellte Grundschuld.Für den Fall, daß der Kläger seinen gegenüber [X.] und [X.] übernom-menen Verpflichtungen nicht pünktlich nachkomme, verpflichtete sichRechtsanwalt [X.], von der ihm erteilten notariellen Vollmacht zur Veräu-ßerung des Grundbesitzes Gebrauch zu machen.Nach einstweiliger Einstellung des Zwangsversteigerungsverfah-rens kauften [X.] und [X.] die titulierten Forderungen u.a. der [X.] ge-gen den Kläger auf. Zur Finanzierung nahmen sie bei der [X.] (im folgenden: [X.]) im eigenen Namen ei-nen Kredit über 1,2 Mio. [X.] auf, zunächst befristet bis zum31. Dezember 1987, später - verkürzt - bis zum 31. Januar 1987. Gesi-chert werden sollte dieser Kredit u.a. durch die [X.]. Zu diesem Zweck trafen der Kläger, vertreten durch- 6 -Rechtsanwalt [X.], sowie [X.] und [X.] mit der [X.] am 13. März 1986eine entsprechende Sicherungsabrede und die [X.] trat die für sieeingetragene Buchgrundschuld über 1 Mio. [X.] an die [X.] ab, dieals neue Grundschuldgläubigerin im Grundbuch eingetragen wurde.Im März 1988 verkauften [X.] und [X.] die aufgekauften, gegenden Kläger gerichteten Forderungen an die Beklagte, vertreten [X.]. [X.] Am 20. September 1990 trat die [X.] die streitgegen-ständliche Grundschuld an das [X.]. & Co. GmbH (im [X.]: [X.].) ab, das im Auftrag der Beklagten zur Ablösung des"Engagement [X.]" 1.647.756,21 [X.] an die [X.] gezahlt hatte.Ohne zuvor selbst im Grundbuch eingetragen zu sein, trat das [X.]. die Grundschuld am 2. Dezember 1993 an die Beklagte ab.Diese betreibt daraus die Zwangsversteigerung des belasteten [X.] [X.].Der Kläger macht u.a. geltend, die zum Zwecke der [X.] Vereinbarungen, insbesondere der von ihm mit [X.] und [X.]auf der Grundlage des Schreibens von Rechtsanwalt [X.] vom 28. [X.] geschlossene Darlehensvertrag, seien sittenwidrig. Den Geldge-bern sei es von vornherein darauf angekommen, sein Anwesen im [X.] über 3 Mio. [X.] zu einem Spottpreis zu erwerben.Das [X.] hat die [X.] für begründeterachtet. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zu-rückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabwei-sungsantrag weiter.Entscheidungsgründe:- 7 -Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhe-bung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung.[X.] Berufungsgericht hat zur Begründung seiner [X.] wesentlichen ausgeführt:Dem Kläger stünden dauerhafte Einwendungen aus dem [X.] gegenüber dem Anspruch der Beklagten aus der [X.] zu. Die Vereinbarungen, die mit dem Kläger zum Zweck der [X.] getroffen wurden, seien einschließlich des von ihm mit [X.]und [X.] geschlossenen Darlehensvertrages wegen Verstoßes gegendie guten Sitten nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB). Sie hätten nur scheinbarden Interessen des [X.] gedient. Die Gesamtschau unter Berück-sichtigung von Inhalt, Zweck und Beweggrund ergebe, daß in erster [X.] die Berater und "Helfer" des [X.] von dem Konzept hätten profi-tieren können und daß das dem Kläger in Aussicht gestellte Ziel nichterreichbar gewesen sei. Die Notlage des [X.], einer geistig und in-tellektuell sehr bescheiden ausgestatteten Persönlichkeit, sei in [X.] der Rechtsordnung nicht gedeckten Art und Weise mißbrauchtworden.Die Nichtigkeit des der Umschuldung zugrundeliegenden sitten-widrigen Darlehensvertrages führe zur Unwirksamkeit der [X.]bestellung, die gerade im Hinblick auf die Umschuldung zur Si-cherung der dem Kläger von [X.] und [X.] gewährten Darlehen sowiedes diesen von der [X.] zum Zwecke des [X.] bestellt worden sei. Die Beklagte als [X.] 8 -könne sich nicht auf einen gutgläubigen Erwerb der Grundschuld beru-fen. Sie müsse sich gemäß §§ 1192 Abs. 1, 1157, 892 Abs. 1 BGB denEinwand der Sittenwidrigkeit beim Umschuldungsgeschäft und der Un-wirksamkeit der Grundschuldbestellung entgegenhalten lassen. [X.] [X.]punkt der Grundschuldabtretung sei der gesamte Einredetatbe-stand verwirklicht gewesen. Der Beklagten sei über ihren Vertreter,Rechtsanwalt [X.], auf dessen [X.]nntnis gemäß § 166 Abs. 1 BGB abzu-stellen sei, die Unredlichkeit des Geschäfts und damit die Unwirksam-keit der Grundschuldbestellung bekannt gewesen. Rechtsanwalt [X.] seiin den gesamten [X.] eingeweiht gewesen und habe dasGeschehen auch aktiv unterstützt. Dies ergebe sich u.a. aus der Korre-spondenz mit Rechtsanwalt [X.]II.Diese Ausführungen halten in einem entscheidenden [X.] Prüfung nicht stand.Der Kläger kann der Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dernotariellen [X.] weder die Nichtigkeit [X.] noch die vom Berufungsgericht für gegeben er-achteten Einwendungen gemäß §§ 767, 795 ZPO entgegenhalten. So-weit solche Einwendungen ursprünglich bestanden haben sollten, [X.] inzwischen erloschen.1. Auszugehen ist von der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststel-lung des Berufungsgerichts, die [X.] habe dem Kläger kein Darle-hen gewährt. Ihre Vertragspartner waren [X.] und [X.] Daraus folgt, [X.] diesem Verhältnis dem Kläger keine Einwendungen erwachsen- 9 -konnten, die der Zwangsvollstreckung aus der [X.] entgegengehalten werden könnten. Daß der von [X.] und[X.] mit der [X.] am 13. März 1986 abgeschlossene Darlehens-vertrag oder die Sicherungsvereinbarung vom gleichen Tage sittenwid-rig wären, ist nicht festgestellt und nicht ersichtlich.2. Ob - wie das Berufungsgericht gemeint hat - die von [X.] und[X.] und dem Kläger abgeschlossenen Rechtsgeschäfte wegen Sitten-widrigkeit zu Einwendungen gegen die zugunsten der [X.] bestellte,im Grundbuch eingetragene Grundschuld oder gar zu deren Nichtigkeitgeführt haben, bedarf keiner Entscheidung. Denn die [X.] hat [X.] jedenfalls einredefrei gutgläubig erworben.a) Eine Einwendung oder Einrede, die dem Eigentümer aufgrundeines zwischen ihm und dem bisherigen Grundschuldgläubiger beste-henden Rechtsverhältnisses gegen die Grundschuld zusteht, kann - wieaus §§ 1192 Abs. 1, 1157, 892 BGB folgt - nach Abtretung der [X.] auch dem neuen Grundschuldgläubiger entgegengesetzt wer-den, wenn die Einwendung oder Einrede im [X.]punkt der [X.] neuen Grundschuldgläubiger bekannt war oder aus dem [X.] ersichtlich gewesen ist (vgl. [X.]Z 85, 388, 390). Andernfalls er-wirbt der neue Gläubiger die Grundschuld einredefrei. Dies gilt auchdann, wenn der Zessionar nicht nur die Sicherungsgrundschuld, son-dern zugleich die gesicherte Forderung erwirbt; die zusätzliche Abtre-tung der Forderung verschlechtert die Rechtsstellung des [X.]gläubigers ebensowenig, wie dies in der vergleichbaren Lage beigemeinsamer Abtretung von Wechsel und zugrundeliegender Forde-rung der Fall ist ([X.]Z 103, 72, 81). Wer eine Grundschuld einredefreierworben hat, ist Berechtigter. Einer wirksamen Übertragung auf einenFolgeerwerber steht deswegen dessen eventuelle [X.]nntnis über das- 10 -frühere Bestehen von Einwendungen oder Einreden nicht entgegen(vgl. BayObLG NJW-RR 1987, 789, 791; [X.], 283, 284; einhelligeMeinung, statt aller: [X.][X.], 3. Aufl. § 892 BGB Rdn. 74m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht hat verkannt, daß diese Vorausset-zungen hier vorliegen.b) Die Beklagte hat die Grundschuld vom [X.]. erwor-ben, dem sie von der [X.] abgetreten worden war, die wiederumdie Grundschuld von der [X.] als ursprünglicher Gläubigerin erwor-ben hatte. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegan-gen, daß alle Zessionare der Grundschuld bis hin zur [X.]. [X.] waren. Der Kläger hat nicht behauptet, daß ein Widerspruch [X.] eingetragen war, Anhaltspunkte für eine solche [X.] nicht. Da die [X.] unstreitig mit den im Vorfeld [X.] abgeschlossenen, möglicherweise [X.] nichts zu tun hatte, hat sie die [X.] gutgläubig einredefrei erworben, so daß es auf den guten Glaubenihrer Rechtsnachfolger nicht mehr ankommt.Da der [X.] des [X.] spätestens durch die [X.] an die [X.] eingetreten ist, war - entgegen [X.] des [X.] die etwaige Bösgläubigkeit der [X.] beim Rechtserwerb der Grundschuld rechtsunerheblich. [X.] deshalb dahingestellt bleiben, ob Rechtsanwalt [X.], der nach denrechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts inden gesamten [X.] eingeweiht gewesen ist und das [X.] aktiv unterstützt hat, den Kläger vorsätzlich sittenwidrig ge-schädigt hat (§ 826 BGB). Sein Verhalten als Vertreter von [X.] und [X.]in den Jahren 1987 und 1988, für das er einzustehen hat, ist der [X.] im übrigen nicht zuzurechnen. Sie wurde bei Abschluß des- 11 -Vertrages vom 22. März 1988, durch den sie die Forderungen von [X.]und [X.] gegen den Kläger erwarb, nicht von Rechtsanwalt [X.] vertreten.Dieser ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in dem hierinteressierenden Zusammenhang erst wesentlich später, [X.]/Anfang 1994, bei Stellung des Antrages auf Eintragung der [X.] als Gläubigerin der streitgegenständlichen Grundschuld fürdiese tätig geworden.II[X.] Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO).Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in [X.] selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und die Klage ab-weisen.[X.]Richter am [X.]richtshof [X.] ist wegen Urlaubs an der Unterzeichnung gehindert [X.][X.]

Meta

XI ZR 41/00

16.01.2001

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2001, Az. XI ZR 41/00 (REWIS RS 2001, 3901)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3901

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