Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2017, Az. VII ZR 112/14

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 17071

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:190117BVIIZR112.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR
112/14
vom

19.
Januar 2017

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 239, 241, 249
Wird eine in [X.] verklagte [X.] nach Rechtshängigkeit im Grün-dungsstaat England
gelöscht und verliert sie hierdurch nach [X.] Recht ihre Rechtsfähigkeit, ist sie
vorbehaltlich einer Weiterführung als Rest-, Spalt-
oder Liquidationsgesellschaft oder als Einzelunternehmer
nicht mehr partei-
oder prozessfähig.
Der Rechtsstreit ist in entsprechender
Anwendung von §§ 239, 241 ZPO unter-brochen, sofern die [X.] der [X.] betrieben wird oder betrieben werden kann.
[X.], Beschluss vom 19. Januar 2017 -
VII ZR 112/14 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
19.
Januar 2017
durch [X.]
Eick, den
Richter
Dr. [X.] und die Richterinnen [X.], [X.] und Borris
beschlossen:
Der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision
wird stattgegeben.
Das Urteil des 16.
Zivilsenats des [X.] vom 29. April 2014 wird gemäß §
544 Abs.
7 ZPO aufge-hoben.
Die Sache
wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an
das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert:
130.741,60

Gründe:
I.
Der Kläger fordert von der Beklagten
Architektenhonorar
in Höhe von 130.741,60

. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Private [X.] Company nach [X.]
Recht
(im Folgenden: [X.]), die am 24.
April
2012
aus dem Gesellschaftsregister
des [X.] Companies House

1
-
3
-

in C. (im Folgenden: Register) gelöscht
("striking off the register") und dort [X.] als "dissolved" (d.h. aufgelöst) geführt wurde, bis sie
antragsgemäß
am 29. August 2013
während des Berufungsverfahrens wieder eingetragen wurde
("restoration").
Die Klageschrift ist laut der von der [X.] Empfangsstelle ausgestellten
Bescheinigung über die Zustellung gemäß Art. 10 der Verordnung ([X.]) Nr.
1393/2007
des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 13.
November
2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil-
oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr.
1348/2000 des Rates
(ABl.
EU L
324,
S.
79; im Folgenden:
[X.]) am 3.
Februar 2012 in der Ch. H. Road in [X.]
in den Briefkasten eingelegt worden. Bei dieser Zu-stellungsadresse handelte
es sich um die Anschrift des Büros des [X.], den die Beklagte damit beauftragt hatte, ihre Post entgegenzuneh-men. An dem [X.] H. Road war ein Schild angebracht, welches auswies, dass dort -
wie auch aus dem Register ersichtlich
-
das
"Registered Office" der Beklagten
war.
Das [X.]
hat am 23. Februar 2012 im schriftlichen Vorverfahren ein klagestattgebendes
Versäumnisurteil erlassen.
Das Versäumnisurteil ist nach der [X.] laut Zustellungsbescheinigung am 25. Juni 2012 wiederum in den Briefkasten
des H. in der Ch. H. Road
in [X.] eingelegt worden.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24.
August 2012 ist im Namen der Beklagten gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt
worden.
Die Beklagte ist der Auffassung, weder Klageschrift noch [X.] seien wirksam zugestellt worden.
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3
4
-
4
-

Das [X.] hat den Einspruch der Beklagten als unzulässig verwor-fen
und den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Die Berufung der [X.] gegen dieses Urteil hat das Berufungsgericht
zurückgewiesen
und die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet
sich die Beklagte, die ihren Klage-abweisungsantrag weiterverfolgt, mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.
1. Das Berufungsgericht führt aus, die Berufung sei zulässig, habe aber keinen Erfolg.
Die Beklagte sei partei-
und prozessfähig. Sie sei nach der im April 2012 erfolgten Löschung aus dem Register
im August 2013 wieder eingetragen [X.], was nach Section
1028 des [X.] Companies Act 2006 zur Folge habe, dass die Löschung rückwirkend ihre Wirkung verliere.
Die Einspruchsfrist sei nicht gewahrt. Das [X.]
habe richtig ange-nommen, dass die Klageschrift wirksam nach §
183 Abs.
5 ZPO i.V.m. Art.
4
ff. [X.]
zugestellt worden sei. Auch das Versäumnisurteil sei wirksam zugestellt worden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte seit
dem 24.
April 2012 im Register als gelöscht geführt worden sei. Zwar sei die Beklagte damit nach [X.] Recht nicht mehr rechtlich existent gewesen. Das Erlöschen einer [X.] [X.] sei auch im Inland zu beachten. Allerdings sei die Beklagte wieder in das Register eingetragen worden, was zur Folge habe, dass sie nach Section 1028 des [X.] Companies Act
2006 so
in ihrer Existenz als fort-bestehend anzusehen sei, als wenn sie niemals aufgelöst oder aus dem Regis-ter
gestrichen worden wäre. Die Wiederherstellung wirke ex tunc. Wenn die Be-5
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-
5
-
klagte so stehe, als sei sie nie gelöscht worden, müsse dies auch für die zwi-schenzeitlich erfolgte Zustellung gelten. Die Zustellung des Versäumnisurteils sei wirksam. Das sei sachgerecht. Die Beklagte habe für sich stets in Anspruch genommen, tatsächlich zu existieren,
und
sei im Rechtstreit als bestehende [X.] aufgetreten. Durch die [X.] sei dieser
Zustand rückwir-kend hergestellt worden.
Das [X.] habe den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten nach Art.
19 Abs.
4 [X.]
zu Recht zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, §
544 Abs.
7 ZPO.
Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Anspruchs auf [X.] Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, in Verbindung mit dem Anspruch auf Gewäh-rung wirkungsvollen Rechtsschutzes aus Art.
2 Abs.
1 GG und dem Rechts-staatsprinzip.
Nimmt das Gericht des ersten Rechtszugs zu Unrecht an, die Zustellung eines Versäumnisurteils
an eine vorübergehend rechtlich handlungsunfähige [X.]
sei wirksam und der dagegen eingelegte Einspruch gemäß §
339 ZPO verfristet, so verletzt
das Urteil, mit dem der Einspruch gegen ein solches Ver-säumnisurteil gemäß § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO verworfen wird, und ein Urteil des Berufungsgerichts, mit dem die Berufung gegen das den Einspruch verwer-fende Urteil des Gerichts des ersten [X.] zurückgewiesen wird,
den Anspruch der [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs, Art.
103 Abs.
1 GG, und auf wirkungsvollen Rechtsschutz
(vgl. zur öffentlichen Zustellung: [X.], Beschluss vom 6.
Dezember 2012
-
VII ZR 74/12, NJW-RR 2013, 307 Rn. 15; Urteil vom 19.
Dezember 2001 -
VIII ZR 282/00, [X.]Z 149, 311, 314, juris Rn.
10 f.).
In einem solchen Fall ist das Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvol-len Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaats-prinzip verletzt, weil
einer [X.] der Zugang zu dem von der [X.] eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu 9
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-
rechtfertigender Weise erschwert wird (vgl. [X.], Beschluss vom 9. Juni 2016

-
IX [X.], NJW-RR 2016, 955 Rn. 9; Beschluss vom 29.
Juli
2014

-
IV [X.] 37/13
Rn. 4; Beschluss vom 13.
Februar 2014
-
VII [X.] 39/13, [X.]Z 200, 145 Rn. 13; Beschluss vom 30.
April 2003 -
V [X.] 71/02, NJW 2003, 2388, juris Rn. 4; [X.],
NJW 2003, 281, juris Rn. 9).
So
liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht nimmt zu Unrecht an, dass von einer wirksamen Zustellung des Versäumnisurteils
am 25. Juni 2012 aus-gegangen werden
könne und die Beklagte deshalb die vom [X.]
nach §
339 Abs. 2 ZPO gesetzte zweiwöchige Frist zur Einlegung des Einspruchs
versäumt habe.
Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann eine
wirksame Zustellung des Versäumnisurteils
am 25. Juni 2012
nicht angenommen werden. Infolge der Löschung der [X.] war das Verfahren im Zeitpunkt der Zustellung entsprechend §§
239, 241 ZPO unterbrochen, § 249 ZPO.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die beklagte [X.] [X.] des vorliegenden Rechtsstreits geworden ist.
aa) Das Berufungsgericht sieht richtig, dass für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit der Beklagten in ihren verschiedenen Aspekten (Erlangung, Verlust und Wiedererlangung der Rechtsfähigkeit) grundsätzlich das [X.] Recht als [X.] maßgebend ist (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Juli
2013
-
V [X.] 197/12, [X.]Z
198, 14 Rn. 11 m.w.[X.]). Nach den nicht an-gegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte durch ihre
-
nach Zustellung der Klageschrift
erfolgte -
Löschung im Register am 24.
April
2012 nach [X.] Recht ihre Existenz und damit ihre Rechtsfä-higkeit verloren.
Nach den ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsge-richts hat die Beklagte nach dem maßgebenden [X.] Recht durch die [X.] in das Register ihre Rechtsfähigkeit nachträglich wieder er-11
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-
7
-
langt. Dabei kann im Hinblick auf die nachstehenden Ausführungen dahinste-hen, ob das Berufungsgericht
das [X.] Recht hinsichtlich der Rückwirkung der [X.] in das Register rechtsfehlerfrei angewandt hat und ob die diesbezügliche Verfahrensrüge der Beklagten durchgreift.
bb) Durch die Zustellung der Klage in [X.] ist ein wirksames Prozess-rechtsverhältnis zwischen den [X.]en
begründet worden.
Die dagegen erho-benen Einwände der Beklagten
hat der Senat geprüft, aber nicht für [X.] erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen, § 544 Abs. 4 Satz 2,
2. Halbsatz
ZPO.
b) Das Berufungsgericht hat allerdings nicht berücksichtigt, dass sich die verfahrensrechtlichen Wirkungen im Zusammenhang mit dem Verlust und der
Wiedererlangung der Rechtsfähigkeit
der Beklagten im [X.] Zivilprozess nach der lex fori
und damit der [X.]
Zivilprozessordnung richten (vgl. [X.], Urteil vom 17. Oktober 1968 -
VII ZR 23/68, [X.]Z 51, 27, 29, juris Rn.
15; [X.], ZPO, 22. Aufl., Vor § 239 Rn. 14). Es
hat rechtsfeh-lerhaft nicht geprüft, wie sich nach dem
maßgeblichen [X.] Recht die nach Rechtshängigkeit erfolgte Löschung der Beklagten
auf den Prozess
aus-wirkt.
c) Dadurch hat es verkannt, dass das Verfahren durch den nach Rechts-hängigkeit eingetretenen Wegfall der [X.]-
und Prozessfähigkeit der Beklag-ten aufgrund der Löschung im Register entsprechend §§
239, 241 ZPO unter-brochen war. Die Unterbrechung mit den Wirkungen des § 249 ZPO tritt [X.] von der Kenntnis der [X.]en und des Gerichts von Amts wegen ein (vgl. [X.], Urteil vom 17. Dezember 2015 -
IX ZR 143/13, [X.]Z 208, 227 Rn.
36).
15
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-
8
-
aa) Mit
der Löschung am 24. April 2012 hat die Beklagte
-
wie bereits erwähnt -
ihre Existenz, ihre Rechtsfähigkeit
und damit ihre
[X.]fähigkeit [X.] verloren, § 50 Abs. 1 ZPO.
Für die Revisionsinstanz ist mangels Feststellungen des Berufungsge-richts davon auszugehen, dass die im Gründungsstaat England
gelöschte [X.]
in [X.]
nicht
als Restgesellschaft
(vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Juli 2013
-
V
[X.] 197/12, [X.]Z 198, 14 Rn. 12; KG, NJW 2014, 2737, juris Rn. 19 ff.; OLG
Hamm, NJW-RR 2014, 995, 996, juris Rn. 23; [X.], [X.], 1852, 1853, juris Rn. 6 f.),
Spaltgesellschaft
(vgl. [X.], Urteil vom 31.
März 1971
-
VIII
ZR 40/69, [X.]Z 56, 66, 69, juris Rn. 13), [X.] (vgl. [X.], GmbHR 2016, 1099, 1100, juris Rn. 25 f.; [X.], NJW-RR 2012, 1065, juris Rn. 7 f.)
oder Einzelunternehmer
(vgl. [X.], NJW-RR
2014, 995, 996, juris Rn. 27)
weitergeführt wurde
(vgl. [X.]/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., §
50 Rn.
9, 30).
Mit der Löschung ist die Beklagte prozessunfähig geworden, §§
51, 55
ZPO, denn sie konnte wegen des Wegfalls der Vertretungsbefugnis keine Prozesshandlungen mehr durch ihren vormaligen gesetzlichen Vertreter
wirk-sam vor-
oder entgegennehmen
(vgl. [X.]/Vollkommer, aaO, § 51 Rn. 6).
bb)
Wird eine in [X.] verklagte [X.] nach Rechtshängigkeit im Gründungsstaat England
gelöscht, tritt eine Unterbrechung des Rechtsstreits entsprechend §§ 239, 241 ZPO ein, sofern ihre [X.] betrieben wird oder betrieben werden kann.
(1) Tritt der Verlust der Rechtsfähigkeit durch Tod einer Naturalpartei nach Rechtshängigkeit ein, bestimmt § 239 Abs. 1 ZPO, dass der Rechtsstreit unterbrochen ist. §
239 Abs. 1 ZPO
ordnet einen [X.] kraft Ge-setzes vor dem Hintergrund an, dass der Prozess mit dem Rechtsnachfolger fortgeführt wird. Hierdurch wird vermieden, dass die Klage als unzulässig ab-19
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-
9
-
gewiesen wird und der Kläger anschließend
eine neue Klage gegen den Rechtsnachfolger erheben müsste. Der [X.] ermöglicht es, den
Rechtsnachfolger
zu ermitteln, der den Rechtsstreit in dem Verfahrensstand übernehmen muss, in dem er sich befindet, und gibt diesem Gelegenheit, sich auf den gesetzlichen [X.]wechsel einzustellen (vgl. [X.]/Anders, ZPO, 8. Aufl.,
§ 239 Rn.
1; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., § 239 Rn. 1).
Nach der Rechtspre-chung des [X.] ist § 239 Abs. 1 ZPO bei dem Untergang
sol-cher
juristischer
Personen
entsprechend anzuwenden, deren Untergang keine Liquidation, sondern eine Gesamtrechtsnachfolge nach sich zieht
([X.], Urteil vom 15. März 2004 -
II ZR 247/01, [X.], 1138, 1139, juris Rn. 4; [X.] vom 18. Februar 2002 -
II ZR 331/00, NJW 2002, 1207, juris Rn. 5; Ur-teil vom 4. Juni 1957, [X.], [X.], 975; [X.]/[X.], aaO, § 239 Rn. 6).
Ebenfalls eine
Unterbrechung ordnet § 241 ZPO an, wenn die beklagte juristische Person durch den Verlust ihrer Prozessfähigkeit (§ 51 ZPO) [X.] handlungsunfähig und deshalb schutzbedürftig wird
(vgl. § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Der kraft Gesetzes
angeordnete [X.] bezweckt, dass die Klage nicht als unzulässig abgewiesen werden muss, sondern der Rechtsstreit fortgesetzt werden kann, sobald mit der Neuregelung
der gesetzli-chen Vertretung die Handlungsfähigkeit der Beklagten
wiederhergestellt
ist.
(2) Mit der Löschung im [X.] Register hat die Beklagte ihre Rechtsfähigkeit
und dadurch ihre [X.]-
und Prozessfähigkeit verloren. Zwar führt die Löschung der [X.]
nicht zu einer Gesamtrechtsnachfolge, weil et-waiges (Aktiv-)Vermögen -
vorbehaltlich im Ausland belegenen Vermögens, welches von dem [X.] nicht erfasst wird
-
der [X.] Krone
zufällt (vgl. [X.], GmbHR 2008, 41, 42, juris Rn. 7; [X.], "Striking off the register", 2011, S.
81, 85).

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-
10
-
(3) Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften ist jedoch wegen vergleichbarer Interessenlage geboten, wenn die [X.] der [X.]
betrieben wird oder betrieben werden kann.
§ 239 ZPO bezweckt den Stillstand des Verfahrens im Falle einer Rechtsnachfolge, damit sich die [X.]en auf [X.] einstellen können ([X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., §
239 ZPO Rn. 1) und dient der Prozessökonomie.
§ 241 ZPO schützt die [X.],
die
die
Prozessfähigkeit verloren hat, bis zur Neuordnung ihrer gesetzlichen Vertre-tung.
Ist die [X.] gelöscht, wird aber deren [X.] betrieben
oder
kann dies noch geschehen, ist der Wegfall der Rechts-,
[X.]-
und Pro-zessfähigkeit
gegebenenfalls nur vorübergehend. Solange nicht feststeht, ob der Prozess nach [X.] fortgesetzt werden kann, ist ein Verfah-rensstillstand prozessökonomisch
und interessengerecht.

Eine planwidrige Regelungslücke als Voraussetzung für eine entspre-chende
Anwendung der Vorschriften über die Unterbrechung liegt vor.
Das [X.] Recht sieht eine der Regelung in Section 1028 des [X.] Com-panies Act 2006 vergleichbare Regelung, mit der erreicht werden kann, dass eine vollbeendete und gelöschte Kapitalgesellschaft als solche wieder auflebt, nicht vor. Dementsprechend fehlt eine Regelung in der
Zivilprozessordnung, welche Auswirkungen der nach Rechtshängigkeit eintretende, aufgrund der [X.] aber nur vorübergehende Verlust der [X.]-
und Prozessfä-higkeit auf den Prozess haben kann (vgl. [X.], "Striking off the register", 2011, S.
275 ff.).
(4) § 246 Abs. 1 ZPO steht der Unterbrechung des Rechtsstreits nicht entgegen,
denn die Beklagte hatte vor ihrer Löschung keinen Prozessbevoll-mächtigten mit ihrer Vertretung betraut.
25
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-
11
-
d) Aus § 249 ZPO folgt, dass Handlungen des Gerichts, die -
wie eine Zustellung
-
mit Außenwirkung
während der Unterbrechung vorgenommen wer-den, grundsätzlich unwirksam sind (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
März
2013
-
VII
[X.]
13/12, NJW 2013, 2438 Rn.
14; Beschluss vom 29.
März
1990
-
III
[X.]
39/89, [X.]Z 111, 104, 107, juris Rn.
21;
Beschluss vom 5.
Februar
1965 -
V [X.] 12/64, [X.]Z 43, 135, 136, juris Rn.
2). Ein Urteil kann während der Unterbrechung weder erlassen ([X.], Urteil vom 29. Januar 1976 -
IX ZR 28/73, [X.]Z 66, 59, 61, juris Rn. 5) noch wirksam zugestellt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
März
2013 -
VII [X.] 13/12, aaO; Beschluss vom 29.
März
1990 -
III
[X.]
39/89, aaO; Beschluss vom 5.
Februar
1965
-
V [X.] 12/64, aaO). Ein
gleichwohl erlassenes
Urteil ist den [X.]en gegenüber unwirksam; allerdings
muss diese Unwirksamkeit mit dem
zulässigen [X.] geltend gemacht werden ([X.], Beschluss vom 31.
März
2004
-
XII
ZR
167/00, [X.], 1077, juris Rn.
4; Urteil vom 21.
Juni
1995
-
VIII
ZR
224/94, NJW 1995, 2563, juris Rn.
5; Urteil vom 11.
Juli
1984
-
VIII
ZR
253/83, [X.], 1170, juris Rn.
7 f.; Urteil vom 29.
Januar
1976
-
IX ZR 28/73, [X.]Z
66, 59, 61
f., juris Rn.
5).
§ 249 Abs. 1 ZPO bestimmt,
dass alle prozessualen Fristen
zu laufen aufhören und erst mit Aufnahme (§ 250 ZPO) neu zu laufen beginnen. Zudem beginnen Fristen, die bei Eintritt der Unterbrechung noch nicht begonnen ha-ben, erst nach dem Ende der Unterbrechung zu laufen
([X.], Beschluss vom 29.
März
1990 -
III [X.] 39/89, [X.]Z 111, 104, 108, juris Rn. 25; [X.], Urteil vom 29. April 1953 -
II ZR 132/52, [X.]Z 9, 308, 309, juris Rn. 13).
aa) Das Versäumnisurteil ist im schriftlichen Vorverfahren nach § 331 Abs. 3 ZPO erlassen worden, weshalb die Verkündung durch Zustellung an beide [X.]en ersetzt werden musste, § 310 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Dementspre-chend
beginnt die Einspruchsfrist auch erst mit
der letzten von Amts wegen zu bewirkenden Zustellung zu laufen ([X.],
Urteil vom 19. Mai 2010 -
IV ZR 14/08, 30
31
-
12
-
FamRZ 2010, 1328
Rn. 9; Beschluss vom 5. Oktober 1994 -
XII [X.] 90/94, NJW
1994, 3359,
3360, juris Rn. 13
ff.). Die Zustellung des Versäumnisurteils am 25.
Juni 2012 war wegen der nach Erlass des Versäumnisurteils eingetrete-nen Unterbrechung des Rechtsstreits wirkungslos und konnte die Verkündung nicht ersetzen.
Hieraus folgt
auch, dass die
Zustellung
am 25. Juni 2012 die Einspruchsfrist nach §
339 Abs. 1 und 2 ZPO nicht in Gang gesetzt hat. Die Beklagte hat am 24.
August
2012 Einspruch erhoben. Weil die Einspruchsfrist
bei Einreichung der
Einspruchsschrift
noch nicht zu laufen begonnen
hatte, er-folgte der Einspruch rechtzeitig.
bb) Der Einspruch als der nach § 338 ZPO statthafte Rechtsbehelf ist auch im Übrigen zulässig.
Zwar ist grundsätzlich die
Einlegung
des Rechtsbe-helfs
vor Urteilsverkündung unzulässig ([X.]/[X.], ZPO, 31.
Aufl.,
§
339 Rn.
2).
Gegen ein im schriftlichen Vorverfahren nach §
331 Abs.
3 ZPO erlas-senes, mangels ordnungsgemäßer Zustellung (§ 310 Abs. 3 ZPO) noch nicht existentes Versäumnisurteil wird aber der Einspruch schon zur Beseitigung des Rechtsscheins eines Versäumnisurteils als zulässig erachtet
(vgl. [X.], Urteil vom 17. April 1996 -
VIII ZR 108/95, NJW 1996, 1969, 1970, juris Rn. 14; [X.]/
[X.], ZPO, 31. Aufl., § 338 Rn. 1). Die unterlegene [X.] kann, sobald sie vom sie [X.] Versäumnisurteil Kenntnis erhält, weil das Gericht die Zustellung veranlasst und den Rechtsschein eines wirksamen [X.]s erzeugt hat, zu dessen Beseitigung zulässigerweise Einspruch einlegen (vgl. [X.]/Czub, ZPO, 8.
Aufl., §
338 Rn.
6; [X.]/[X.]/[X.], ZPO,
37.
Aufl.,
§ 339 Rn. 1).
Der Einspruch ist wirksam erhoben. Die Unterbrechung des Verfahrens steht der Zulässigkeit
nicht entgegen; insoweit war
die Beklagte als partei-
und prozessfähig anzusehen (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 1984 -
VIII ZR 253/83,

32
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-
13
-
WM
1984, 1170, juris Rn. 8 m.w.[X.]).
Auch
hat die Beklagte
den Einspruch durch die nach Wiedererlangung der [X.]fähigkeit gefertigten Schriftsätze
je-denfalls konkludent genehmigt
(vgl. [X.], Urteil vom 17.
Oktober
1968
-
VII ZR 23/68, [X.]Z 51, 27, 29, juris
Rn. 14 f.).

Eick
[X.]
[X.]

[X.]

Borris

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.10.2012 -
2-26 O 168/11 -

O[X.], Entscheidung vom 29.04.2014 -
16 [X.] -

Meta

VII ZR 112/14

19.01.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2017, Az. VII ZR 112/14 (REWIS RS 2017, 17071)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17071

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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