Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2014, Az. B 14 AS 39/13 R

14. Senat | REWIS RS 2014, 1826

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Streitgegenstand - maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung eines hinreichend konkretisierten Überprüfungsantrages nach § 44 SGB 10 - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Antrag auf Überprüfung sämtlicher Bescheide ohne Darlegung von Gründen - keine Pflicht des Grundsicherungsträgers zur inhaltlichen Prüfung)


Leitsatz

In Rechtsstreitigkeiten über die Beurteilung, ob ein hinreichend konkretisierter Überprüfungsantrag (§ 44 SGB 10) vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung über diesen Überprüfungsantrag abzustellen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 23. November 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind keine zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Überprüfung von Bescheiden nach dem [X.] ([X.]B II).

2

Die im Jahr 1973 geborene Klägerin, ihr im Jahr 1970 geborener Ehemann und ihr im Jahr 1998 geborener [X.] bilden eine Bedarfsgemeinschaft und beziehen seit Jan[X.]r 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] Mit undatiertem, beim beklagten Jobcenter am [X.] eingegangenem Schreiben beantragte sie die "Überprüfung sämtlicher bestandskräftiger Bescheide über Grundsicherung seit dem 01.01.2006 inklusive aller Aufhebungs- und Erstattungsbescheide". Nachdem die Klägerin trotz einer Bitte des Beklagten die zu überprüfenden Bescheide nicht näher benannt hatte, lehnte dieser eine "Prüfung der Bescheide" ab, da mangels Vortrags nicht ersichtlich sei, was für deren Unrichtigkeit spreche (Bescheid vom 1.3.2011). Der durch [X.] auf diesem Bescheid erhobene, nicht näher begründete Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom [X.]).

3

Im Laufe des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht ([X.]) hat die Klägerin mit Schreiben vom [X.] mitgeteilt, dass sie die Überprüfung begehre der Bescheide vom [X.], 18.7.2006, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] inklusive aller Änderungsbescheide, des [X.] vom [X.], der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom [X.], 10.1.2008, 7.2.2008, 17.10.2008, [X.], [X.] Der Beklagte hat das Schreiben vom [X.] als neuen Überprüfungsantrag gewertet und mit weiteren Bescheiden "festgestellt", dass die vor dem 1.1.2010 wirksam gewesenen Bescheide vom [X.], 18.7.2006, [X.] (vom Beklagten angeführt wird das Datum 28.1.2007), [X.], [X.], [X.], [X.] - jeweils inklusive aller Änderungsbescheide - und der Sanktionsbescheid vom [X.] einer Überprüfung wegen Verfristung nicht zugänglich seien (Bescheide vom 27.10.2011, [X.] vom 1.3.2012).

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 9.11.2011). Das [X.] (L[X.]) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 23.11.2012) und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: (1) Die aufgrund des Schreibens vom [X.] ergangenen Überprüfungsbescheide vom 27.10.2011 in der Gestalt der [X.] vom 1.3.2012 seien nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil diese den angefochtenen Bescheid vom 1.3.2011 in der Gestalt des [X.]s vom [X.] nicht gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz ([X.]G) geändert oder ersetzt hätten. Letzterer setze voraus, dass die Regelungsgegenstände des früheren und des neuen Bescheides identisch seien; ein bloßer Sachzusammenhang genüge nicht. Ein Überprüfungsbescheid nach § 44 [X.] ([X.]B X) werde nicht Gegenstand des Klageverfahrens gegen den ursprünglichen Bescheid (Hinweis auf [X.] vom [X.] - B 9 SB 19/09 B). Werde ein erster Überprüfungsantrag im Hinblick auf eine mangelnde Konkretisierung der zu überprüfenden Bescheide und ein zweiter Überprüfungsantrag wegen Verfristung nach § 40 Abs 1 Satz 2, § 77 Abs 13 [X.]B II abgelehnt, handele es sich ebenfalls um verschiedene Regelungsgegenstände. [X.] Der angefochtene Bescheid vom 1.3.2011 sei nicht rechtswidrig gewesen und im Rahmen des Vorverfahrens durch den Widerspruchsbescheid vom [X.] zu Recht bestätigt worden. Der Beklagte habe sich auf die Bindungswirkung seiner früheren Bescheide berufen und es mangels Vortrags der Klägerin ablehnen dürfen, deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Denn § 44 [X.]B X erfordere für das Eintreten in eine umfassende Sachprüfung, dass gewisse Mindestanforderungen erfüllt seien. Die Tatsache, dass die Klägerin im Klageverfahren eine Konkretisierung ihres Überprüfungsantrags nachgeschoben habe, führe nicht dazu, dass nun im Gerichtsverfahren die inhaltliche Überprüfung der bestandskräftigen Bescheide vorzunehmen sei. Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [X.] sei vielmehr als neuer Überprüfungsantrag zu werten.

5

Mit der - vom B[X.] zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 44 [X.]B X durch das L[X.]. Insbesondere habe das L[X.] die Rechtmäßigkeit der von ihr im Laufe des [X.]-Verfahrens konkret benannten Bescheide überprüfen müssen. Dass nach heutiger Rechtslage der zu überprüfende Bescheid nicht angegeben werden müsse, folge auch aus den Überlegungen einer [X.] zur [X.] im [X.]B II, die [X.] eine Gesetzesänderung beinhalte, nach der die zu überprüfenden Bescheide zu benennen und die Beschwer zu bezeichnen seien. Nachdem das Urteil des 4. Senats des B[X.] vom 13.2.2014 (- B 4 AS 22/13 R - vorgesehen für B[X.]E und [X.]-1300 § 44 [X.]) ergangen ist, ist die Revision aufrechterhalten worden, weil die zu überprüfenden Sachverhalte im Antrag vom [X.] angegeben worden seien und die Benennung der Bescheide nach ihrem Datum nicht erforderlich sei.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.]s Berlin-Brandenburg vom 23. November 2012 und den Gerichtsbescheid des [X.] vom 9. November 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 1. März 2011 in der Gestalt des [X.]s vom 9. Mai 2011 zu verpflichten, die Bescheide vom 8. Febr[X.]r 2006, 18. Juli 2006, 29. Jan[X.]r 2007, 22. August 2007, 21. Jan[X.]r 2008, 28. Juli 2008, 26. Jan[X.]r 2009, 18. Febr[X.]r 2010, 12. August 2010, jeweils inklusive aller Änderungsbescheide, zu ändern und höhere Leistungen nach dem [X.]B II zu gewähren, sowie den Sanktionsbescheid vom 22. August 2007 und die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 3. Jan[X.]r 2007, 10. Jan[X.]r 2008, 7. Febr[X.]r 2008, 17. Oktober 2008, 26. Juli 2010, 3. September 2010 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]). Das [X.] hat in seinem angefochtenen Urteil vom 23.11.2012 zu Recht ihre [X.]erufung gegen den Gerichtsbescheid des [X.] zurückgewiesen, in dem dieses die Klage auf Aufhebung des [X.]escheides des [X.]eklagten vom 1.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] und die Überprüfung der im Klageverfahren von der Klägerin bezeichneten [X.]escheide abgewiesen hat.

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind nur die genannten vorinstanzlichen Entscheidungen und der genannte [X.]escheid des [X.]eklagten sowie das Überprüfungsbegehren der Klägerin, nicht aber - wie das [X.] zu Recht erkannt hat - die [X.]escheide des [X.]eklagten vom 27.10.2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 1.3.2012. Denn letztere haben den [X.]escheid vom 1.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] nicht gemäß § 96 Abs 1 [X.] geändert oder ersetzt.

Voraussetzung für die Anwendung des § 96 Abs 1 [X.] ist ua eine zumindest teilweise Identität der Regelungsgegenstände beider Verwaltungsakte, die ähnlich wie der Streitgegenstand durch einen Vergleich beider Verfügungssätze sowie des zugrunde liegenden Sachverhaltes zu ermitteln sind; ein bloßer Sachzusammenhang genügt nicht ([X.][X.] vom [X.] - [X.] 9 S[X.] 19/09 [X.] zu einem Ausgangs- und einem Überprüfungsbescheid; [X.][X.] vom 17.10.2012 - [X.] 6 [X.]/11 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.] RdNr 21 mwN; [X.][X.] vom 15.11.2012 - [X.] 8 [X.] 22/10 R - FEVS 64, 486, RdNr 14). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, weil in den [X.]escheiden vom 27.10.2011 nicht auf den früheren [X.]escheid vom 1.3.2011 [X.]ezug genommen wird und in ihrer [X.]egründung für die Ablehnung der Überprüfung der ursprünglichen [X.]escheide nicht auf deren mangelnde Konkretisierung abgehoben wurde, sondern auf die Verfristung des [X.] vom [X.] nach § 40 Abs 1 Satz 2, § 77 Abs 13 [X.][X.] II idF der Neubekanntmachung vom 13.5.2011 ([X.]G[X.]l I 850). Dem [X.]escheid vom 1.3.2011 und den [X.]escheiden vom 27.10.2011 liegen unterschiedliche Anträge gegenüber dem [X.]eklagten hinsichtlich ihrer Zeitpunkte sowie Inhalte und damit unterschiedliche Sachverhalte zugrunde.

2. Prozessuale Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Aufgrund der Einverständnisse der [X.]eteiligten konnte nach § 124 Abs 2 [X.] ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Aus den [X.]escheiden des [X.]eklagten vom 27.10.2011 folgt aufgrund der unterschiedlichen Regelungsgegenstände gegenüber dem hier angefochtenen [X.]escheid vom 1.3.2011 nichts für das vorliegende Verfahren.

3. Die Revision der Klägerin ist unbegründet, weil - wie das [X.] zutreffend entschieden hat - der [X.]eklagte in dem angefochtenen [X.]escheid vom 1.3.2011 zu Recht die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren beantragte "Überprüfung sämtlicher bestandskräftiger [X.]escheide über Grundsicherung seit dem 01.01.2006 inklusive aller Aufhebungs- und Erstattungsbescheide" abgelehnt hat, auch wenn eine [X.]enennung von [X.]escheiden im Laufe des anschließenden Gerichtsverfahrens erfolgt ist.

Als Rechtsgrundlage für das [X.]egehren der Klägerin kommt nur § 40 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] X in [X.]etracht, nach dem ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

a) Zu den Voraussetzungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 [X.][X.] X hat der 4. Senat in seinem Urteil vom 13.2.2014 (- [X.] 4 AS 22/13 R - vorgesehen für [X.][X.]E und [X.] 4-1300 § 44 [X.] mwN), dem sich der erkennende Senat angeschlossen hat ([X.]eschluss vom [X.] - [X.] 14 AS 335/13 [X.]), ausgeführt: Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus, deren Umfang aber von dem Antrag und dessen [X.]egründung abhängig ist. Eine solche Prüfung erfordert, dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Andernfalls ist der Leistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung des Antrags abzusehen. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 44 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] X, nach dem "im Einzelfall" beim Vorliegen der Voraussetzungen die Rücknahme eines Verwaltungsaktes erfolgen soll, was in der Konsequenz bedeutet, dass der Überprüfungsantrag des Leistungsberechtigten einen oder ggf mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen muss. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn bei objektiver [X.]etrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist. Dafür streitet auch der Sinn und Zweck des § 44 [X.][X.] X, der die Konfliktsituation zwischen der [X.]indungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zugunsten letzterer auflösen will, was jedoch nur möglich ist, wenn der Verwaltung der zu lösende Konflikt bekannt ist. Aus den von der Klägerin angeführten Überlegungen einer [X.]und-Länder-Arbeitsgruppe über Gesetzesänderungen kann mangels näherer [X.]egründungen nichts Abweichendes hergeleitet werden.

Nach diesen Voraussetzungen hat die Klägerin mit dem am [X.] beim [X.]eklagten eingegangenen Schreiben keinen Überprüfungsantrag gestellt, der zu einer inhaltlichen Überprüfung einzelner Verwaltungsakte führen musste. Vielmehr ist dieser Antrag zu Recht von dem [X.]eklagten mangels [X.]estimmbarkeit der zu überprüfenden Verwaltungsakte abgelehnt worden. Denn die Klägerin hat die "Überprüfung sämtlicher bestandskräftiger [X.]escheide über Grundsicherung seit dem 01.01.2006 inklusive aller Aufhebungs- und Erstattungsbescheide" beantragt und keinen zu überprüfenden [X.]escheid genau benannt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin im Revisionsverfahren kann ihrem Antrag aufgrund der in ihm angeführten, zu überprüfenden Umstände keine Konkretisierung entnommen werden. Die von ihr angegebenen Prüfungspunkte "Kosten der Unterkunft und Heizung" sowie "Einkommensanrechnung", insbesondere hinsichtlich des Kindergeldes, der Freibeträge und des [X.], sind nicht derart prägnant, dass aus ihnen konkrete Prüfungspunkte hinsichtlich bestimmter, einzelner Verwaltungsakte abgeleitet werden können. Sie stellen sich vielmehr in jedem [X.]escheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.][X.] II, in dem diese [X.]edarfe anfallen oder entsprechende Einnahmen zu berücksichtigen sind.

Dass dem nicht weiter eingeengten Antrag vom [X.] kein konkreter zu überprüfender Verwaltungsakt oder ggf bestimmte mehrere entnommen werden konnten, zeigt auch der später im Gerichts- und nun im Revisionsverfahren von der Klägerin gestellte Antrag mit der [X.]enennung zahlreicher [X.]escheide, der aber immer noch unvollständig ist, wenn z[X.] die Überprüfung des [X.]escheides vom [X.] "inklusive aller Änderungsbescheide" begehrt wird, weil letztere nicht konkret benannt sind und auch kein Umstand aufgeführt wird, auf den sich die Überprüfung beziehen soll.

b) Durch diese [X.]enennung von [X.]escheiden, auf die sich der am [X.] gestellte Überprüfungsantrag beziehen soll, im Schreiben vom [X.] im Laufe des Verfahrens vor dem [X.] wird - in Übereinstimmung mit dem Urteil des 4. Senats vom 13.2.2014 (- [X.] 4 AS 22/13 R - vorgesehen für [X.][X.]E und [X.] 4-1300 § 44 [X.], RdNr 16) - der [X.]escheid des [X.]eklagten vom 1.3.2011 nicht rechtswidrig.

Der maßgebliche Zeitpunkt für die [X.]eurteilung der Sach- und Rechtslage ist anhand des materiellen Rechts zu ermitteln und neben der jeweiligen Klageart vor allem von dem materiell-rechtlichen [X.]egehren des Antragstellers oder [X.] abhängig (vgl das vom 4. Senat angeführte Urteil des 5. Senats vom 25.1.2011 - [X.] 5 R 47/10 R - RdNr 12 mwN, das eine Änderung der Rechtslage betraf; [X.]öttiger in [X.]reitkreuz/Fichte, [X.] Kommentar, 2. Aufl 2014, § 54 RdNr 67, 98; [X.], in [X.]/[X.]/[X.], [X.] Kommentar, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 32 ff). Von der bekannten Faustformel "[X.]ei reinen [X.] ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich, bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung." gibt es zahlreiche Ausnahmen ([X.][X.] vom [X.] [X.] - [X.] 3-4100 § 152 [X.], Juris-RdNr 21 ff; [X.][X.] vom 2.5.2012 - [X.] 11 AL 18/11 R - [X.] 4-4300 § 144 [X.] RdNr 26; [X.]öttiger in [X.]reitkreuz/Fichte, [X.], aaO, § 54 RdNr 67 f, 98, 132; Castendiek in [X.] Handkommentar, 4. Aufl 2012, § 54 RdNr 55 ff, 76 ff, 101, 131; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], aaO, § 54 RdNr 33a, 34 ff; [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, [X.], RdNr 97 ff; [X.] in [X.], [X.] Kommentar mit Nebenrecht, Stand der Einzelkommentierung 2/2009, § 54 RdNr 134 ff; vgl zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren [X.]/[X.], VwGO, 19. Aufl 2013, § 113 RdNr 29 ff, 217 ff).

Zumindest in Rechtsstreitigkeiten über die [X.]eurteilung, ob ein hinreichend konkretisierter Überprüfungsantrag nach § 44 [X.][X.] X vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung über diesen Überprüfungsantrag abzustellen. Andernfalls würden die oben dargestellten Ziele des § 44 [X.][X.] X leerlaufen und die inhaltliche Überprüfung des bestandskräftigen Verwaltungsaktes, einschließlich möglicher Ermittlungen, von der Verwaltung auf das Gericht verlagert. Zudem erschöpft sich der Verwaltungsakt über die Ablehnung der Überprüfung in dieser - einmaligen - Regelung und hat keinerlei Wirkungen für die Zukunft, in der bei einer späteren Änderung der Sachlage eine andere [X.]eurteilung der einmal getroffenen Entscheidung gerechtfertigt sein kann. Der [X.]etroffene kann vielmehr, so wie es die Klägerin auch durch den Überprüfungsantrag vom [X.] gemacht hat, einen erneuten Antrag stellen, über den dann aufgrund der durch diesen Antrag neuen Sachlage zu entscheiden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 [X.].

Meta

B 14 AS 39/13 R

28.10.2014

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Cottbus, 9. November 2011, Az: S 21 AS 1811/11, Gerichtsbescheid

§ 96 Abs 1 SGG, § 40 Abs 1 S 1 SGB 2, § 44 Abs 1 S 1 SGB 10, § 20 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2014, Az. B 14 AS 39/13 R (REWIS RS 2014, 1826)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1826

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