Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2010, Az. AnwZ (B) 8/10

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2010, 1176

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[X.][X.] ([X.]) 8/10 vom 22. November 2010 in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft - 2 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] [X.], die Richterinnen [X.] und [X.], den Rechts-anwalt Dr. [X.] sowie die Rechtsanwältin [X.]
nach mündlicher Verhandlung am 22. November 2010 beschlossen: Die gegen die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Ent-scheidung über den Widerruf der Zulassung gerichtete sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschluss des 1. Se-nats des [X.]s des Landes [X.] vom 18. September 2009 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstande-nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten. Der Geschäftswert für das [X.]eschwerdeverfahren wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist seit Juli 1984 im [X.]ezirk der Antragsgegnerin als Rechtsanwalt zugelassen. Mit [X.]escheid vom 11. Mai 2009 widerrief die [X.]sgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen [X.]. Nachdem die Antragsgegnerin Kenntnis davon erlangt [X.], dass gegen den Antragsteller zwei rechtskräftige Strafbefehle wegen [X.] - 3 - treue zum Nachteil von Mandanten ergangen waren, ordnete sie mit [X.]escheid vom 25. August 2009 die sofortige Vollziehung der Widerrufsverfügung an. Der [X.] hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung und den [X.] auf aufschiebende Wirkung des [X.] zurückgewiesen. [X.] die Zurückweisung beider Anträge wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen [X.]eschwerde. Über die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers ge-gen die Zurückweisung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung hat der Senat vorab mit [X.]e-schluss vom 15. Oktober 2010 entschieden. I[X.] Das gegen die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung über den Widerruf der Zulassung gerichtete Rechtsmittel ist zulässig (§ 215 Abs. 3 [X.]RAO, § 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.]RAO a.F.), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, die Interessen der Rechtsuchenden sind hierdurch nicht gefährdet. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. [X.]eweisanzeichen hierfür sind das Erwirken von Schuldtiteln und Vollstre-ckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbe-schluss vom 31. Mai 2010 - [X.] ([X.]) 27/09, [X.], 1380 Rn. 4 m.w.[X.]). Zudem besteht nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO eine gesetzliche Vermutung für den Eintritt eines [X.], wenn der Rechtsanwalt in dem vom [X.] 3 - 4 - venzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 [X.], § 915 ZPO) eingetragen ist. 2. Diese Voraussetzungen lagen bei Erlass des [X.] vor. a) Zum Zeitpunkt des Widerrufs der Zulassung war der gesetzliche [X.] erfüllt. [X.] hatten in vier Zwangsvoll-streckungsverfahren, denen titulierte Forderungen in Höhe von insgesamt 14.985,48 • zugrunde lagen, beim [X.]
am 17. Dezember 2008 und am 2. April 2009 Haftbefehle gegen den Antragsteller erwirkt. In drei dieser Verfahren hatte der Antragsteller zudem am 15. April 2009 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Die durch diese Eintragungen im [X.] (§ 915 ZPO) begründete Vermutung für seinen Vermögensverfall hat der Antragsteller nicht widerlegt. [X.]ei Erlass des [X.] lagen Vollstre-ckungsaufträge von sechs Gläubigern vor; die Gesamtsumme der zu ihren Gunsten titulierten Forderungen belief sich auf 71.675,75 •. Die aufgezeigten Vollstreckungsmaßnahmen, insbesondere die vom Antragsteller abgegebene eidesstattliche Versicherung zeigen, dass seine Einkommens- und [X.] zum Zeitpunkt des Widerrufs so beengt waren, dass ihm ein [X.] Wirtschaften nicht mehr möglich war. b) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers ist mit einem Vermögensverfall eines Rechtsan-walts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden [X.]. Diese Annahme ist regelmäßig schon im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit [X.]n und den darauf möglichen Zugriff von Gläubi-gern gerechtfertigt (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 5. Dezember 2005 - [X.] ([X.]) 13/05, NJW-RR 2006, 559 Rn. 8, und vom 25. Juni 2007 - [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924 Rn. 8 m.w.[X.]). Anhaltspunkte dafür, dass 4 5 6 - 5 - eine Gefährdung von Mandanteninteressen ausnahmsweise nicht bestand (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2004 - [X.] ([X.]) 43/03, [X.], 511 unter [X.]; vom 25. Juni 2007 - [X.] ([X.]) 101/05, aaO Rn. 9 ff.; vom 15. Sep-tember 2008 - [X.] ([X.]) 67/07, Anw[X.]l. 2009, 64 Rn. 5; vom 31. Mai 2010 - [X.] ([X.]) 27/09, aaO Rn. 16 ff.), sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Gefahr hat sich im Gegenteil in mehreren Fällen verwirklicht. Das [X.] hat im Dezember 2008 und Januar 2009 gegen den Antragsteller zwei Strafbefehle wegen Untreue zu Lasten von Mandanten verhängt, die am 7. Mai 2009 beziehungsweise am 19. Mai 2009 rechtskräftig geworden sind. 3. Die Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung sind auch nicht nachträglich entfallen. a) Zwar scheidet nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Wider-ruf der Zulassung aus, wenn der [X.] im Verlauf des Verfahrens ent-fallen ist ([X.]GH, [X.]eschlüsse vom 12. November 1979 - [X.] ([X.]) 16/79, [X.]GHZ 75, 356, 357, und vom 17. Mai 1982 - [X.] ([X.]) 5/82, [X.]GHZ 84, 149, 150). Dies setzt aber voraus, dass der Fortfall des [X.]s, hier des [X.], von dem Rechtsanwalt zweifelsfrei nachgewiesen wird (Senatsbe-schluss vom 31. Mai 2010 - [X.] ([X.]) 27/09, aaO Rn. 10 m.w.[X.]). Die [X.] und [X.]eweislast dafür, dass es ihm gelungen ist, den Vermögensverfall zu beseitigen, trifft den Rechtsanwalt (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2010 - [X.] ([X.]) 27/09, aaO m.w.[X.]), dem eine entsprechende Mitwirkungspflicht nach § 215 Abs. 3 [X.]RAO in Verbindung mit § 36a [X.]RAO a.F. obliegt. Dieser Nachweis ist nicht geführt. b) Die Vermögensverhältnisse des Antragstellers haben sich nicht nach-träglich konsolidiert. Er ist nach wie vor im Schuldnerverzeichnis des [X.]eingetragen. Die damit fortbestehende gesetzliche Vermutung für 7 8 9 - 6 - seinen Vermögensverfall hat er nicht entkräften können, denn er hat nicht den Nachweis erbracht, dass der Vermögensverfall (nachhaltig) beseitigt ist. Hierfür ist zunächst erforderlich, dass der betroffene Rechtsanwalt seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend dartut und belegt. Insbesondere muss er eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobener Forderungen vorlegen und im Einzelnen konkret und nachvollziehbar vortragen, ob Forderungen zwi-schenzeitlich getilgt worden sind oder in welcher Weise er die bestehenden Verbindlichkeiten zu tilgen gedenkt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. Dezember 1991 - [X.] ([X.]) 40/91, juris Rn. 6; vom 10. August 2009 - [X.] ([X.]) 40/08, juris Rn. 10). Zudem setzt eine nachträgliche Konsolidierung voraus, dass der Rechtsanwalt über die [X.]egleichung der aufgelaufenen Schulden oder ihre ge-ordnete Rückführung hinaus erreicht, dass dauerhaft keine neuen Schulden auflaufen, deren ordnungsgemäße [X.]egleichung nicht sichergestellt ist, etwa durch entsprechende Geldmittel oder eingehaltene Zahlungsvereinbarungen mit den jeweiligen Gläubigern (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Juli 2010 - [X.] ([X.]) 113/09, Rn. 10, abrufbar über die Homepage des [X.]undesgerichtshofs). c) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine nachträgliche Konsolidie-rung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nicht eingetreten. Er hat bereits nicht dargetan und belegt, dass die schon zum Zeitpunkt des Erlas-ses des [X.] vorhandenen Verbindlichkeiten getilgt sind oder jedenfalls die [X.] Abtragung dieser Schulden gewährleistet ist. Vielmehr hat er nur die auf keine belastbaren Angaben gestützte Erwartung geäußert, seine wirtschaftlichen Verhältnisse in absehbarer Zeit ordnen zu können. Diese Einschätzung hat sich ersichtlich nicht verwirklicht. Zwischenzeitlich sieht sich der Antragsteller zusätzlichen Forderungen ausgesetzt, wie etwa die im August 2009 eingereichte Klage eines ehemaligen Mandanten auf Auskehrung von 31.700 • oder das Versäumnisurteil des [X.]vom 17. März 2009 über 2.934 • zeigen. 10 - 7 - d) Die Interessen der Rechtsuchenden sind im Hinblick auf den nicht ausgeräumten Vermögensverfall und das berufliche Fehlverhalten des [X.]stellers weiterhin gefährdet. Nach Erlass des [X.] wurde dem Antragsteller erneut zum Vorwurf gemacht, [X.] unberechtigt ein-behalten zu haben. So hat die Staatsanwaltschaft [X.]

wegen des [X.] einer erneuten Veruntreuung im August 2009 und - nach Mitteilung der Antragsgegnerin - im Frühjahr 2010 Anklage beim [X.] erhoben. Ebenfalls im August 2009 hat ein weiterer Mandant des Antragstellers beim Landgericht [X.] Klage auf Auskehrung von [X.] in Höhe von 31.700 • eingereicht. Zudem hat das [X.] nach Mitteilung der Antragsgegnerin den Antragsteller mit rechtskräftigem Urteil vom 17. Februar 2010 in einem weiteren Strafverfahren wegen veruntreuender Unterschlagung in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten ver-urteilt. Das Amtsgericht hat zudem für die Dauer von drei Jahren ein [X.]erufsver-bot gegen den Antragsteller verhängt. 11 - 8 - 4. Der Senat konnte in Abwesenheit des Antragstellers verhandeln und entscheiden, da dieser dem Termin trotz ordnungsgemäßer Ladung ferngeblie-ben ist. [X.] [X.] Fetzer

[X.] Hauger
Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 18.09.2009 - 1 [X.] 38/09 - 12

Meta

AnwZ (B) 8/10

22.11.2010

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2010, Az. AnwZ (B) 8/10 (REWIS RS 2010, 1176)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1176

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