Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.07.2010, Az. 19 W (pat) 23/07

19. Senat | REWIS RS 2010, 4939

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren - keine Gewährung von Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Patenterteilung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung …

hier: Verfahrenskostenhilfe für die Patentanmeldung

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Der Anmelder hatte für seine, am 2. März 2006 eingereichte, ein

2

"…"

3

betreffende Patentanmeldung, am gleichen Tag Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung des Patentanwalts S… beantragt.

4

Auf einen Zwischenbescheid der [X.] des [X.] vom 15. Mai 2006 hin hat der Anmelder mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2006 einen neuen Anspruch 1 eingereicht, der die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1 und 2 umfasst.

5

Die [X.] des [X.] hat den Antrag mit Beschluss vom 5. März 2007 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Anmeldung keine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents habe.

6

Gegen den Beschluss hat der Anmelder mit Schriftsatz vom 4. April 2007, Beschwerde eingelegt.

7

Er macht darin im Wesentlichen geltend, die [X.] sei bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Patentanmeldung über den Rahmen einer summarischen Prüfung hinausgegangen, auf den insoweit das Nebenverfahren der Verfahrenskostenhilfe beschränkt sei.

8

Der geltende Anspruch 1 der Patentanmeldung lautet:

9

"…"    

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II

[X.] (§ 135 Abs. 3 Satz 1 [X.]) sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 73 Abs. 1 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg, da keine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents besteht.

Gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] erhält ein Anmelder im Verfahren zur Erteilung eines Patents auf Antrag unter entsprechender Anwendung des § 114 ZPO Verfahrenskostenhilfe, wenn hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents besteht und er die Kosten des Verfahrens nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann sowie wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint. Zwar ist es unbedenklich, die Verfahrenskostenhilfe von bestimmten Voraussetzungen, wie den Erfolgsaussichten, abhängig zu machen. Die Anforderungen daran dürfen allerdings unter dem grundrechtlichen Aspekt der Rechtsschutzgleichheit für Bemittelte und [X.] nicht überspannt werden ([X.], Patentgesetz, 8. Aufl., § 130 [X.]. 43; [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl. § 114 [X.]. 3).

Insoweit ist dem Anmelder zwar zuzugeben, dass es sich bei der Prüfung, ob hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents besteht, um ein summarisches Verfahren handelt, bei dem die angestrebte Rechtsverfolgung selbst nicht in das [X.] verlagert werden darf, so dass diese praktisch an Stelle des Hauptsacheverfahrens tritt (vgl. [X.], a. a. O, § 130 [X.]. 39; [X.] NJW 2004, 1789). Soweit der Anmelder jedoch unter Berufung auf die Entscheidung B[X.]E 43, 185 ff. - [X.] (Az. 34 W (pat) 47/00), in der teilweise von B[X.]E 42, 271 - Schutzanlage (Az. 6 W (pat) 5/00) abgewichen wird, diese summarische Prüfung dahingehend verstanden wissen will, dass lediglich zu prüfen sei, ob der technische Inhalt der gesamten Anmeldeunterlagen gegenüber dem ermittelten Stand der Technik einen Überschuss aufweist, nicht hingegen, ob ein festgestellter Überschuss - eventuell im Zusammenwirken mit anderen offenbarten Merkmalen - auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen könne, vermag sich dem der [X.] nicht anzuschließen.

Dies würde im Ergebnis bedeuten, die Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erteilung des nachgesuchten Patents auf eine kursorische Neuheitsprüfung (§§ 1 Abs. 1, 3 [X.]) zu reduzieren. Aussicht auf Erteilung des Patents besteht jedoch auch dann nicht, wenn der als Patent beanspruchte Gegenstand nicht auf der nach §§ 1 Abs. 1, 4 [X.] erforderlichen erfinderischen Tätigkeit beruht. Diese gesetzliche Voraussetzung für die Erteilung eines Patents bei der Prognose der Erfolgsaussichten des Anmeldeverfahrens gänzlich außer [X.] zu lassen, verbietet sich nach Auffassung des [X.]s. Die Einbeziehung der erfinderischen Tätigkeit in die Entscheidung über die Aussicht auf Erteilung des Patents stellt insbesondere nicht notwendig eine Vorwegnahme des eigentlichen Prüfungsverfahrens dar, da im [X.] ein anderer Maßstab anzulegen ist. Muss im Prüfungsverfahren die abschließende Entscheidung getroffen werden, ob der beanspruchte [X.] auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht oder nicht, so genügt es im Rahmen des [X.]s insoweit festzustellen, ob nach dem Gesamtinhalt der Anmeldeunterlagen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die die Annahme einer erfinderischen Tätigkeit besteht oder ob sich hiergegen nachhaltige Bedenken ergeben (zum Maßstab für die Beurteilung der Aussicht auf Erteilung des Patents nach § 130 Abs. 1 [X.] bzw. auf Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung nach § 114 ZPO vgl. B[X.]E 42, 180, 186 - Verfahrenskostenhilfe). Im Hinblick darauf erscheint dem [X.] die Unterscheidung von einer im Rahmen des [X.]s zulässigen Prüfung reiner Erkenntnisakte, hier der Neuheit, und einer unzulässigen Prüfung von Akten wertender Entscheidung, hier der erfinderischen Tätigkeit, ebenfalls nicht sachgerecht. Denn auch insoweit ist es eine Frage des [X.], wie differenziert die Auseinandersetzung mit den relevanten tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Wertungen zu erfolgen hat. Ausgehend hiervon ist der angefochtene Beschluss der [X.] im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Unter Anlegung des oben aufgezeigten Maßstabes hat die [X.] zu Recht die hinreichende Aussicht auf Erteilung des nachgesuchten Patents verneint. Wie die [X.] in dem angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf ihren Bescheid vom 15. Mai 2006 zutreffend dargelegt hat, ist weder dem Patentanspruch 1 noch den weiteren Ansprüchen und übrigen Unterlagen etwas Erfinderisches zu entnehmen. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Insbesondere beruhen auch nach Auffassung des [X.]s die aus dem ursprünglichen Anspruch 2 in den geltenden Anspruch 1 aufgenommenen, in Kombination mit den Merkmalen des Anspruchs 1 neuen Merkmale ersichtlich und ohne Zweifel nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

In der [X.] ist nämlich bereits ein Stromversorgungsmodul für mobile Geräte, nämlich ein Mobiltelefon beschrieben, das zwei Einheiten zur Stromversorgung umfasst, nach Seite 4, Absatz 1 und 2 eine Batterie für das Mobiltelefon und eine weitere, eigene Batterie für die Zusatzfunktion Lichtquelle beziehungsweise Uhr, wobei bereits dort auf die Option einer gemeinsamen Versorgung von Mobiltelefon und Zusatzfunktion aus einer Batterie hingewiesen wird. Die nach Anspruch 1 darüber hinausgehende Maßnahme, wonach mindestens eine der Einheiten zur Stromversorgung verschiedenen Funktionen des mobilen Geräts zuordenbar ist, liegt zur Versorgung mehrerer der genannten weiteren Zusatzfunktionen des modular aufgebauten Geräts (Radio, Bewegungsmelder, Positionsbestimmung, Luftdruckmesser, [X.], Thermometer; Ansprüche 2, 9, 10, 11, 22, 23) aus zwei Stromversorgungseinheiten für den Fachmann - einen Techniker der Fachrichtung Elektrotechnik - ohne Weiteres auf der Hand. Sie ist auch - mit einer umschaltbaren Zuordnung - aus der [X.] (s. insbes. Abs. 0011, 0014, 0015, 0025) bekannt und zur Versorgung des Mobiltelefons nach der [X.] mit Zusatzfunktionen nahegelegt.

Angesichts dieser eindeutigen Sach- und Rechtslage bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Annahme einer erfinderischen Tätigkeit [X.] § 4 [X.], so dass die nach §§ 130 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 114 ZPO erforderliche gewisse Wahrscheinlichkeit auf Erteilung des Patents nach §§ 1 Abs. 1, 3 und 4 [X.] zu verneinen ist.

Meta

19 W (pat) 23/07

13.07.2010

Bundespatentgericht 19. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 114 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.07.2010, Az. 19 W (pat) 23/07 (REWIS RS 2010, 4939)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4939

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

12 W (pat) 14/20 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdeverfahren – Verfahrenskostenhilfe – zur Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Verfahrenskostenhilfe – Ausgangspunkt sind die ursprünglich …


10 W (pat) 132/14 (Bundespatentgericht)


18 W (pat) 12/19 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdesache – „Wellnessverfahren und Wellnessvorrichtung“ Verfahrenskostenhilfe - Patentanmeldung


15 W (pat) 19/14 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdeverfahren – "Verfahrenskostenhilfe" – zur Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für einen minderjährigen Patentanmelder


9 W (pat) 2/13 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdeverfahren – zur Zurückweisung einer Patentanmeldung vor der rechtkräftigen Entscheidung über den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.