Bundessozialgericht, Urteil vom 29.06.2021, Az. B 12 KR 35/19 R

12. Senat | REWIS RS 2021, 4513

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 4. Juli 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin zum 1.1.2017 freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse geworden ist.

2

Die Klägerin hält sich seit 2013 im [X.] auf. Sie bezog ab 1.8.2016 nach Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis Leistungen nach dem [X.] und war deshalb gemäß § 5 Abs 1 [X.] (idF des [X.]-Finanzstruktur- und Qualitäts-[X.]eiterentwicklungsgesetzes <[X.]-FQ[X.]G> vom 21.7.2014, [X.] 1133) versicherungspflichtiges Mitglied der [X.]. Nach Feststellung der vollen Erwerbsminderung für länger als sechs Monate durch ein amtsärztliches Gutachten vom 17.10.2016 wurden die Leistungen nach dem [X.] mit [X.]irkung zum 31.12.2016 eingestellt. Die Stadt [X.] bewilligte der Klägerin ab 1.1.2017 bis auf [X.]eiteres Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem [X.] ([X.]). Unter Vorlage des [X.] erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 12.1.2017, sie trete nicht aus der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) aus und wolle weiterhin bei der beklagten Krankenkasse versichert sein. Die Beklagte lehnte die weitere Versicherung der Klägerin ab (Bescheid vom [X.], [X.]iderspruchsbescheid vom 27.11.2017). [X.]eder seien die Voraussetzungen des § 9 [X.]B V erfüllt noch setze sich die Versicherung als obligatorische Anschlussversicherung gemäß § 188 Abs 4 [X.]B V fort.

3

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 8.11.2018). Die Klägerin sei weder kraft Beitritts noch im [X.]ege der obligatorischen Anschlussversicherung freiwillig krankenversichert. Sie habe einen nachgehenden Leistungsanspruch nach § 19 Abs 2 Satz 1 [X.]B V gehabt. Dem sei eine nachgewiesene anderweitige Absicherung im Krankheitsfall durch den Bezug von Leistungen nach dem [X.] gefolgt. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des [X.] zurückgewiesen (Urteil vom 4.7.2019).

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung des § 188 Abs 4 Satz 1 [X.]B V. Die obligatorische Anschlussversicherung sei nicht ausnahmsweise nach Satz 3 der Norm ausgeschlossen. Der Empfang von Leistungen nach dem [X.] stelle keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall dar. Das ergebe sich aus der Zielsetzung des Gesetzgebers, dem Gesamtzusammenhang und dem Grundsatz der Vorrangigkeit der freiwilligen Versicherung. Bei der anderweitigen Absicherung müsse es sich um eine solche handeln, die auf gleicher Stufe mit der vom Gesetzgeber genannten privaten Krankenversicherung ([X.]) stehe und sich in das über die [X.] und [X.] sichergestellte System des Krankenversicherungsschutzes eingliedere. Nur durch diese Sichtweise würde auch dem Grundsatz der Nachrangigkeit der Sozialhilfe nach § 2 Abs 2 [X.] Rechnung getragen. Die Heranziehung des § 188 Abs 4 Satz 3 [X.]B V auf Fälle des § 5 Abs 8a [X.]B V würde gegen den Vorrang des Gesetzes verstoßen. Schließlich habe die Klägerin auch nicht den Austritt aus der [X.] erklärt.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des [X.] vom 4. Juli 2019 und des [X.] vom 8. November 2018 sowie den Bescheid der [X.] vom 18. Januar 2017 in der Gestalt des [X.]iderspruchsbescheids vom 27. November 2017 aufzuheben und ihre freiwillige Mitgliedschaft bei der [X.] für die [X.] ab 1. Januar 2017 festzustellen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

7

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

8

Der beigeladene [X.] schließt sich dem Vortrag der Klägerin an. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das [X.] die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des [X.] zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.11.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach dem Ende ihrer Versicherungspflicht aufgrund des Leistungsbezugs nach dem [X.]B II kam weder kraft Beitritts (dazu 1.) noch im Wege der obligatorischen [X.]versicherung (dazu 2.) eine freiwillige Mitgliedschaft in der hier allein streitigen [X.] zustande. Nicht zu entscheiden hat der Senat über die [X.] Pflegeversicherung ([X.]) der Klägerin, die mit ihrer Revision lediglich die Zugehörigkeit zur [X.] geltend macht. Damit kann offenbleiben, ob die beklagte Krankenkasse mit dem angefochtenen Verwaltungsakt auch (unzuständig) eine Regelung zur [X.] erlassen hat.

1. Die Klägerin konnte sich nicht gemäß § 9 [X.] 1 Satz 1 [X.] [X.]B V (idF des [X.] [X.] und anderer Gesetze vom 22.12.2005, [X.]) freiwillig versichern. Danach können Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind, der Versicherung beitreten, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens vierundzwanzig Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren. Diese Vorversicherungszeit ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) nicht erfüllt.

2. Ab 1.1.2017 ist eine freiwillige Mitgliedschaft auch nicht als obligatorische [X.]versicherung zustande gekommen. Nach der mit Wirkung zum [X.] (durch Art 1 [X.], Art 6 des Gesetzes zur Beseitigung [X.]r Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom [X.], [X.]) eingeführten Regelung des § 188 [X.] 4 [X.]B V setzt sich für Personen, deren Versicherungspflicht oder Familienversicherung endet, die Versicherung mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Familienversicherung als freiwillige Mitgliedschaft fort, es sei denn, das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten den Austritt (Satz 1). Der Austritt wird nur wirksam, wenn das Mitglied das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf [X.]icherung im Krankheitsfall nachweist (Satz 2). Personen, deren Versicherungspflicht endet, werden aber dann nicht von der obligatorischen [X.]versicherung des § 188 [X.] 4 Satz 1 [X.]B V erfasst, wenn ua ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 [X.] 2 [X.]B V besteht, sofern im [X.] daran das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf [X.]icherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird (Satz 3 Alt 2). Das ist hier der Fall. Nach dem Ende der Versicherungspflicht nach § 5 [X.] 1 [X.]a [X.]B V wegen des Bezugs von [X.] zum 31.12.2016 (§ 190 [X.] 12 [X.]B V idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.]) verfügte die Klägerin über einen nachgehenden Leistungsanspruch gemäß § 19 [X.] 2 Satz 1 [X.]B V (idF des [X.]-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, [X.] 2190; dazu a). Wegen des Bezugs von Leistungen nach dem [X.]B XII hatte sie im [X.] daran einen anderweitigen Anspruch auf [X.]icherung im Krankheitsfall (dazu b). Dem stehen nicht die Regelung zur fortbestehenden Mitgliedschaft [X.] (dazu c), die gesetzlich vorgesehene Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen durch den Sozialhilfeträger (dazu d) oder der Nachrang von sozialhilferechtlichen Leistungen der Hilfe bei Krankheit (dazu e) entgegen. Der anderweitige Anspruch auf [X.]icherung im Krankheitsfall ist auch nachgewiesen worden (dazu f).

a) Endet die Mitgliedschaft [X.], besteht nach § 19 [X.] 2 Satz 1 [X.]B V Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Voraussetzung hierfür ist neben der fehlenden Erwerbstätigkeit, dass kein anderweitiger aktueller Krankenversicherungsschutz besteht (B[X.] Urteil vom 16.12.2014 - [X.] KR 37/14 R - B[X.]E 118, 52 = [X.]-2500 § 192 [X.], Rd[X.]1 mwN). Ein den nachgehenden Leistungsanspruch verdrängendes vorrangiges Versicherungsverhältnis kann zwar grundsätzlich auch aufgrund der - hier allein in Betracht kommenden - [X.] nach § 5 [X.] 1 [X.] [X.]B V bestehen. Danach sind Personen versicherungspflichtig, die keinen anderweitigen Anspruch auf [X.]icherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in [X.] 5 oder den in § 6 [X.] 1 oder 2 [X.]B V genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Eine [X.] tritt aber ua für Empfänger laufender Leistungen nach dem [X.] Kapitel des [X.]B XII nicht ein 5 [X.] 8a Satz 1 und 2 [X.]B V idF des [X.]-Wettbewerbsstärkungsgesetzes <[X.]-W[X.]> vom [X.], [X.] 378). Zu diesen Leistungsbeziehern gehörte die Klägerin.

Der nachgehende Leistungsanspruch nach § 19 [X.] 2 Satz 1 [X.]B V wird nicht selbst durch den Empfang laufender Leistungen nach dem [X.]B XII verdrängt. Es bleibt insofern bei dem Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 [X.] 2 Satz 1 [X.]B XII). Laufende Leistungen nach dem [X.], [X.], Sechsten und Siebten Kapitel des [X.]B XII schließen wegen der dadurch bedingten anderweitigen [X.]icherung im Krankheitsfall (vgl §§ 264 [X.]B V, 48 [X.]B XII) zwar das Entstehen der [X.] (vgl § 5 [X.] 8a Satz 2, 3 und 4 [X.]B V idF des [X.]-W[X.] vom [X.], [X.] 378) und auch der obligatorischen [X.]versicherung nach § 188 [X.] 4 Satz 1 [X.]B V aus (dazu näher b), verhindern aber nicht Leistungsansprüche aus einem beendeten Versicherungspflichtverhältnis (§ 19 [X.] 2 Satz 1 [X.]B V). Denn bei dem Anspruch nach § 19 [X.] 2 [X.]B V geht es nicht um die Begründung eines umfassenden Versicherungsverhältnisses, sondern um einen der Mitgliedschaft nachlaufenden zeitlich begrenzten (Übergangs-)Anspruch auf Leistungen. [X.] ist dieser Anspruch allenfalls gegenüber Ansprüchen auf Leistungen aus einem aktuelleren Versicherungsverhältnis (vgl B[X.] Urteil vom 26.6.2007 - [X.] KR 2/07 R - juris Rd[X.]0). Durch § 264 [X.] 2 Satz 1 [X.]B V (idF des [X.]-W[X.] vom [X.], [X.] 378) wird kein Versicherungsverhältnis nach dem [X.]B V begründet, sondern die Krankenkasse lediglich in die Leistungserbringung der Sozialhilfeträger einbezogen (dazu e). Fehlt es damit an einem konkurrierenden Versicherungsverhältnis, kann offenbleiben, über welchen Leistungsumfang ein solches verfügen muss, um einen nachgehenden Leistungsanspruch ganz oder zum Teil auszuschließen (vgl hierzu [X.] in [X.]Voelzke, jurisPK-[X.]B V, 4. Aufl 2020, § 19 [X.]B V Rd[X.]06 f; [X.] in [X.] Kommentar, Stand Dezember 2020, § 19 [X.]B V Rd[X.]4).

b) Im [X.] an den Anspruch nach § 19 [X.] 2 Satz 1 [X.]B V bestand für die Klägerin ein anderweitiger Anspruch auf [X.]icherung im Krankheitsfall iS des § 188 [X.] 4 Satz 3 Alt 2 [X.]B V. Denn bei der insoweit erforderlichen prognostischen Betrachtung zum Ende der Versicherungspflicht am 31.12.2016 (vgl zum maßgeblichen [X.]punkt für die Prognose nach § 5 [X.] 8a Satz 4 [X.]B V B[X.] Urteil vom 4.3.2014 - [X.] KR 68/12 R - [X.]-2500 § 5 [X.] Rd[X.]5) war aufgrund der Feststellungen im amtsärztlichen Gutachten vom 17.10.2016 und infolge des laufenden Leistungsbezugs der Klägerin nach dem [X.]B XII ab Januar 2017 davon auszugehen, dass sie spätestens nach Ablauf eines Monats eine anderweitige [X.]icherung im Krankheitsfall hatte. Dass damit der Bezug von Leistungen nach dem [X.], [X.], Sechsten und Siebten Kapitel des [X.]B XII die Entstehung der obligatorischen [X.]versicherung hindert, ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm, die den Begriff der anderweitigen [X.]icherung nicht näher beschreibt. Gesetzessystematik und -historie machen aber deutlich, dass die Systementscheidung des § 5 [X.] 8a Satz 1 und 2 [X.]B V zum Ausschluss der Auffangpflichtversicherung auch im Zusammenhang mit der obligatorischen [X.]versicherung heranzuziehen ist.

Gemäß § 5 [X.] 8a Satz 1 und 2 [X.]B V ist nicht nach [X.] 1 [X.] ([X.])versicherungspflichtig, wer nach [X.] 1 [X.] bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied, nach § 10 [X.]B V familienversichert oder Empfänger laufender Leistungen nach dem [X.], [X.], Sechsten und Siebten Kapitel des [X.]B XII ist. Zudem gilt nach § 5 [X.] 8a Satz 4 [X.]B V der Anspruch auf Leistungen nach § 19 [X.] 2 [X.]B V nicht als [X.]icherung im Krankheitsfall iS des [X.] 1 [X.], sofern im [X.] daran kein anderweitiger Anspruch auf [X.]icherung im Krankheitsfall besteht. Die [X.] des § 5 [X.] 1 [X.] [X.]B V tritt nur für Personen ein, "die keinen anderweitigen Anspruch auf [X.]icherung im Krankheitsfall haben". Dieses Tatbestandsmerkmal wird mithin durch die Regelungen des § 5 [X.] 8a Satz 1, 2 und 4 [X.]B V präzisiert. Auch die obligatorische [X.]versicherung ist nach § 188 [X.] 4 Satz 1 und 3 [X.]B V ausgeschlossen, wenn ein Versicherungspflichtverhältnis, eine Familienversicherung oder im [X.] an einen Leistungsanspruch aus § 19 [X.] 2 [X.]B V eine anderweitige [X.]icherung im Krankheitsfall besteht. [X.] ist aus der Parallelität der Vorschriften zu schließen, dass Empfänger laufender Leistungen nach dem [X.], [X.], Sechsten und Siebten Kapitel des [X.]B XII eine "anderweitige [X.]icherung im Krankheitsfall" auch iS des § 188 [X.] 4 Satz 3 Alt 2 [X.]B V haben (so auch [X.] in [X.]/[X.], [X.]B V, Stand September 2020, § 188 Rd[X.]9).

Nach der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Intention steht der Empfang laufender Leistungen nach dem [X.]B XII sowohl dem Entstehen einer [X.] als auch der Begründung einer obligatorischen [X.]versicherung entgegen. Die Einführung der obligatorischen [X.]versicherung in § 188 [X.] 4 [X.]B V zum [X.] stand gerade im Zusammenhang mit der [X.]. Sie wurde damit begründet (BT-Drucks 17/13947 S 27 f zu [X.]), dass die Krankenkassen bislang keine Möglichkeit gehabt hätten, die nachrangige Versicherungspflicht nach § 5 [X.] 1 [X.] [X.]B V durchzuführen, wenn die betroffenen Personen ohne anderweitigen Anspruch auf [X.]icherung im Krankheitsfall sich auch auf Aufforderung der Krankenkassen, den weiteren Versicherungsschutz zu klären, nicht bei dieser gemeldet hätten. Ziel war es, der Entstehung von [X.] entgegenzuwirken und einen lückenlosen Versicherungsschutz zu gewährleisten, indem die Mitgliedschaft im Wege der obligatorischen [X.]versicherung ab dem [X.]punkt durchgeführt wird, an dem die vorangegangene Versicherung bzw Mitgliedschaft geendet hat, ohne dass sich unmittelbar eine weitere, vorrangige Versicherungspflicht angeschlossen hat. Vorrangig sei aber "wie bereits im Rahmen der Versicherungspflicht nach § 5 [X.]atz 1 Nummer 13 [X.]B V (s. § 5 [X.]atz 8a Satz 4 [X.]B V)" der nachgehende Leistungsanspruch nach § 19 [X.] 2 [X.]B V, sofern im [X.] daran eine anderweitige [X.]icherung im Krankheitsfall nachgewiesen werden könne. Damit ersetzte nach der Vorstellung des Gesetzgebers die obligatorische [X.]versicherung nach § 188 [X.] 4 Satz 1 [X.]B V weitgehend die Auffangpflichtversicherung gemäß § 5 [X.] 1 [X.] [X.]B V. Eine Ausweitung des [X.] gegenüber der Auffangpflichtversicherung auch auf Empfänger laufender Leistungen nach dem [X.]B XII sollte damit erkennbar nicht verbunden sein.

Zu einem unterschiedlichen Verständnis des Begriffs der "anderweitigen [X.]icherung im Krankheitsfall" im Rahmen der [X.] einerseits und der obligatorischen [X.]versicherung andererseits zwingt nicht der abweichende Wortlaut der diese Rechtsinstitute normierenden Vorschriften (vgl hierzu [X.] Rheinland-Pfalz Urteil vom 9.7.2020 - L 5 KR 101/19 - juris Rd[X.]8; anhängig unter [X.] KR 30/20 R). Während es nach § 5 [X.] 8a Satz 4 [X.]B V darauf ankommt, dass keine anderweitige [X.]icherung "besteht", stellt § 188 [X.] 4 Satz 3 Alt 2 [X.]B V zwar darauf ab, dass die anderweitige [X.]icherung "nachgewiesen wird". Ungeachtet dessen, dass § 5 [X.] 8a Satz 4 [X.]B V nicht die [X.] an sich, sondern lediglich die [X.]icherung im Krankheitsfall in Gestalt des nachgehenden Leistungsanspruchs nach § 19 [X.] 2 [X.]B V zum Gegenstand hat, setzt auch der Begriff "nachgewiesen" nichts anderes als das Bestehen einer anderweitigen [X.]icherung zur Überzeugung der Behörde oder des Gerichts voraus. Daher waren auch weitergehende Regelungen, zB zum [X.]punkt oder zur Frist eines entsprechenden Nachweises, nicht erforderlich.

c) Auch § 190 [X.] 13 Satz 2 [X.]B V (idF des [X.]-W[X.] vom [X.], [X.] 378) führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Danach gilt die in Satz 1 geregelte Beendigung der Mitgliedschaft der in § 5 [X.] 1 [X.] [X.]B V genannten Personen mit Ablauf des Vortages, an dem ein anderweitiger Anspruch auf [X.]icherung im Krankheitsfall begründet wird, nicht für Mitglieder, die Empfänger von Leistungen nach dem [X.], [X.], Sechsten und Siebten Kapitel des [X.]B XII sind. Diese Vorschrift stellt sicher, dass Personen, die aufgrund der [X.] Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse geworden sind, Mitglied bleiben, obwohl sie wegen des Bezugs von Leistungen nach dem [X.]B XII über eine anderweitige [X.]icherung im Krankheitsfall verfügen. Sie lässt damit eine bereits begründete [X.] nicht entfallen, die bei der Klägerin aber gerade nicht eingetreten war.

d) Damit gehen auch die Regelungen des § 32 [X.]B XII nicht ins Leere. Nach dem ab 1.1.2015 geltenden § 32 [X.] 1 Satz 1 und [X.] 3 [X.]B XII idF des [X.]-FQWG vom 21.7.2014 ([X.] 1133) werden vom Sozialhilfeträger die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für Pflichtversicherte iS des § 5 [X.] 1 [X.] [X.]B V übernommen. Gemäß in der [X.] vom 1.1.2018 bis 5.12.2019 geltendem § 32 [X.] 1 und 2 [X.] und 5 [X.]B XII idF des Gesetzes zur Ermittlung von [X.] sowie zur Änderung des [X.] und des [X.] ([X.] 3159) sind angemessene Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung als Bedarf anzuerkennen, soweit sie ein bestimmtes Einkommen übersteigen, wobei für in der [X.] nach § 5 [X.] 1 [X.] [X.]B V pflichtversicherte oder nach § 188 [X.] 4 [X.]B V weiterversicherte Personen der monatliche Beitrag als angemessen gilt. Von diesen Regelungen sind (ua) Personen erfasst, die nach Beginn der nach § 190 [X.] 13 Satz 2 [X.]B V (fortgesetzten) Mitgliedschaft oder nach § 188 [X.] 4 [X.]B V eingetretenen Weiterversicherung Sozialhilfeleistungen beziehen. Durch sie wird kein Versicherungsverhältnis in der [X.] begründet, sondern ein solches vorausgesetzt.

e) Dem anderweitigen Anspruch auf [X.]icherung im Krankheitsfall iS des § 188 [X.] 4 Satz 3 [X.]B V durch den Bezug bestimmter Leistungen des [X.]B XII steht schließlich nicht die Subsidiaritätsregelung des § 48 Satz 2 [X.]B XII entgegen. Danach gehen die Regelungen zur Krankenbehandlung nach § 264 [X.]B V den Leistungen der Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 1 [X.]B XII vor. Zwar wird gemäß § 264 [X.] 2 Satz 1 [X.]B V (idF des [X.]-W[X.] vom [X.], [X.] 378) die Krankenbehandlung ua von Empfängern von Leistungen nach dem [X.] bis [X.] Kapitel des [X.]B XII, die nicht versichert sind, von der Krankenkasse übernommen. Dadurch wird aber kein Versicherungs- und Mitgliedschaftsverhältnis in der [X.] begründet, sondern lediglich die Leistungserbringung durch die jeweils zuständige Krankenkasse geregelt. Dabei kann offenbleiben, ob von einem gesetzlichen Auftragsverhältnis (§ 93 [X.]B X; so B[X.] Urteile des 1. Senats vom 17.6.2008 - [X.] KR 30/07 R - B[X.]E 101, 42 = [X.]-2500 § 264 [X.], Rd[X.]0 ff, vom 28.9.2010 - [X.] KR 4/10 R - [X.]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]2 f und vom 12.11.2013 - [X.] KR 56/12 R - [X.]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]0) oder von einem auftragsähnlichen Verhältnis (so B[X.] Urteil des 8. Senats vom 28.10.2008 - [X.] [X.] 23/07 R - B[X.]E 102, 10 = [X.]-2500 § 264 [X.], Rd[X.]3) zwischen Krankenkasse und Sozialhilfeträger auszugehen ist. Jedenfalls führt keine dieser Rechtsbeziehungen dazu, dass allein durch die Leistungserbringung zugunsten der Sozialhilfeempfänger, die "nicht versichert" iS des § 264 [X.] 2 Satz 1 [X.]B V sind, kraft Gesetzes nicht nur ein Leistungs-, sondern auch ein Versicherungs- und Mitgliedschaftsverhältnis entsteht. Daher ordnet § 264 [X.] 7 Satz 1 [X.]B V (idF des [X.]-W[X.] vom [X.], [X.] 378) an, dass den Krankenkassen die ihnen durch die Übernahme der Krankenbehandlung nach den [X.] 2 bis 6 entstehenden Aufwendungen ua von den für die Hilfe zuständigen Trägern der Sozialhilfe vierteljährlich erstattet werden. Sozialhilfeempfänger sind den Versicherten der [X.] leistungsrechtlich, nicht aber mitgliedschaftsrechtlich gleichgestellt (BT-Drucks 15/1525 [X.] zu Art 1 [X.]52 - § 264 - linke Sp 2. [X.]; vgl auch § 264 [X.] 4 Satz 3 [X.]B V, wonach als Versichertenstatus nach § 291 [X.] 2 [X.] [X.]B V die Statusbezeichnung "Mitglied" für Sozialhilfeempfänger bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres "gilt").

Die anderweitige [X.]icherung der Klägerin scheitert auch nicht daran, dass die Leistungen der Hilfe bei Krankheit nach § 48 [X.]B XII nicht mit den Leistungen des [X.]B V gleichwertig wären. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit der Begriff des "anderweitigen Anspruchs auf [X.]icherung im Krankheitsfall" iS des § 188 [X.] 4 Satz 3 Alt 2 [X.]B V eine Gleichwertigkeit fordert. Für Sozialhilfeempfänger gilt ua § 11 [X.] 1 [X.]B V und damit der in dieser Vorschrift normierte Leistungskatalog entsprechend (§ 264 [X.] 4 Satz 1 [X.]B V). Ihnen stehen dieselben Leistungen wie den Versicherten der [X.] zu, auch wenn sie statusrechtlich keine Versicherten sind (vgl [X.] in [X.]/von [X.]/[X.], [X.]B V, 3. Aufl 2018, § 264 Rd[X.]). Nach § 264 [X.] 4 Satz 2 [X.]B V (idF des [X.] und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 21.12.2015, [X.] 2408) erhalten die Betroffenen auch eine elektronische Gesundheitskarte.

f) Die anderweitige [X.]icherung im Krankheitsfall ist auch nachgewiesen worden. Nach den bindenden Feststellungen des [X.] hat die Klägerin den Bescheid des Trägers der Sozialhilfe vom 3.1.2017 über die zur anderweitigen [X.]icherung führende Bewilligung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem [X.] Kapitel des [X.]B XII für die [X.] ab Januar 2017 zusammen mit ihrer Erklärung zum Beitritt zur freiwilligen Versicherung vom 12.1.2017 der Beklagten vorgelegt. Daher kann offenbleiben, ob - wie die Revision geltend macht - die anderweitige [X.]icherung im Krankheitsfall vom Betroffenen aktiv nachzuweisen ist.

3. [X.] beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 12 KR 35/19 R

29.06.2021

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Trier, 8. November 2018, Az: S 1 KR 234/17, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 29.06.2021, Az. B 12 KR 35/19 R (REWIS RS 2021, 4513)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4513

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