Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.04.2021, Az. 8 AZR 276/20

8. Senat | REWIS RS 2021, 6332

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Schadensersatz - Ersatz von Anwaltskosten


Leitsatz

Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber grundsätzlich die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber diese anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen den Arbeitnehmer beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] - [X.] - vom 21. April 2020 - 19 [X.]/19 - im Kostenpunkt vollständig und im Übrigen insoweit aufgehoben, als der Kläger - auf den [X.] zu 3. hin - verurteilt wurde, an die Beklagte 66.500,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

Auch insoweit wird die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des [X.] vom 27. Juni 2019 - 8 Ca 306/16 - zurückgewiesen.

Von den Kosten [X.] Instanz zu einem Streitwert iHv. 1.186.083,05 Euro haben der Kläger [X.] und die Beklagte [X.] zu tragen.

Von den Kosten I[X.] Instanz zu einem Streitwert iHv. 727.117,23 Euro haben der Kläger [X.] und die Beklagte [X.] zu tragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens zu einem Streitwert iHv. 66.500,00 Euro hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die [X.]arteien streiten im Revisionsverfahren noch darüber, ob der Kläger und [X.] (im Folgenden Kläger) der [X.]n und Widerklägerin (im Folgenden [X.]) zum Ersatz von Anwaltskosten [X.]. 66.500,00 [X.] verpflichtet ist.

2

Der Kläger war bei der [X.]n als Leiter des Zentralbereichs Einkauf tätig. Er war Mitglied der Führungsebene [X.] und erzielte im [X.]ahr 2015 ein Bruttoeinkommen [X.]. insgesamt ca. 450.000,00 [X.].

3

In den [X.]ahren 2013, 2014 und 2016 lud der Kläger auf Kosten der [X.]n [X.]ersonen ohne dienstliche Veranlassung zu Essen ein. Dabei gab er in der Mehrzahl der Fälle auf den [X.] unzutreffende Anlässe sowie [X.]ersonen an, die an den jeweiligen Essen nicht teilgenommen hatten. Der [X.]n entstand insoweit ein Schaden [X.]. 1.090,10 [X.].

4

In der [X.] vom 9. April 2014 bis zum 3. Mai 2016 unternahm der Kläger sechs Reisen zu [X.] [X.] und rechnete gegenüber der [X.]n Reisekosten hierfür [X.]. insgesamt 1.014,35 [X.] ab. Die Tickets für die Spiele erhielt der Kläger auf Anforderung von Geschäftspartnern der [X.]n. Des Weiteren unternahm er gemeinsam mit seinem [X.] am 15. September 2014 eine Zugreise von [X.] nach [X.] und zurück, die zulasten der [X.]n Kosten [X.]. 73,00 [X.] auslöste.

5

Zusammen mit seinem Stellvertreter unternahm der Kläger in der [X.] vom 30. März 2015 bis zum 2. April 2015 eine Reise nach [X.]. Zwischen den [X.]arteien ist streitig, ob hierfür ein dienstlicher Anlass bestand. Dabei entstanden Kosten für Flüge, Hotelaufenthalte, den Besuch einer Theateraufführung sowie eines Basketballspiels, Taxifahrten und Restaurantbesuche [X.]. insgesamt 5.950,60 [X.]. Darüber hinaus errechnete die [X.] für diesen [X.]raum ein - nach ihrer Ansicht zu Unrecht - gezahltes anteiliges Bruttoarbeitsentgelt [X.]. 7.187,04 [X.].

6

Die [X.] überließ dem Kläger im [X.]uni 2013 eine auf seinen Namen ausgestellte Firmenkreditkarte ([X.]orporate Meeting [X.]ard) zur Begleichung von Kosten bei Dienstreisen. Mit dieser Karte, die der Kläger unstreitig auch anderen Mitarbeitern seiner Abteilung zur Verfügung stellte, tätigte der Mitarbeiter der [X.]n [X.] [X.]. (mindestens) 206.264,47 [X.]. Wegen dieser Abhebungen gab der Mitarbeiter [X.] am 26. [X.]uli 2016 ein notarielles Schuldanerkenntnis über 297.508,00 [X.] zugunsten der [X.]n ab. Im Zusammenhang mit den vom Mitarbeiter [X.] getätigten Abhebungen streiten die [X.]arteien darüber, ob der Kläger seine Überwachungspflichten verletzt hat.

7

Der Kläger beauftragte die Unternehmensberatung „[X.]“ (im [X.]) mit der Erstellung von Unterlagen zum Thema „[X.]rocurement“, wofür der [X.]n von der [X.] ein Betrag [X.]. insgesamt 498.907,50 [X.] brutto bzw. 419.250,00 [X.] netto in Rechnung gestellt wurde. Inwiefern diese Unterlagen internen Zwecken der [X.]n, ua. der „[X.]“ dienen sollten, ist zwischen den [X.]arteien streitig. Der Kläger verwandte die Unterlagen im Rahmen seiner Lehrtätigkeit am Stiftungslehrstuhl „[X.]rocurement“ der [X.], an dem die [X.] beteiligt ist.

8

Ferner beauftragte der Kläger die Unternehmensberatung „[X.]“ mit der Erstellung von Unterlagen zum Thema „Governance“ bzw. „Governance Framework“. Dafür wurden gegenüber der [X.]n zunächst 35.700,00 [X.] brutto abgerechnet. Der Kläger gab die entsprechende Rechnung vom 17. Dezember 2015 ebenso frei wie weitere Rechnungen der Unternehmensberatung [X.] vom 21. Dezember 2015 und vom 23. Mai 2016 über jeweils 17.850,00 [X.] brutto sowie eine Rechnung vom 15. Februar 2016 über 20.230,00 [X.] brutto. Zwischen den [X.]arteien ist streitig, ob den Rechnungen Leistungen der Unternehmensberatung [X.] zugunsten der [X.]n oder zugunsten der Vorlesungstätigkeit des [X.] an der [X.] oder ob ihnen überhaupt keine Leistungen zugrunde lagen. In der [X.] vom 7. Dezember 2015 bis zum 24. [X.]uni 2016 überwies Frau [X.] an den Kläger in vier Tranchen insgesamt 31.830,00 [X.], wobei streitig ist, ob dies für eine Überlassung von Unterlagen durch den Kläger an Frau [X.] erfolgte oder ob es sich um sog. „[X.] handelte. Weitere 3.894,35 [X.] wurden der [X.]n für die Übersetzung von Unterlagen der Unternehmensberatung [X.] in der [X.] vom 23. Februar 2016 bis zum 10. März 2016 in die [X.] belastet.

9

Am 22. und 24. Mai 2016 gingen bei der [X.]n anonyme Verdachtsmeldungen wegen „[X.]“ des „Einkaufsleiters“ im Zusammenhang mit dem Besuch von [X.] [X.] und wegen unangemessenen Verhaltens desselben gegenüber weiblichen Angestellten ein. Unter der Rubrik „[X.]ase Report/Beschreibung des Falles“ heißt es bei der einen Verdachtsmeldung:

      

„Ein anonymer Hinweisgeber berichtet davon, dass der Einkaufsleiter wiederholt von einem Externen zu [X.] eingeladen werde. Der Einkaufsleiter habe diese Einladungen auch angenommen.“

und bei der anderen Meldung:

      

„Der [X.]ersonalvorstand informiert darüber, dass Hinweise dafür vorliegen, dass sich der Einkaufsleiter im Umgang mit Mitarbeiterinnen nicht angemessen verhält.“

Bei der [X.]n ist ein sog. [X.] („lndependent [X.]“) eingerichtet. Dieses entscheidet darüber, ob und auf welche Weise Meldungen über interne Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen oder [X.] nachgegangen wird. Das [X.] traf im Hinblick auf die og. anonymen Verdachtsmeldungen die Entscheidung, eine Untersuchung durch Einschaltung einer auf die Durchführung von [X.] spezialisierten externen Kanzlei durchzuführen. Zur Begründung führte es beispielsweise hinsichtlich der erstgenannten anonymen Verdachtsmeldung aus:

      

„Die Gesamtsituation und nächsten Schritte wurde ausführlich diskutiert. Auch auf Hinweis von [X.] betreffend der besonderen Situation ([X.] Mitarbeiter der Hauptverwaltung; enge Zusammenarbeit zw. Fachbereichen) wurde entschieden, dass die [X.] nicht durch [X.], sondern extern aufgearbeitet werden soll. [X.] wird prüfen, welcher Anbieter diesbezüglich in Betracht kommt und sich hierzu mit [X.]/[X.][X.] abstimmen.“

Am 2. [X.]uni 2016 wurde die Anwaltssozietät [X.] beauftragt, die am 12. August 2016 einen - nicht zu den Akten gereichten - umfassenden Untersuchungsbericht vorlegte. Für ihre Ermittlungen und Untersuchungen, mit denen überwiegend zwei Anwälte beschäftigt waren, stellte die Anwaltskanzlei [X.] der [X.]n - ausgehend von einem Stundenhonorar [X.]. 350,00 [X.] - insgesamt 209.679,68 [X.] in Rechnung. Die Vertrauensschadenversicherung der [X.]n erstattete dieser wegen der gesamten Untersuchungs- und Ermittlungskosten einen Betrag [X.]. 59.501,60 [X.] und trat die auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche gegen den Mitarbeiter [X.] und alle sonstigen in Betracht kommenden [X.] mit Rückabtretungserklärung vom 28. November 2016 an die [X.] ab.

Die [X.] kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 23. [X.]uni 2016 außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich zum 30. [X.]uni 2017 mit der Begründung, der Kläger habe gegen das sog. [X.] verstoßen und darüber hinaus jeweils private Auslagen auf Kosten der [X.]n abgerechnet. Er habe zudem mehrfachen Spesenbetrug begangen.

Mit Schreiben vom 5. September 2016 machte die [X.] gegenüber dem Kläger unter anderem einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Anwaltskanzlei [X.] geltend. Der Kläger wies die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 9. September 2016 zurück.

Der Kläger hat die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen. Die [X.] hat ihn erstinstanzlich widerklagend auf Zahlung von Schadensersatz [X.]. insgesamt 1.025.691,10 [X.] in Anspruch genommen, und zwar [X.]. 15.315,09 [X.] wegen Spesenbetrugs, [X.]. 206.264,47 [X.] wegen des Missbrauchs der Firmenkreditkarte, [X.]. 209.679,68 [X.] auf Erstattung der ihr durch die Beauftragung der Anwaltskanzlei [X.] entstandenen Kosten, [X.]. 498.907,50 [X.] wegen der von der [X.] in Rechnung gestellten Beträge, [X.]. [X.] [X.] wegen der von der Unternehmensberatung [X.] in Rechnung gestellten Beträge und [X.]. 3.894,35 [X.] wegen der Kosten der Übersetzung der Unterlagen der Unternehmensberatung [X.].

Die [X.] hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - die Auffassung vertreten, der Kläger habe ihr die ihr von der Anwaltskanzlei [X.] in Rechnung gestellten Kosten nach den vom [X.] für die Erstattung von Detektivkosten aufgestellten Grundsätzen zu erstatten. Insbesondere sei die Beauftragung der Anwaltskanzlei [X.] erforderlich gewesen.

Sie habe eine fallbezogene Untersuchung aufgrund von konkreten Verdachtshinweisen auf [X.]ompliance-Verstöße durchgeführt und damit die Aufklärungspflicht der Unternehmensleitung wahrgenommen. Diese bestehe in der [X.]flicht zur unverzüglichen Sachverhaltsaufklärung, zum Abstellen der Verstöße sowie zur angemessenen Sanktionierung des festgestellten Fehlverhaltens. Diese [X.]flichten seien nicht disponibel, ein Verstoß hiergegen könne zur persönlichen Haftung des Vorstands wegen pflichtwidrigen Unterlassens führen. Da die Aufklärungspflicht unabhängig von dem damit verbundenen wirtschaftlichen oder sonstigen Aufwand bestehe, seien die Kosten nach § 249 BGB erstattungsfähig. Sie seien mit den Kosten für die Einschaltung eines Detektivs zur Vorbereitung einer eventuellen Kündigung wegen [X.]flichtverletzungen, deren ein Mitarbeiter verdächtigt wird, vergleichbar. Das sei für Organhaftungsansprüche wegen [X.]flichtverletzungen von Vorstandsmitgliedern anerkannt.

Die Ermittlungen, die im [X.]raum vom 2. [X.]uni 2016 bis zum 12. August 2016 stattgefunden hätten, seien in drei [X.]hasen erfolgt. In der ersten [X.]hase, die bis zum 21. [X.]uni 2016 angedauert habe, seien mit einem Arbeitsvolumen von 180 Stunden firmeninterne Unterlagen ausgewertet und zahlreiche Mitarbeiter befragt worden. In der zweiten [X.]hase seien mit einem Arbeitsvolumen von 30 Stunden Anhörungen des [X.] und weiterer betroffener Mitarbeiter der Einkaufsabteilung erfolgt. In der dritten [X.]hase habe sie mit den Rechtsanwälten der Sozietät [X.] über das weitere Vorgehen beraten und es seien zusätzliche Ermittlungen angestellt worden.

§ 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG stehe dem von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht entgegen. Sie verlange nicht den Ersatz von Verfahrens- oder Rechtsverfolgungskosten im engeren Sinne, sondern die Erstattung der Kosten, die zur Aufklärung der [X.]flichtverletzungen sowie zur Überprüfung des Verdachts entstanden seien, ob der Kläger überhaupt [X.]flichtverletzungen begangen habe. Die Aufklärungsmaßnahmen hätten in erster Linie dazu gedient, Rechtsverstöße zu unterbinden. Es sei unschädlich, dass sie spezialisierte Anwälte und keine Detektei beauftragt habe. Insofern komme es auf den Inhalt des [X.]rüfungsauftrags an und nicht darauf, ob eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, forensische Experten oder Rechtsanwälte beauftragt würden. Das vereinbarte Stundenhonorar liege zwar über den Gebühren nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sei aber angemessen, wie sich auch aus der Bestätigung der Rechtsanwaltskammer [X.] vom 3. Februar 2017 ergebe.

Die [X.] hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - zuletzt widerklagend beantragt,

      

den Kläger zu verurteilen, an die [X.] Schadensersatz [X.]. 209.679,68 [X.] nebst Zinsen [X.]. fünf [X.]rozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. September 2016 zu zahlen.

Der Kläger hat seinen Antrag, die Widerklage abzuweisen, damit begründet, die [X.] habe keinen Anspruch auf Erstattung der durch die Einschaltung der Anwaltskanzlei [X.] entstandenen Kosten. Die Grundsätze, die das [X.] zur Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten aufgestellt habe, kämen vorliegend nicht zur Anwendung. Aus den Meldungen von Whistleblowern vom 22. und 24. Mai 2016 habe sich kein konkreter Verdacht eines [X.]ompliance-Verstoßes bzw. einer Straftat gegen ihn ergeben. Die von der [X.]n in Auftrag gegebenen Untersuchungen seien zudem lediglich Vorbereitungshandlungen gewesen. Sie hätten dem Zweck gedient, zu ermitteln, ob überhaupt ein Anspruch bestehe. Die Gewinnung solcher Informationen und deren rechtliche Würdigung erfolge ebenso wie die umfassende rechtliche Beratung der [X.]n regelmäßig durch Rechtsanwälte. Damit würden letztlich typische Anwaltskosten im Gewand eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemacht, was nach § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG allerdings ausgeschlossen sei. Daran ändere die Verpflichtung eines Vorstands zur unverzüglichen Sachverhaltsaufklärung, zum Abstellen von Verstößen sowie zur angemessenen Sanktionierung eines festgestellten Fehlverhaltens nichts.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage durch Teilurteil abgewiesen. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete Berufung des [X.] rechtskräftig zurückgewiesen. Mit [X.] hat das Arbeitsgericht den Kläger auf die Widerklage der [X.]n verurteilt, an diese Schadensersatz wegen zu Unrecht abgerechneter Reisekosten und Spesen [X.]. 2.703,54 [X.] zu zahlen; im Übrigen hat es die Widerklage - auch wegen der begehrten Erstattung der von der Anwaltskanzlei [X.] in Rechnung gestellten Kosten - abgewiesen. Mit der Berufung hat die [X.] vom Kläger die Zahlung weiterer 727.117,23 [X.] begehrt, wobei sie die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche wegen des Kreditkartenmissbrauchs [X.]. 206.264,47 [X.], auf Ersatz der Kosten für eine Bahnreise des [X.] mit seinem [X.] [X.]. 73,00 [X.] sowie auf Ersatz der Übersetzungskosten [X.]. 3.894,35 [X.] nicht mehr weiterverfolgt hat. Das [X.] hat den Kläger auf die Berufung der [X.]n ua. teilweise, nämlich [X.]. 66.500,00 [X.] zur Erstattung der der [X.]n von der Anwaltskanzlei [X.] in Rechnung gestellten Kosten verurteilt, wobei es angenommen hat, der Ersatzanspruch sei ohnehin auf die bis zum Ausspruch der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die [X.] am 23. [X.]uni 2016 entstandenen Kosten begrenzt. Mit der Revision wendet sich der Kläger ausschließlich gegen seine Verurteilung zur Erstattung der Kosten der Anwaltskanzlei [X.] [X.]. 66.500,00 [X.]. Die [X.] beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

A. Mit dem Einverständnis der [X.]en konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 ZPO.

B. Die zulässige Revision des [X.] ist begründet. Das [X.] hat der [X.]n zu Unrecht 66.500,00 Euro zugesprochen. Die [X.] hat gegen den Kläger - anders als das [X.] angenommen hat -keinen (anteiligen) Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihr von der Anwaltskanzlei P für deren Tätigwerden bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch die [X.] am 23. Juni 2016 berechnet wurden. Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 Abs. 1 StGB. Zwar kann ein Arbeitgeber grundsätzlich vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Dem steht § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, der als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozess[X.]len, sondern auch einen materiellen Kostenerstattungsanspruch ausschließt, nicht entgegen. Diese Bestimmung findet in einem solchen Fall keine Anwendung. Die [X.] hat jedoch nicht dargelegt, dass die von ihr geltend gemachten Kosten notwendig waren.

I. Ein Arbeitgeber kann grundsätzlich vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird.

1. Nach § 249 Abs. 1 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht des Schädigers auch auf Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falls als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwendung drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben ([X.] 26. September 2013 - 8 [X.] 1026/12 - Rn. 22; 28. Oktober 2010 - 8 [X.] 547/09 - Rn. 24; 17. September 1998 - 8 [X.] 5/97 - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]E 90, 1; vgl. auch [X.] 24. April 1990 - VI ZR 110/89 - zu II 2 c der Gründe, [X.]Z 111, 168).

2. Dies gilt auch, soweit es um Ermittlungen des Arbeitgebers im Hinblick auf die Begehung von [X.] bzw. von unerlaubten Handlungen durch den Arbeitnehmer geht. Auch hier umfasst die Ersatzpflicht nach § 249 Abs. 1 BGB nur Aufwendungen, die der Abwehr drohender Nachteile dienen (vgl. [X.] 26. September 2013 - 8 [X.] 1026/12 - Rn. 22). Es muss demnach um die Beseitigung einer Störung bzw. eines Schadens (vgl. [X.] 26. September 2013 - 8 [X.] 1026/12 - aaO) oder um die Verhinderung eines konkret drohenden (weiteren) Schadens (vgl. [X.] 28. Oktober 2010 - 8 [X.] 547/09 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 [X.] 226/08 - Rn. 22; 17. September 1998 - 8 [X.] 5/97 - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]E 90, 1) gehen, etwa darum, eine - drohende - Vertragsverletzung des Arbeitnehmers durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen (vgl. [X.] 28. Oktober 2010 - 8 [X.] 547/09 - Rn. 31).

3. Vor dem Hintergrund, dass § 254 BGB von einem Geschädigten die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens verlangt, muss es sich zudem um Ermittlungsmaßnahmen handeln, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde ([X.] 26. September 2013 - 8 [X.] 1026/12 - Rn. 22 mwN; vgl. auch [X.] 24. April 1990 - VI ZR 110/89 - zu II 2 c der Gründe, [X.]Z 111, 168).

Unter diesen Voraussetzungen kann auch die Beauftragung eines Detektivs oder anderer dritter Personen erforderlich sein. Soweit hierdurch Kosten entstehen, die höher sind als im Fall eigener Ermittlungen des Arbeitgebers bzw. der bei ihm beschäftigten Personen, muss der Schädiger diese aber nur dann ersetzen, wenn eigene Ermittlungen durch den Arbeitgeber (bzw. bei ihm beschäftigter Personen) nicht oder nicht in zumutbarer Weise in Betracht kommen. Dies kann auf verschiedenen Gründen beruhen, zB auf dem Umfang der Ermittlungen, so dass hierfür das erforderliche Arbeitszeitvolumen nicht zur Verfügung steht (vgl. [X.] 4. Mai 2011 - VIII ZR 171/10 - Rn. 26), darauf, dass eine Überwachung durch Personen erfolgen muss, die der betroffene Arbeitnehmer (zB bei Testkäufen) nicht erkennen soll oder darauf, dass der Arbeitgeber bzw. die bei ihm beschäftigten Personen nicht über die erforderliche fachliche Q[X.]lifikation verfügen.

4. Der Grundsatz, dass es sich um Ermittlungsmaßnahmen handeln muss, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde, gilt allerdings nicht nur für die Art der Aufwendung, sondern auch für den Umfang des Schadensersatzes (vgl. [X.] 24. April 1990 - VI ZR 110/89 - zu II 2 c der Gründe, [X.]Z 111, 168).

5. Weitere Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit von Ermittlungskosten ist ein konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung - strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung - des Arbeitnehmers ([X.] 28. Oktober 2010 - 8 [X.] 547/09 - Rn. 24; 28. Mai 2009 - 8 [X.] 226/08 - Rn. 26; 17. September 1998 - 8 [X.] 5/97 - zu [X.] 2 c cc der Gründe, [X.]E 90, 1). Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen begründet sein, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch einer Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, dh. es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer die Straftat oder schwerwiegende Vertragsverletzung tatsächlich begangen hat (vgl. [X.] 26. September 2013 - 8 [X.] 1026/12 - Rn. 25 mwN). Nur in einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass der Willensentschluss des geschädigten Arbeitgebers zur Tätigung der Aufwendungen den Zurechnungszusammenhang nicht unterbricht, da er nicht frei getroffen, sondern durch das Verhalten des Schädigers veranlasst worden ist (vgl. [X.]/[X.] 80. Aufl. [X.]. vor § 249 Rn. 44). Der konkrete Verdacht einer erheblichen Verfehlung - strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung - des Arbeitnehmers muss zudem zu dem [X.]punkt bestehen, in dem die Ermittlungen erfolgen bzw. die Aufwendungen entstehen (vgl. [X.] 17. September 1998 - 8 [X.] 5/97 - zu [X.] 2 c cc der Gründe, [X.]E 90, 1; vgl. auch [X.] 24. April 1990 - VI ZR 110/89 - zu II 2 c der Gründe, [X.]Z 111, 168), wobei es nicht ausgeschlossen ist, dass die Ergebnisse der Ermittlungen ihrerseits einen (weiteren) konkreten Tatverdacht begründen, der seinerseits Anlass zu weiteren Ermittlungen gibt.

6. Da die Ersatzpflicht nach § 249 Abs. 1 BGB nur Aufwendungen umfasst, die der Abwehr drohender Nachteile dienen, muss der Arbeitnehmer letztlich aufgrund der Ermittlungen einer vorsätzlichen Vertragsverletzung bzw. unerlaubten Handlung überführt werden ([X.] 28. Oktober 2010 - 8 [X.] 547/09 - Rn. 24; 28. Mai 2009 - 8 [X.] 226/08 - Rn. 22).

II. Liegen die unter Rn. 24 ff. ausgeführten Voraussetzungen vor und kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer grundsätzlich die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, steht § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG dem Ersatzanspruch des Arbeitgebers nicht entgegen. Diese Bestimmung findet in einem solchen Fall keine Anwendung.

1. Zwar schließt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozess[X.]len Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung von bis zum Schluss einer eventuellen ersten Instanz entstandenen Beitreibungskosten - unabhängig von seiner Anspruchsgrundlage - und damit auch einen Anspruch auf Erstattung außer- und vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten aus (vgl. [X.] 22. Oktober 2020 - 8 [X.] 412/19 - Rn. 11; 28. November 2019 - 8 [X.] 293/18 - Rn. 20, [X.]E 169, 14; 25. September 2018 - 8 [X.] 26/18 - Rn. 23 ff., [X.]E 163, 309, jeweils mwN).

2. Es kann vorliegend offenbleiben, ob und inwieweit es sich bei den Anwaltskosten, die die Anwaltskanzlei P für ihr Tätigwerden der [X.]n in Rechnung gestellt hat, um [X.] bzw. Rechtsverfolgungskosten iSv. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG handelt, wie der Kläger (vgl. in diesem Sinne auch [X.]/[X.] 8. Aufl. § 249 Rn. 185) meint. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, stünde § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG einem Ersatzanspruch der [X.]n nicht entgegen. In einem solchen Fall wäre eine teleologische Reduktion von § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG geboten.

a) Die teleologische Reduktion ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die nach ihrem Wortlaut anzuwendende Vorschrift hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für gleichwohl unanwendbar hält, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Zusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen. Sie setzt voraus, dass der [X.] erfasste, dh. der gesetzlich in bestimmter Weise geregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes nach einer anderen Entscheidung verlangt als die übrigen geregelten Fälle, um [X.] zu vermeiden (vgl. [X.] 12. Juni 2019 - 7 [X.] 317/17 - Rn. 27 mwN, [X.]E 167, 93).

b) Eine teleologische Reduktion kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn sich eine planwidrige Regelungslücke feststellen lässt. Dies setzt voraus, dass sich die betreffende Vorschrift - hier § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG - gemessen an ihrer zugrundeliegenden Regelungsabsicht, in dem Sinne als unvollständig erweisen würde, dass sie einen erforderlichen Ausnahmetatbestand nicht aufweist (vgl. [X.] 14. August 2019 - IV ZR 279/17 - Rn. 10, [X.]Z 223, 57; 30. September 2014 - [X.]/13 - Rn. 13, [X.]Z 202, 302; 18. Juli 2014 - V ZR 291/13 - Rn. 14). Ihre Anwendung müsste demnach zu zweckwidrigen Ergebnissen führen (vgl. [X.] 28. November 2019 - 8 [X.] 293/18 - Rn. 39 mwN, [X.]E 169, 14 ).

c) Danach wäre eine teleologische Reduktion von § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG geboten.

aa) Der Zweck von § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG - sowie seiner Vorgängerregelung in § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG 1953 - besteht darin, das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Verfahren zum Schutz des in der Regel sozial schwächeren Arbeitnehmers möglichst zu verbilligen und damit das Kostenrisiko überschaubar zu halten. Arbeitnehmer sollen - wegen ihrer typischerweise bestehenden wirtschaftlichen Unterlegenheit - auch dann, wenn sie im Arbeitsgerichtsprozess unterliegen, nicht mit den in § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG genannten Kosten belastet werden. Hierdurch soll vermieden werden, dass sie in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten von einer gerichtlichen Verfolgung bestehender Ansprüche absehen. Allerdings gilt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG aus Gründen der gebotenen Parität auch für den Arbeitgeber oder eine sonstige [X.], die vor dem Arbeitsgericht unterliegt. Danach soll keine [X.] damit rechnen können oder müssen, dass ihr im Fall des Obsiegens die Kosten der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten sowie die Kosten für [X.] erstattet oder dass ihr im umgekehrten Fall des Unterliegens die Kosten des Bevollmächtigten des Gegners sowie die Kosten der [X.] des Gegners auferlegt werden ([X.] 28. November 2019 - 8 [X.] 293/18 - Rn. 27 mwN, [X.]E 169, 14).

bb) Der Schutz eines Arbeitnehmers vor einer Erstattungspflicht für Anwaltskosten, die dem Arbeitgeber zur Abwendung drohender Nachteile entstehen, die ihrerseits auf einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung oder unerlaubten Handlung des Arbeitnehmers beruhen, würde zu zweckwidrigen Ergebnissen führen und dem Rechtsgedanken des § 242 BGB zuwiderlaufen. Es wäre mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unvereinbar, wenn sich der Arbeitnehmer, der eine vorsätzliche Vertragspflichtverletzung oder vorsätzliche unerlaubte Handlung begangen hat, darauf berufen könnte, der Arbeitgeber müsse die Aufwendungen selbst tragen, die durch eben diese vorsätzliche Vertragspflichtverletzung oder vorsätzliche unerlaubte Handlung veranlasst wurden. Insoweit beschränkt sich die Bedeutung von § 242 BGB nicht auf die Leistungserbringung, vielmehr wirkt der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) rechtsbegrenzend, indem er nicht nur den Willen der Vertragsparteien, sondern auch den Anwendungsbereich einer Norm begrenzt (vgl. [X.]/[X.] 8. Aufl. § 242 Rn. 2; [X.]/[X.]/Olzen [2019] § 242 Rn. 143; [X.]/[X.] 80. Aufl. § 242 Rn. 6).

III. Gleichwohl hat die [X.] gegen den Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der ihr von der Anwaltskanzlei P für deren Tätigkeit bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch die [X.] am 23. Juni 2016 in Rechnung gestellten Kosten. Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 Abs. 1 StGB. Die [X.] hat entgegen der Annahme des [X.]s nämlich nicht dargetan, dass die geltend gemachten Kosten erforderlich waren. Es fehlt bereits an einer substantiierten Darlegung, welche konkreten Tätigkeiten wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts gegen den Kläger von der beauftragten Anwaltskanzlei P ausgeführt wurden.

1. Zweifelhaft ist bereits, ab welchem [X.]punkt ein hinreichender Verdacht einer erheblichen Verfehlung - strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung - des [X.] bestand, insbesondere ob ein solcher Verdacht schon zum [X.]punkt der Beauftragung der Anwaltskanzlei P vorlag oder sich erst später im Verlauf der Ermittlungen ergeben hat.

a) Die [X.] hatte ihre Ermittlungen gegen den Kläger aufgrund der am 22. und 24. Mai 2016 eingegangenen anonymen Verdachtsmeldungen wegen „[X.]“ des „Einkaufsleiters“ im Zusammenhang mit dem Besuch der [X.] des [X.] und wegen unangemessenen Verhaltens desselben gegenüber weiblichen Angestellten eingeleitet. Letzteren Vorwurf, der zu Beginn der Ermittlungen noch Untersuchungsgegenstand war, hat die [X.] später nicht weiterverfolgt. Im Hinblick auf die gemeldeten Compliance-Verstöße im Zusammenhang mit dem Besuch der [X.] des [X.] lag zunächst lediglich ein allgemeiner anonymer Hinweis vor, der zwar aufgrund der Benennung der Funktion „Einkaufsleiter“ und des Hinweises auf die Führungsebene [X.]/[X.] einen Rückschluss auf die Person des [X.] zuließ, der aber noch keine weiteren konkreten Angaben im Hinblick auf eine im Zusammenhang mit dem Besuch der [X.] stehende schwerwiegende Pflichtverletzung des [X.] enthielt.

b) Zwar ergab sich im Rahmen der Ermittlungen durch die Anwaltskanzlei P dann in deren weiteren Verlauf ein hinreichender Tatverdacht gegen den Kläger wegen dieser und anderer Vertragspflichtverletzungen, auf die die [X.] später sowohl ihre außerordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger als auch die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche stützte. Wann im Rahmen der Ermittlungen welche Umstände bekannt wurden und inwieweit diese dann Anlass gaben, weitere Untersuchungen anzustellen, ergibt sich aus dem Vorbringen der [X.]n aber nicht. Dies könnte zwar aus den [X.] der Anwaltskanzlei P hervorgehen; diese wurden von der [X.]n im vorliegenden Verfahren jedoch nicht vorgelegt.

2. Die Frage, ab welchem [X.]punkt aufgrund welcher Umstände ein hinreichender Verdacht einer erheblichen Verfehlung - strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung - des [X.] bestand, kann aber dahinstehen, weil ein Anspruch der [X.]n gegen den Kläger auf Erstattung der ihr von der Anwaltskanzlei P für deren Tätigkeiten bis zum 23. Juni 2016 in Rechnung gestellten Kosten iHv. 66.500,00 Euro aus anderen Gründen ausscheidet. Die [X.] hat nicht dargetan, dass die von der Anwaltskanzlei P bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung am 23. Juni 2016 durchgeführten Tätigkeiten im abgerechneten Umfang erforderlich waren.

Die [X.] hat entgegen der Annahme des [X.]s schon nicht substantiiert dargelegt, welche konkreten Tätigkeiten die Anwaltskanzlei P - in der [X.] bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung am 23. Juni 2016 - wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts ausgeführt hat, dh. welcher [X.] auf welche konkreten Ermittlungsschritte entfiel (vgl. zu diesem Erfordernis [X.] 24. April 1990 - VI ZR 110/89 - zu II 3 c der Gründe, [X.]Z 111, 168). Es fehlt an einer genauen Auflistung der Tätigkeiten bezogen auf die einzelnen Verdachtsmomente. Insoweit hat die [X.] nicht nur nicht dargelegt, ab wann welcher konkrete Verdacht von [X.] des [X.] bestand und welche einzelnen Ermittlungstätigkeiten sich auf welche Verstöße des [X.] bezogen. Sie hat zudem [X.]. nicht angegeben, in welchem Umfang Ermittlungen wegen des Verdachts des unangemessenen Verhaltens gegenüber weiblichen Angestellten durchgeführt wurden, die nach der am 18. Mai 2017 von der Anwaltskanzlei P erstellten „Chronologie und Verlauf der internen Untersuchung in Sachen Dr. H“ nach der ersten Phase der Untersuchung als Gegenstand der Ermittlungen ausgeschieden wurden. Darüber hinaus ist unklar, in welchem zeitlichen Umfang die Ermittlungen auf Untersuchungen zu einer Täterschaft des [X.], auf Untersuchungen zur Höhe des Schadens sowie auf die rechtliche Prüfung der Vorwürfe, also rechtsberatende Tätigkeiten entfielen. Nur auf der Grundlage entsprechender Angaben wäre eine Prüfung möglich gewesen, ob die Anwaltskanzlei überhaupt jeweils Tätigkeiten zur Aufklärung und Störungsbeseitigung unternommen hatte oder ob sie rechtsberatend tätig gewesen war.

3. Ob im Rahmen der von der [X.]n durchgeführten Ermittlungen die Beauftragung einer Anwaltskanzlei erforderlich war oder ob insoweit eigene Ermittlungen durch die [X.] möglich gewesen wären, kann nach alledem ebenso dahinstehen wie die Frage nach der Angemessenheit des von der [X.]n mit der Anwaltskanzlei P vereinbarten Stundenhonorars iHv. 350,00 Euro.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    [X.]    

        

        

        

    [X.]    

        

    [X.]    

                 

Meta

8 AZR 276/20

29.04.2021

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Mannheim, 27. Juni 2019, Az: 8 Ca 306/16, Urteil

§ 280 Abs 1 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 263 Abs 1 StGB, § 12a Abs 1 S 1 ArbGG, § 249 Abs 1 BGB, § 254 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.04.2021, Az. 8 AZR 276/20 (REWIS RS 2021, 6332)

Papier­fundstellen: NJW 2021, 3483 MDR 2021, 1541-1542 REWIS RS 2021, 6332

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 AZR 611/17 (Bundesarbeitsgericht)

Außerordentliche Tat- und Verdachtskündigung - Anhörung des Arbeitnehmers - Beweiswürdigung


8 AZR 26/18 (Bundesarbeitsgericht)

Pauschale nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB


8 AZR 70/18 (Bundesarbeitsgericht)


8 AZR 27/18 (Bundesarbeitsgericht)


2 AZR 732/11 (Bundesarbeitsgericht)

Außerordentliche Kündigung - Zwei-Wochen-Frist - Betriebsratsanhörung


Referenzen
Wird zitiert von

6 Sa 152/22

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.