Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2016, Az. III ZR 278/15

III. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 3661

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:201016UIIIZR278.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHO[X.]

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
III ZR 278/15

Verkündet am:

20. Oktober 2016

K
i
e
f
e
r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

[X.] § 839 Abs.1 Satz 1 Cb [X.]e; GG Art. 34; [X.] § 24 Abs. 2 ([X.]: 1. August 2013)

a)
Der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe verletzt seine Amtspflicht, wenn er einem gemäß § 24 Abs. 2 [X.] (in der ab dem 1. August 2013 geltenden [X.]assung) anspruchsberechtigten Kind trotz rechtzeitiger Anmel-dung des Bedarfs keinen Betreuungsplatz zur Verfügung stellt. [X.]ür das [X.] des Amtsträgers kommt dem Geschädigten ein Beweis des ersten Anscheins zugute.

b)
Die mit dem Anspruch aus § 24 Abs. 2 [X.] korrespondierende [X.] bezweckt auch den Schutz der Interessen der personensorgeberech-tigten Eltern.

c)
In den Schutzbereich der verletzten Amtspflicht fällt auch der [X.], den Eltern dadurch erleiden, dass ihr Kind entgegen § 24 Abs. 2 [X.] keinen Betreuungsplatz erhält.

[X.], Urteil vom 20. Oktober 2016 -
III ZR 278/15 -
OLG [X.]

[X.]

-

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-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2016 durch [X.] [X.], die
Richter [X.], [X.] und [X.] und die Richterin Dr. Arend

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 26. August 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der beklagten [X.] im Wege der Amtshaftung Ersatz von Verdienstausfall (nebst Zinsen und vorgerichtlicher
Anwaltskosten) wegen unterbliebener Bereitstellung eines Betreuungsplatzes für ihre am 18.
Januar 2013 geborene Tochter.

Mit Schreiben vom 21. Mai 2013 meldete die Klägerin für ihre Tochter bei der [X.] Bedarf für einen Kinderbetreuungsplatz für die [X.] ab dem 19.
Januar 2014 an. In ihrer Eingangsbestätigung vom 2. Juli 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Nachfrage nach Betreuungsplätzen im ge-1
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samten [X.]gebiet besonders
hoch sei und derzeit die verfügbaren Kapazitä-ten übersteige. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013
wies die Klägerin die [X.] darauf hin, dass ihr Ehemann voll berufstätig sei und sie selbst beabsich-tige, ab dem 19. Januar 2014 wieder in Vollzeit zu arbeiten, so dass der [X.] dringend benötigt werde. Nach mehreren Bewerbungen in [X.] sei ihr "vielleicht" ein Platz ab September 2014 in [X.] gestellt worden, eine Verlängerung der Elternzeit bis dahin sei finanziell aber nicht tragbar. Ab dem 1. August 2013 bestehe ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. In ihrer Eingangsbestätigung vom 27. November 2013
verwies die Beklagte auf ihre Mitteilung vom 2. Juli 2013. Mit Schreiben vom 6.
Dezember 2013 bat die Klägerin
die Beklagte
unter Bezugnahme darauf, dass seit dem 1. August 2013 ein dahingehender Rechtsanspruch bestehe, nochmals um Zuteilung eines Betreuungsplatzes für ihre Tochter bis 18. Januar 2014, da sie ab dem 19. Januar 2014 wieder arbeiten müsse. Sofern dies nicht möglich sei, entstehe ihr ein erheblicher finanzieller Schaden, so dass sie recht-liche Schritte einleiten werde. Mit Schreiben vom 15. Januar 2014 wiederholte die Beklagte ihre früheren Ausführungen. Einen
Betreuungsplatz für ihre [X.] erhielt die Klägerin von der [X.] nicht zugewiesen.

Die Klägerin hat behauptet, dass sie sich bereits vor der Geburt ihrer Tochter und in den Monaten danach wiederholt, auch parallel zu ihrer Bedarfs-anmeldung gegenüber der [X.], bei verschiedenen Betreuungseinrichtun-gen um einen Platz für ihre Tochter bemüht habe. Zudem habe sie mehrfach persönlich bei der [X.] vorgesprochen. Nachdem ihre Anstrengungen er-folglos geblieben seien und auch die Beklagte ihr keinen Platz zur Verfügung gestellt habe, habe sie sich gezwungen gesehen, bei ihrem Arbeitgeber eine Verlängerung der zunächst bis zum 17.
Januar 2014 laufenden Elternzeit um sechs Monate, also bis zum 17. Juli 2014, zu beantragen. Diesem Wunsch ha-3
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be der Arbeitgeber am 2. Dezember 2013 entsprochen. Erst
am 30. Januar 2014 sei es ihr dann gelungen, eigenständig einen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung ab dem 1. März 2014 zu organisieren. Eine von ihr angefragte Verkürzung der verlängerten Elternzeit habe ihr Arbeitgeber unter Hinweis auf die bereits erfolgte befristete Einstellung einer Vertretungskraft abgelehnt. Unter Abzug ersparter Betreuungskosten (für die [X.] vom 19. Januar bis 28. [X.]ebruar 2014) und eines ihr gewährten [X.] hat die Klägerin ihren [X.] auf 4

Die Klägerin hat geltend gemacht, aus dem Rechtsanspruch nach § 24 Abs. 2 [X.] folge die Amtspflicht der [X.], nach rechtzeitiger Bedarfs-anmeldung Kindern bei Vollendung des ersten Lebensjahres einen Betreu-ungsplatz zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte trage insofern die Planungs-verantwortung. Diese Amtspflicht beziehe sich nicht allein auf das betreuungs-bedürftige Kind, sondern auch auf die erziehungsberechtigten Eltern des [X.]. In ihren Schutzbereich falle auch das berufliche Erwerbsinteresse der
Eltern. Ein fehlendes Verschulden habe die Beklagte darzulegen.

Die Beklagte hat eine drittschützende Wirkung des
Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 [X.] in Abrede gestellt
und gemeint, diese Norm bezwecke allein einen Anspruch des Kindes auf frühkindliche [X.]örderung. Sie hat weiterhin entgegnet, sie habe eine ordnungsgemäße Bedarfsplanung vorgenommen; Verzögerungen bei der Errichtung von zusätzlichen Betreuungseinrichtungen habe sie selbst nicht zu vertreten.

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.]n hat das [X.] das Ersturteil abgeändert und die Klage ab-4
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gewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht (BeckRS 2015, 14850) hat einen Schadensersatz-anspruch der Klägerin aus Amtshaftung (§ 839 [X.] i.V.m. Art. 34 GG) [X.] und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar habe die Beklagte ihre aus § 24 Abs. 2 [X.] resultierende Amtspflicht, der Tochter der Kläge-rin zum 18. Januar 2014 einen
Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte zu verschaffen, verletzt. Der Anspruch auf einen Betreuungsplatz bestehe nicht nur im Rahmen der vorhandenen Kapazität. Ob die Beklagte schuldhaft gehan-delt habe, könne allerdings dahinstehen. Denn die Klägerin sei nicht geschützte Dritte der Amtspflicht der [X.]. Anspruchsberechtigt nach § 24 Abs. 2 [X.] sei allein das betreuungsbedürftige Kind. Der Anspruch ziele aus-schließlich auf dessen frühkindliche [X.]örderung. Die erziehungsberechtigten [X.] des Kindes seien vom Schutzbereich dieser Norm nicht umfasst. Anderes ergebe sich auch aus den Gesetzesmaterialien nicht. Von den in § 22 Abs. 2 [X.] genannten [X.]örderungsgrundsätzen habe der Gesetzgeber ausdrück-lich nur die frühkindliche [X.]örderung in § 24 Abs. 2 [X.] erwähnt, nicht aber die Hilfe zur besseren Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung. 7
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Im Übrigen wäre der geltend gemachte [X.] selbst dann, wenn die Eltern geschützte Dritte sein sollten, vom Schutzbereich der
verletzten Amtspflicht nicht erfasst. Dieser beziehe sich allein auf die frühkindliche [X.]örde-rung, nicht hingegen auf das Erwerbsinteresse der Eltern. Auf die Verletzung von Pflichten aus einem -
drittschützenden -
öffentlich-rechtlichen Schuldver-hältnis (§§ 280, 311, 249 [X.] analog) könne die Klage ebenfalls nicht mit [X.] gestützt werden, weil es an einer entsprechenden Sonderverbindung mit der [X.] gefehlt habe.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten
stand.

1.
Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der Verletzung von Pflichten aus einem -
gegebenenfalls dritt-schützenden -
öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis (§§ 280, 311, 249 [X.] analog) verneint. Hiergegen erhebt die Revision auch keine Einwände.

2.
Soweit die Revision
die Klageforderung aus einem Aufwendungsersatz-anspruch aus § 36a Abs. 3 Satz 1 [X.] (analog) herleiten möchte, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg.

a) § 36a Abs. 3 Satz 1 [X.] gewährt einen Anspruch auf Aufwen-dungsersatz gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wenn die durch diesen zu gewährenden Hilfen vom Leistungsberechtigten selbst beschafft wer-den. Diese Vorschrift bezieht sich zwar unmittelbar nur auf Hilfen
im Sinne von 9
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§ 2 Abs. 2 Nr. 4 bis 6 [X.]; sie ist jedoch auf jugendhilferechtliche Leistun-gen, welche die [X.]örderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der [X.] betreffen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3, §§ 22 ff [X.]), entsprechend anzuwenden
([X.]E 148, 13 Rn. 17 ff; [X.], Beschluss vom 17. November 2015 -
12 [X.], BeckRS 2016, 41519 Rn. 36; [X.], Urteile vom 25. Oktober 2012 -
7 A 10671/12, [X.], 21, 22 f und vom 28. Mai 2014 -
7 [X.], BeckRS 2014, 53254; [X.], [X.] Impulse, 2/2012, 12, 14; [X.] in [X.], [X.], 5.
Aufl., § 24 Rn. 48; Grube in [X.]/[X.], [X.], Stand 01/14, § 24 Rn. 42; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 24 Rn. 28; [X.], [X.], 344, 371 ff; [X.], [X.], 385, 390 und [X.], 1216
ff; [X.], NJW 2012, 2839, 2843).

b) Der Aufwendungsersatzanspruch steht aber ebenso wie der [X.] aus § 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht den Eltern des zu [X.] Kindes,
sondern allein dem Kind selbst zu (s. [X.] aaO
Rn.
47 [zu §
24 Abs. 1 [X.] a[X.]]; [X.], Urteil vom 28. Mai 2014 aaO [zu § 24 Abs. 1 [X.] a[X.]] unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht im Urteil vom 25. Oktober 2012 aaO S. 24 f; [X.]
in [X.] aaO; [X.] aaO S.
372; [X.], [X.] aaO; [X.] aaO). Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin indes nicht Ansprüche ihrer Tochter, sondern eigene Ansprüche. [X.] stellt der hier geltend gemachte Verdienstausfall eines Elternteils keinen im Rahmen des Anspruchs aus § 36a Abs. 3 Satz 1 [X.] (analog) ersatzfä-higen (Mehr-)Aufwand dar (s. VG Köln, Urteil vom 18. März 2016 -
19 K 3699/14, BeckRS 2016, 47915; [X.] aaO S.
376; [X.], [X.], S. 1218).
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3.
Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 [X.]), der von der Klägerseite in der mündlichen Revisionsverhandlung angesprochen worden ist, steht der Klägerin nicht zu. Eltern, die ihr Kind selbst betreuen, füh-ren kein "(auch) fremdes Geschäft"
(hier: des
zuständigen Trägers der öffentli-chen Jugendhilfe), sondern nehmen eine originär ihnen selbst obliegende Pflicht wahr (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, § 1631 Abs. 1 [X.]; s. [X.]/[X.], [X.], 445, 449; [X.], [X.], 345, 367 ff).

4.
Rechtsfehlerhaft jedoch hat das Berufungsgericht einen Schadenser-satzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. Art. 34 GG) abgelehnt.

a) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung
liegt eine Amtspflicht-verletzung der [X.] vor. Die diesbezüglichen Ausführungen des [X.] sind zutreffend.

aa) Mit dem durch das Kinderförderungsgesetz (Gesetz zur [X.]örderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der [X.] vom 10. Dezember 2008, [X.]) geschaffenen § 24 Abs. 2 [X.] hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 1. August 2013 (Art. 10 Abs.
3 Kinderförderungsgesetz) einem Kind, welches das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres einen Anspruch auf frühkindliche [X.]örderung in einer Tageseinrichtung (§ 22 Abs. Abs. 1 Satz 1 [X.]) oder in [X.] (§ 22 Abs. 1 Satz 2 [X.]) eingeräumt. Hieraus erwächst für den örtlich (§ 86 [X.]) und sachlich (§ 85 Abs. 1 [X.]) zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 3 Abs. 2 Satz 2, § 69 Abs. 1 [X.] i.V.m. dem jeweiligen Landesrecht) die (Amts-)Pflicht, im Rah-men seiner die Planungsverantwortung umfassenden Gesamtverantwortung 14
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79 Abs. 1 und 2 Nr. 1, § 80 [X.]) sicherzustellen, dass für jedes [X.] Kind, für das ein entsprechender Bedarf rechtzeitig ange-meldet worden ist (§ 24 Abs. 5 Satz 2 [X.]), ein Betreuungsplatz zur Verfü-gung steht; insoweit trifft ihn eine unbedingte Gewährleistungspflicht ([X.], Beschluss
vom 17. November 2015 -
12 [X.], BeckRS 2016, 41519 Rn. 24; [X.] in [X.], [X.], 5. Aufl., § 24 Rn. 20 f; [X.], NJW 2012, 2839; [X.], [X.], 344, 346 f, 349 f, 358).

Die vorbezeichnete Amtspflicht besteht nicht nur im Rahmen der vorhan-denen Kapazität; vielmehr ist der gesamtverantwortliche Jugendhilfeträger ge-halten, eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen oder durch geeignete Dritte -
freie Träger der Jugendhilfe oder Tagespflegeperso-nen
-
bereitzustellen (vgl. [X.], NJW 2015, 2399, 2401 Rn. 43; [X.] aaO Rn. 25 f, 41; Grube in [X.]/[X.],
[X.], Stand 01/14, § 24
Rn. 40; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 24 Rn. 12; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]rankfurter Kommentar zum [X.], 7. Aufl., § 24 Rn.
67; [X.], [X.], 385, 387; [X.], [X.] Impulse, 2/2012, 12, 13; [X.] aaO S.
2840 f; [X.] aaO S. 351 f, 365; s. auch [X.], NJW 2003, 1826, 1827 [zu § 24 Abs. 1 [X.] a[X.]]; aA wohl [X.]/[X.], [X.], 445, 446 f). Diese Pflicht kann der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe dadurch erfüllen, dass er einen (zumutbaren) Platz entweder in einer Tageseinrichtung oder im Rahmen der [X.] zu-weist (so [X.], [X.], 3803, 3804, 3805; [X.], Beschluss vom 29. November 2013 -
12 [X.], BeckRS 2013, 59599; [X.], [X.], 1753, 1754
Rn. 8; [X.], Beschluss vom 30. Juni 2014 -
3 MB 7/14, BeckRS 2014, 54048; [X.], NJW 2015, 1546, 1547 Rn. 8; Grube in [X.]/[X.] aaO Rn. 19, 25; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO Rn. 14; [X.], 18
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[X.], [X.] und [X.], 1216, 1217; aA [X.] aaO Rn.
31, 33; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO; [X.] aaO [X.]9;
[X.] aaO S. 350, 358: verbindliches Wahlrecht der Eltern). Beide Alternativen stehen prinzipiell gleichrangig nebeneinander; dies ergibt sich aus dem Wortlaut von §
24 Abs. 2 Satz 1 [X.] und einem Vergleich mit der Regelung in § 24 Abs.
3 Satz 1 [X.] (s. [X.] aaO
Rn. 9; [X.] OVG aaO; [X.] aaO; [X.] aaO).

bb) Trotz rechtzeitiger Anmeldung des Bedarfs hat die Beklagte -
als zu-ständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe -
der Tochter der Klägerin zum Ablauf ihres ersten Lebensjahres keinen Betreuungsplatz zur Verfügung ge-stellt. Damit hat die Beklagte ihre Amtspflicht zur Erfüllung des [X.]örderanspruchs aus § 24 Abs. 2 [X.] verletzt, denn in der Nichterfüllung des Anspruchs liegt zugleich die Amtspflichtverletzung (vgl. hierzu Grube in [X.]/[X.] aaO Rn. 48; [X.] aaO S. 15; [X.] aaO S. 2843; [X.] aaO S. 380 f; aA [X.]/[X.] aaO S. 450).

b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die hier in Rede stehende Amtspflicht schütze allein die Belange des zu betreuenden Kindes, nicht aber auch die Interessen der personensorgeberechtigten Eltern, ist hingegen von Rechtsfehlern beeinflusst.

aa) Ob eine Amtspflicht gegenüber einem geschädigten [X.] besteht, bestimmt sich danach, ob die Amtspflicht -
wenn auch nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentli-cher Zwecke auch
-
den Sinn hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des [X.] muss sich ergeben, dass der 19
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Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des [X.] geschützt und gefördert werden sollen; darüber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zu-gleich individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten [X.] Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es muss mithin eine be-sondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten [X.] bestehen (ständige Senatsrechtsprechung, s. z.B. Urteile vom 11.
Juli 1955 -
III ZR 178/53, [X.]Z 18, 110, 113; vom 12.
Juni 1986 -
III ZR 146/85, NJW 1987, 585, 586; vom 13. Juli 1989 -
III ZR 240/88, BeckRS 1989, 30401299; vom 26.
Oktober 1989 -
III
ZR 147/88, [X.]Z 109, 163, 167
f; vom 6.
Mai 1993 -
III
ZR 2/92, [X.]Z 122, 317, 320
f; vom 18. [X.]ebruar 1999 -
III ZR 272/96, [X.]Z 140, 380, 382; vom 26. Juli 2001 -
III ZR 243/00, NJW-RR 2002, 124; vom 20. Januar 2005 -
III ZR 48/01, [X.]Z 162, 49, 55; vom 22. Oktober 2009 -
III ZR 295/08, [X.], 346, 348 Rn. 20; vom 13.
Oktober 2011
-
III ZR 126/10, [X.]Z 191, 173, 179 Rn.
14; vom 8.
November 2012 -
III ZR 151/12, [X.]Z 195, 276, 282 f Rn. 14 f; vom 6. Juni 2013 -
III ZR 196/12, [X.], 3370, 3371 Rn. 14 und vom 14. Juli 2016 -
III ZR 265/15, BeckRS 2016, 14013 Rn. 16 [zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen]).

Hierfür ist die unmittelbare Beteiligung am Amtsgeschäft ebenso wenig notwendige Voraussetzung wie ein Rechtsanspruch des Betroffenen auf die maßgebliche
Amtshandlung. Andererseits genügt es nicht allein, dass sich die Verletzung der Amtspflicht für den Geschädigten nachteilig ausgewirkt hat; die Amtshandlung muss entweder im Interesse des [X.] vorgenommen werden oder in seine Rechtsstellung eingreifen (s. etwa Senatsurteile vom 13.
Juli 1989 aaO; vom 8. November 2012 aaO [X.] Rn. 15; vom 6. Juni 2013 aaO und vom 14. Juli 2016 aaO).

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[X.]ür die [X.]rage, ob der Geschädigte zu dem Personenkreis zu rechnen ist, dessen Interessen durch die Amtspflicht (mit) geschützt werden sollen, oder ob er lediglich reflexartig durch die Wahrnehmung der im öffentlichen Interesse liegenden Amtspflichten begünstigt wird, kommt es wesentlich darauf an, [X.] Wertungen und Zielvorstellungen dem betreffenden Gesetz mit den her-kömmlichen Auslegungsmethoden zu entnehmen sind (Senatsurteil vom 20.
Januar 2005 aaO S. 56).

bb) Nach diesen Maßstäben sind die personensorgeberechtigten Eltern geschützte Dritte der mit § 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] korrespondierenden Amtspflicht, dem Kind bei rechtzeitiger Bedarfsanmeldung ab Vollendung des ersten Lebensjahres einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen.

(1) Nach Wortlaut und Zweck des § 24 Abs. 2 Satz 1 [X.], der Sys-tematik der §§ 22 ff [X.] sowie der [X.] des Gesetzgebers steht der [X.]örderungsanspruch zwar nicht den Kindeseltern, sondern allein dem Kind selbst zu (Grube in [X.]/[X.], [X.], Stand 01/14, § 24 Rn. 22; [X.], [X.], 385, 386 und [X.], 1216, 1217; [X.], [X.], 1739, 1740; [X.]/[X.], [X.], 445 f; [X.], [X.]a-mRZ 2015, 905, 906; [X.], [X.], 344, 347, 362; vgl. auch [X.], 13 Rn. 47 [zu § 24 Abs. 1 [X.] a[X.]]; [X.], Urteil vom 28. Mai 2014 -
7 [X.], BeckRS 2014, 53254 [zu § 24 Abs. 1 [X.] a[X.]] unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht im Urteil vom 25. Oktober 2012, [X.], 21, 24
f). Dies hindert einen Drittschutz zugunsten der Eltern nach den oben dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen jedoch nicht, weil die hier im Streit stehende Amtspflicht gerade auch den Zweck hat, ihre Belange wahrzunehmen (s. auch Grube in [X.]/[X.] aaO Rn. 47; [X.], NJW 2012, 2839, 2843; [X.] aaO S. 346, 381;
[X.], [X.] 2015, 545, 546; 23
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wohl auch: [X.] aaO S.
906, 907; aA [X.], [X.], [X.] und [X.], S. 1218; [X.] aaO S. 1742).

(2) Mit dem Kinderförderungsgesetz, insbesondere der Einführung des Anspruchs nach § 24 Abs. 2 [X.] (n[X.]), beabsichtigte der
Gesetzgeber ne-ben der [X.]örderung des Kindeswohls auch die Entlastung der Eltern zu Gunsten der Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit. Es ging ihm -
auch -
um die Verbesserung der Vereinbarkeit von [X.]amilie und Erwerbsleben und, damit verbunden,
um die Schaffung von Anreizen für die Erfüllung von Kinder-wünschen (s. Gesetzentwurf der [X.]raktionen der [X.] und der [X.], BT-Drucks. 16/9299 S. 1, 10, 11 f; Gesetzentwurf der [X.]regierung, BT-Drucks. 16/10173, S. 1; s. dazu auch [X.]/[X.] aaO S. 450; [X.], [X.] 2015, 545, 546;
[X.] aaO S. 381; vgl.
auch [X.], NJW 2003, 1826, 1827
[zu § 24 Abs. 1 [X.] a[X.]]).

Diese [X.] hat -
entgegen der Ansicht der Revisionserwide-rung -
auch im Gesetzestext ihren Niederschlag gefunden. Im dritten Abschnitt des zweiten Kapitels des [X.], betreffend die [X.]örderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der [X.] (§§
22-26 [X.]), sind zu Beginn die Grundsätze der [X.]örderung beschrieben (§ 22 [X.]). Tageseinrichtungen für Kinder und [X.] sollen danach neben Erziehungs-, Bildungs-
und [X.]örderungszwecken auch den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander verein-baren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 [X.]). Diese [X.]örderungsgrundsätze gelten auch für den Anspruch aus
§ 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] (s.
[X.] aaO S.
2840; [X.] aaO S. 346, 381; [X.] aaO S. 546 f; vgl. auch
[X.], [X.], S.
386). Das hiergegen vorgebrachte Argument, in § 24 Abs. 2 [X.] sei nur die frühkindliche [X.]örderung erwähnt und keine generelle Be-26
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zugnahme auf § 22 Abs. 2 [X.] enthalten ([X.] aaO; [X.] aaO S. 906), überzeugt nicht. Die in § 22 Abs. 2 [X.] beschriebenen [X.]ör-derungsgrundsätze gelten ohne Einschränkung und Differenzierung für den ge-samten dritten Abschnitt des zweiten Kapitels des [X.] [X.], also auch für § 24 Abs. 2 [X.]. Mit der dort gewählten [X.] "frühkindliche [X.]örderung" wird nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die spezifische Zielsetzung der [X.]örderung der Altersgruppe von einem Jahr bis drei Jahren hervorgehoben und zugleich der Bezug zu den [X.]örderungsgrund-sätzen in § 22 [X.] hergestellt (BT-Drucks. 16/9299 S.
15). Es ist weder ersichtlich noch gedanklich naheliegend, dass der Gesetzgeber das in § 22 Abs. 2 Nr. 3 [X.] genannte [X.]örderungsziel gerade für den Anspruch in § 24 Abs. 2 [X.] nicht gelten lassen wollte (zutreffend: [X.] aaO S. 547).
Viel-mehr knüpft der in § 24 Abs. 2 [X.] verwendete Begriff "frühkindliche [X.]ör-derung"
uneingeschränkt an die in § 22 Abs. 1 Satz 1
[X.] enthaltene [X.]or-mulierung "gefördert werden"
an. In § 22 Abs. 2 [X.] werden die [X.]örde-rungsziele näher bestimmt, die insbesondere auch die Hilfe zugunsten der [X.], Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser vereinbaren zu können, um-fassen.

Die für den Anspruch aus § 24 Abs. 2 [X.] relevanten Regelungen in § 24 Abs. 5 Satz 1, § 80 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 4 [X.] sehen
die Be-rücksichtigung der elterlichen Interessen vor (s. dazu [X.], [X.], [X.]; [X.] aaO; [X.] aaO S. 346; [X.] aaO; vgl. ferner [X.], [X.], 21, 24 f). Nach § 24 Abs. 5 Satz 1 [X.] sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet, "Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 in Anspruch nehmen wollen", zu in-formieren und bei der Auswahl zu
beraten. Gemäß § 80 Abs. 1 Nr.
2 [X.] haben die Träger im Rahmen ihrer Planungsverantwortung den Bedarf "unter 28
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-

Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Men-schen und der Personensorgeberechtigten"
zu ermitteln und nach §
80 Abs. 2 Nr. 4 [X.] Einrichtungen und Dienste so zu planen, dass "Mütter und Väter Aufgaben in der [X.]amilie
und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können".

Aus dem Gesetz geht sonach deutlich hervor, dass der Gesetzgeber
-
auch in Bezug auf § 24 Abs. 2 [X.] -
neben dem Kindeswohl die Belange der Eltern im Blick gehabt hat. Damit hat er zugleich der Erkenntnis Rechnung getragen, dass Kindes-
und Elternwohl sich gegenseitig bedingen und ergänzen und zum gemeinsamen Wohl der [X.]amilie verbinden (s. [X.], [X.], [X.]; [X.] aaO). Demgegenüber greift es zu kurz, wenn man es den Eltern unter Hinweis auf die Abgrenzung von Gefahren-
und Verantwor-tungsbereichen schlicht als "eigene Sache" zuweisen wollte, ob sie neben der Kinderbetreuung einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder nicht (so aber [X.] aaO S. 1742 f).

Der Einbeziehung der Eltern in den Schutzbereich der mit § 24 Abs. 2 [X.] verbundenen Amtspflicht steht der Einwand, insoweit fehle es an der Gesetzgebungskompetenz des [X.], nicht entgegen (so aber [X.]/[X.] aaO S. 446, 450). Das [X.]verfassungsgericht hat für das Kinderförde-rungsgesetz keine Bedenken gegen die konkurrierende Gesetzgebungskompe-tenz des [X.] aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche [X.]ürsorge) zu erken-nen gegeben und zum Ausdruck gebracht, dass unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Rechts-
und Wirtschaftseinheit (Art. 72 Abs. 2 GG) auf den Zu-sammenhang zwischen Kinderbetreuungsmöglichkeit und Möglichkeiten der Beteiligung der Eltern am Arbeitsleben abgestellt und damit an die Bedeutung 29
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der Regelungen als Arbeitsmarkt-
und Wirtschaftsfaktor angeknüpft werden darf (s. [X.], NJW 2015, 2399, 2403 Rn. 53; zutreffend [X.] aaO S. 546, 547).

Die Anerkennung eines Aufwendungsersatzanspruchs aus § 36a Abs. 3 Satz 1 [X.] analog (s.o., unter 2) lässt ein Bedürfnis für den (Dritt-)Schutz der Eltern nicht entfallen. Denn dieser Anspruch kommt dann nicht zum Zuge, wenn Anstrengungen zur Selbstbeschaffung einer Betreuung erfolglos geblie-ben sind, und er ist problematisch, wenn die anderweitige Betreuung -
auch wenn ein
auf die bloße fachliche Vertretbarkeit der Auswahl aus der ex ante-Sicht
der Leistungsberechtigten beschränkter
Kontrollmaßstab anzulegen ist
(s. [X.], [X.], 1111, 1113 f Rn. 34; [X.], Urteil vom 28.
Mai 2014 -
7 [X.], BeckRS 2014, 53524; [X.], [X.] vom 17. November 2015 -
12 [X.]/1191, BeckRS 2016, 41519 Rn. 39 -
den hierfür geltenden Eignungsanforderungen nicht entspricht (s. dazu Grube in [X.]/[X.] aaO Rn. 46, 48; [X.] in [X.], [X.], 5. Aufl., § 24 Rn.
49; [X.] aaO S. 379). Einen
Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall gewährt dieser Anspruch, wie bereits oben (unter 2) ausgeführt, nicht.

Letztlich genügt die Einbeziehung der Eltern in den Schutzbereich der Amtspflicht auch den Erfordernissen der hinreichenden Individualisierbarkeit, Überschaubarkeit und Abgrenzbarkeit des geschützten Personenkreises (s. zu diesen Kriterien z.B. Senatsurteile vom 16. [X.]ebruar 1995 -
III ZR 135/93, [X.]Z 129, 17, 19; vom 8. November 2012 aaO [X.] und vom 6. Juni 2013 aaO S.
3372 Rn. 19). Sie
betrifft allein die Personensorgeberechtigten und führt [X.] nicht zu einer uferlosen Ausweitung der Amtshaftung (so auch [X.] aaO; [X.] aaO S. 381).
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-

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c) Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts wird der geltend ge-machte [X.] vom Schutzbereich der verletzten Amtspflicht umfasst.

aa) Da eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren Belangen immer als Dritter anzusehen sein muss, ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des [X.] geschützt sein soll (s. bspw. Se-natsurteile vom 12.
Juni 1986 -
III
ZR 146/85, NJW 1987, 585, 586; vom 26.
Ok-tober 1989 -
III
ZR 147/88, [X.]Z 109, 163, 168; vom 18.
[X.]ebruar 1999 -
III ZR 272/96, [X.]Z 140, 380, 382; vom 13. September 2001 -
III ZR 228/00, [X.], 97; vom 20. Januar 2005 -
III ZR 48/01, [X.]Z 162, 49, 55; vom 22. Ja-nuar 2009 -
III ZR 172/08, [X.], 931, 932 Rn. 15; vom 22.
Januar 2009
-
III ZR 197/08, [X.], 1362, 1363 Rn. 11; vom 13. Oktober 2011 -
III ZR 231/10, [X.]Z 191, 187, 193 Rn. 13; vom 8. November 2012 -
III
ZR 151/12, [X.]Z 195, 276, 283 Rn. 15; vom 6. Juni 2013 -
III ZR 196/12, NJW-RR 2013, 3370, 3371 Rn. 14; vom 3. Juli 2014 -
III ZR 502/13, [X.], 2642, 2643 Rn.
14 und vom 14. Juli 2016 -
III ZR 265/15, BeckRS 2016, 14013 Rn. 16). Der Geschädigte kann dementsprechend nur den Ersatz solcher Schäden verlan-gen, deren Ausgleich vom Schutzzweck der verletzten Amtspflicht gedeckt ist (s. etwa Senatsurteile vom 24. Oktober 2002 -
III ZR 259/01, NVwZ 2003, 576, 377 und vom 3. Juli 2014 aaO).

bb) Die auch gegenüber den personensorgeberechtigten Eltern als ge-schützten [X.] bestehende, mit § 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] korrespondie-rende Amtspflicht, dem Kind bei rechtzeitiger Bedarfsanmeldung ab Vollendung des ersten Lebensjahres einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, er-streckt sich insbesondere auch auf das Erwerbsinteresse der Eltern. Wie oben 33
34
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-

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-

(unter b) ausgeführt, entspricht es der im Gesetz zum Ausdruck gekommenen [X.] des Gesetzgebers, die Vereinbarkeit von [X.]amilie und Er-werbsleben zu verbessern und Anreize für die Erfüllung von Kinderwünschen zu schaffen. Den Eltern ein-
bis dreijähriger Kinder soll eine Erwerbstätigkeit leichter als bisher ermöglicht werden. Hieraus folgt, dass der [X.], den ein Elternteil infolge der Nichtbereitstellung eines Betreuungsplat-zes erleidet, grundsätzlich vom Schutzbereich der verletzten Amtspflicht [X.] wird (so
auch [X.], [X.] Impulse, 2/2012, 12, 15; [X.], NJW 2012, 2839, 2844; [X.] in [X.], [X.], 5. Aufl., § 24 Rn. 49; [X.],
[X.], 344, 382; [X.], [X.] 2015, 545, 547; wohl auch [X.] in
[X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 24 Rn. 23, 27; [X.] in [X.]/
[X.]/[X.]/[X.], [X.] Sozialrecht, Stand 1. April 2016, § 24 [X.] Rn. 34
f; aA [X.], [X.], 1739, 1742 f; BeckOGK/[X.],
[X.], Stand: 1.
Juli
2016, § 839 Rn. 429).

Dem Bedenken der Revisionserwiderung, damit liege es in der Hand der Eltern, die Haftung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe durch eine Ver-tragsgestaltung mit dem Arbeitgeber beliebig zu erweitern, ist entgegenzuhal-ten, dass die
Befürchtung eines Missbrauchs die vollständige Versagung des Ersatzes von Verdienstausfall nicht zu begründen vermag und der Geschädigte nach §
254 [X.] gehalten ist, seinen Schaden möglichst gering zu halten.

d) Ob die Bediensteten der [X.] schuldhaft gehandelt haben, hat das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig offenge-lassen. Die hierzu noch erforderlichen [X.]eststellungen hat es nachzuholen.

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-

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-

In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht [X.]olgendes zu be-achten haben:

Mit der Nichterfüllung des Anspruchs auf einen Betreuungsplatz ist das Verschulden der Bediensteten des [X.] zwar nicht schon ab-schließend -
im Sinne einer unwiderleglichen Vermutung -
festgestellt (so aber wohl Grube in [X.]/[X.], [X.], Stand 01/14, § 24 Rn. 48; [X.], [X.] Impulse, 2/2012,
12, 15); solches gilt auch nicht in Anbetracht dessen, dass zwischen der Verkündung des [X.] am 15. Dezember 2008 ([X.]) und dem Inkrafttreten von § 24 Abs. 2 [X.] n[X.] am 1. August 2013 (Art. 10 Abs. 3 Kinderförderungsgesetz) ein [X.]raum von [X.] gut viereinhalb Jahren verstrichen ist (in diesem Sinne [X.], NJW 2012, 2839, 2843 f; [X.], [X.], 344, 381).

Dem Geschädigten kommt jedoch eine Beweiserleichterung zustatten. Nach der Rechtsprechung des Senats
genügt für den grundsätzlich dem [X.] obliegenden Nachweis des Verschuldens des Amtsträgers der [X.] eines Sachverhalts, der nach dem regelmäßigen Ablauf der Dinge die [X.]ol-gerung begründet, dass ein Beamter seine Amtspflicht schuldhaft verletzt hat; auf dieser Grundlage besteht zugunsten des Geschädigten in Bezug auf das Verschulden des Amtsträgers ein Beweis des ersten Anscheins (s. [X.] vom 25. Juni 1957 -
III ZR 244/55, BeckRS 1957, 31206202 und vom 23. Mai 1960 -
III ZR 110/59, [X.], 905, 906; BeckOGK/[X.], [X.], Stand: 1.
Juli 2016, § 839 Rn. 446). Ein solcher Sachverhalt liegt vor, wenn der zu-ständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe seiner unbedingten Gewährleis-tungspflicht, einen rechtzeitig beantragten Betreuungsplatz zur
Verfügung zu stellen, nicht nachkommt.

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Es ist daher Sache der [X.], den gegen sie streitenden [X.] zu erschüttern. Auf allgemeine finanzielle Engpässe kann
sie
sich hier-bei nicht mit Erfolg berufen (so aber wohl [X.]/[X.], [X.], 445, 451, die unter Hinweis auf eine allgemeine finanzielle Notlage der [X.] die Vermutung eines unverschuldeten Unvermögens der kommunalen Leistungs-träger befürworten), weil der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach der gesetzgeberischen Entscheidung für eine ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen grundsätzlich uneingeschränkt -
insbesondere: ohne "Kapa-zitätsvorbehalt" ([X.], NJW 2015, 2399, 2401 Rn. 43) -
einstehen muss.

Soweit die Beklagte einen zur Erschütterung des Anscheinsbeweises geeigneten Vortrag hält, ist sie im Bestreitensfalle
gehalten, diesen zu bewei-sen.

Gelingt die Erschütterung des Anscheinsbeweises, so ist es Aufgabe der Klägerseite -
unter Berücksichtigung einer sekundären Darlegungslast der [X.]n in Bezug auf Vorgänge aus ihrer Sphäre -
zum Verschulden der [X.] vorzutragen und diesen Vortrag gegebenenfalls nachzuweisen.

5.
Nach alledem kommt ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. Art. 34 GG) in Betracht und kann das Berufungsurteil somit keinen Bestand haben (§ 562 Abs.
1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie wegen ausstehender [X.]eststellun-gen zum Verschulden der Bediensteten der [X.] und zum Umfang des

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21

-

erstattungsfähigen Schadens noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
1 Satz 1 und
Abs. 3 ZPO). Eigene [X.]eststellungen hierzu kann das Revisi-onsgericht nicht treffen.

[X.]
[X.]
Remmert

[X.]
Arend

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.02.2015 -
7 O 1928/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 26.08.2015 -
1 [X.] -

Meta

III ZR 278/15

20.10.2016

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2016, Az. III ZR 278/15 (REWIS RS 2016, 3661)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3661

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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