Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2015, Az. 3 StR 605/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 12580

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
3 StR
605/14
vom
16. April 2015
in der Strafsache
gegen

wegen versuchter räuberischer Erpressung u.a.

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Der 3.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 16.
April 2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender [X.] am [X.]
Becker,

die [X.] am [X.]
Hubert,
[X.],
[X.],
[X.]in am [X.]
Dr. Spaniol

als beisitzende [X.],

Oberstaatsanwalt
beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizobersekretärin

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

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Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16. Juli 2014 werden verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Ausla-gen fallen der Staatskasse zur Last.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheits-strafe von einem Jahr
und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen erklärte der
deut-lich angetrunkene Angeklagte dem Betreiber einer Gaststätte, dem Zeugen [X.]

, er -
der Angeklagte -
sei dort der Chef, und forderte die Zahlung von [X.], er werde mit Freunden
die Gaststätte "plattmachen" und versetzte dem Zeugen zwei Schläge mit der Hand ins Gesicht, die zu einer Rötung der Wange 1
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führten. Wenige Minuten später äußerte der Angeklagte erneut, der Zeuge solle zahlen, fragte, ob dieser ihn verstanden habe, langte über die Theke und ver-setzte ihm eine weitere Ohrfeige. Anschließend drängten anwesende Familien-angehörige des Zeugen den
Angeklagten nach draußen, wo er erklärte, man t-fernte er sich. Kurz darauf erschienen herbeigerufene Polizeibeamte. Einige [X.] nach der Tat erhielt der Zeuge einen [X.] und eine [X.], ohne dass dies dem Angeklagten zugerechnet werden konnte.

[X.] Revision des Angeklagten
Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die durch eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung getragenen Feststellungen belegen insbesondere, dass der [X.] aus der Sicht des Angeklagten mit den bereits eingesetzten oder zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreicht werden konnte, ohne dass eine neue Handlungs-
und Kausalkette in Gang gesetzt werden musste, so dass der Versuch der räuberischen Erpressung fehlgeschlagen war. Danach war für
einen strafbefreienden Rücktritt (§ 24 Abs. 1 StGB) kein Raum.

I[X.] Revision der Staatsanwaltschaft
Die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, mit sachlich-rechtlichen Beanstandungen begründete Revision der Staatsanwaltschaft hat ebenfalls keinen Erfolg.

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1. Soweit sich die Revision gegen die Strafzumessung als solche wen-det, gilt Folgendes:
Der Wertungsakt, welcher der Zumessung der Strafe zugrunde liegt, ist grundsätzlich Aufgabe des Tatgerichts. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeits-kontrolle durch das Revisionsgericht findet nicht statt; dieses prüft nur nach, ob dem
Tatrichter
ein Rechtsfehler unterlaufen ist, etwa weil er den
Strafrahmen unzutreffend bestimmt, rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht gelas-sen oder einzelnen Strafzumessungsgründen erkennbar ein zu hohes oder zu geringes Gewicht beigemessen hat oder weil
sich die Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein, also un-vertretbar hoch oder niedrig ist. Die Begründung des Urteils muss erkennen lassen, dass die wesentlichen Gesichtspunkte gesehen und in ihrem Zusam-menwirken vertretbar gewürdigt worden sind. Das Ergebnis der Zumessung muss zu den bestimmenden [X.] in einem nach-vollziehbaren und vertretbaren Zusammenhang stehen. In Zweifelsfällen hat das Revisionsgericht die Wertung des Tatgerichts zu respektieren (st. Rspr.; vgl. schon [X.], Urteil vom 17. September 1980 -
2 StR 355/80, [X.]St 29, 319, 320).
Hieran gemessen liegt ein durchgreifender Rechtsfehler nicht vor. Soweit die Revision insbesondere die Milderung des Strafrahmens gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB beanstandet, dringt sie aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] nicht durch. Auch die weiteren Einwände zeigen keinen Rechtsfehler auf. Insbesondere ist mit Blick auf den [X.] und die [X.], die der Zeuge einige [X.] nach der Tat erhielt und die dem Angeklagten nicht zugeordnet werden konnten, nicht zu beanstanden, dass die [X.] zu dessen Lasten in die Abwägung lediglich eingestellt hat, dieser habe durch sein Verhalten "zumindest dazu beigetragen", dass der Betrieb der Gaststätte 7
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aufgegeben wurde. Auch entspricht die Wertung der [X.], es habe sich lediglich um eine leichte Körperverletzung gehandelt, den getroffenen Feststellungen.
2. Der Revision bleibt der Erfolg auch versagt, soweit sie sich gegen die Aussetzung der erkannten Freiheitsstrafe zur Bewährung wendet. So wie die Strafzumessung ist auch diese Entscheidung grundsätzlich Sache des Tatge-richts. Gelangt dieses auf Grund der Besonderheiten des Falles zu der Über-zeugung, dass die Strafaussetzung trotz des Unrechts-
und [X.] der Tat nicht als unangebracht erscheint und nicht den allgemeinen vom Strafrecht geschützten Interessen zuwiderläuft, so ist dies vom Revisionsgericht grund-sätzlich auch dann hinzunehmen, wenn eine gegenteilige Würdigung möglich gewesen wäre ([X.], Urteil vom 17. Januar 2002 -
4 StR
509/01, [X.], 312).
a) Nach diesem Maßstab sind zunächst die Erwägungen, mit denen das [X.] dem Angeklagten eine positive Sozialprognose gestellt hat, recht-lich nicht zu beanstanden. Das [X.] hat sich auf die familiären Bindun-gen des Angeklagten, seine feste Arbeitsstelle sowie den Umstand, dass er bereits eine frühere Bewährungszeit durchgestanden hat, und damit insgesamt -
auch mit Blick auf die zu diesen Gesichtspunkten festgestellten konkreten Umstände -
auf eine tragfähige Grundlage gestützt. Die Beschwerdeführerin zeigt keine tatsächlichen Umstände auf, die diese tatgerichtliche Würdigung als rechtsfehlerhaft erscheinen lassen. Die Ausführungen des [X.]s lassen auch nicht besorgen, es sei im Rahmen der
nach § 56 Abs. 1 StGB zu treffen-den Prognose von einem rechtlich fehlerhaften Maßstab (vgl. hierzu [X.], [X.] vom 13. August 1997 -
2 StR
363/97, [X.]R StGB § 56 Abs. 1 Sozial-prognose 30) ausgegangen. Dem [X.] ist zwar insoweit im Ansatz
dahin zuzustimmen, dass es für die Annahme einer günstigen Prognose 10
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nicht genügt, dass diese sich nur nicht ausschließen lässt, oder dass die Mög-lichkeit, der Angeklagte werde in Zukunft keine Straftaten mehr begehen, nicht verneint werden kann. Die Wendung in den schriftlichen Urteilsgründen, die [X.] habe bei der Entscheidung über die Aussetzung der Strafe zur Bewährung erhebliche Bedenken zurückgestellt, lässt jedoch nicht erkennen, dass das [X.] eine ihr zweifelhafte günstige Sozialprognose lediglich nicht hat ausschließen wollen. Sie ist vielmehr als Hinweis darauf zu verstehen, dass es in seine Bewertung auch Umstände hat einfließen lassen, die gegen eine Strafaussetzung zur Bewährung sprechen und insgesamt die nach zutref-fendem Maßstab ermittelten Voraussetzungen als gerade noch erfüllt angese-hen hat. Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
b) Die Bejahung besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB hält schließlich ebenfalls revisionsrechtlicher Prüfung stand.
Besondere Umstände sind Milderungsgründe von besonderem Gewicht, die eine Strafaussetzung trotz des Unrechts-
und [X.], der sich in der Strafhöhe widerspiegelt, als nicht unangebracht erscheinen lassen. Dazu [X.] auch solche gehören, die schon für die Prognose nach § 56 Abs. 1 StGB zu berücksichtigen waren. Wenn auch einzelne durchschnittliche Milderungs-gründe eine Aussetzung nicht rechtfertigen, verlangt § 56 Abs. 2 StGB jedoch keine "ganz außergewöhnlichen"
Umstände. Vielmehr können dessen Voraus-setzungen sich auch aus dem Zusammentreffen durchschnittlicher Milderungs-gründe ergeben ([X.], Beschluss vom 29. Juli 1988 -
2 StR
374/88, [X.]R StGB § 56 Abs. 2 Umstände, besondere 7). Bei der Prüfung ist eine Gesamt-würdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten in einer für das Revisi-onsgericht nachprüfbaren Weise vorzunehmen. Eine erschöpfende Darlegung aller Erwägungen ist weder möglich noch geboten; nachprüfbar darzulegen sind
lediglich die wesentlichen Umstände. Die Entscheidung steht im pflicht-12
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gemäßen Ermessen des Tatgerichts; das Revisionsgericht hat dessen, ganz maßgeblich auf dem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen [X.] beruhende Wertungen bis zur Grenze des Vertretbaren zu respektieren (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 12. Juni 2001 -
5 StR
95/01, [X.], 676; Urteil vom 28. Mai 2008 -
2 [X.], [X.], 276).
Nach diesem weiten Prüfungsmaßstab genügen die Urteilsgründe den an sie zu stellenden Anforderungen, wenn auch der Hinweis auf die Alkoholisie-rung des Angeklagten für sich betrachtet bedenklich erscheint. Das [X.] hat jedoch über die im Rahmen der Prüfung des § 56 Abs. 1 StGB herangezo-genen Umstände hinaus mit den getroffenen Feststellungen im Einklang ste-hend maßgebend auf die Spontaneität des Tatentschlusses abgestellt und die alkoholbedingte Enthemmung des Angeklagten vor allem in diesem [X.] berücksichtigt. Damit hat es in insgesamt zulässiger Weise aus den näheren Umständen der Tat Schlüsse auf die Persönlichkeit des Angeklagten gezogen (vgl. S/[X.]/[X.], 29. Aufl.,
§ 56 Rn. 29).
Becker Ri[X.] Hubert befindet sich Schäfer

im Urlaub und ist daher

gehindert zu [X.].

Becker

[X.] Spaniol
14

Meta

3 StR 605/14

16.04.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2015, Az. 3 StR 605/14 (REWIS RS 2015, 12580)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12580

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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