Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.03.2014, Az. 2 StR 4/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 7127

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Gegenstand

Strafaussetzung zur Bewährung: Bedeutung einer positiven Sozialprognose für die Aussetzung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr wegen Betäubungsmitteldelikten


Tenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. September 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung abgelehnt worden ist.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die auf die Rüge formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem [X.] ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Das [X.] hat angenommen, dass bei der Angeklagten trotz nicht näher ausgeführter positiver Sozialprognose keine besonderen Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB vorlägen. Zwar seien die "Voraussetzungen des § 31 BtMG in einer beeindruckenden Weise" gegeben, doch sei dem bereits durch Verhängung einer relativ moderaten Strafe Rechnung getragen worden. Auch wenn die Angeklagte in vorbildlicher Weise Aufklärungshilfe geleistet und dadurch sogar zur Aufklärung einer weiteren Straftat beigetragen habe, habe man dies bereits im Rahmen des ermäßigten Strafrahmens sehr weitgehend in Rechnung gestellt. Eine weitergehende Berücksichtigung sei nicht angezeigt.

3

2. Diese Begründung hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB sind Milderungsgründe von erheblichem Gewicht, die eine Strafaussetzung trotz des Unrechts- und [X.], der sich in der über einem Jahr liegenden Strafhöhe widerspiegelt, nicht unangebracht erscheinen lassen ([X.], Beschluss vom 28. August 2012 - 3 [X.], [X.], 85). Dabei ist eine Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise vorzunehmen; zu den zu berücksichtigenden Faktoren können solche gehören, die bereits für die Prognose nach § 56 Abs. 1 StGB von Bedeutung waren sowie Umstände, die erst nach der Tat eingetreten sind ([X.], Beschluss vom 22. Oktober 1980 - 3 [X.], [X.]St 29, 370, 372; [X.], 61. Aufl. § 56 Rdn. 20, 21 m.w.N.).

4

Diesen Maßstäben wird die Ablehnung der Strafaussetzung nicht gerecht. Die Begründung des [X.]s lässt besorgen, dass es rechtsfehlerhaft nur auf den Unrechts- und Schuldgehalt des eigentlichen Tatgeschehens abgestellt hat, ohne die erforderliche Gesamtbewertung aller relevanten Faktoren vorzunehmen. Insoweit war der Gesichtspunkt, dass die Angeklagte "in vorbildlicher Weise Aufklärungshilfe geleistet hat" - die Benennung ihrer Auftraggeberin hatte zu deren Festnahme mit ca. 1 kg Kokainzubereitung geführt - entgegen der Ansicht der Kammer für die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung nicht bereits durch die Anwendung des gemilderten Strafrahmens gewissermaßen "verbraucht", sondern als nach der Tat eingetretener Umstand bei der gebotenen Gesamtwürdigung mit zu berücksichtigen. Dies gilt gleichermaßen für die unerwähnt gebliebene Tatsache, dass die Angeklagte in [X.] nicht vorbestraft und bisher auch weder in der [X.], noch in [X.] polizeilich aufgefallen ist. Schließlich ist es rechtsfehlerhaft, bei der Prüfung des § 56 Abs. 2 StGB zu berücksichtigen, dass sich die Angeklagte "noch nicht sehr lange in Untersuchungshaft befindet und eine nahe [X.] hat"; insoweit wird in unzulässiger Weise die mutmaßliche Dauer der Vollstreckung der Freiheitsstrafe mit der vorrangig und unabhängig davon zu prüfenden Frage verknüpft, ob die verhängte Strafe überhaupt zu vollstrecken ist.

5

3. Die sofortige Beschwerde der Angeklagten gegen die Kostenentscheidung ist mit der partiellen Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung an das [X.] gegenstandslos.

Fischer                              Schmitt                         Krehl

                Eschelbach                            Zeng

Meta

2 StR 4/14

13.03.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt, 25. September 2013, Az: 5/4 KLs 28/13

§ 56 Abs 1 StGB, § 56 Abs 2 StGB, § 31 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.03.2014, Az. 2 StR 4/14 (REWIS RS 2014, 7127)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7127

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Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 255/14

2 StR 4/14

Zitiert

3 StR 305/12

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