Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2015, Az. III ZR 189/14

III. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9499

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 189/14

Verkündet am:

18. Juni 2015

K
i
e
f
e
r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche
Verhandlung vom 18. Juni 2015 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.], [X.], [X.] und Reiter

für Recht erkannt:

Die Revision der Kläger gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des [X.] vom 21. Mai 2014 wird [X.].

Die Kosten des [X.] haben die Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Kläger nehmen die [X.] unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.

Auf Empfehlung der für die [X.] tätigen W.

B.

und U.

K.

zeichneten die Kläger am 1. Juli 1999 eine Beteiligung als [X.] Kommanditisten an der F.

Beteiligungsgesellschaft 68 [X.] (im Folgenden: F.

-Fonds 68), einem geschlossenen
Immobilienfonds, mit einer Einlage in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 2.500 DM (= 5 %) Agio. Diese Kapitalanlage finanzierten die Kläger über ein Darlehen bei der D.

Bank AG.

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2
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-

Die Kläger haben geltend gemacht, es sei ein Anlageberatungsvertrag mit der [X.] zustande gekommen und sie seien von den Mitarbeitern der [X.] nicht anleger-
und objektgerecht beraten worden. Sie hätten eine sichere Anlage zur Altersvorsorge gewünscht. Über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung, das Totalverlustrisiko, die stark eingeschränkte [X.], die Nachhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB und Vertriebsprovisionen von insgesamt 22 % seien sie nicht aufgeklärt worden. Vielmehr hätten ihnen die Berater die Anlage als sicher und renditeträchtig dargestellt. Der Emissions-prospekt sei ihnen erst nach Abgabe der Beitrittserklärung übergeben worden und überdies mängelbehaftet. Die [X.] sei dort fehlerhaft darge-stellt und es werde eine sichere Anlage vorgespiegelt.

Die [X.] hat erwidert, es habe nur eine Anlagevermittlung stattge-funden. Sie ist den Beratungsfehlervorwürfen der Kläger im Einzelnen entgegen getreten und hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.

Am 29. Dezember 2011 reichten die Kläger bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators F.

X.

R.

in F.

im Br.

einen Güteantrag ein. Der Antrag der Kläger, der von ihren vorinstanz-lichen Prozessbevollmächtigten im [X.] als "Mustergüteantrag"
für Kunden der [X.] beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin (Allgemeiner Wirt-schaftsdienst [X.]) bereitgestellt worden war, enthält folgende "Musterbegründung":

"Ich/wir mache/n Ansprüche auf Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hintergrund ist die Beteiligung am [X.] F.

Beteiligungsgesellschaft 68 [X.] (F.

-Fonds Nr.
68). Ich/wir erwarb/en Anteile an diesem geschlossenen [X.]. Ich/wir habe/n Anspruch dahin, so gestellt
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werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt. Die An-tragsgegnerin war bei dieser Beteiligung als Anlagevermittler und -berater tätig. Die Beratung wurde von einem Mitarbeiter der An-tragsgegnerin vorgenommen.

[X.]/uns wurde der oben genannte
Immobilienfonds vorgestellt und [X.]/uns suggeriert, es handele sich um eine sichere und ge-winnbringende Anlage. Nicht erläutert wurden die Risiken und Nachteile einer Beteiligung an diesem Immobilienfonds. Auch die Verwendung des Prospektes im [X.] führt nicht zu einer umfassenden Aufklärung der [X.], da der Prospekt selbst keine ausreichenden Risikohinweise enthält.

Der Emissionsprospekt zur Fondsbeteiligung ist in mehreren Punkten fehlerhaft und es fehlt die Aufklärung über die Risiken der [X.]. Die Antragsgegnerin haftet auch für die Prospektfehler auf Schadensersatz, da sie ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat.

Aus diesen Beratungsfehlern resultieren die Pflichtverletzungen der Antragsgegnerin aus
dem mit [X.]/[X.].

Darüber hinaus wurde/n ich/wir von der Antragsgegnerin auch nicht darüber aufgeklärt, ob und in welcher Höhe diese oder der Berater Provisionen erhalten hat. Der AWD-Konzern hat für die Vermittlung von F.

-Gesellschaftsbeteiligungen Provisionen von über 15% von der F.

-Gruppe erhalten. Im [X.] ist das Thema Provision nicht angesprochen worden. Auch im Prospekt findet sich hierzu keine klare Angabe. Ein Anlagebera-ter, der Fondsanteile empfiehlt, muss seinen Kunden darauf hin-weisen, wenn er Provisionen in dieser Höhe für die Vermittlung dieser Beteiligungen erhält. Das ist vorliegend nicht passiert.

Danach war die Antragsgegnerin auf Grund des mit [X.]/uns ge-schlossenen Beratungsvertrags
verpflichtet, über die [X.] aufzuklären und so den hieraus resultierenden Interes--

5

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senkonflikt offen zu legen. Auch dies stellt eine Pflichtverletzung des mit [X.]/uns geschlossenen Beratervertrages dar.

Ich/wir strebe/n eine gütliche Einigung mit der Antragsgegnerin an. Es wird deshalb gebeten und beantragt, die beigefügte Mehr-fertigung des [X.] der Antragsgegnerin mit der Aufforde-rung zuzustellen, dem Güteverfahren beizutreten."

Das verwendete Antragsformular schließt mit dem Hinweis ab: "[X.] bereitgestellt von Kanzlei H.

& Hä.

-H.

, E.

".

Die [X.] wurde von Seiten der Gütestelle schriftlich unterrichtet. Nachdem die [X.] hierauf mitgeteilt hatte, dass sie dem Güteverfahren nicht beitrete, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 31. August 2012 den Klägern gegenüber das Scheitern des Verfahrens fest. Mit Eingang vom 22.
Februar 2013, der [X.] zugestellt am 6. März 2013, haben die Kläger bei dem [X.] Klage eingereicht.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die hiergegen eingelegte Berufung der Kläger durch Beschluss gemäß §
522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.

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6

-

I.

Das Berufungsgericht hat den [X.] -
im Ergebnis ebenso wie das [X.]
-
als verjährt angesehen und hierzu ausgeführt:

Die kenntnisunabhängige, mit Ablauf des 2. Januar 2012 endende, [X.] sei durch den Güteantrag der Kläger nicht gehemmt worden. Die Hemmungswirkung des [X.] erstrecke sich nur auf die darin konkret bezeichneten Beratungspflichtverletzungen. Nicht nur für
den Beginn der [X.], sondern auch für ihre Hemmung müsse nach den einzelnen Bera-tungsfehlervorwürfen unterschieden werden, die jeweils eigenständige [X.] darstellten. Dementsprechend sei es erforderlich, dass aus Sicht des [X.] erkennbar sei, aufgrund welcher einzeln zu beurteilenden Pflichtverletzungen der maßgebliche Antrag gestellt werde. In dem Güteantrag der Kläger sei eine unterbliebene Aufklärung über die eingeschränkte Fungibili-tät und das Nachhaftungsrisiko indes nicht
konkret erwähnt worden. Hinsichtlich der an die [X.] gezahlten Provisionen werde im Güteantrag der Kläger [X.] die Höhe der erhaltenen Provisionen (mehr als 15 %) genannt; die insoweit einzig relevante Frage, ob es infolge dieser Zahlungen zu einem Abfluss von mehr als 15 % aus dem Fondsvermögen gekommen sei, werde aber nicht an-gesprochen. Allenfalls der im Güteantrag erwähnte Vorwurf der Kläger, dass ihnen die Beteiligung als sicher und gewinnbringend angepriesen worden sei, könne als hinreichend individualisiert gerügte Pflichtverletzung aufgefasst wer-den. Insoweit seien etwaige Ansprüche der Kläger jedoch kenntnisabhängig
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spätestens mit Ablauf des Jahres 2010
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verjährt.

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II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem maßgebli-chen Punkt nicht stand. Die Revision ist gleichwohl als unbegründet zurückzu-weisen, weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Grün-den als richtig darstellt (§ 561 ZPO).

1.
Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Güteantrag der Kläger die Hemmung der Verjährung nur für die darin eigens erwähnten Pflichtverletzungsvorwürfe bewirken konnte.

a) Zwar ist die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in [X.] materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des §
199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (s. [X.], Urteile vom 9. November 2007 -
V [X.], [X.], 506, 507 Rn.
17 und vom 23. Juni 2009 -
XI [X.], [X.], 372, 373 Rn. 14; Senatsur-teile vom 19. November 2009 -
III ZR 169/08, [X.], 118, 119 f Rn. 15; vom 22. Juli 2010 -
III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623, 1624 Rn. 13; vom 24.
März 2011 -
III ZR 81/10, NJW-RR 2011, 842, 843 Rn. 11; vom 7. Juli 2011
-
III ZR 90/10, [X.] 2011, 2087, 2088 Rn. 15; vom 22. September 2011 -
III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111, 112 f Rn. 9; vgl. auch [X.], Urteile vom 22. Okto-ber 2013 -
XI ZR 42/12, [X.]Z 198, 294, 302 f Rn. 24 und [X.], BeckRS 2013, 20081 Rn. 26 sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 -
XI [X.], [X.]Z 203, 1, 59 Rn.
142). Die verjährungsrechtlich gesonderte Prüfung mehre-rer Pflichtverletzungen setzt nicht voraus, dass jede dieser Pflichtverletzungen 12
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eigenständige oder zusätzliche Schadensfolgen nach sich gezogen hat. Es [X.] vielmehr, dass mehrere (voneinander abgrenzbare) Pflichtverletzungen zum Gesamtschaden beigetragen haben und ein Schadensersatzanspruch auf mehrere (voneinander abgrenzbare) Fehler gestützt wird (s. Senatsurteile vom 7. Juli 2011 aaO [X.] f Rn. 15 und vom 22. September 2011 aaO S.
113 Rn.
9).

b) Die Reichweite der Hemmungswirkung von [X.] gemäß § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich jedoch -
ebenso wie die mate-rielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO
-
nicht nach dem einzelnen materiell-rechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden pro-zessualen Anspruch. Dieser erfasst alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des [X.] aus dem zur Entscheidung unter-breiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen, in [X.] folglich sämtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung führenden Beratungsvorgangs, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Pflichtverlet-zungen vorgetragen worden sind oder vorgetragen hätten werden können (vgl. [X.], Urteile vom 22. Oktober 2013 -
XI ZR 42/12 aaO S. 298 ff Rn. 15 ff und XI
ZR 57/12 aaO Rn. 15 ff sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO [X.] ff Rn. 142 ff; s. auch [X.], Urteil vom 26. Juni 1996 -
XII ZR 38/95, NJW-RR 1996, 1409 f [zu § 209 Abs. 1 BGB aF] und Senatsbeschluss
vom 26. Februar 2015 -
III ZR 53/14, BeckRS 2015, 04823 Rn. 1). Dementsprechend wird die Verjährung der Ansprüche für jeden einer Anlageentscheidung zugrunde lie-genden Beratungsfehler gehemmt, wenn in unverjährter Zeit wegen eines oder mehrerer Beratungsfehler Klage erhoben oder ein Mahn-
oder Güteverfahren eingeleitet wird (s. [X.], Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO S. 60 f Rn.
145
f; s.
auch Senat aaO; [X.], [X.], 2361 f; [X.], Urteil vom 4. Februar 2015 -
3
U 126/13, BeckRS 2015, 06046 14
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Rn.
29; [X.], [X.], 1109, 1111 f; a.A. [X.], Urteil vom 2.
Mai 2013 -
I-6 [X.], BeckRS 2013, 09015; [X.], [X.], 334, 335 f Rn. 33 ff, 43, 47; [X.], [X.], 474, 476; s. auch [X.], [X.], 342, 345). Dies hat das Berufungsgericht verkannt.

2.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klageforderung ist wegen Ablaufs der kenntnisun-abhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB insgesamt verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB), weil der Güteantrag der Kläger mangels ausrei-chender Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs keine Hemmung der Verjährungsfrist nach § 204 Abs. 1 Nr. 4, § 209 BGB herbeigeführt hat.

a) Ohne die nötige Individualisierung des geltend gemachten prozessua-len Anspruchs tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach [X.] der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden (vgl. etwa [X.], Urteile vom 21. Oktober 2008 -
XI [X.], [X.], 56, 57 Rn. 17, 19 und vom 10. Oktober 2013 -
VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509, 3510 Rn. 17 mwN sowie Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO Rn.
2 [jeweils für Mahnbescheid]).

b) Der Regelung des § 204 BGB liegt das Prinzip zugrunde, dass die Verjährung durch eine aktive Rechtsverfolgung des Gläubigers gehemmt wird, die einen auf die Durchsetzung seines Anspruchs gerichteten Willen für den Schuldner erkennbar macht; der Gläubiger muss dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so
klar machen, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch nach Ablauf der (ursprünglichen) Verjährungszeit in Anspruch ge-nommen zu werden ([X.], Urteil vom 6. Juli 1993 -
VI
ZR 306/92, [X.]Z 123, 337, 343 mwN [zu § 209 BGB aF]). Entscheidend ist mithin, ob
die konkrete 15
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Maßnahme der Rechtsverfolgung die geforderte Warnfunktion erfüllt ([X.]/[X.], 6. Aufl., § 204 Rn. 36; s. auch [X.], Urteil vom 4.
Dezember 2014 -
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U 30/14, BeckRS 2015, 03463 Rn. 53). Der Anspruchs-gegner muss erkennen können, "worum es geht".

c) Für die hinreichende Individualisierung des geltend gemachten An-spruchs im [X.] (Mahnbescheid; § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) ist maßgeb-lich, dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden kann, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungsbescheids sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diesen Anforderungen Genüge getan ist, kann nicht [X.] und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der [X.] Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien [X.] Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (st. Rspr.; s. etwa [X.], Urteile vom 23. Januar 2008 -
VIII ZR 46/07, [X.], 1220 f Rn. 13 mwN; vom 21. Oktober 2008 aaO Rn 18; vom 23. September 2008 -
XI [X.], NJW-RR 2009, 544 Rn. 18; vom 17. November 2010 -
VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 9 und vom 10. Oktober 2013 aaO Rn. 14).

d) Diese den [X.] (Mahnbescheid) betreffenden Erwägungen gelten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des [X.] auch für die Verjährungshemmung durch Bekanntgabe des [X.] (§ 204 Abs.
1 Nr.
4 BGB; s. [X.], [X.], 611, 613; [X.], Urteil vom 9. Juli 2014 -
17
U 172/13, BeckRS 2014, 15969 Rn. 25 f und [X.], 2361, 2362; [X.], [X.], 474, 475; [X.], Urteil vom 8. Januar 2015 -
8
U 141/13, BeckRS 2015, 03316 Rn. 46 f; [X.], [X.], 1109, 1111
f).
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11

-

aa) Der Güteantrag muss zum einen die formalen Anforderungen erfül-len, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Ver-fahrensvorschriften gefordert werden (s. etwa [X.], Urteile vom 9. November 2007 -
V [X.], [X.], 506 Rn. 12 sowie vom 22. Februar 2008 -
V [X.], BeckRS 2008, 04680 Rn. 10 und [X.], BeckRS 2008, 04681 Rn.
10; s. ferner [X.], Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 26 und [X.] aaO; [X.], Urteil vom 30. Dezember 2014 -
9a
U 12/14, BeckRS 2015, 08433 Rn. 56; [X.] aaO Rn. 47).

bb) Zum anderen muss der Güteantrag für den Schuldner erkennen [X.], welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das
Güteverfah-ren eintreten möchte (s. [X.], Beschluss vom 6. Februar 2014 -
5
U 1320/13, BeckRS 2014, 15965 Rn. 12; [X.], Urteil vom 9.
Juli 2014 aaO und [X.] aaO; [X.], [X.] aaO und Urteil vom 30. Dezember 2014 aaO Rn.
55; [X.] aaO Rn. 47, 50; [X.], [X.], 342, 343, 344).

Dementsprechend muss der Güteantrag einen bestimmten Rechtsdurch-setzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen ([X.], Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 53; [X.]/[X.] aaO). Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen (vgl. [X.], Urteil vom 22. September 2009 -
XI [X.], [X.]Z 182, 284, 287 Rn. 13; [X.], Urteil vom 6.
November 2013 -
20
U 2064/13, BeckRS 2013, 19644 unter [X.]; [X.], Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO und [X.] aaO; [X.] aaO Rn. 13; [X.], Urteil vom 9. Juli 2014 aaO und 20
21
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-

[X.] aaO; [X.], [X.] aaO; [X.] aaO Rn. 47;
Staudinger/
[X.]/[X.], BGB [2014], § 204 Rn. 61).

Freilich sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt -
anders als die Klageerhebung oder das Mahn-verfahren
-
auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Rechtsstreits ab und führt erst im Falle einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn-
oder Klageverfahren (s.
da-zu [X.], Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 28; [X.], [X.], 474, 475 f; [X.] aaO S. 344). Andererseits ist zu [X.], dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Ver-mittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss (vgl. [X.], [X.], 474, 476; [X.] aaO S. 343).

e) Zufolge dieser Grundsätze hat der Güteantrag in [X.] regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die [X.] sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den [X.] mindestens im Groben zu umreißen; ferner ist das ange-strebte [X.] zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forde-rung möglich ist (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn.
55
f und [X.] aaO; [X.] aaO Rn. 15 f; [X.], Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 29 und [X.] aaO; [X.], [X.], 474, 476; [X.] aaO Rn. 50 f; [X.] aaO S. 344; abweichend wohl [X.], Urteil vom 4. Februar 2015 aaO Rn. 27). Eine genaue Beziffe-rung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegen-23
24
-

13

-

über grundsätzlich nicht enthalten (so auch: [X.], Urteil vom 9.
Juli 2014 aaO Rn. 28; [X.], [X.], 474, 475 f und Urteil vom 30.
Dezember 2014 aaO Rn. 58; [X.] aaO; [X.], Urteil vom 4. März 2015 -
4
U 46/14, juris Rn. 39; [X.] aaO S. 344; a.A. wohl [X.] aaO; [X.], Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 53 mwN; offen: [X.] aaO Rn. 51).

f) Hiernach genügt der Güteantrag der Kläger nicht den Anforderungen an die für die Bewirkung der Verjährungshemmung nötige Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Vorgaben in § 5 Satz 3 des [X.] und in §
3 Abs. 1 Satz 4 der Verfahrensordnung des Rechtsanwalts F.

X.

R.

, wonach der Güteantrag "eine kurze Darstellung der Streitsache, den Gegen-stand des Streits und des Begehrens" enthalten muss; insoweit bestehen keine Abweichungen von den allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. auch [X.], [X.] aaO; OLG
Frankfurt am [X.], Urteil vom 9. Juli 2014 aaO aaO Rn. 28 f).

aa) Bei dem Güteantrag der Kläger handelt es sich um einen von den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger im [X.] zur Verfügung gestellten "Musterantrag", der senatsbekannt in sehr großer Zahl verwendet wurde (unter anderem auch in den vom Senat zeitgleich verhandelten [X.], [X.] und [X.]) und keinen Bezug zum konkreten Beratungshergang in dem der Gütestelle vorgelegten Einzelfall auf-weist. Er enthält als individuelle Angaben lediglich die Namen der Kläger (als Anleger, Gläubiger und Antragsteller) sowie die Bezeichnung des Anlagefonds (hier: F.

-Fonds 68) und nennt weder die Zeichnungssumme noch den (unge-fähren) Beratungszeitraum noch andere die getätigte Anlage individualisierende 25
26
-

14

-

Tatsachen. Damit war es der [X.], die im Strukturvertrieb eine große Zahl von Kapitalanlagen unter Mithilfe einer Vielzahl von für sie tätigen Beratern und Vermittlern vertrieben hat, allenfalls
unter größeren Mühen möglich festzustel-len, um welche Anlageberatung es im vorliegenden Fall geht. Um den [X.] 2011/2012 sah sich die [X.] angesichts des Ablaufs der für die vor dem Jahr 2002 stattgefundenen
Anlageberatungsfälle geltenden kenntnisunab-hängigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB am 2. Januar 2012 (Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB) zudem einer Vielzahl von Güteanträ-gen gegenüber, während die handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen (§ 257 HGB) für diese Beratungsfälle in den allermeisten Fällen bereits abgelaufen waren (s. auch [X.], [X.], 611, 613). Vor diesem Hintergrund [X.]en die Angaben des [X.] nicht für die nötige Individualisierung des dem Anspruchsbegehren zugrundeliegenden Sachverhalts.

bb) Auch das angestrebte [X.] wird in dem Güteantrag nicht ausreichend beschrieben. Zwar ist von "Schadensersatz aus fehlerhafter Anla-geberatung" sowie davon die Rede, dass ein Anspruch geltend gemacht werde, "so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt". Damit bleibt jedoch offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden (und zwar: mit oder ohne Darlehenskosten?) oder nur ein [X.] (z.B. nach zwischen-zeitlicher Veräußerung der Beteiligung oder unter Geltendmachung einer güns-tigeren Alternativbeteiligung) begehrt wird. Die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs ist für die [X.] (als Antragsgegnerin und Schuldne-rin) nicht im Ansatz zu erkennen gewesen. Ein vorgängiges Anspruchsschrei-ben der Kläger, auf
dessen Inhalt hätte Bezug genommen und das als Anlage dem Güteantrag hätte beigefügt werden können, hat es nicht gegeben. Unter diesen Umständen war es auch für die Gütestelle nicht möglich, im Wege eines Schlichtungsversuchs einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten (so auch für 27
-

15

-

ähnlich gelagerte Fälle: [X.], [X.], 2361, 2362; [X.] aaO Rn. 53).

3.
Nach alledem erweist sich die Verjährungseinrede der [X.] als ge-rechtfertigt und die Klageforderung somit insgesamt als unbegründet. Mangels wirksamer vorheriger Hemmung ist die kenntnisunabhängige zehnjährige [X.] nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs.
4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 begonnen hat, am Ende des [X.] und somit vor Einreichung der Klage im Februar 2013 abgelaufen.

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Reiter

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.12.2013 -
7 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 21.05.2014 -
11 [X.] -

28

Meta

III ZR 189/14

18.06.2015

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2015, Az. III ZR 189/14 (REWIS RS 2015, 9499)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9499

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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