Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.09.2003, Az. VI ZR 438/02

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1426

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESVERSÄUMNISURTEILVI ZR 438/02Verkündet am:30. September 2003Böhringer-Mangold,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:ja[X.]R: [X.] (2002) §§ 540, 559a) Findet gegen ein Berufungsurteil die Nichtzulassungsbeschwerde statt, muß ausdem Urteil zu ersehen sein, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht aus-gegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und [X.] tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde [X.]) Ist der Parteivortrag im Berufungsverfahren ergänzt worden und hielt das [X.] eine weitere Beweisaufnahme für erforderlich, muß es im Urteil einekurze Begründung dafür geben, weshalb es dem erstinstanzlichen Urteil in [X.], Versäumnisurteil vom 30. September 2003 - [X.] [X.] [X.]LG Detmold- 3 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 30. September 2003 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den [X.], die Richterin [X.] und [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] desOberlandesgerichts [X.] vom 30.Oktober 2002 aufgehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts wegen- 4 -Tatbestand:Die Klägerin war bei der Beklagten von 1985 bis April 1999 in [X.]. Mit ihrer Klage verlangt sie Schmerzensgeld und die Feststellungder Schadensersatzpflicht der Beklagten für weitere Schäden wegen einer [X.], die bei ihr 1999 festgestellt worden ist.Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Be-rufung der Klägerin hat das Berufungsgericht nach Durchführung einer Beweis-aufnahme zurückgewiesen. Die Gründe des Berufungsurteils lauten:" Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie [X.] ergänzenden Ausführungen der Parteien in dieser Instanz wird Bezug ge-nommen.In der Sache wird auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochte-nen Entscheidung verwiesen. Die Beweisaufnahme vor dem [X.] zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage."Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klä-gerin ihre Klageanträge weiter.Entscheidungsgründe:I.1. Über die Revision war, da die Beklagte im Revisionstermin trotz recht-zeitiger Ladung nicht vertreten war, auf Antrag der Klägerin durch [X.] zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondernberuht auf einer Sachprüfung (vgl. [X.]Z 37, 79, 81).- 5 -2. Auf das Berufungsverfahren ist die Zivilprozeßordnung in der [X.] Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, weil die mündliche Verhand-lung vor dem [X.] am 1. Februar 2002 geschlossen worden ist (§ 26Nr. 5 EGZPO). Demgemäß reichte für die Darstellung des erstinstanzlichenSach- und Streitstandes die nach der Neufassung des § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPOmögliche Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochte-nen Urteil anstelle des Tatbestandes aus.3. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Berufungsurteil die Anträ-ge, auf deren Grundlage es ergangen ist, nicht erkennen läßt. Die Bezugnahmeauf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils kann sichnicht auf den Berufungsantrag erstrecken; dieser ist auch nach neuem Recht indas Berufungsurteil aufzunehmen. Das Berufungsurteil muß deshalb, wenn esauf die wörtliche Wiedergabe des Antrages verzichtet, wenigstens erkennenlassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat ([X.],Urteil vom 26. Februar 2003 - [X.], 1743; zur Veröffentli-chung in [X.]Z vorgesehen). Auch wenn das neue Recht eine weitgehendeEntlastung der Berufungsurteile bei der [X.] bezweckt, ist dieseMindestvoraussetzung nicht entbehrlich (vgl. [X.], Urteile vom 26. Februar2003 Œ VIII ZR 262/02 - aaO und vom 6. Juni 2003 [X.], 1273).Im vorliegenden Fall wird das Berufungsbegehren der Klägerin aus [X.] knapp abgefaßten Urteilsgründen nicht erkennbar. Schon deshalb kanndas Berufungsurteil keinen Bestand haben (vgl. [X.], Urteile vom 26. [X.] - jeweils aaO), wie dies auch der bisherigen Rechtslageentspricht (hierzu [X.], Beschluß vom 13. August 2003 - [X.] - Um-druck Bl. 5/6; vorgesehen zur [X.] in [X.]Z).- 6 -4. Darüber hinaus genügt die Darstellung etwaiger Änderungen oder Er-gänzungen in den vorliegenden Gründen nicht den Anforderungen an ein Be-rufungsurteil, gegen das die Nichtzulassungsbeschwerde stattfindet, von derenErfolg die [X.] der Revision abhängt (§ 543 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO).In einem solchen Fall muß aus dem Urteil zu ersehen sein, von welchem Sach-und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehrendie Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Ent-scheidung zugrunde liegen. Hingegen kann dem Revisionsgericht nicht ange-sonnen werden, den Sachverhalt selbst zu ermitteln und festzustellen, um ab-schließend beurteilen zu können, ob die Nichtzulassungsbeschwerde begründetist. Dies war bisher nicht Aufgabe des Revisionsgerichts (vgl. [X.]Z 73, 248,252) und kann es nach neuem Recht nicht sein. Deshalb müssen auch nachdem ab 1. Januar 2002 geltenden Verfahrensrecht die tatsächlichen Grundla-gen, von denen das Berufungsgericht ausgegangen ist, aus dem Berufungsur-teil ersichtlich sein, um dem Revisionsgericht im Falle der Nichtzulassung [X.] die Überprüfung auf die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO zuerlauben (vgl. [X.], Beschluß vom 13. August 2003 Œ [X.] Œ; [X.]/[X.], ZPO, 23. Aufl. § 540 Rdn. 6). Denn gemäß § 559 ZPO ist [X.] neuem Recht Grundlage der Prüfung des Revisonsgerichts prinzipiell nurder Tatsachenstoff, der sich aus dem Berufungsurteil, einschließlich der in ihmenthaltenen Bezugnahmen, sowie aus dem Sitzungsprotokoll erschließt (vgl.[X.], Urteil vom 6. Juni 2003 [X.] aaO; [X.]/[X.] Aufl., [X.], § 559 Rdn. 2 f.; [X.], ZPO, 3. Aufl.,§ 559 Rdn. 13).Im vorliegenden Fall macht es die die Darstellung des [X.] ersetzende pauschale Bezugnahme auf die [X.] der Parteien in der Berufungsinstanz dem erkennenden Senatnicht möglich, das Berufungsurteil und das ihm zugrundeliegende Verfahren in- 7 -der im Revisionsverfahren gebotenen Weise zu überprüfen. Daraus allein läßtsich nicht entnehmen, was das Berufungsgericht für erheblich gehalten undseiner Entscheidung zugrundegelegt hat. Auch deshalb ist das Berufungsurteilaufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (vgl.[X.], Urteil vom 6. Juni 2003 [X.] aaO; [X.]/[X.] Aufl., [X.], § 559 Rdn. 4; [X.], aaO, § 559 Rdn. 18).5. Schließlich durfte sich das Berufungsgericht unter den [X.] nicht damit begnügen, zur Begründung seiner Sachentscheidunglediglich auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des [X.]s Bezugzu nehmen. Die Revision verweist in diesem Zusammenhang mit Recht auf [X.] des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, wonach das Berufungsgericht einekurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der [X.] Entscheidung zu geben hat. Nachdem im Berufungsverfahren derParteivortrag ergänzt worden ist und das Berufungsgericht eine weitere Be-weisaufnahme für erforderlich hielt, mußte es im Urteil eine kurze Begründungdafür geben, warum es dem erstinstanzlichen Urteil in vollem Umfang folgt (vgl.[X.], Urteil vom 17. Januar 1985 - [X.] Œ NJW 1985, 1784, 1785;[X.]/[X.] § 540 Rdn. 8; [X.], aaO, § 540Rdn. 3 und 4; [X.]/[X.], aaO, § 540 Rdn. 13).II.Da das Berufungsurteil eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechendeDarstellung nicht enthält, leidet es an einem von Amts wegen zu berücksichti-genden Verfahrensmangel (vgl. [X.], Urteil vom 26. Februar 2003- VIII ZR 262/02 - aaO). Es ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung an das Berufungsgericht [X.] 8 -In der neuen Berufungsverhandlung wird die Klägerin Gelegenheit ha-ben, zu dem im Termin vom 30. Oktober 2002 erstatteten mündlichen Sachver-ständigengutachten ergänzend Stellung zu nehmen. Im Hinblick auf das weitereVerfahren wird darauf hingewiesen, daß bei Unterlassung der gebotenen [X.] regelmäßig ein Behandlungsfehler vorliegt (vgl. Senatsurteil vom4. Oktober 1994 - [X.] - [X.], 46). Über etwaige Risiken, diemit der Erhebung des Befundes verbunden sind, hat der behandelnde Arzt [X.] aufzuklären und ihn an der für die Wahl der Diagnostik bzw. Therapieerforderlichen Güterabwägung zwischen Risiken und Nutzen des Eingriffs zubeteiligen (vgl. Senatsurteile vom 4. April 1995 - [X.]/94 - [X.],1055 und vom 15. Mai 1979 - [X.] - VersR 1979, 720). Er darf [X.], ohne den Patienten am Entscheidungsprozeß zu beteiligen, von [X.] eigenmächtig absehen. Das Berufungsgericht wird sichin diesem Zusammenhang mit der Rüge der Revision auseinanderzusetzenhaben, daß sich entgegen den Feststellungen des [X.]s, auf die dasBerufungsgericht Bezug nimmt, aus den Eintragungen unter dem 13. März1989 in der Patientenkartei nichts für die Behauptung der Beklagten herleitenlasse, daß die Klägerin nach gebotener Aufklärung weitere diagnostische Maß-nahmen abgelehnt habe. Entgegen der Ansicht der Revision hat der [X.] dann, wenn ihm gegenüber ein Arzt seine Pflicht zur therapeutischen Be-ratung verletzt, wie bei jedem anderen Behandlungsfehler, grundsätzlich [X.] der Ursächlichkeit der unterlassenen Aufklärung für seinen Schaden zuführen, es sei denn, der in der unterlassenen Befunderhebung liegende Be-handlungsfehler ist als "grob" zu qualifizieren (vgl. Senatsurteile vom 16. [X.] - VI ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 956 und vom 24. Juni 1986- VI ZR 21/85 - VersR 1986, 1121, 1122). Die Beurteilung der Frage, ob ein sol-cher Fehler vorliegt, richtet sich stets nach den tatsächlichen Umständen [X.] und ist dem Tatrichter vorbehalten. [X.] sich das Verhalten der- 9 -Beklagten - entgegen der bisherigen Beurteilung durch das [X.] undihm folgend durch das Berufungsgericht - als behandlungsfehlerhaft, wenn [X.], ohne die eigene Willensentschließung der Klägerin nach entspre-chender Aufklärung eingeholt zu haben, auf die weitere Befunderhebung ver-zichtet hätte, wäre vom Berufungsgericht allerdings im Hinblick auf die damitverbundenen Beweiserleichterungen auch die Schwere eines solchen ärztlichenFehlers zu prüfen.MüllerWellner[X.][X.]Zoll

Meta

VI ZR 438/02

30.09.2003

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.09.2003, Az. VI ZR 438/02 (REWIS RS 2003, 1426)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1426

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.