Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2004, Az. VI ZR 362/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1458

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] 362/03 Verkündet am: 28. September 2004 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO (2002) §§ 540, 559 Zu den gemäß § 540 ZPO bestehenden Mindestanforderungen an den Inhalt eines Berufungsurteils.

[X.], Urteil vom 28. September 2004 - [X.] 362/03 - LG Berlin

AG Berlin Mitte

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2004 durch [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.], [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der Zivilkammer 59 des [X.] vom 27. Oktober 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil des [X.] ergan-gen ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger begehrt von den Beklagten aufgrund [X.] Ersatz von Schäden, die der [X.] am 15. Oktober 1997 durch einen Verkehrsunfall erlitten hat. Die Beklagten haften dem Grunde nach voll für - 3 - die Unfallfolgen. [X.] war zum Unfallzeitpunkt aufgrund einer [X.] nach ärztlicher Bescheinigung dienstunfähig. Er verrichtete allerdings nach dem sogenannten [X.] Modell im Rahmen einer Rehabilitationsmaß-nahme körperlich leichtere Tätigkeiten in der Hälfte der wöchentlichen Arbeits-zeit. Nach dem Unfall war er vom 16. Oktober bis 13. November 1997 nicht in der Lage, diese Tätigkeit weiter auszuüben. Ab 14. November 1997 bis 31. [X.] nahm er sie wieder für 50 % der [X.] auf. Der Kläger behauptet, [X.] habe durch den Unfall ein Halswirbelschleuder-trauma erlitten und sei deshalb vom 15. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1997 dienstunfähig gewesen. Er begehrt u.a. Ersatz der von ihm fortgezahlten Dienstbezüge. Das Amtsgericht hat der Klage nach Einholung schriftlicher Sachverstän-digengutachten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] am Schluß der mündlichen Verhandlung durch Urteil unter Zurückweisung der Berufung und Abweisung der Klage im übrigen das Urteil des Amtsgerichts zum Teil abgeändert und neu gefaßt. Die Urteilsgründe, in denen die Revision zugelassen wird, hat das [X.] gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO in das vom [X.] und von der Protokollführerin unterschriebene Proto-koll aufgenommen. Dort wird wegen des Sachverhalts auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Im übrigen enthält das Berufungsurteil weder die [X.] noch eine Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergän-zungen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts; hilfsweise beantragt er, die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. - 4 - Entscheidungsgründe: [X.] Zur Begründung des Urteils hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß die Beklagten zwar die geltend gemachten Taxi- und Heilbehandlungskosten, nicht aber den [X.] zu tragen hätten. Der beim Unfall unstreitig verletzte [X.] sei zum Unfallzeitpunkt bereits dienstunfähig und lediglich im Rahmen des [X.] Modells täglich vier Stunden tätig gewe-sen. Daß aufgrund des Unfalls ein [X.] entstanden und die Wiederaufnahme der vollen Tätigkeit des [X.] verzögert worden sei, habe der Kläger nicht substantiiert dargelegt.
I[X.] Die Revision hat Erfolg, da das Berufungsurteil eine Darstellung der tat-sächlichen Feststellungen durch das Amtsgericht und deren Änderungen durch das Berufungsgericht nicht enthält und deshalb eine revisionsrechtliche Nach-prüfung nicht möglich ist. 1. a) Nach der Neufassung des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO, die im vorliegenden Fall zur Anwendung kommt (§ 26 Nr. 5 EGZPO), enthält das Urteil anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwai-ger Änderungen oder Ergänzungen und eine kurze Begründung für die Abände-rung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Auch wenn das neue Recht die Berufungsgerichte bei der [X.] entlasten - 5 - will, sind diese Mindestvoraussetzungen für den Inhalt eines Urteils nicht ent-behrlich (vgl. Se[X.]e, [X.] 156, 216 und vom 10. Februar 2004 - [X.] 94/03 - [X.], 881 f. vorges. zur Veröff. in [X.]; [X.] 154, 99, 100 f.; [X.], Urteile vom 6. Februar 2004 - [X.]/03 - NJW 2004, 1666 f. vorges. zur Veröff. in [X.] und vom 6. Juni 2003 - [X.] - NJW-RR 2003, 1290, 1291; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 540 Rdn. 8). Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch und vor allem aus sei-nem Sinn, trotz der Erleichterungen bei der Abfassung von Berufungsurteilen doch deren revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Deshalb müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung auch im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO aus dem Sitzungsprotokoll einschließlich der in ihm enthal-tenen Bezugnahmen so erschließen, daß eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist, denn § 559 ZPO ist der Sache nach gegenüber § 561 ZPO a.F. unverändert (vgl. Se[X.] [X.] 156, [X.]O, 218; MünchKomm-ZPO/[X.], 2. Aufl. [X.], § 559 Rdn. 2; Musielak/Ball, [X.]O, § 559 Rdn. 13). b) Da im vorliegenden Fall das Urteil in dem Termin, in dem die mündli-che Verhandlung geschlossen wurde, verkündet worden ist, konnten gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Dar-legungen zwar in das Protokoll aufgenommen werden. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Protokoll die erforderlichen Darlegungen nicht enthält. [X.]) Zwar wird eingangs der im Protokoll dargestellten Gründe wegen des Sachverhalts auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, doch fehlt die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderliche Darstellung der [X.] der Beweisaufnahme getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch das Amtsgericht und etwaiger Änderungen oder Ergänzungen im [X.]. Diese war auch nicht entbehrlich, da dem Tatbestand des Amtsgerichts - 6 - neben der Darstellung des unstreitigen [X.] auch widerstreitender Sachvortrag zu entnehmen ist, weswegen auch eine Beweisaufnahme durch Einholung zweier Sachverständigengutachten stattgefunden hat. [X.]) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ersetzen die Rechtsausführungen des Berufungsgerichts im Protokoll nicht die Darstellung der tatsächlichen [X.]. Zu deren Verständnis ist gerade die Kenntnis davon erforderlich, welche tatsächlichen Feststellungen das Amtsge-richt aufgrund der Beweisaufnahme getroffen hat, was die Parteien im Beru-fungsverfahren vorgetragen haben und welche abweichenden tatsächlichen Feststellungen das Berufungsgericht seinem abändernden Urteil zugrunde ge-legt hat. Im vorliegenden Fall läßt sich den Urteilsgründen des Berufungsge-richts in keiner Weise entnehmen, in welchen Punkten das [X.] anders als das Amtsgericht, das die Klage in vollem Umfang zugesprochen hat, den Tatsachenvortrag des [X.] für unzureichend hält. c) Da bereits deswegen das Berufungsurteil aufzuheben ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob es bei einem Protokollurteil - wie im vorliegenden Fall - ausreicht, daß sich die [X.] aus dem übrigen Inhalt des Protokolls ergeben (vgl. [X.], Urteil vom 6. Februar 2004 - [X.]/03 - [X.]O, 1667; vgl. auch Se[X.] vom 10. Februar 2004 - [X.] 94/03 - [X.]O; [X.], [X.] 154, 99, 100 f.; Urteil vom 13. Januar 2004 - [X.] - [X.]-Report 2004, 548). d) Schließlich spielt auch keine Rolle mehr, daß - was die Revision rügt - das Urteil von den Richtern der Kammer nicht ordnungsgemäß unterschrieben worden ist (§ 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im vorliegenden Fall fehlt jedenfalls die Verbindung zwischen Protokoll und der von den erkennenden Richtern vor [X.] unterzeichneten Urteilsformel. Diese ist unverzichtbar, weil auch die in das Protokoll aufgenommenen Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO - 7 - Inhalt des Urteils sind (vgl. [X.], Urteil vom 6. Februar 2004 - [X.]/03 - [X.]O; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 26. Aufl. § 540 Rdn. 4). Selbst wenn das Original der unterzeichneten Urteilsformel nur nicht zu den Akten, in denen sich lediglich eine beglaubigte Abschrift befindet, genommen worden wäre, ist die Unterschrift der Kammermitglieder auf dem neben den Angaben gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 1 - 3 ZPO die Urteilsformel wiedergebenden Schriftstück, ohne des-sen Verbindung mit dem Protokoll, unzureichend. 2. Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). II[X.] Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Nach den Gründen des Berufungsurteils ist das Berufungsgericht der Auffassung, daß der Kläger einen unfallbedingten [X.] bzw. eine unfallbedingte tatsächliche Verzögerung der Wiederaufnahme der Dienst-tätigkeit durch [X.] nicht substantiiert dargelegt habe. Hierzu steht in [X.], daß [X.] ab 1. Oktober 1997 bis zum Zeitpunkt des Unfalls am 15. Okto-ber 1997 unstreitig vier Stunden täglich im Rahmen eines sogenannten [X.] dienstlich tätig war, nach dem Unfall aber bis 13. November 1997 diese Tätigkeit nicht mehr verrichten konnte. Ob das Berufungsgericht seiner tatrichterlichen Aufgabe, auf der Grundlage des § 252 BGB und des § 287 ZPO eine Schadensermittlung vorzunehmen, hinreichend nachgekom-men ist und wie das sogenannte [X.] Modell zu werten ist, kann der er-kennende Senat anhand des Berufungsurteils nicht überprüfen (vgl. hierzu [X.] 8 - [X.] vom 17. Februar 1998 - [X.] 342/96 - [X.], 770, 771 f.). So-weit es für die Schadensermittlung auf eine Prognose ankommt, dürfen an die Darlegungspflicht des [X.] jedenfalls keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl. z.B. Se[X.]e vom 31. März 1992 - [X.] 143/91 - [X.], 973; vom 6. Juli 1993 - [X.] 228/92 - [X.], 1284, 1285; vom 17. Januar 1995 - [X.] 62/94 - [X.], 422, 424; vom 24. Januar 1995 - [X.] 354/93 - [X.], 469, 470 und vom 20. April 1999 - [X.] 65/98 - [X.], 233, 234). [X.][X.] [X.]

[X.] Zoll

Meta

VI ZR 362/03

28.09.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2004, Az. VI ZR 362/03 (REWIS RS 2004, 1458)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1458

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