Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.03.2011, Az. V R 23/10

5. Senat | REWIS RS 2011, 8857

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Gegenstand

Anteiliger Vorsteuerabzug einer Gemeinde aus den Kosten einer Marktplatzsanierung - Juristische Person des öffentlichen Rechts als Unternehmer - Direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz


Leitsatz

1. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die sich aus ihrer Gesamtbetätigung heraushebt (richtlinienkonforme Auslegung des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG 1999 i.V.m. § 4 KStG entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG) .

2. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es für ihre Unternehmereigenschaft auf weitere Voraussetzungen nicht an. Übt sie ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage z.B. durch Verwaltungsakt aus, ist sie Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde .

3. Eine Gemeinde, die einen Marktplatz sowohl für eine steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit als auch als Straßenbaulastträger für hoheitliche Zwecke verwendet, ist aus den von ihr bezogenen Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt .

4. Auf die Vorsteueraufteilung für Leistungsbezüge, die einer wirtschaftlichen und einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers dienen, ist § 15 Abs. 4 UStG 1999 analog anzuwenden .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Stadt, betrieb und organisierte im Streitjahr 1999 auf ihrem Marktplatz Wochenmärkte und andere Marktveranstaltungen. Sie hatte den Platz in ihr Verzeichnis für öffentliche Gemeindestraßen aufgenommen. Unter Bezugnahme auf § 18 des Straßengesetzes des [X.] hatte sie 1993 eine Sondernutzungssatzung für die Benutzung der Gemeindestraßen erlassen. Nach § 2 Abs. 2 Buchst. f der Satzung konnten Märkte im Sinne der städtischen Marktordnung und regelmäßig wiederkehrende Volksfeste ohne straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis durchgeführt werden. Nach § 9 der Marktordnung vom 19. Oktober 1995 erfolgte die Überlassung von Standplätzen auf den Märkten aufgrund einer "Zuweisung"/"Erlaubnis" durch das Ordnungsamt.

2

Die Klägerin ging davon aus, dass sie mit ihrem [X.] und der damit verbundenen entgeltlichen Überlassung von Marktstandplätzen an Händler, mit der Lieferung von Energie für die Marktstände und mit der Reinigung der Standplätze unternehmerisch tätig geworden sei. Sie erteilte den Händlern Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer und vereinnahmte Entgelte in Höhe von ... DM. In ihrer am 26. Februar 2001 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1999 machte sie darüber hinaus den Vorsteuerabzug für Sanierungsarbeiten am Marktplatz (Neugestaltung des [X.] unter Herstellung des historischen Erscheinungsbildes, historische Beleuchtung, Pflasterung) geltend.

3

Im [X.] an eine Außenprüfung versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) den Vorsteuerabzug aus den Sanierungskosten und erließ einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid 1999. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

4

Das Finanzgericht ([X.]) stützte die Klageabweisung darauf, dass die Klägerin mit der Überlassung der Standplätze zwar unternehmerisch i.S. von § 2 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) tätig geworden sei. Sie sei jedoch gleichwohl nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da sie die Sanierungsleistungen hoheitlich als Straßenbaulastträger bezogen habe.

5

Mit ihrer Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend. Sie sei in vollem Umfang aus den Sanierungskosten zum Vorsteuerabzug berechtigt, da es sich um gemischte Leistungsbezüge für ihr Unternehmen "[X.]" gehandelt habe. Auf die öffentlich-rechtliche Widmung als Verkehrsweg komme es nicht an.

6

Sie beantragt,

das Urteil des [X.] aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 21. Februar 2006 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuern in Höhe von ... DM anerkannt werden.

7

Das [X.] beantragt sinngemäß,

die Revision zurückzuweisen.

8

Die Gestattung der Sondernutzung sei durch Hoheitsakt erfolgt. Die Ausnahme von der Erlaubnispflicht durch die Satzung habe nicht dazu geführt, dass keine Sondernutzung vorliege. Die mögliche Konkurrenz zu privaten [X.] ändere nichts daran, dass die Klägerin hoheitlich tätig geworden sei. Mit der Sanierung des [X.] habe sie eine hoheitliche Aufgabe als Straßenbaulastträger erfüllt. Für den Marktplatz habe eine öffentlich-rechtliche Widmung vorgelegen. Damit könne kein Betriebsvermögen vorliegen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Klägerin ist entgegen dem [X.]-Urteil zum teilweisen Vorsteuerabzug aus den Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes berechtigt. Die Sache ist aber im Hinblick auf die danach erforderliche Vorsteueraufteilung nicht spruchreif.

1. Der Unternehmer ist nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er [X.] für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht. Beabsichtigt er bei Bezug der Leistung diese teilweise für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und teilweise für Zwecke einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden, ist er nur im Umfang der beabsichtigten Verwendung für seine wirtschaftliche Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Eine weiter gehende Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht bei "gemischter" Verwendung nur, wenn es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit um eine Verwendung für [X.]tnahmen handelt.

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der [X.] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] ([X.]/[X.]), wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

b) Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der [X.]/[X.]) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt. Im Hinblick auf den weiter erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) wie folgt zu differenzieren ([X.]-Urteile vom 9. Dezember 2010 [X.], [X.]/NV 2011, 717, unter [X.]; vom 13. Januar 2011 [X.], [X.]/NV 2011, 721, unter [X.], und vom 27. Januar 2011 [X.]/09, [X.]/NV 2011, 727, unter [X.], m.w.N. zu den Urteilen des Gerichtshofs der [X.] --EuGH-- vom 6. April 1995 [X.], [X.], [X.]. 1995, [X.]; vom 8. Juni 2000 [X.]/98, [X.], [X.]. 2000, [X.]; vom 22. Februar 2001 [X.]/98, [X.], [X.]. 2001, [X.]; vom 13. März 2008 [X.]/06, [X.], [X.]. 2008, [X.], und vom 29. Oktober 2009 [X.]/08, [X.], [X.]. 2009, I-10413).

aa) Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem einzelnen Ausgangsumsatz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, der steuerpflichtig ist (gleichgestellt: Umsatz i.S. von § 15 Abs. 3 UStG und Art. 17 Abs. 3 der [X.]/[X.]), kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen dieses Ausgangsumsatzes.

bb) Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt oder --ohne Anwendung von § 15 Abs. 3 UStG (Art. 17 Abs. 3 der [X.]/[X.]) steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer eine Leistung für einen z.B. steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da der von ihm verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist.

cc) Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren [X.], kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und --als solche-- Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug.

c) Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm bezogene Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beabsichtigt der Unternehmer daher eine teilweise Verwendung für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ([X.]-Urteile in [X.]/NV 2011, 717, unter [X.]; in [X.]/NV 2011, 721, unter [X.], m.w.N. zu den EuGH-Urteilen [X.] in [X.]. 2008, [X.], und vom 12. Februar 2009 [X.]/07, [X.], [X.]. 2009, I-839).

Anders ist es nur, wenn es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit um den Sonderfall einer [X.]tnahme i.S. von Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der [X.]/[X.] handelt. Der Unternehmer kann bei einer gemischt wirtschaftlichen und privaten Verwendung den Gegenstand voll dem Unternehmen zuordnen und dann aufgrund der Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, hat dann aber eine Entnahme nach den vorstehenden Bestimmungen zu versteuern ([X.]-Urteile in [X.]/NV 2011, 717, unter [X.]; in [X.]/NV 2011, 721, unter [X.], m.w.N.). [X.]tnahmen in diesem Sinn sind daher nur Entnahmen für den privaten Bedarf des Unternehmers als natürlicher Person und --unabhängig von der Rechtsform des [X.] für den privaten Bedarf seines Personals, nicht dagegen eine Verwendung für z.B. ideelle Zwecke eines Vereins oder den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts.

2. Entgegen dem [X.]-Urteil ist die Klägerin zum anteiligen Vorsteuerabzug aus den für die Sanierung des Marktplatzes bezogenen Leistungen berechtigt. Das Urteil des [X.] war daher aufzuheben. Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht aber keine vollumfängliche Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

a) Die Klägerin war mit der Überlassung von Standflächen hinsichtlich ihres Marktbetriebs als Unternehmer tätig.

aa) Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch und damit wirtschaftlich tätig. Bei diesen Betrieben handelt es sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 des [X.] ([X.]) um alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 [X.]). Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören nach § 4 Abs. 5 [X.] nicht hierzu. Diese Vorschriften sind unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der [X.]/[X.] richtlinienkonform auszulegen. Danach gelten [X.], Länder, [X.]n und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie hierfür als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Danach ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts bei richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 [X.] entsprechend Art. 4 Abs. 5 der [X.]/[X.] Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage z.B. durch Verwaltungsakt, ist sie demgegenüber nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde ([X.]-Urteil vom 15. April 2010 [X.], [X.]E 229, 416, [X.]/NV 2010, 1574, unter [X.] bis 5., m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

bb) Im Streitfall war die Klägerin mit der Standplatzüberlassung beim Marktbetrieb als Unternehmer tätig.

(1) Eine [X.] kann eine öffentliche Straße als Unternehmer nutzen. Auch wenn die [X.] als Straßenbaulastträger im Rahmen ihrer Hoheitstätigkeit den Gemeingebrauch zu gewährleisten hat, verwendet sie eine öffentlich-rechtlich gewidmete Straße für eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit zur Entgelterzielung, wenn eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung vorliegt und sich die Tätigkeit der [X.] nicht darauf beschränkt, lediglich anderen eine Sondernutzung öffentlich-rechtlich zu gestatten, sondern sie selbst z.B. durch die Vermietung von Standflächen bei der Veranstaltung von Märkten im Rahmen einer Sondernutzung eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit ausübt ([X.]-Urteil vom 22. Oktober 2009 [X.], [X.]/NV 2010, 957, [X.] --UR-- 2010, 368, unter [X.] cc und dd).

(2) Im Streitfall hat die Klägerin mit der Überlassung von Standflächen eine wirtschaftliche Tätigkeit nachhaltig und gegen Entgelt ausgeübt, die sich aufgrund der Höhe der dabei vereinnahmten Entgelte aus ihrer Gesamtbetätigung heraushob.

Zwar hat das [X.] keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen, aus denen sich ergibt, ob die Klägerin die Standflächen an die Händler privat- oder öffentlich-rechtlich überlassen hat. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) kann dies aber offenbleiben. Denn vermietete die Klägerin die Marktstandplätze auf privatrechtlicher Grundlage, ist sie als Unternehmer tätig, ohne dass es auf weitere Voraussetzungen wie z.B. ein Wettbewerbsverhältnis zu anderen Unternehmen ankommt (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 229, 416, [X.]/NV 2010, 1574, unter II.B.4.). Hat die Klägerin die Standplätze auf öffentlich-rechtlicher Grundlage überlassen, ist sie gleichfalls als Unternehmer tätig geworden, da das [X.] ein Wettbewerbsverhältnis zu privaten Konkurrenten bejaht hat (vgl. hierzu [X.]-Urteil in [X.]E 229, 416, [X.]/NV 2010, 1574, unter [X.] und c).

(3) Sollte die Nutzungsüberlassung durch die Klägerin auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erfolgt sein, steht der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses im Übrigen nicht entgegen, dass die Leistungen privater Wettbewerber nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei sind ([X.]-Urteil vom 24. Januar 2008 [X.], [X.]E 221, 310, BStBl II 2009, 60, unter II.2.), so dass sich eine Steuerpflicht der durch private Wettbewerber erbrachten Leistungen erst aufgrund eines Verzichts gemäß § 9 UStG ergibt. Denn nach dem EuGH-Urteil vom 4. Juni 2009 [X.]/08, Salix ([X.]. 2009, [X.], Leitsatz 2) ist Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] dahin auszulegen, dass die Einrichtungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, als Steuerpflichtige gelten, wenn ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige aufgrund des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 oder 4 dieser Richtlinie zu größeren Wettbewerbsverzerrungen zulasten ihrer privaten Wettbewerber oder zu ihren eigenen Lasten führen würde. Dass sich die Steuerpflicht der Leistung des [X.] erst aus einem Verzicht nach § 9 UStG ergibt, ist unerheblich.

b) Aufgrund der gemischten Nutzung des sanierten Marktplatzes für [X.] und für Zwecke einer steuerpflichtigen wirtschaftlichen Tätigkeit ist die Klägerin insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt, als sie den Marktplatz unmittelbar für Zwecke dieser wirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden beabsichtigte.

Im Streitfall hat die Klägerin den Marktplatz nicht nur als Straßenbaulastträger im Rahmen einer hoheitlichen Tätigkeit unterhalten, sondern auch als Unternehmer für Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt. Die Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes dienten somit sowohl der nichtwirtschaftlichen wie auch der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin. Da es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin um eine Verwendung für [X.], nicht aber um eine Verwendung für eine [X.]tnahme i.S. von § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG (Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der [X.]/[X.]) handelt, ist die Klägerin nur zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt (s. oben [X.]c). Gegenteiliges ist auch nicht aus den allgemein gehaltenen Hinweisen im Rahmen der Zurückverweisung im Senatsurteil in [X.]/NV 2010, 957, [X.], 368, unter [X.] zu entnehmen.

Die vom [X.] angenommene vollständige Versagung des Vorsteuerabzugs entspricht nicht diesen Grundsätzen. Das Urteil war daher aufzuheben.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Ist die Klägerin nicht zum vollen, aber zum teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt, sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zur Vorsteueraufteilung zu treffen.

Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass nach dem EuGH-Urteil [X.] in [X.]. 2008, [X.], Leitsatz 2 die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im Ermessen der Mitgliedstaaten steht, die bei der Ausübung ihres Ermessens Zweck und Systematik dieser Richtlinie berücksichtigen und daher eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jedem dieser beiden Tätigkeitsbereiche tatsächlich zuzurechnen ist. Art. 17 bis 19 der [X.]/[X.] und damit auch § 15 Abs. 4 UStG enthalten hierzu keine unmittelbaren Regelungen (vgl. EuGH-Urteil [X.] in [X.]. 2008, [X.] Rdnr. 33), so dass insoweit eine Regelungslücke besteht. Diese ist mangels gesetzlicher Regelung in analoger Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG zu schließen, so dass der Unternehmer den abzugsfähigen [X.] im Wege einer sachgerechten und von der Finanzverwaltung zu überprüfenden Schätzung zu ermitteln hat. Dies könnte im Streitfall z.B. nach der Anzahl der [X.] für den Marktbetrieb im Kalenderjahr erfolgen.

Meta

V R 23/10

03.03.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 2. Juni 2010, Az: 6 K 519/06, Urteil

§ 2 Abs 3 UStG 1999, § 15 Abs 1 UStG 1999, § 15 Abs 4 UStG 1999, § 4 KStG 1999, Art 4 Abs 5 EWGRL 388/77, Art 17 Abs 2 EWGRL 388/77

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.03.2011, Az. V R 23/10 (REWIS RS 2011, 8857)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8857

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