Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2007, Az. 1 StR 301/06

1. Strafsenat | REWIS RS 2007, 4898

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BUNDESGERICHTSHOF [X.] vom 7. März 2007 in der Strafsache gegen [X.]: ja _______________________ StGB bei einem durch [X.] Scheinfirmen [X.] (im [X.] an [X.], 233, zur Veröffent-chung in BGHSt vorgesehen). BGHSt: ja [X.]: [X.]_ StGB § 266a

Zur Anwendbarkeit von § 266a täli - 2 -GH, Beschluss vom 7. März 2007 - 1 StR 301/06 - [X.] egen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt u.a.

[X.]w - 3 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 7. März 2007 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. Januar 2006 a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 53 Fällen, des Betruges in 14 Fällen sowie der Beschaffung einer [X.] durch unrichtige Angaben in 62 Fällen schuldig ist; b) in den Einzelstrafaussprüchen zu [X.]) Fälle 3. bis 11. der Urteilsgründe aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Gründe: [X.] 1. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen: 1 Der Angeklagte war von 1996 bis 2001 faktischer und seit 2001 formeller Geschäftsführer der Firma HaCe

GmbH (im Folgenden: [X.]) mit Sitz in [X.]

. Die Gesellschaft führte unter Einschal-tung von Subunternehmen Bauarbeiten im Bereich der [X.] durch. Auf Veranlassung des Angeklagten gründete der anderweitig Verfolgte 2 - 4 -[X.]in der [X.] in den Jahren 1999 und 2002 die Firmen Eryilmaz

Limited (im Folgenden: [X.].) und Kanal

Ltd. (im Folgenden: [X.].), zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung [X.]n Rechts. [X.] Geschäftsführer auch dieser Gesellschaften war der Angeklagte. Ihr alleiniger Zweck bestand darin, Arbeiter anzuwerben, die in [X.] auf Baustellen der [X.] Arbeiten verrichten sollten; im Übrigen waren sie, wie die Strafkammer im Einzelnen ausführt, nicht unternehmerisch tätig. Zweigstellen beider Firmen wurden in [X.] in [X.]angemeldet. Die [X.] schloss mit der [X.]. und der [X.]. [X.], denen zufolge die [X.]n Gesellschaften unter Einsatz der ange-worbenen Arbeiter in [X.] als Subunternehmer für die [X.] tä-tig werden sollten. Gegenüber den [X.] Behörden stellte der Angeklagte mit Unterstützung des - früheren - Mitangeklagten [X.]- der keine Revision eingelegt hat - die beabsichtigte Beschäftigung der Arbeiter als —Entsendefallfi dar. Bei den [X.] [X.] meldete der Angeklagte die [X.]n Arbeiter nicht an und führte auch keine Beiträge für sie ab. [X.] wurden der [X.] Sozialversicherung zwischen April 1999 und Juni 2003 insgesamt 315.290,93 • entzogen. In der [X.] wurden für die Arbeiter Sozialversicherungsbeiträge in dem dort vorgeschriebenen Umfang entrichtet. 3 Der Angeklagte beschäftigte bei der [X.] zugleich [X.] Ar-beitnehmer, die sich auf seine Weisung in den Wintermonaten arbeitslos melde-ten, tatsächlich jedoch im Betrieb der Firma weiterbeschäftigt wurden. In den Monaten Januar, Februar und Dezember der Jahre 1999 bis 2001 sowie im [X.] und Februar 2002 entzog der Angeklagte auf diese Weise [X.] in Höhe von insgesamt 20.979,78 •. 4 - 5 -2. Das [X.] hat die unterlassene Beitragsabführung als auf den monatlichen Fälligkeitszeitpunkt bezogene Fälle des Vorenthaltens von Arbeits-entgelt gemäß § 266a Abs. 1 StGB bewertet. Hinsichtlich der [X.]n Arbei-ter ist es von 51 selbständigen Taten ausgegangen; hinsichtlich der nicht [X.] [X.] Arbeiter hat es weitere elf Taten angenommen. 5 Nach Auffassung des [X.]s waren die auf Baustellen der [X.] tätigen [X.]n Arbeiter in [X.] sozialversicherungs- und [X.] beitragspflichtig. Bei ihnen habe es sich zwar nicht um Arbeitnehmer der [X.] [X.] gehandelt, da sie nicht hinreichend in deren Betrieb in-tegriert gewesen seien, sondern um solche der [X.]. und der [X.].. Aufgrund ihrer Tätigkeit in [X.] unterlägen sie gleichwohl der deut-schen Sozialversicherungspflicht. Eine nur vorübergehende Entsendung der Arbeiter nach § 5 [X.] mit der Folge, dass die Arbeiter in [X.] hätten beitragsfrei beschäftigt werden können, scheide aus. 6 Die Verantwortung des Angeklagten für die Beitragsabführung hinsicht-lich der [X.]n Arbeitnehmer folge - so das [X.] - aus seiner Eigen-schaft als faktischer Geschäftsführer der [X.]. und der [X.].. Hin-sichtlich der [X.] Arbeitnehmer sei der Angeklagte aufgrund seiner Stel-lung als zunächst faktischer, später formeller Geschäftsführer der [X.] zur Zahlung der Beiträge verpflichtet gewesen. 7 3. Das [X.] hat den Angeklagten auf dieser Grundlage wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 62 Fällen verurteilt. Wegen dieser Taten und weiterer Verurteilungen wegen Betruges in 14 Fällen und wegen Verstoßes gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 [X.] in 62 Fällen hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt weitgehend erfolglos. Sie führt bei [X.] - 6 -bendem [X.] zu einer Änderung des Schuldspruchs und dement-sprechend zum Wegfall von neun Einzelstrafen; der [X.] bleibt hiervon unberührt. I[X.] Das [X.] hat für die Strafbarkeit nach § 266a StGB zu Recht auf die sozialversicherungsrechtliche Pflicht zur Beitragsabführung abgestellt (vgl. [X.], 233, 234 - —E 101fi, zur [X.] in BGHSt vorgesehen; BGHSt 47, 318 f.; Tröndle/[X.], StGB 54. Aufl. § 266a [X.]. 9 ff.). Es hat die in der [X.] angeworbenen und in [X.] tätigen Arbeitnehmer im Er-gebnis zutreffend für sozialversicherungspflichtig in [X.] gehalten und dem Angeklagten die unterlassene Abführung von [X.] als Vorenthaltung von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 StGB angela-stet. 9 Rechtlichen Bedenken begegnet allerdings der Ausgangspunkt des [X.]s, wonach es sich bei den betroffenen [X.]n Arbeitnehmern um Angehörige ausländischer Unternehmen gehandelt haben soll. Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen waren die angeworbenen [X.]n Arbeiter nicht bei der [X.]. und der [X.]., sondern bei der [X.] [X.] beschäftigt. Eine zur Versicherungsfreiheit führende Entsendung der [X.] war danach von vornherein ausgeschlossen. Zugleich ergibt sich eine abweichende konkurrenzrechtliche Beurteilung der festgestellten Taten. 10 1. Die - fehlerfrei getroffenen - Feststellungen des [X.]s tragen nicht die Bewertung, dass es sich bei den in der [X.] angeworbenen Arbei-tern um Beschäftigte der Firmen [X.]. und [X.]. gehandelt hat. Sie belegen vielmehr, dass die Arbeiter nur zum Schein bei diesen Gesellschaften 11 - 7 -angestellt wurden, tatsächlich jedoch der [X.] [X.] zuzuordnen waren. a) Nach den teilweise an unterschiedlichen Stellen der [X.] ging die Gründung der beiden [X.]n Gesellschaf-ten auf den Angeklagten zurück, der [X.] Arbeitnehmer einstellen, durch Vortäuschung eines Entsendefalles die [X.] Sozialversicherungsbeiträge ersparen und dadurch Wettbewerbsvorteile erlangen wollte. Die Gründung der [X.]. erfolgte auch deshalb, weil [X.] umgangen werden sollten. Die Gesellschaften traten in der [X.] nicht nach außen auf; sie besaßen keine Betriebsräume, sondern verwendeten die Anschrift eines Steuerberatungsbüros. Nach der Aussage des Zeugen [X.]haben sie —le-diglich auf dem Papier existiertfi. Nach der den Feststellungen gleichfalls zugrunde gelegten Einlassung des Mitangeklagten [X.] haben die Firmen in der [X.] —keinen eigentlichen [X.] gehabt. Die Arbeiter seien bei den Firmen auch nicht beschäftigt gewesen. 12 Das [X.] stellt weiter fest, dass alle maßgeblichen, das Arbeits-verhältnis der [X.]n Arbeitnehmer betreffenden Vorgänge durch den [X.] in [X.] abgewickelt wurden. Zu diesem Zweck befand sich bei der [X.] eine —grüne [X.], in welcher sich [X.] (Schecks, Überweisungsträger, Briefpapier) und Stempel der [X.]. und [X.]. befanden, und die auf der jeweiligen Baustelle nach Bedarf einge-setzt wurde. Nach der Einlassung des Mitangeklagten [X.]habe diese Kiste letztlich das —Bürofi der Firmen dargestellt. Die [X.]n Firmen unterhielten auch ihre Konten am Firmensitz der [X.], auf die der Angeklagte Zugriff hatte und über die er die finanziellen Angelegenheiten der Firmen abwi-ckelte; dies schloss die Lohnzahlungen an die [X.]n Arbeiter ein. Die [X.] Mittel hierfür stammten aus dem Vermögen der [X.]. Der 13 - 8 -Angeklagte hatte auch in allen Personalangelegenheiten der [X.]n [X.] bis in Einzelheiten das Sagen, entschied insbesondere über Einstellun-gen, Entlassungen und Urlaub. Er bestimmte den Einsatz der Arbeiter an den Baustellen der [X.], zum Teil über die durch die Werkverträge be-stimmten Einsatzorte hinaus, und gab vermittelt über die Vorarbeiter oder den als Strohmann eingesetzten Zeugen O. Weisungen. Auf den Baustellen hatte er —das letzte [X.] b) Bei der [X.]. und [X.]. handelte es sich demnach um bloße Scheinfirmen ohne eigene Organisationsstruktur und Tätigkeit, deren Zweck allein darin bestand, Beschäftigungsverhältnisse formal zu begründen und mittels Vortäuschung eines Entsendetatbestandes die bei der [X.] anfallenden Lohnnebenkosten zu verringern. Dass die [X.]n Arbeiter gleichwohl bei der [X.]. oder [X.]. beschäftigt waren, scheidet be-reits deshalb aus, weil es gänzlich an einer betrieblichen Organisation fehlt, in die die Arbeiter hätten eingegliedert sein können (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 [X.]). 14 Ein Beschäftigungsverhältnis bestand demgegenüber zur [X.] [X.] (zu den maßgeblichen Kriterien vgl. [X.] in: MüKo StGB § 266a [X.]. 9; [X.] in: [X.]/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. § 36 [X.]. 15). Die [X.]n Arbeiter waren von dem Angeklagten als Ge-schäftsführer der [X.] weisungsabhängig, erhielten auf seine Veran-lassung aus dem Vermögen der [X.] und arbeiteten auf den Baustellen der [X.] der von ihr übernommenen [X.]. Das [X.] sieht sich an einer Einordnung der Arbeiter als [X.] der [X.] gleichwohl dadurch gehindert, dass es eine weiterrei-chende Integration der Arbeiter in den Geschäftsbetrieb des Unternehmens, insbesondere eine —[X.] der von den [X.]n Gesellschaften [X.] - 9 -worbenen Arbeiter mit sonstigen Arbeitnehmern der [X.] nicht festzu-stellen vermochte. Nach den Umständen des Falles war dies aber nicht zu ver-langen. Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte eine Zugehörigkeit der Arbeiter zu einem Fremdunternehmen gezielt - etwa durch gefälschte Lohn- und Arbeitszeitlisten für den Fall einer Kontrolle durch die Zollbehörden - vorzu-täuschen versuchte. Dem entsprach es, die [X.]n Arbeiter Bauleistungen nur abgetrennt an —ihrenfi Gewerken verrichten zu lassen. 2. Bereits hieraus folgt, dass die [X.]n Arbeitnehmer der [X.] Sozialversicherungspflicht unterlagen. 16 a) Nach den Vorschriften des [X.] Sozialgesetzbuches führt eine inländische Beschäftigung zur Sozialversicherungspflicht des Arbeitnehmers (§ 3 Nr. 1 [X.]); maßgeblich ist dabei der Ort, an dem die Beschäftigung tat-sächlich ausgeübt wird (§ 9 [X.]). Abweichend hiervon gelten für [X.], die im Rahmen eines ausländischen Beschäftigungsverhältnisses für einen im Voraus begrenzten Zeitraum in das Inland entsandt worden sind, ge-mäß § 5 Abs. 1 [X.] die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften ihres [X.] fort; eine Versicherungspflicht am Beschäftigungsort besteht nicht. 17 Die auf Baustellen in [X.] eingesetzten [X.]n Arbeitnehmer waren danach in [X.] zu versichern. An den Voraussetzungen einer zur Versicherungsfreiheit in [X.] führenden Entsendung fehlt es schon deshalb, weil ein ausländisches Beschäftigungsverhältnis nicht bestand. Auf die Erwägungen des [X.]s, dass eine Entsendung nach sozialgerichtlicher Rechtsprechung einen ausländischen Schwerpunkt des [X.] (vgl. [X.], 214, 217) und eine beabsichtigte Rückkehr in das [X.] unter Fortsetzung der Tätigkeit (vgl. [X.], 227, 234 f. zu den insoweit 18 - 10 -identischen Voraussetzungen von § 4 [X.]) voraussetze, kommt es [X.] nicht mehr an. b) Die Vorschriften der §§ 2 ff. [X.] stehen unter dem Vorbehalt über- und zwischenstaatlichen Rechts, soweit es in [X.] gilt und das anzu-wendende Sozialversicherungsrecht bestimmt (§ 6 [X.]). Hiernach ergibt sich keine abweichende Bewertung. 19 aa) Solches Recht bildet das durch Zustimmungsgesetz vom 13. Sep-tember 1965 ([X.] II 1965, 1169) umgesetzte bilaterale Abkommen zwischen der Bundesrepublik [X.] und der Republik [X.] über Soziale Sicher-heit vom 30. April 1964 ([X.] II 1965, 1170; fortan: Sozialversicherungsab-kommen) in der Fassung des [X.] vom 28. Mai 1969 ([X.] II 1972, 2) und des [X.] vom 25. Oktober 1974 ([X.] II 1975, 374), ergänzt durch Zusatzabkommen vom 2. November 1984 ([X.] II 1986, 1040). Das Abkommen enthält zur Frage des anwendbaren Rechts für Fälle länderübergreifender Beschäftigung [X.], die das anwendbare Sozialversicherungsrecht bestimmen. 20 Art. 5 des [X.] geht - entsprechend § 3 [X.] - als Grundregel davon aus, dass die Versicherungspflicht von [X.] sich unabhängig vom Sitz des Arbeitgebers nach dem Sozialversiche-rungsrecht des Beschäftigungsortes richtet. Art. 6 Abs. 1 des Sozialversiche-rungsabkommens sieht hiervon - insoweit ähnlich § 5 [X.] - eine Ausnahme für den Fall einer Entsendung vor: Nach dem Vertragstext gelten für den —Ar-beitnehmer eines Unternehmens mit dem Sitz im Gebiet der einen Vertragspar-teifi, welcher —vorübergehend zur Arbeitsleistung in das Gebiet der anderen [X.] wird, die Rechtsvorschriften der ersten Vertragspartei fort. 21 - 11 -Auch nach diesem Maßstab liegt eine zur Versicherungsfreiheit in [X.] führende Entsendung nicht vor. Denn die [X.]n Arbeiter [X.] auf Grundlage der Feststellungen gerade nicht Arbeitnehmer eines [X.] mit Sitz in der [X.]. Damit fehlt es bereits an der personalen An-knüpfung des im Abkommen enthaltenen Entsendetatbestandes. 22 bb) Die zur Frage des anwendbaren Sozialversicherungsrechts in [X.] der [X.] geltenden Kollisions- und Verfahrensvorschriften (Verordnung [[X.]] 1408/71, [X.]. L 149 vom 5. Juli 1971, S. 2; Verordnung [[X.]] 574/72, [X.]. [X.] vom 27. März 1972, [X.]) finden mangels einer Mit-gliedschaft der [X.] in der [X.] keine unmittelbare Anwen-dung. Sie sind auch auf Grundlage des im Hinblick auf eine Annäherung der [X.] an die [X.] abgeschlossenen Assoziationsabkommens vom 12. September 1963 ([X.] II 1964 S. 510) und den zu seiner Umsetzung getroffenen Maßnahmen nicht heranzuziehen. Soweit der Assoziationsratsbe-schluss 3/80 ([X.]. [X.] vom 25. April 1983, [X.]) die Vorschriften der [X.] ([X.]) 1408/71 für anwendbar erklärt, gilt dies nach der Ermächtigung in Art. 39 Abs. 1 des zu dem Assoziationsabkommen vereinbarten [X.] vom 23. November 1970 ([X.]. L 293 vom 29. Dezember 1972, [X.]) nur für Arbeitnehmer [X.]r Staatsangehörigkeit, die von einem Mitgliedsstaat in einen anderen zu- oder abwandern, nicht aber für den - vorliegenden - Fall ei-nes rein bilateralen Geschehens zwischen einem Mitgliedsstaat und der [X.] ([X.], [X.] Probleme [X.]r Staatsangehöriger in [X.], [X.] ff.; [X.] 2001, 160, 162; vgl. auch [X.] [[X.]] Nr. 859/03 vom 14. Mai 2003, [X.]. [X.] vom 20. Mai 2003, [X.]). 23 cc) Schließlich hindern auch Besonderheiten des zwischenstaatlichen sozialversicherungsrechtlichen Verfahrens nicht, auf das [X.] - 12 -hältnis der [X.]n Arbeitnehmer [X.]s Sozialversicherungsrecht zur Anwendung zu bringen. Die zu dem deutsch-[X.]n Sozialversicherungsabkommen am 2. November 1984 geschlossene Durchführungsvereinbarung ([X.] II 1986, 1055) sieht in Artikel 5 Abs. 1 vor, dass in [X.] der zuständige Träger des [X.] dem Betroffenen auf Antrag eine Bescheinigung darüber ausstellt, dass er den Rechtsvorschriften des [X.] unter-steht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ([X.], 240) ist eine derartige - im [X.] der [X.] entsprechende - Ent-sendebescheinigung von den Sozialgerichten des [X.] nur in begrenz-tem Umfang auf ihren materiellen Gehalt überprüfbar. Eine derartige Bescheini-gung hat hier - wie das [X.] ausdrücklich feststellt - nicht vorgelegen. Der [X.] braucht daher nicht darüber zu befinden, inwieweit ihr auch im Straf-verfahren Bindungswirkung im Hinblick auf die bescheinigte Anwendbarkeit ausländischen Sozialversicherungsrechts zukommen würde (zum [X.] Recht vgl. [X.], 233). 25 Nach den Feststellungen des [X.]s verfügte ein Teil der von dem Angeklagten eingesetzten [X.]n Arbeiter allein hinsichtlich ihrer Kranken-versicherung über einen [X.], der aufgrund der [X.] bei der [X.]n Sozialversicherung ausgestellt wurde und sie berechtigte, Sachleistungen bei einem Aufenthalt in [X.] in [X.] zu nehmen (—[X.]). Die Ausstellung des Scheines beruht auf der Anwendung der leistungsrechtlichen Koordinierungsvorschriften des Sozial-versicherungsabkommens (Art. 12 Abs.1 b) und c), Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Art. 14 Abs. 3 Satz 2 des Abkommens; Art. 9 der Durchführungsvereinbarung). Diese Vorschriften sind nicht kollisionsrechtlicher Natur. Entgegen der [X.] der Revision verhält sich der [X.] daher nicht zur Frage des 26 - 13 -anwendbaren Sozialversicherungsrechts. Eine Bindungswirkung im Hinblick auf die Sozialversicherungspflicht kann ihm daher unter keinem rechtlichen Ge-sichtspunkt zukommen. c) Für die Abführung der geschuldeten Beiträge war der Angeklagte als zunächst faktischer, später formeller Geschäftführer der [X.] auch strafrechtlich verantwortlich. Aus den Feststellungen des [X.]s geht hin-länglich hervor, dass er auch vor seiner Berufung zum formellen Geschäftsfüh-rer mit allen Belangen der Gesellschaft befasst war. Dies begründet seine Tä-terstellung für eine Beitragsstraftat nach § 266a StGB (vgl. BGHSt 47, 318; 324, 21, 101, 103). 27 3. Die Einordnung der [X.]n Arbeitnehmer als Beschäftigte der [X.] führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall von neun Einzelstrafen. 28 Das [X.] hat die unterlassene Beitragsabführung hinsichtlich der bei der [X.] beschäftigten [X.] Arbeitnehmer und der - nach [X.] des [X.]s der [X.]. und der [X.]. zugehörigen - [X.]n Arbeitnehmer jeweils als selbständige Taten gewertet, auch soweit sie in den Monaten Dezember 1999, Januar 2000, Februar 2000, Dezember 2000, Januar 2001, Februar 2001, Dezember 2001, Januar 2002 und Februar 2002 auf gleiche [X.] und Fälligkeitszeitpunkte bezogen waren und die Beiträge zur gleichen Einzugsstelle zu entrichten waren. Es kann offen bleiben, ob dieser Bewertung auf der Grundlage einer Zugehörigkeit der [X.] zu unterschiedlichen Unternehmen zu folgen wäre. Denn bei zutreffen-der Einordnung der [X.]n Arbeitnehmer als Beschäftigte der [X.] [X.] bildet die unterlassene Beitragsabführung zum jeweiligen [X.] - 14 -keitszeitpunkt gegenüber derselben Einzugsstelle jedenfalls nur eine Tat (vgl. [X.] in [X.], 11. Aufl. § 266a [X.]. 108). Der [X.] hat daher die auf die betroffenen [X.] entfallen-den neun Einzelstrafen, die das [X.] hinsichtlich der [X.] [X.] verhängt hat (Geldstrafen in Höhe von jeweils 70 Tagessätzen zu 150 •), in Wegfall gebracht. Die hinsichtlich der [X.]n Arbeitnehmer für die gleichen [X.] verhängten - jeweils höheren - Einzelstrafen können angesichts des erhöhten [X.] der erfassten Taten bestehen bleiben. 30 Die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe kann gleichfalls bestehen bleiben. Der Schuldgehalt der Beitragsstraftaten bleibt im Hinblick auf die unveränderte Höhe der entzogenen Beiträge gleich. Auch angesichts von Zahl und Gewicht der verbleibenden 129 Taten, der Höhe der für sie verhängten Einzelstrafen und aller sonstiger im angefochtenen Urteil getroffener für die Strafzumessung bedeutsamer Feststellungen hält der [X.] die verhängte Gesamtstrafe [X.] für angemessen (§ 354 Abs. 1a StPO; vgl. [X.], 118; NStZ-RR 2006, 44; Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 [X.]). 31 4. § 265 StPO steht all dem nicht entgegen. Dem Angeklagten war be-reits in der zugelassenen Anklage vorgeworfen worden, auch für die [X.]n Arbeitnehmer als Geschäftsführer der [X.] [X.] [X.] nicht abgeführt zu haben, da es sich bei ihnen um Beschäftigte der [X.] handele. Die Anklage qualifiziert die Taten allerdings als ([X.] gemäß § 263 StGB. Das [X.] hat dem Angeklagten dar-aufhin in der Hauptverhandlung den Hinweis erteilt, dass auch eine Bewertung als Beitragsvorenthaltung gemäß § 266a StGB in Betracht komme. Erst [X.] hat es an einem nachfolgenden Verhandlungstag darauf hingewiesen, dass der Tatvorwurf auch an seine Stellung als faktischer Geschäftsführer der 32 - 15 -[X.]. und der [X.]. anknüpfen könne. Für den Angeklagten war damit hinreichend ersichtlich, dass eine Verurteilung wegen [X.] insgesamt aufgrund seiner Organstellung bei der [X.] Gesellschaft erfolgen konnte. II[X.] Auch im Übrigen hat die Überprüfung des landgerichtlichen Urteils auf Grundlage der [X.] keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben. Soweit der Angeklagte beanstandet, dass das [X.] ihn zu Unrecht als faktischen Geschäftsführer eingestuft habe, 33 - 16 -geht dieser Vortrag bereits im Ansatz ins Leere (vgl. oben I[X.] 2. c)). Soweit er vorbringt § 92 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sei unrichtig angewandt, verweist der [X.] auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des [X.]. [X.]Wahl [X.] Frau RiinBGH Elf befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift verhindert. Kolz Nack

Meta

1 StR 301/06

07.03.2007

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2007, Az. 1 StR 301/06 (REWIS RS 2007, 4898)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4898

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