Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.07.2013, Az. 24 W (pat) 520/11

24. Senat | REWIS RS 2013, 4579

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Suzuki" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 044 951.1

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 12. Januar 2011 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des [X.] ([X.]) der für die Dienstleistungen

2

„Klasse 42: Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen im Bereich der Musikpädagogik, insbesondere zur Erstellung neuer Unterrichtsmaterialien; Erstellung wissenschaftlicher Gutachten; wissenschaftliche Forschung; instrumentalpädagogische Grundlagenforschung“

3

beanspruchten Wortmarke Nr. 30 2009 044 951.1

4

[X.]

5

sowohl als beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] als auch wegen fehlender Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] die Eintragung versagt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen um den Nachnamen des berühmten [X.] Violinisten, erfolgreichen Violinpädagogen und Gründers der nach ihm benannten [X.] [X.] handele. Dieser habe die [X.] in [X.]ehnung an elementare Prinzipien des Zen-Buddhismus sowie an das Prinzip entwickelt, welches dem kindlichen Erwerb der Muttersprache zugrunde liege.

6

Vor diesem Hintergrund werde der angesprochene Verkehr, nämlich an musikalischer Lehrmethodik interessierte Menschen und Musikpädagogen, das angemeldete Zeichen in Verbindung mit den Dienstleistungen ohne Weiteres als beschreibenden Hinweis auf die ihnen zugrunde liegende musikalische Lehrmethodik bzw. ihre fachspezifische Ausrichtung werten.

7

Darüber hinaus sei auch ein schützenswertes Allgemeininteresse an ihrer freien Verwendbarkeit i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gegeben, denn es müsse anderen Instituten unbenommen bleiben, dieses Zeichen in Verbindung mit der besagten Lehrmethodik frei zu verwenden. Die Eintragung der [X.] 969 342 für den Anmelder führe ebenfalls nicht zur Eintragungsfähigkeit des angemeldeten Zeichens, da die Voreintragung wegen der grafischen Ausgestaltung schutzfähig sei.

8

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

9

Der Anmelder hält die Angabe „[X.]“ für unterscheidungskräftig. Bei dem angemeldeten Zeichen handele es sich um einen Personennamen, der von Haus aus für Dienstleistungen ausreichend unterscheidungskräftig sei, da es sich bei solchen Namen stets um einen Hinweis auf eine Person oder ein gleichnamiges [X.] und gerade nicht um einen Hinweis auf Waren oder Dienstleistungen handele. Der Namensgeber [X.] habe selbst keine Forschung betrieben und auch keine pädagogischen Theorien verfolgt, sondern sich hauptsächlich mit „[X.]“ befasst. Das [X.] habe auch nicht beachtet, dass der Anmelder keinen Schutz für Musikpädagogik oder bestimmte Lehrmethoden in Anspruch nehmen wolle. Zugleich habe das [X.] die Verkehrskreise fehlerhaft bestimmt, da die beanspruchten Dienstleistungen sich gerade nicht an ein Publikum wendeten, welches sich für musikalische Lehrmethoden interessiere.

Abschließend verweist der Anmelder auf verschiedene Voreintragungen mit dem Bestandteil „[X.]“.

Der trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung am 2. Juli 2013 nicht erschienene Anmelder hat schriftsätzlich beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des [X.] vom 12. Januar 2011 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 und 2, § 64 Abs. 6 S. 1 [X.] statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der angemeldeten Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht, denn das angemeldete Zeichen steht zu sämtlichen streitgegenständlichen Dienstleistungen in einem engen beschreibenden Zusammenhang und ist deshalb nicht unterscheidungskräftig. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Produkte oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (ständige Rechtsprechung; [X.] GRUR 2008, 608 ff. (Rn. 66, 67) - [X.]; [X.], 229 (Rn. 27 ff.) - BioID; [X.], 935 (Rn. 8) - Die Vision; [X.], 825, 826 (Rn. 13) - [X.]; [X.], 1153, 1154 - anti [X.]). Keine Unterscheidungskraft haben unter anderem solche Angaben, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH [X.], 850, Rdn. 28 - [X.]; [X.], 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Es genügt dabei, wenn die Angabe aus der Sicht eines Spezialpublikums mit guten Kenntnissen auf dem betroffenen Gebiet einen direkten und konkreten Bezug zu diesen Waren und Dienstleistungen aufweist (vgl. [X.] [X.], 534, 536 - PRANAHAUS).

Von diesen Voraussetzungen ausgehend fehlt „[X.]“ für die beanspruchten Dienstleistungen die zur Eintragung notwendige Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Die beanspruchten Dienstleistungen sind für den fachkundigen Verkehr bestimmt; für die Dienstleistungen „Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen im Bereich der Musikpädagogik, insbesondere zur Erstellung neuer Unterrichtsmaterialien“ und „instrumentalpädagogische Grundlagenforschung“ ist das der Fachverkehr mit Schwerpunkt auf der Musikpädagogik. Für die vorgenannten Dienstleistungen hat das [X.] zu Recht angenommen, dass dieser Fachverkehr das Markenwort „[X.]“ am Nächstliegenden als Hinweis auf den [X.] Violinpädagogen [X.] verstehen wird. S. [X.] hat sich u.a. der musikalischen Früherziehung gewidmet und die sog. „[X.]“ entwickelt, die - vereinfacht - einen Instrumentalunterricht bezeichnet, der analog zur Spracherziehung auf Hören, Beobachten und Nachahmen basiert (zu den Einzelheiten s.: Der [X.] Musik, 3. Aufl., 2006, S. 685).

Die Dienstleistungen „Erstellung wissenschaftlicher Gutachten“ und „wissenschaftliche Forschung“ richten sich an den allgemeinen Fachverkehr. Dieser kann das Markenwort „[X.]“ sowohl als Hinweis auf den vorgenannten Violinpädagogen S. [X.] als auch auf andere lexikalisch nachweisbare Persönlichkeiten mit dem Namen „[X.]“ auffassen. Das kann z. B. der [X.] Regisseur Tadashi [X.] sein, der eine nach ihm benannte „[X.]“ entwickelt hat, eine Körpertrainingsmethode für Schauspieler unter Einbeziehung [X.]r Kampfsportarten, die eine Verbindung traditioneller [X.]r Theatertradition mit Theater westlicher Prägung anstrebt (vgl. Lexikon Theater International, 1995, [X.], S. 868; siehe auch [X.]. zum Protokoll v. 2.7.2013). In Betracht kommen auch der [X.] Dirigent und Musiker Masaaki [X.] sowie der [X.] Gelehrte des ZEN-Buddhismus Daisetu [X.] (für beide s.: [X.] Enzyklopädie, 21. Aufl., [X.], S. 697 f.).

In allen diesen Fällen kann der Name „[X.]“ in einem engen beschreibenden Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen stehen. Denn entgegen der Auffassung des Anmelders sind Personennamen nicht schlechthin unterscheidungskräftig. Vor allem Namen bekannter Persönlichkeiten und Namen, die sachbezogen sind, kann die Unterscheidungskraft fehlen (vgl. [X.]/Hacker [X.] § 8 Rn. 190 ff.). Gerade im Bereich der Wissenschaft ist es üblich, dass Theorien und Methoden mit plakativen Begriffen, beispielsweise den Namen der Urheber, bezeichnet werden und somit der Verkehr in der jeweiligen Fachdisziplin darin ausschließlich eine thematische Angabe, nämlich die Ausrichtung an dieser wissenschaftlichen Theorie bzw. Methode oder die wissenschaftliche Befassung mit deren Urheber erkennt und keinen Hinweis auf ein bestimmtes Herkunftsunternehmen von Waren und Dienstleistungen. Dies gilt erst recht dann, wenn die beanspruchten Dienstleistungen – wie hier „Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen im Bereich der Musikpädagogik, insbesondere zur Erstellung neuer Unterrichtsmaterialien; instrumentalpädagogische Grundlagenforschung“ – in einer Disziplin erbracht werden sollen, die der Namensträger so oder vergleichbar ausgeübt hat. Deshalb wird der Fachverkehr mit Schwerpunkt auf der Musikpädagogik die Angabe „[X.]“ nicht als Hinweis auf den Erbringer der genannten Dienste auffassen, sondern als klaren Sachhinweis des Inhalts, dass sich die so gekennzeichneten wissenschaftlichen Leistungen entweder an der auf ihren gleichnamigen Urheber zurückgehende [X.] ausrichten, oder sich mit deren Urheber befassen. Bei den Dienstleistungen „Erstellung wissenschaftlicher Gutachten; wissenschaftliche Forschung“ kann der Fachverkehr in der Angabe „[X.]“ einen thematischen Bezug dergestalt erkennen, dass sich diese Dienstleistungen entweder der Methoden der vorgenannten, dem Fachpublikum bekannten Personen mit Namen [X.] bedienen oder deren Person oder Werk unter wissenschaftlichen Aspekten bearbeiten.

Die Anmelderin kann sich auch nicht mit Erfolg auf – aus ihrer Sicht - vergleichbare Markeneintragungen berufen. Insbesondere kann sich die Anmelderin nicht auf [X.] berufen, da diese bereits allein aufgrund grafischer Elemente Schutz erlangen können, die der angemeldeten reinen Wortmarke naturgemäß fehlen. Die hier streitgegenständliche Angabe enthält auch keinen weiteren namensmäßig benennbaren Bestandteil, der zu einer Individualisierung der betrieblichen Herkunft beitragen und von der reinen Inhaltsangabe wegführen könnte.

Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann die Anmelderin ohnehin keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen nicht zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage ([X.] [X.] 2008, 163, 167 (Rz. 39) – Terranus; GRUR 2004, 674, [X.]. 43, 44 – Postkantoor; GRUR 2004, 428, [X.] – [X.]; BPatG [X.] 2007, 351, 352 f. – Topline; [X.], 333, 335 ff. – Papaya).

Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

Meta

24 W (pat) 520/11

02.07.2013

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.07.2013, Az. 24 W (pat) 520/11 (REWIS RS 2013, 4579)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4579

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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