Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2016, Az. II ZR 74/14

II. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 8364

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:120716UIIZR74.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
II ZR
74/14
Verkündet am:

12. Juli
2016

Vondrasek

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 738 Abs. 1 Satz 2
Der Abfindungsanspruch des aus einer [X.] bürgerlichen Rechts Ausge-schiedenen richtet sich umfassend gegen die [X.]. Für einen von dem [X.] zu trennenden Ausgleichsanspruch gegen die in der [X.] verbliebenen [X.]er ist kein Raum.

[X.], Urteil vom 12. Juli 2016 -
II ZR 74/14 -
KG

[X.]

-
2
-
Der II.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12.
Juli 2016
durch
den
Richter Prof.
Dr.
Strohn als Vorsitzenden, die
Richterin [X.] sowie [X.], [X.] und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 23.
Zivilsenats des [X.] vom 3.
Februar 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger war [X.]er der Beklagten, einer in der Rechtsform der [X.] bürgerlichen Rechts geführten Anwaltssozietät. Er schied durch ordentliche Kündigung zum 31.
Dezember 2011 aus der [X.] aus, die gemäß §
4 Abs.
3 des [X.]svertrags von den beiden verbliebenen [X.]ern F.

und K.

fortgesetzt wird. Der [X.]svertrag enthält keine Regelung zur Abfindung eines durch Kündigung ausgeschiedenen [X.]ers.
1
-
3
-
Der Kläger macht nach einvernehmlicher Aufteilung des Inventars und der Mandate unter anderem geltend, dass noch die Kapitalkonten der Gesell-schafter auszugleichen seien, was insbesondere deshalb erforderlich sei, weil der [X.]er K.

in der Vergangenheit übermäßig hohe Beträge entnommen habe. Mit der von ihm erhobenen Stufenklage begehrt der Kläger die Errechnung und Auszahlung seiner (weitergehenden) Abfindung, wobei er die Erstellung einer [X.] in erster Linie unter Aussparung des be-reits aufgeteilten [X.] und Inventars beansprucht, hilfsweise un-ter umfassender Berücksichtigung der gesellschaftlichen Vermögenswerte.
Das [X.] hat die Beklagte durch Teilurteil auf der ersten Stufe un-ter Abweisung des [X.] gemäß dem Hilfsantrag zur Erstellung einer [X.] zum 31.
Dezember 2011 verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Stufenklage insgesamt abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Die Stufenklage sei insgesamt abzuweisen, weil die beklagte Gesell-schaft nicht Schuldnerin der geltend gemachten Ausgleichsansprüche sei. Ein Abfindungsanspruch gegen die [X.] bestehe nur, solange noch Gesell-schaftsvermögen zu verteilen sei. Nach Beendigung der Liquidation finde der 2
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6
-
4
-
interne Ausgleich, jedenfalls sofern es sich wie hier um eine überschaubare [X.] mit nur drei [X.]ern handele, ausschließlich zwischen den [X.]ern statt. Im Streitfall sei die Liquidation der Beklagten mit der ein-vernehmlichen Aufteilung des Inventars und der Mandate beendet. Für eine zusätzliche Bewertung der verbleibenden und der mitgenommenen Mandate und daraus folgende Ausgleichsansprüche sei nach der einvernehmlich vollzo-genen Realteilung kein Raum. Ein offener Dissens bestehe nur noch hinsicht-lich der Frage, ob und wie die Kapitalkonten auszugleichen seien. Der Streit hierüber sei aber zwischen den [X.]ern auszutragen.
Soweit die Beklagte, wie in der Berufungsverhandlung vorgetragen, [X.] einbehalten habe, die Mandanten auf vom Kläger mitgenommene Man-date geleistet hätten, werde sie zwar die zu Unrecht einbehaltenen Beträge noch an den Kläger auszahlen müssen. Der insoweit bestehende Anspruch des [X.] sei aber kein Abfindungsanspruch, sondern ein der beendeten Ausei-nandersetzung nachfolgender, hier nicht streitgegenständlicher Bereicherungs-anspruch.
II.
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der hier geltend gemachte, mit dem unterschiedlichen Stand der geführten [X.] und übermäßigen Entnahmen eines Mitgesellschafters begründete Zahlungsanspruch des [X.] ist Teil des gegen die Beklagte bestehenden Abfindungsanspruchs; die Beklagte trifft auch die Verpflichtung zur Aufstellung einer [X.].
1.
Das Berufungsgericht geht im Ansatzpunkt noch zutreffend davon aus, dass sich der Abfindungsanspruch nach §
738 Abs.
1 Satz
2 [X.] gegen die [X.] richtet, unbeschadet der daneben entsprechend §
128 [X.] für diese Verbindlichkeit der [X.] bestehenden persönlichen Haftung der 7
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-
5
-
[X.]er ([X.], Urteil vom 17.
Mai 2011

II
ZR
285/09, ZIP
2011, 1359 Rn.
11
f. [X.]). [X.] ist jedoch die Annahme des Berufungsge-richts, es sei bei der Anwendung von §
738 [X.] zwischen einer Liquidation
und einem nachfolgenden internen Ausgleich zu unterscheiden, der ausschließ-lich zwischen den [X.]ern stattzufinden habe.
a)
Das Berufungsgericht berücksichtigt nicht hinreichend, dass keine Li-quidation der beklagten [X.] stattgefunden hat. Die Beklagte ist viel-mehr von den beiden in der [X.] verbliebenen [X.]ern fortge-setzt worden und besteht als werbende [X.] mit entsprechendem [X.]svermögen weiter. Die durch das Ausscheiden eines [X.]ers bedingte
Auseinandersetzung ist zwischen dem [X.] und der [X.] vorzunehmen. Für einen hiervon zu trennenden internen [X.] ist jedenfalls während des Fortbestands der [X.] vorbe-haltlich abweichender Vereinbarungen kein Raum.
b)
Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die [X.] dem Aus-scheidenden dasjenige zu zahlen hat, was er bei der Auseinandersetzung [X.] würde, wenn die [X.] zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre (§
738 Abs.
1 Satz
2 [X.]). Die Ausrichtung des [X.] auf ein fiktives [X.] bedingt nicht die Über-nahme der im Fall der Auseinandersetzung in Betracht zu ziehenden Trennung zwischen der Abwicklung des [X.]svermögens (§
730 Abs.
1 [X.])
und dem internen Ausgleich unter den [X.]ern (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 15.
November 2011

II
ZR
266/09, [X.]Z
191, 293 Rn.
34; Urteil vom 13.
Oktober 2015

II
ZR
214/13, ZIP
2016, 216 Rn.
15
f. [X.]). Weder kommt es beim Ausscheiden eines [X.]ers zu einer mit der vollständigen Ver-teilung des [X.]svermögens verbundenen Vollbeendigung der Gesell-schaft (vgl. [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
730 Rn.
2
f.; Kilian in
10
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-
6
-
Henssler/Strohn, [X.], 2.
Aufl., §
730 [X.] Rn.
12, [X.]. [X.]; vgl. [X.]/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
149 Rn.
24 und §
155 Rn.
9 zur Berücksich-tigung fortbestehender Ansprüche aus §
735 [X.]), noch hätte eine entspre-chende Differenzierung praktische Erleichterungen zur Folge (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 13.
Oktober 2015

II
ZR
214/13, ZIP
2016, 216 Rn.
15
f.).
Das dem ausgeschiedenen [X.]er als Abfindung zustehende [X.] ist zwar auf der Grundlage des anteiligen Un-ternehmenswerts zu berechnen, die Abrechnung ist aber nicht auf die [X.] beschränkt. Vielmehr sind, sofern vor-handen, auch sonstige, nicht unternehmenswertbezogene gegenseitige [X.] aus dem [X.]sverhältnis in die Berechnung einzustellen ([X.], Urteil vom 17.
Mai 2011

II
ZR
285/09, ZIP
2011, 1359 Rn.
17 [X.]); dabei ist auch ein möglicher Anspruch auf Rückerstattung von Einlagen nach §
733 Abs.
2 [X.] zu berücksichtigen. Im Übrigen können zu dem Vermögen der [X.], das der Berechnung des Abfindungsanspruchs zugrunde zu legen ist, auch Ansprüche der [X.] gegen einen Mitgesellschafter auf Rück-zahlung unberechtigter Entnahmen gehören.
2.
Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufstellung einer [X.].
Dem Ausgeschiedenen steht zur Ermittlung seines Abfindungsanspruchs ein Anspruch auf Aufstellung der [X.] zu, der sich

jedenfalls auch

gegen die [X.] richtet (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
September 2008

II
ZR
257/07, ZIP
2008, 2359 Rn.
11). Er kann mit dem noch zu bezif-fernden Zahlungsanspruch in einer Stufenklage verbunden werden
([X.]/[X.], 6.
Aufl., §
738 Rn.
30; [X.]/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
131 Rn.
153; MünchKomm[X.]/K.
Schmidt, 4.
Aufl., §
131 Rn.
136; 12
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14
-
7
-
Roth in [X.]/[X.], [X.], 36.
Aufl., §
131 Rn.
57; [X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
131 Rn.
65).
III.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§
561 ZPO). Der Auffassung der Revisionser-widerung, der Kläger sei von der Beklagten bereits vollständig abgefunden [X.], kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht gefolgt werden.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Teilung der Sachwerte und die rechtlich nicht begrenzte
Möglichkeit, um die bisherigen Mandanten zu [X.], die sachlich nahe liegende und angemessene Art der Auseinandersetzung einer Freiberuflersozietät. Gehen die [X.]er in dieser Weise vor, ist damit der Geschäftswert abgegolten. Eine weitergehende Abfindung kann grundsätzlich nicht beansprucht werden und bedarf einer entsprechenden [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 31.
Mai 2010

II
ZR
29/09, ZIP
2010, 1594 Rn.
2 [X.]; Beschluss vom 18.
September 2012

II
ZR
94/10 juris).

Abfindung vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung ausschließt, ist im Streitfall indessen nicht festgestellt. Das Berufungsgericht hat zwar angenommen, dass sich die [X.]er auf eine Teilung der Sachwerte und die rechtlich nicht beschränkte Mitnahme von Mandaten geeinigt hätten, ohne einen weiteren Wertausgleich der Mandate vereinbart zu haben. Es hat in diesem Zusammen-hang die aus Rechtsgründen nicht zu beanstandende Feststellung getroffen, dass die Parteien sich hinsichtlich der Mandate darauf verständigt hätten, statt einer aufwendigen, mit Hilfe eines Sachverständigen durchzuführenden Ab-schichtung der Forderungen gegen die Mandanten eine schlichte Realteilung vorzunehmen.
15
16
17
-
8
-
Das Berufungsgericht
hat aber auch festgehalten, dass zwischen den [X.]ern ein offener Dissens hinsichtlich der Frage bestanden habe, ob und wie die Kapitalkonten auszugleichen seien. Bestehen insoweit noch auszu-gleichende Ansprüche, so schließt dies die Annahme einer
vollständigen Auftei-lung der in der Rechtsprechung des Senats so bezeichneten Sachwerte aus, zu denen neben körperlichen Gegenständen wie dem Büroinventar jedenfalls auch solche Forderungen gehören, die nicht einzelnen Mandatsverhältnissen zuzu-ordnen sind

ein möglicher Anspruch des [X.] auf Rückzahlung von Einlagen bzw. stehen gelassenen Gewinnen sowie ggf. Ansprüche der [X.] auf Rückzahlung überhöhter Entnahmen anderer [X.]er in Betracht zu ziehen.
IV.
Die Berufungsentscheidung ist danach aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die Sache ist, da sie nicht endentscheidungsreif ist, an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 und 3 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1.
Das Berufungsgericht wird sich hinsichtlich der Frage, ob der Kläger bereits vollständig abgefunden wurde, wie die Beklagte geltend macht, auch mit der Funktion der von den Parteien so bezeichneten Kapitalkonten zu befassen haben. Es ist nach den bisher getroffenen Feststellungen in Betracht zu ziehen, dass die erwähnten [X.]erkonten nicht, wie die Revisionserwiderung annimmt, (nur) den [X.]eiligen Kapitalanteil ausweisen, sondern (auch) der Er-fassung wechselseitiger Forderungen und Verbindlichkeiten dienen.
2.
Hinsichtlich der von der Beklagten vereinnahmten Zahlungen aus [X.], dass die [X.] auf den Stichtag des Ausscheidens zu erstellen 18
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9
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ist (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Dezember 1992

II
ZR
248/91, ZIP
1993, 195, 196 zum Anspruch auf Beteiligung am Ergebnis schwebender Geschäfte).

Strohn

[X.]

[X.]

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
10 [X.]/12 -

KG, Entscheidung vom 03.02.2014 -
23 [X.] -

Meta

II ZR 74/14

12.07.2016

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2016, Az. II ZR 74/14 (REWIS RS 2016, 8364)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8364

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

IV R 27/19

Zitiert

II ZR 74/14

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