Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2016, Az. II ZR 318/15

II. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 11931

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:030516UII[X.].15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM [X.] [X.]S VOLKES

URTEIL
II ZR
318/15
Verkündet am:

3.
Mai 2016

Vondrasek

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 8.
April 2016 eingereicht werden konnten, durch
den Vorsitzen[X.]
Dr.
Bergmann und [X.]
Dr.
Strohn, die Richterin [X.], die Richter Prof.
Dr.
Drescher und Born

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird der Beschluss des 24.
Zivilsenats in [X.] des Oberlandesgerichts
[X.] am [X.] vom 27. Juli 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Beklagte war Geschäftsführer der S.

GmbH (im Folgenden:
Schuldnerin), über deren Vermögen am 4. Januar 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Klägerin ist die Insolvenzverwalterin und hat mit der Klage Ersatz für Zahlungseingänge nach Insolvenzreife auf dem debitorisch geführten Konto der Schuldnerin
bei der [X.].

eG zwischen dem 14.
Mai 1
-
3
-

u-gunsten der [X.].

eG bestand eine Globalzession.
Die Klage hatte vor dem [X.]. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten durch Beschluss zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
[X.] Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt, die von dem Geschäftsführer der insolventen GmbH veranlassten oder zugelassenen Zahlungen von [X.] auf ein debitorisches Bankkonto seien grundsätzlich ihm zuzurechnende, gemäß §
64 Satz 1 GmbHG verbotene Zahlungen, weil dadurch das Aktivvermögen der [X.] und zum Vorteil der Bank geschmälert werde. Etwas anderes gelte hier auch nicht im Hinblick auf die Globalzession an die [X.].

.
Die Schuldnerin sei gleichwohl [X.] gewesen, die abgetretenen Forderungen einzuziehen. Hätte sie diese Ansprüche auf ein anderes Konto eingezogen, wäre dies gegenüber der Spar-kasse D.

wirksam und diese auf Ansprüche gegen die Insolvenzschuldne-rin aus §
816 Abs. 2 BGB verwiesen gewesen. Folglich wäre nicht ausschließ-lich die [X.].

befriedigt worden, sondern die zur Verteilung an die Gläubiger bereitstehende Masse größer geworden.

2
3
4
-
4
-
I[X.] Das Urteil hält der
revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die auf dem Konto eingegangenen Zahlungen sind aufgrund der Globalzession nicht ohne weiteres als Zahlungen im Sinne von § 64 Satz 1 GmbHG zu werten.
1.
Der Einzug von Forderungen einer [X.] GmbH auf ein debi-torisches Konto ist zwar, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, grundsätzlich eine masseschmälernde Zahlung im Sinne von §
64 Satz
1 GmbHG, weil dadurch das Aktivvermögen der Gesellschaft zu Gunsten der Bank geschmälert wird ([X.], Urteil vom 23.
Juni 2015

II
ZR
366/13, [X.]Z
206, 52 mwN).
2.
Der zwischen der Schuldnerin und der [X.].

abge-schlossene Globalabtretungsvertrag kann die Annahme masseschmälernder Zahlungen durch die Einziehung von Forderungen auf das debitorisch geführte Konto jedoch ausschließen.
a)
Wie der Senat mit Urteil vom 23. Juni 2015 (II
ZR
366/13, [X.]Z
206, 52 Rn.
12
ff.; ebenso [X.], Urteil vom 8.
Dezember 2015

II
ZR
68/14, ZIP
2016, 364 Rn.
13
ff.; Urteil vom 26.
Januar 2016

II
ZR
394/13, Umdruck S.
16
ff.) entschieden hat, stellen der Einzug von Forderungen, die an die [X.] abgetreten waren, auf einem debitorischen Konto der GmbH und die anschließende Verrechnung mit dem Sollsaldo keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung im Sinn von §
64 Satz
1 GmbHG dar, wenn vor Insolvenzreife die Sicherungsabtretung vereinbart und die Forderung der Gesellschaft entstanden und werthaltig geworden ist.
Der Geschäftsführer muss in solchen Fällen die sicherungsabgetretene Forderung ungeachtet der bestehenden Einziehungsermächtigung nicht durch Einziehung auf ein neu eröffnetes, kreditorisch geführtes Konto bei einer ande-ren Bank der Einziehung und Verrechnung auf dem debitorischen Konto entzie-5
6
7
8
9
-
5
-
hen, da eine solche Umleitung der Zahlungen auf ein anderes Konto nicht ei-nem ordentlichen Geschäftsgebaren entspräche ([X.], Urteil vom 23.
Juni 2015

II
ZR
366/13, [X.]Z
206, 52 Rn.
16
ff.; Urteil vom 8.
Dezember 2015

II
ZR
68/14, ZIP
2016, 364 Rn.
16; Urteil vom 26.
Januar 2016

II
ZR
394/13, Umdruck S.
17). Da die eingezogene Forderung infolge der Sicherungsabtre-tung nicht mehr als freie Masse den Gläubigern zur gleichmäßigen Befriedigung zur Verfügung stand, verlangt auch der Zweck des Zahlungsverbots, die vor-handene Masse zu sichern, nicht, die Zahlung einzubehalten. Die Masse würde durch den Einzug von [X.] Forderungen ohne Weiterleitung nicht nur erhalten, sondern vergrößert ([X.], Urteil vom 23.
Juni 2015

II
ZR
366/13, [X.]Z
206, 52 Rn.
18; Urteil vom 8.
Dezember 2015

II
ZR
68/14, ZIP
2016, 364 Rn.
16; Urteil vom 26.
Januar 2016

II
ZR
394/13, Umdruck S.
17).
b)
Wenn allerdings die vor Insolvenzreife zur Sicherheit abgetretene zu-künftige Forderung erst nach Eintritt der Insolvenzreife entstanden ist oder wenn sie zwar vor Eintritt der Insolvenzreife entstanden, aber erst danach [X.] geworden ist und der Geschäftsführer die Entstehung der Forderung oder deren Werthaltigwerden hätte verhindern können, liegt eine masseschmälernde Leistung durch die der Bank zugutekommende Zahlung grundsätzlich vor. Der Geschäftsführer kann zwar nicht verhindern, dass der Zessionar die ihm zur Sicherheit abgetretene Forderung nach Insolvenzreife verwertet. Er darf aber nicht bewirken, dass der Zessionar zu Lasten der Masse nach Insolvenzreife noch eine werthaltige Forderung erwirbt, §
64 Satz
1 GmbHG ([X.], Urteil vom 23.
Juni 2015

II
ZR
366/13, [X.]Z
206, 52 Rn.
19; Urteil vom 8.
Dezember 2015

II
ZR
68/14, ZIP
2016, 364 Rn.
17; Urteil vom 26.
Januar 2016

II
ZR
394/13, Umdruck S.
17
f.).

10
-
6
-
aa)
Im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung ist der [X.] mit dem Zustandekommen des [X.] abgeschlossen. Der [X.] auf den Gläubiger vollzieht sich jedoch erst mit dem
Ent-stehen der Forderung. Wenn die Abtretung bereits vor der Insolvenzreife für künftige Forderungen vereinbart wurde, kann gleichwohl eine Masseschmäle-rung eintreten, deren Ursache nicht in der Abtretungsvereinbarung, sondern darin liegt, dass die sicherungsabgetretene Forderung nicht mehr zugunsten des Vermögens der GmbH, sondern zugunsten des Zessionars entsteht. Wenn der Geschäftsführer die Zession

etwa durch die Kündigung des Kontokorrent-vertrages

oder das Entstehen der Forderung nach Eintritt der Insolvenzreife verhindern kann, liegt daher im Ergebnis eine von ihm veranlasste Leistung an die Bank vor, wenn die Forderung nach der vor Insolvenzreife vereinbarten Si-cherungsabtretung an die Bank entsteht und von ihr verwertet wird. Das betrifft vor allem Verträge, die die Schuldnerin nach Eintritt der Insolvenzreife eingeht und bei denen der Anspruch auf die Gegenleistung für eine Leistung der Schuldnerin aufgrund der Sicherungsabtretung der Bank zusteht ([X.], Urteil vom 23.
Juni 2015

II
ZR
366/13, [X.]Z
206, 52 Rn.
22 mwN; Urteil vom 8.
Dezember 2015

II
ZR
68/14, ZIP
2016, 364 Rn.
18; Urteil vom 26.
Januar 2016

II
ZR
394/13, Umdruck S.
18).
[X.])
Das gleiche gilt, wenn der Anspruch auf die Gegenleistung rechtlich zwar bereits entstanden ist, zulasten des Vermögens der Schuldnerin aber erst nach Eintritt der Insolvenzreife werthaltig gemacht wird, etwa indem die Schuld-nerin die von ihr vertraglich zugesagte Leistung erbringt. Die Masseschmäle-rung liegt in diesen Fällen darin, dass die abgetretene Forderung zugunsten des Gläubigers werthaltig gemacht worden ist. Die Wertschöpfung geschieht dann zu Lasten der Gläubigergesamtheit bzw. der Masse und zugunsten des gesicherten Gläubigers ([X.], Urteil vom 23.
Juni 2015

II
ZR
366/13, 11
12
-
7
-
[X.]Z
206, 52 Rn.
23; Urteil vom 8.
Dezember 2015

II
ZR
68/14, ZIP
2016, 364 Rn.
17; Urteil vom 26.
Januar 2016

II
ZR
394/13, Umdruck S.
18).
II[X.]
Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO). Zwar bestand un-streitig eine Globalzession zugunsten der [X.].

. Das Berufungs-gericht hat

von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig
-
aber noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die auf dem debitorischen Konto eingezoge-nen Forderungen der Globalzession unterfielen. Außerdem ist dem Beklagten Gelegenheit zu geben, zum Zeitpunkt des Entstehens bzw. des Werthaltigwer-dens der eingezogenen Forderungen vorzutragen. Die Darlegungs-
und Be-weislast dafür, dass die auf das Kontokorrentkonto eingezogenen Forderungen, für die die Klägerin Ersatz verlangt, von der Globalzession erfasst und vor dem Eintritt der Insolvenzreife entstanden bzw. werthaltig gemacht worden sind, liegt bei dem beklagten Geschäftsführer (vgl. [X.], Urteil vom 23.
Juni 2015

II
ZR
366/13, [X.]Z
206, 52 Rn.
34; Urteil vom 8.
Dezember 2015

13
-
8
-

II
ZR
68/14, ZIP
2016, 364 Rn.
27; Urteil vom 26.
Januar 2016

II
ZR
394/13, Umdruck S.
19).

Bergmann

Strohn

Reichart

Drescher

Born

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 28.04.2014 -
28 O
152/12 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 27.07.2015 -
24 [X.] -

Meta

II ZR 318/15

03.05.2016

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2016, Az. II ZR 318/15 (REWIS RS 2016, 11931)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11931

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 77/15 (Bundesgerichtshof)


II ZR 318/15 (Bundesgerichtshof)

Persönliche Haftung des Geschäftsführers einer insolvenzreifen GmbH: Einziehung von im Rahmen einer Globalzession an eine …


II ZR 68/14 (Bundesgerichtshof)


II ZR 366/13 (Bundesgerichtshof)

Persönliche Haftung des Geschäftsführers einer insolvenzreifen GmbH: Einziehung von im Rahmen einer Globalzession an eine …


II ZR 366/13 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.