Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Persönliche Haftung des Geschäftsführers einer insolvenzreifen GmbH: Einziehung von im Rahmen einer Globalzession an eine Bank mitabgetretenen Forderungen und Zulassung deren Verrechnung auf einem im Soll geführten Geschäftskonto
1. Der Einzug von Forderungen, die an die Bank zur Sicherheit abgetreten waren, auf einem debitorischen Konto der GmbH und die anschließende Verrechnung mit dem Sollsaldo ist grundsätzlich keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung im Sinn von § 64 GmbHG, wenn vor Insolvenzreife die Sicherungsabtretung vereinbart und die Forderung der Gesellschaft entstanden und werthaltig geworden ist.
2. Eine Zahlung kann auch ausscheiden, soweit infolge der Verminderung des Debetsaldos durch die Einziehung und Verrechnung einer Forderung weitere sicherungsabgetretene Forderungen frei werden.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des [X.] vom 16. Oktober 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Beklagte war Geschäftsführerin der [[X.].] (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen am 16. Juni 2009 auf [[X.].] vom 11. Juni 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger ist zum Insolvenzverwalter bestellt.
Die Schuldnerin unterhielt u.a. bei der [[X.].] ein Kontokorrentkonto mit einer Kreditlinie von 150.000 €. Durch [[X.].] vom 11. Dezember 2003 trat die Schuldnerin der Sparkasse zur Sicherung aller Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen gegen Dritte mit Ausnahme der Anfangsbuchstaben [X.] und [X.] sicherungshalber ab.
Zwischen dem 2. Mai 2008 und dem 10. Juni 2008 wurden auf das Kontokorrentkonto der Schuldnerin, das durchgängig im Soll geführt wurde, Zahlungseingänge in Höhe von insgesamt 41.116,12 € gebucht, davon zwei Rücklastschriften in Höhe von zusammen 1.067,24 €. Die Sparkasse hat nach einer insolvenzrechtlichen Anfechtung 9.979,74 € an den Kläger ausbezahlt.
Mit der Klage hat der Kläger von der Beklagten Zahlung von 30.069,14 € nach § 64 Abs. 2 GmbHG aF verlangt, die Summe der auf dem Kontokorrentkonto gebuchten Eingänge in Höhe von 41.116,12 € abzüglich der Rücklastschriften in Höhe von 1.067,24 € und der von der Sparkasse geleisteten 9.979,74 €.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von 30.069,14 € nebst Zinsen verurteilt und ihr vorbehalten, nach Erstattung des [X.] an die Masse ihre Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen decken, welche die durch die verbotswidrigen Zahlungen begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger als Insolvenzverwalter zu verfolgen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Beklagten.
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht ([X.] [X.], juris) hat ausgeführt, die Beklagte sei dem Kläger wegen Verletzung ihrer Massesicherungspflicht durch Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife der Schuldnerin gemäß § 64 Abs. 2 S.1 GmbHG aF zum Schadensersatz verpflichtet. Seit Ende März 2008 sei die Schuldnerin zahlungsunfähig und damit insolvenzreif gewesen.
Der vom Geschäftsführer einer [X.] GmbH veranlasste Einzug von Forderungen auf ein debitorisches Bankkonto der GmbH sei grundsätzlich als eine ihm zuzurechnende, gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. verbotene Zahlung zu qualifizieren, weil dadurch das Aktivvermögen der [X.] (und zum Vorteil der Bank) geschmälert werde. Der Geschäftsführer müsse in diesem Stadium, wenn er schon seiner Insolvenzantragspflicht gemäß § 64 Abs. 1 [X.] aF nicht rechtzeitig nachkomme, aufgrund seiner Masseerhaltungspflicht wenigstens dafür sorgen, dass entsprechende Zahlungen als Äquivalent für dadurch erfüllte [X.]sforderungen der Masse zugutekämen. Die primär auf Masseerhaltung zielende Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers gebiete es, in einer derartigen Situation ein neues, kreditorisch geführtes Konto bei einer anderen Bank zu eröffnen und den aktuellen [X.] die geänderte Bankverbindung unverzüglich bekannt zu geben. Die Beklagte habe ein solches Konto nicht eröffnet und hafte deshalb auf Schadensersatz.
An dieser Rechtsfolge vermöge der Umstand nichts zu ändern, dass die Einzahlungen auf das debitorisch geführte Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse im Rahmen einer bereits am 11. Dezember 2003 erfolgten [X.] aller der Schuldnerin gegenwärtig und zukünftig zustehenden Forderungen an die Bank erfolgt seien. Ob zugelassene Gutschriften auf einem debitorischen Konto für den Geschäftsführer einer [X.] GmbH im Falle einer [X.] ausnahmsweise unschädlich seien, könne offengelassen werden, weil die Sparkasse bei Eingang der Zahlungen auf das bei ihr debitorisch geführte Konto und deren Verrechnung mit ihren Kontokorrentforderungen im Sinne des § 130 Abs. 2 [X.] Kenntnis von den Umständen gehabt habe, die auf eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zumindest ab Mai 2008 schließen ließen, und damit jedenfalls der Tatbestand einer (weitergehenden) Insolvenzanfechtung nach Maßgabe des § 130 Abs. 1 Nr. 1 [X.] gegeben wäre. Die Sparkasse habe kein anfechtungsfestes Absonderungsrecht (§ 51 Nr. 1 [X.]) erworben. Sie habe anlässlich eines Bankgesprächs im März 2008 aus einem Kurzgutachten gewusst, dass die Schuldnerin bereits zu diesem Zeitpunkt faktisch infolge Zahlungsunfähigkeit insolvenzreif gewesen sei, weil die Kontokorrentkredite ausgelastet gewesen seien, die bestehenden Liquiditätsengpässe aus den Einkünften aus dem operativen Geschäft kurzfristig nicht hätten beseitigt werden können und die Sparkasse ihrerseits zu einer Ausweitung der Kreditlinie oder Umschuldung der Kreditvolumina nicht bereit gewesen sei.
II. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Einzug von Forderungen einer [X.] GmbH auf ein debitorisches Konto grundsätzlich eine masseschmälernde Zahlung im Sinn von § 64 Abs. 2 GmbHG aF (§ 64 Satz 1 GmbHG nF) ist, weil dadurch das Aktivvermögen der [X.] zu Gunsten der Bank geschmälert wird ([X.], Urteil vom 3. Juni 2014 - [X.], [X.], 1523 Rn. 16; Urteil vom 26. März 2007 - [X.], [X.], 1006 Rn. 12; Urteil vom 29. November 1999 - [X.], [X.]Z 143, 184, 187 f.). Der auf das debitorische Konto eingezahlte Betrag wird aufgrund der [X.] mit dem Sollsaldo bzw. mit dem [X.] der Bank verrechnet und damit mit [X.]smitteln an einen Gläubiger, hier die Bank, gezahlt. Insoweit liegt der Fall im Ergebnis nicht anders als wenn die GmbH mit Barmitteln, die von einem ihrer Schuldner in ihre Kasse gelangt sind, einen Gläubiger durch Barzahlung befriedigt.
2. Der Einzug von Forderungen, die an die [X.] abgetreten waren, auf einem debitorischen Konto der GmbH und die anschließende Verrechnung mit dem Sollsaldo stellen aber keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung im Sinn von § 64 Abs. 2 GmbHG aF (§ 64 Satz 1 GmbHG nF) dar, wenn vor Insolvenzreife die Sicherungsabtretung vereinbart und die Forderung der [X.] entstanden und werthaltig geworden ist.
a) Der Einzug von Forderungen auf einem debitorischen Konto, die an die [X.] abgetreten waren, ist grundsätzlich keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung im Sinn von § 64 Abs. 2 GmbHG aF (§ 64 Satz 1 GmbHG n.F.). § 64 Abs. 2 GmbHG aF meint mit „Zahlung“ eine Leistung der Schuldnerin, durch welche die den Gläubigern zur Verfügung stehende Vermögensmasse geschmälert wird. Soweit durch einen Vorgang die den Gläubigern zur Verwertung zur Verfügung stehende Masse nicht geschmälert wird, liegt keine Zahlung vor. § 64 Abs. 2 GmbHG aF soll wie die [X.] § 130a Abs. 1 HGB im Interesse einer Gleichbehandlung der Gläubiger lediglich eine Schmälerung der Masse nach Eintritt der Insolvenzreife ausgleichen (st. Rspr., [X.], Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.], 71 Rn. 9, z.[X.]. in [X.]Z mwN).
Die Verrechnung des infolge der Einzahlung auf dem Konto gutgeschriebenen Betrags schmälert die Masse nicht, weil die zur Sicherheit an die Bank abgetretene und eingezogene Forderung den Gläubigern nicht zur Verwertung zur Verfügung steht und der Geschäftsführer die Verwertung zugunsten der Bank als ordentlicher Geschäftsmann nicht verhindern muss.
aa) [X.] Forderungen eines Schuldners zählen zwar zur Insolvenzmasse im Sinn von § 35 [X.], die der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliegen. Sie stehen aber nicht als freie Masse den Gläubigern zur gleichmäßigen Befriedigung zur Verfügung, sondern nur dem Zessionar. Der Zessionar hat ein Absonderungsrecht (§ 51 Nr. 1 [X.]). Auch der Insolvenzverwalter muss nach einer Verwertung den absonderungsberechtigten Gläubiger befriedigen (§ 170 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Dass die Kosten der Feststellung und der Verwertung vorweg zu entnehmen sind (§ 170 Abs. 1 Satz 1 [X.]), führt nicht zu einer Teilverwertung zugunsten aller Gläubiger, weil damit nur die durch die Verwertung verursachten Kosten gedeckt werden sollen.
bb) Der Geschäftsführer einer GmbH muss die sicherungsabgetretene Forderung auch nicht durch Einziehung auf ein neu eröffnetes, kreditorisch geführtes Konto bei einer anderen Bank der Einziehung und Verrechnung auf dem debitorischen Konto entziehen (vgl. Strohn, [X.] 2011, 1161, 1166). Besteht keine [X.] zugunsten der Bank, muss der Geschäftsführer einer GmbH nach der Rechtsprechung des [X.] allerdings dafür Sorge tragen, dass Schuldner nicht auf ein debitorisches Bankkonto einzahlen, und obliegt es ihm, eine Zahlung im Sinn von § 64 Abs. 2 GmbHG aF an die Bank etwa durch Eröffnung eines kreditorisch geführten Bankkontos oder Vereinbarung von Barzahlung zu vermeiden (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 2007 - [X.], [X.], 1006 Rn. 12; Urteil vom 29. November 1999 - [X.], [X.]Z 143, 184, 188).
Ist die Forderung im Rahmen einer [X.] an die Bank abgetreten, kann der Geschäftsführer die Zahlung zugunsten der Bank zwar ebenfalls durch Vereinbarung einer Barzahlung oder Eröffnung eines Kontos bei einer anderen Bank und Umleitung der Zahlung auf dieses Konto verhindern. Durch Umleitung der Zahlung des jeweiligen Kunden auf die sicherungszedierte Forderung auf ein Konto bei einer anderen Bank wäre die Forderung der Schuldnerin auch mit Wirkung gegenüber der [X.] erloschen, zugleich das an der Forderung bestehende Absonderungsrecht. Die Sicherungsnehmerin hätte kein Ersatzabsonderungsrecht entsprechend § 48 [X.] erworben, da der Einzug aufgrund der Einzugsermächtigung berechtigt gewesen wäre (vgl. [X.], Urteil vom 6. April 2006 - [X.], [X.], 1009 Rn. 17 f. mwN; Urteil vom 12. Februar 2015 - [X.], [X.], 585 Rn. 12 f.). Die Schuldnerin war nach 9.1. der [X.]svereinbarung zur Einziehung im ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebe berechtigt, wie dies regelmäßig bei der Sicherungszession vereinbart wird. [X.] kann der Forderungseinzug auf anderem Wege zwar sein, wenn das Konto bei der [X.] als Zielkonto vereinbart ist (vgl. MünchKomm [X.]/Ganter, 3. Aufl., Vorbemerkungen vor §§ 49 bis 52 Rn. 171 und 173a); eine solche Vereinbarung über einen Forderungseinzug nur auf das Konto der Bank enthält die [X.]svereinbarung aber nicht.
Die Umleitung der Zahlungen auf ein anderes Konto entspräche aber nicht einem ordentlichen Geschäftsgebaren. Wenn der Gegenwert der abgetretenen Forderung nicht bei der [X.], sondern unmittelbar beim Zedenten eingeht, ist die Schuldnerin meist jedenfalls auf Verlangen der [X.] verpflichtet, wie hier auch in 9.2. der [X.]svereinbarung vorgesehen ist. Die Weiterleitung ist dem Geschäftsführer nicht nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG aF/§ 64 Satz 2 GmbHG nF verboten, weil bereits die Einziehung mit der Verpflichtung zur Weiterleitung verbunden ist und er insoweit jedenfalls mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns handelt (vgl. auch [X.], Urteil vom 5. Mai 2008 - [X.], [X.], 1229 Rn. 12 ff.). Da die eingezogene Forderung infolge der Sicherungsabtretung nicht mehr als freie Masse den Gläubigern zur gleichmäßigen Befriedigung zur Verfügung stand, verlangt auch der Zweck des Zahlungsverbots, die vorhandene Masse zu sichern, nicht, die Zahlung einzubehalten. Die Masse würde durch den Einzug von [X.] Forderungen ohne Weiterleitung nicht nur erhalten, sondern vergrößert.
b) Eine masseschmälernde Leistung durch die Zahlung liegt aber vor, wenn die zur Sicherheit abgetretene Forderung erst nach Eintritt der Insolvenzreife entstanden ist oder zwar vor Eintritt der Insolvenzreife entstanden, aber erst danach werthaltig geworden ist und der Geschäftsführer dies verhindern konnte. Der Geschäftsführer kann zwar nach Insolvenzreife nicht verhindern, dass der Zessionar die ihm zur Sicherheit abgetretene Forderung verwertet. Er darf aber nicht bewirken, dass der Zessionar zu Lasten der Masse nach Insolvenzreife noch eine werthaltige Forderung erwirbt, § 64 Abs. 2 GmbHG aF.
aa) Die Bewirkung einer masseschmälernden Leistung kann bereits darin liegen, dass die [X.] eine Forderung an einen ihrer Gläubiger abtritt und so die Forderung aus ihrem Vermögen absondert. Eine Sicherungszession, die erst nach Eintritt der Insolvenzreife vereinbart wird, steht daher einer Bewertung der dadurch verursachten Einziehungen von Forderungen auf ein debitorisches Konto als masseschmälernde Leistung nicht entgegen. Die [X.] tritt endgültig zwar erst mit dem Einzug der Forderung zugunsten des Zessionars ein, wenn der Schuldner zahlt und der Zessionar die Zahlung verrechnet. Die Verkürzung der Masse ist aber bereits unwiderruflich mit der Abtretung veranlasst. Die masseschmälernde Leistung durch den Geschäftsführer liegt in diesem Fall bereits in der Abtretungsvereinbarung, für die der Geschäftsführer danach gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG aF haftet, wenn die Forderung später zugunsten des Gläubigers eingezogen wird.
bb) Eine masseschmälernde Leistung wird dem entsprechend auch an die Bank als Zessionar bewirkt, wenn die Sicherungsabtretung zwar bereits vor Insolvenzreife vereinbart worden ist, die Forderung aber erst nach Insolvenzreife entsteht oder werthaltig gemacht wird.
Im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung ist der Verfügungstatbestand mit dem Zustandekommen des [X.] abgeschlossen. Der [X.] auf den Gläubiger vollzieht sich jedoch erst mit dem Entstehen der Forderung ([X.], Urteil vom 19. September 1983 - [X.], [X.]Z 88, 205, 206; Urteil vom 20. September 2012 - [X.], [X.], 2358 Rn. 13). Wenn - wie hier - die Abtretung bereits vor der Insolvenzreife für künftige Forderungen vereinbart ist, liegt die Ursache für die [X.] nicht in der Abtretungsvereinbarung, sondern darin, dass die sicherungsabgetretene Forderung nicht mehr zugunsten des Vermögens der GmbH, sondern zugunsten des Zessionars entsteht. Wenn der Geschäftsführer der GmbH die Zession - etwa durch die Kündigung des Kontokorrentvertrages - oder das Entstehen der Forderung nach Eintritt der Insolvenzreife verhindern kann, liegt daher im Ergebnis eine von ihm veranlasste Leistung an die Bank vor, wenn die Forderung nach der Sicherungsabtretung an die Bank entsteht und von ihr verwertet wird. Das betrifft vor allem Verträge, die die Schuldnerin nach Eintritt der Insolvenzreife eingeht und bei denen der Anspruch auf die Gegenleistung für eine Leistung der Schuldnerin aufgrund der Sicherungsabtretung der Bank zusteht.
Das gleiche gilt, wenn der Anspruch auf die Gegenleistung rechtlich zwar bereits entstanden ist, zulasten des Vermögens der Schuldnerin aber erst nach Eintritt der Insolvenzreife werthaltig gemacht wird, etwa indem die Schuldnerin die von ihr vertraglich zugesagte Leistung erbringt. Die [X.] liegt in diesen Fällen darin, dass die abgetretene Forderung zugunsten des Gläubigers werthaltig gemacht worden ist. Die Wertschöpfung geschieht dann zu Lasten der Gläubigergesamtheit bzw. der Masse und zugunsten des gesicherten Gläubigers (vgl. zur Werthaltigmachung bei der Insolvenzanfechtung [X.], Urteil vom 29. November 2007 - [X.], [X.]Z 174, 297 Rn. 36).
Dass der Geschäftsführer durch das „Zahlungsverbot“ des § 64 Abs. 2 GmbHG aF daran gehindert wird, das Unternehmen nach Insolvenzreife fortzuführen, ist ein Reflex dieser Vorschrift. § 64 Abs. 2 GmbHG aF soll in erster Linie im Interesse einer Gleichbehandlung der Gläubiger eine Schmälerung der Masse nach Eintritt der Insolvenzreife ausgleichen (st. Rspr., [X.], Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.], 71 Rn. 9, z.[X.]. in [X.]Z mwN; Beschluss vom 2. Dezember 2014 - [X.], [X.], 68 Rn. 8). Damit wird der Geschäftsführer angehalten, nach Insolvenzreife die Masse zur Verwertung durch die Gläubiger zu erhalten (vgl. [X.], Urteil vom 8. Januar 2001 - [X.], [X.]Z 146, 264, 275). Das verbietet es ihm, das Unternehmen auf Kosten und Gefahr der Gläubigergesamtheit mit dem Risiko weiterer Masseminderungen fortzuführen. Soweit ausnahmsweise eine konkrete Chance auf Sanierung und Fortführung im Insolvenzverfahren zunichte gemacht werden würde, wenn der Betrieb ohne Begründung neuer Forderungen oder ihrer Werthaltigmachung eingestellt werden müsste, können Zahlungen zur Vermeidung noch größerer Nachteile mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sein und damit das Verschulden entfallen lassen (§ 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG aF; vgl. [X.], Urteil vom 8. Januar 2001 - [X.], [X.]Z 146, 264, 274 f.; Beschluss vom 5. November 2007 - [X.], [X.], 72 Rn. 6).
3. Eine Zahlung kann zwar auch ausscheiden, soweit infolge der Verminderung des [X.] durch die Einziehung und Verrechnung einer Forderung weitere sicherungsabgetretene Forderungen frei geworden sind. Auf das Freiwerden von Sicherheiten hat sich die Beklagte aber nicht berufen.
Wenn eine Zahlung an einen absonderungsberechtigten, durch eine [X.] besicherten Gläubiger geleistet wird, liegt ein Aktiventausch vor, soweit infolge der Zahlung die [X.] frei wird und der Verwertung zugunsten aller Gläubiger zur Verfügung steht. Bei einem solchen Aktiventausch entfällt im wirtschaftlichen Ergebnis eine masseschädliche Zahlung (vgl. [X.], Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.], 71 Rn. 9, z.[X.]. in [X.]Z mwN). Wenn die Sicherheit in der Abtretung von Forderungen besteht, bewirkt eine Zahlung an den Zessionar einen solchen Aktiventausch, soweit infolge dieses Vorgangs sicherungsabgetretene werthaltige Forderungen frei werden und in das zur gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger bestimmte Vermögen der [X.] gelangen (vgl. auch zum umgekehrten Fall [X.], Urteil vom 25. Januar 2011 - [X.], [X.], 422 Rn. 26). Dafür, dass infolge der Einzahlungen auf das debitorisch geführte Konto von der [X.] erfasste Forderungen der Schuldnerin frei geworden wären, bestehen keine Anhaltspunkte.
4. Soweit danach infolge des Bestehens eines Absonderungsrechts der Bank im Einzug der Forderungen auf das debitorisch geführte Konto keine masseschmälernde Leistung liegt, ändert sich am Fehlen eines Anspruchs nach § 64 Abs. 2 GmbHG aF entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nichts, wenn die Bank kein anfechtungsfestes Absonderungsrecht erworben hat.
a) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist eine Verrechnung auf dem Konto nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] unzulässig, wenn die Bank die Möglichkeit zu der Verrechnung anfechtbar erworben hat. Bei der Einziehung einer Forderung auf ein Bankkonto, die von einer [X.] zugunsten der Bank erfasst wird, ist die erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung gegeben, wenn die Bank an vor dem Eingang des [X.] entstandenen oder werthaltig gewordenen Forderungen kein anfechtungsfestes Absonderungsrecht erworben hat (vgl. [X.], Urteil vom 29. November 2007 - [X.], [X.]Z 174, 297 Rn. 13). Der anfechtbare Erwerb der [X.] hat zur Folge, dass eine vor Insolvenzeröffnung erfolgte Verrechnung des Sollsaldos mit dem gutzuschreibenden Betrag nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] mit der Verfahrenseröffnung insolvenzrechtlich unwirksam ist (vgl. [X.], Urteil vom 9. Oktober 2003 - [X.], [X.], 2370, 2371; Urteil vom 22. Juli 2004 - [X.], [X.], 1912, 1913; Beschluss vom 2. Juni 2005 - [X.], [X.], 1334, 1335; Urteil vom 28. September 2006 - [X.], [X.]Z 169, 158 Rn. 11; Urteil vom 14. Februar 2013 - [X.], [X.], 588 Rn. 8). Der Insolvenzverwalter kann den [X.] - den aus der Gutschrift folgenden Herausgabeanspruch nach § 667 BGB gegen die Bank - geltend machen und den [X.] mit der Gegeneinrede der Anfechtbarkeit abwehren (vgl. [X.], Urteil vom 29. Juni 2004 - [X.], [X.]Z 159, 388, 393; Urteil vom 28. September 2006 - [X.], [X.]Z 169, 158 Rn. 16; Urteil vom 14. Februar 2013 - [X.], [X.], 588 Rn. 8).
b) Dass der Insolvenzverwalter aufgrund der Anfechtbarkeit des Absonderungsrechts den [X.] auf Auskehr des erlangten Betrags gegen die Bank so geltend machen kann, als sei keine Verrechnung erfolgt, führt aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zum rückwirkenden Entstehen eines Anspruchs nach § 64 Abs. 2 GmbHG aF. Ein Vorgang, der keine masseschmälernde Zahlung ist, kann nicht nachträglich durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu einer masseschmälernden Zahlung werden, und aus einem entschuldigten Verhalten (§ 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG aF) kann kein schuldhaftes Verhalten werden. Der Anspruch nach § 64 Abs. 2 GmbHG aF setzt im Gegensatz zur Insolvenzanfechtung nicht eine Insolvenzeröffnung, sondern nur Insolvenzreife voraus (vgl. [X.], Urteil vom 11. September 2000 - [X.], [X.], 1896, 1897 f.; Beschluss vom 23. September 2010 - [X.], [X.], 2107 Rn. 13 ff.; Beschluss vom 2. Dezember 2014 - [X.], [X.], 68 Rn. 8).
c) Im Übrigen würde die erfolgreiche Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch den Insolvenzverwalter gegen die Bank dazu führen, dass ein gegebenenfalls zuvor bestehender Anspruch nach § 64 Abs. 2 GmbHG aF entfällt. Der Erstattungsanspruch gegen das Organ entfällt, wenn es dem Insolvenzverwalter gelingt, durch eine Insolvenzanfechtung eine Rückerstattung der Zahlung zu erreichen und so die [X.] wettzumachen ([X.], Urteil vom 18. Dezember 1995 - [X.], [X.]Z 131, 325, 327; Urteil vom 3. Juni 2014 - [X.], [X.], 1523 Rn. 14; Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.], 71 Rn. 9 z.[X.]. in [X.]Z). Soweit der Kläger Anfechtungserlöse erzielt hat, hat er sie auch von der errechneten Forderung in Abzug gebracht.
5. Soweit nach dem Vorstehenden trotz der [X.] die Zahlungen auf das debitorische Konto zu einer [X.] geführt haben können, entfällt der Ersatzanspruch entgegen der Rechtsauffassung der Revision nicht schon dadurch teilweise, dass die Bank nach den Zahlungseingängen Verfügungen über das Konto zugelassen hat und zulasten des Kontos Zahlungen an Gläubiger der [X.] geleistet wurden.
Wenn mit der Zahlung auf das debitorische Konto zugleich ermöglicht wird, andere Gläubiger mit den Mitteln dieses debitorischen Kontos zu befriedigen, ändert das nichts daran, dass die auf das debitorische Konto gelangte Zahlung am Ende in der Masse fehlt (vgl. [X.], Urteil vom 29. November 1999 - [X.], [X.]Z 143, 184, 187 f.; Urteil vom 3. Juni 2014 - [X.], [X.], 1523 Rn. 17). Die [X.] durch die Verrechnung wird nicht durch einen Massezufluss ausgeglichen. Die Möglichkeit, aufgrund der Einzahlungen auf dem Konto einen zuvor ausgeschöpften Kreditrahmen in Anspruch zu nehmen, bewirkt noch keinen Zufluss von [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.], 71 Rn. 16 f. z.[X.]. in [X.]Z). Wird die Kreditlinie später dadurch in Anspruch genommen, dass an Gläubiger der [X.] Zahlungen geleistet werden, liegt ein Gläubigertausch, aber kein Massezufluss vor (vgl. [X.], Urteil vom 3. Juni 2014 - [X.], [X.], 1523 Rn. 15). Wenn aus einem debitorisch geführten Bankkonto eine [X.]sschuld beglichen wird, wird lediglich der befriedigte Gläubiger durch die Bank als Gläubigerin ersetzt. An die Stelle der mit [X.] erfüllten Forderungen des [X.]sgläubigers tritt eine entsprechend höhere [X.]sverbindlichkeit gegenüber der Bank. Die verteilungsfähige Vermögensmasse wird davon grundsätzlich nicht berührt (vgl. [X.], Urteil vom 29. November 1999 - [X.], [X.]Z 143, 184, 187 f.; Urteil vom 26. März 2007 - [X.], [X.], 1006 Rn. 8). Nur wenn die Bank über freie Sicherheiten verfügt, die sie zu einer abgesonderten Befriedigung nach §§ 50 f. [X.] berechtigen, wird die Masse vermindert ([X.], Urteil vom 25. Januar 2011 - [X.], [X.], 422 Rn. 26).
Zu einem Ausgleich für die vorangegangene [X.] durch die Einzahlung auf das debitorische Konto kommt es dagegen, wenn die Mittel nicht für Zahlungen an einzelne Gläubiger verwendet werden, sondern für die Masse gesichert werden, etwa durch Abhebung zugunsten der Barkasse oder Überweisung auf ein kreditorisch geführtes Konto der [X.]. Dann fehlt der in der Zahlung auf das debitorische Konto liegende Vermögenszufluss der Masse im wirtschaftlichen Endergebnis nicht. Das gleiche gilt, wenn die eröffnete Kreditlinie zwar zur Zahlung an einen ([X.] verwendet wird, damit aber im Gegenzug ein werthaltiger Gegenstand in die Masse gelangt, etwa durch einen mit den [X.] finanzierten Kauf. Wenn ein solcher Massezufluss mit dem Zahlungseingang auf dem debitorischen Konto noch in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang steht, kann der Ersatzanspruch wegen eines Aktiventausches entfallen (vgl. [X.], Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.], 71 Rn. 9 z.[X.]. in [X.]Z). Wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit der Zahlung auf ein debitorisches Konto aus der neu eröffneten Kreditlinie ein werthaltiger Gegenstand für die Masse erworben wird, fehlt der mit der Zahlung verbundene Vermögenszufluss der Masse am Ende des Vorgangs ebensowenig wie bei dem Erwerb des Gegenstands mit Mitteln, die ein [X.]sschuldner zuvor bar in die [X.]skasse eingezahlt hat.
III. [X.] ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht muss nach ergänzendem Vortrag der Parteien die erforderlichen Feststellungen zu den Zahlungseingängen treffen. Da Zahlungseingänge auf dem debitorischen Konto grundsätzlich als masseschmälernde Zahlungen anzusehen sind, liegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die eingezogenen Forderungen von der [X.] erfasst sind und vor Insolvenzreife entstanden sind bzw. werthaltig wurden, bei der beklagten Geschäftsführerin.
Bergmann Strohn Reichart
Drescher Born
Meta
23.06.2015
Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend OLG Düsseldorf, 16. Oktober 2013, Az: I-15 U 35/13, Urteil
§ 64 Abs 1 GmbHG, § 64 Abs 2 S 1 GmbHG vom 05.10.1994
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.06.2015, Az. II ZR 366/13 (REWIS RS 2015, 9342)
Papierfundstellen: NJW 2015, 2806 REWIS RS 2015, 9342
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
II ZR 366/13 (Bundesgerichtshof)
II ZR 318/15 (Bundesgerichtshof)
Persönliche Haftung des Geschäftsführers einer insolvenzreifen GmbH: Einziehung von im Rahmen einer Globalzession an eine …
II ZR 68/14 (Bundesgerichtshof)
Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit: Einziehung einer zur Sicherheit an die Bank abgetretenen …
II ZR 68/14 (Bundesgerichtshof)
II ZR 318/15 (Bundesgerichtshof)