Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2017, Az. 4 StR 477/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 1838

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:231117B4STR477.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 477/17

vom
23. November
2017
in der Strafsache
gegen

wegen schweren Raubes u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 23.
November 2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29.
Mai 2017, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Reihenfolge der Vollstreckung der Gesamtfreiheits-strafe und der Maßregel unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die
weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten schweren [X.] und besonders schweren Raubes unter Einbeziehung der mit Urteil des [X.] Osnabrück vom 12.
Januar 2017 verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Ferner hat es die in dem vorbezeichneten Urteil angeordnete Unterbringung des Ange-klagten in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten. Eine Entscheidung über 1
-
3
-
die Reihenfolge der Vollstreckung von Strafe und
Maßregel hat es nicht getrof-fen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit einer Verfahrens-rüge sowie der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuld-
und Straf-ausspruch keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben.
II.
Auch die von der [X.] angeordnete Aufrechterhaltung der Un-terbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt aus dem Urteil des [X.] Osnabrück vom 12.
Januar 2017 hält rechtlicher Nachprüfung stand (1.). Sie hat sich jedoch zu Unrecht gehindert gesehen, gemäß §
67 Abs.
2 Satz
2 und 3 StGB die Reihenfolge der Vollstreckung zu bestimmen (2.).
1.
Das [X.] hat zutreffend die im Urteil des [X.] Osna-brück vom 12.
Januar 2017 angeordnete Maßregel gemäß §
55 Abs.
2 StGB aufrechterhalten, weil die beiden im vorliegenden Verfahren abgeurteilten Taten am 16.
Juli 2016 und damit vor jener Verurteilung des Angeklagten begangen wurden. Wegen des Vorrangs der Grundsätze der nachträglichen Gesamt-strafenbildung (§
55 StGB) vor der Regelung des §
67f StGB war kein Raum für 2
3
4
5
-
4
-
eine zusätzliche Maßregelanordnung (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
November 2010

3
StR
406/10, NStZ-RR 2011, 105 mwN).
2.
Jedoch hält die Begründung, mit der das [X.] von einer Ent-scheidung über die [X.] gemäß §
67 Abs.
2 Satz
2 StGB abgesehen hat, revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
a)
Nach §
67 Abs.
2 Satz
2 StGB soll das Gericht bei der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Diese Entscheidung ist

in Abweichung vom Wortlaut des §
67 Abs.
2 Satz
2 StGB

auch dann zu treffen, wenn nach §
55 Abs.
2 StGB eine bereits bestehende Unterbringungsanordnung aus einer früheren Ent-scheidung lediglich aufrechterhalten wird und die daneben gemäß §
55 Abs.
1 StGB gebildete nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe drei Jahre übersteigt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 4.
Juli 2012

4
StR
228/12, Tz.
2; vom 31.
Mai 2011

3
StR
132/11, Tz.
3; vom 25.
November 2010

3
StR
406/10, NStZ-RR 2011, 105, 106). Denn durch die nachträgliche Gesamtstrafenbildung sollen die Vor-
und Nachteile ausgeglichen werden, die dem Angeklagten infolge der getrenn-ten Verurteilung entstanden sind (vgl. [X.], Urteil vom 30.
April 1997

1
StR 105/97, [X.]St 43, 79, 80; Beschluss vom 4.
Juli 2012,
aaO). Dieses Ziel wird nur dann vollständig erreicht, wenn mit der nachträglichen Gesamtstrafenbil-dung und der Aufrechterhaltung der bereits bestehenden Unterbringungsanord-nung auch die unter den gegebenen Umständen zur Sicherung des [X.] erforderliche Änderung der [X.] vorgenommen wird (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Juli 2012, aaO).
6
7
-
5
-
Von einem teilweisen [X.] der Strafe nach Maßgabe des §
67 Abs.
2 Satz
2 StGB kann ausnahmsweise dann abgesehen werden, wenn aus gewichtigen Gründen des Einzelfalls eine andere Entscheidung eher die Errei-chung eines Therapieerfolgs erwarten lässt ([X.], Beschluss vom 29.
Septem-ber 2009

4
StR
348/09, Tz.
4). Dies kann etwa dann der Fall
sein, wenn nach-träglich eine so hohe Gesamtfreiheitsstrafe gebildet wird, dass eine nach §
67 Abs.
2 Satz
2 und 3 StGB bemessene, am [X.] orientierte An-ordnung des [X.]s zu einer Herausnahme des Angeklagten aus dem Maßregelvollzug
führen muss und dies zur Folge hat, dass der Zweck der Maß-regel gefährdet und nicht, wie es §
67 Abs.
2 Satz
1 StGB voraussetzt, leichter erreicht werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
August 2017

4
StR 261/17, [X.], 426; Beschluss vom 25.
November 2010

3
StR
406/10, NStZ-RR 2011, 105
f. in einer nicht tragenden Erwägung). Dabei obliegt die Entscheidung über die [X.] gemäß §
67 Abs.
2 StGB dem Tatrichter im Erkenntnisverfahren auch dann, wenn im Rahmen der nachträg-lichen Gesamtstrafenbildung eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt lediglich aufrechterhalten wird. Entgegen der Auffassung des [X.] durf-te diese Entscheidung nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen werden.
b)
Der neue Tatrichter wird daher eine Entscheidung nach §
67 Abs.
2 Satz
2 StGB zu treffen und dabei zu prüfen haben, ob und inwieweit der Ange-klagte bereits in den Therapieverlauf eingegliedert ist und wie sich seine Her-ausnahme auf einen möglichen Therapieerfolg auswirken würde. Dabei wird gegebenenfalls auch zu erwägen sein, welche Auswirkungen ein sich an eine erfolgreiche Therapie anschließender Strafvollzug auf das weitere Abstinenz-verhalten des Angeklagten haben würde.
8
9
-
6
-
Der Angeklagte wird durch eine Entscheidung nach §
67 Abs.
2 Satz
2 StGB nicht beschwert, sodass eine Nachholung allein auf seine Revision hin möglich ist ([X.], Beschluss vom 16.
Dezember 2008

4
StR
552/08, [X.], 105).
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke
Quentin
Ri[X.] Dr.
Feilcke ist im Urlaub und daher gehin-dert zu unterschreiben.
Sost-Scheible

10

Meta

4 StR 477/17

23.11.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2017, Az. 4 StR 477/17 (REWIS RS 2017, 1838)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1838

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4 StR 477/17

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