Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2011, Az. 2 StR 322/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2011, 3036

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 322/11
vom
22.
September 2011
in der Strafsache
gegen

wegen
besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22.
September 2011 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO
beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8.
April 2011 aufgehoben, soweit das [X.] die Anordnung eines [X.] eines Teils
der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere [X.] des [X.]s zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer [X.] Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen ge-fährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wegen Sach-beschädigung, wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung und Be-drohung sowie wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Ange-klagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Revision des Angeklagten, 1
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3
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mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschluss-formel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] hat zum Schuld-
und Strafausspruch sowie zur Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben.
Die [X.] hat jedoch rechtsfehlerhaft von der Anordnung des [X.] eines Teils der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe vor der Un-terbringung abgesehen.
1.
Gemäß §
67 Abs.
2 Satz
2 StGB soll das Gericht bei der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheits-strafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der [X.] zu vollziehen ist; dabei ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach einer Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung über die Aussetzung der
Reststrafe zur Bewährung nach §
67 Abs.
5 Satz
1 StGB möglich ist. Diese Vorschrift hat der Gesetzgeber bewusst als "Soll-Vorschrift" ausgestaltet. Nur wenn
aus gewichtigen Gründen des Einzelfalls ei-ne andere Entscheidung eher die Erreichung eines Therapieerfolges erwarten lässt, namentlich bei aktuell dringender Therapiebedürftigkeit des Betreffenden (vgl. NStZ-RR 2007, 371, 372; BT-Drucks. 16/1110, [X.]), darf von
der Anord-nung abgesehen werden ([X.],
[X.], 142 und 182). Liegen solche Gründe nicht vor, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren bei der [X.] des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen Beurteilungsspiel-raum mehr ([X.],
NStZ-RR aaO).

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3
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4
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2.
Diesem Maßstab wird das [X.] nicht gerecht.
Die [X.] des [X.] hat das [X.] mit der Be-sonderheit begründet, es sei derzeit nicht sicher vorhersehbar, ob die zur Be-währung ausgesetzte Vollstreckung zweier früherer gegen den Angeklagten verhängter
Freiheitsstrafen widerrufen werde
und in welcher Reihenfolge die Vollstreckung der Freiheitsstrafen in diesem Fall erfolge. Gegebenenfalls seien die früheren Freiheitsstrafen erst nach der Maßregel zu vollstrecken, weshalb die Anordnung des [X.] vorliegend keinen Sinn mache.
In jedem Fall
aber habe es die Strafvollstreckungskammer in der Hand, gemäß §
67 Abs.
3 Satz
1 StGB die in diesem Urteil festgelegte Vollstreckungsreihenfolge zu ändern ([X.]).
Diese von der Kammer erwogenen,
möglicherweise in der Zukunft eintre-tenden Umstände rechtfertigen indes keine Abweichung von der Regel des §
67 Abs.
2 Satz
2 StGB. Für die Beurteilung des Vorliegens wichtiger, eine Abwei-chung rechtfertigender Gründe ist allein der Zeitpunkt der Aburteilung maßgeb-lich. Das
Erreichen
des [X.] wird dadurch auch im Falle später [X.] neuer Umstände nicht gefährdet, denn diesen kann die [X.] durch eine Anordnung, Änderung oder Aufhebung des [X.] jederzeit gerecht werden.
Der Angeklagte ist schon
durch die Nichtanwendung des §
67 Abs.
2 Satz
2
StGB beschwert, weil die von §
67 Abs.
1 StGB abweichende Vollstre-ckungsreihenfolge auch der Sicherung des [X.] dient und bei [X.] Eintritt die Möglichkeit besteht, dass der Angeklagte unter Anrechnung der Unterbringungsdauer schon zum [X.] entlassen wird ([X.], Beschluss vom 21.
August 2007 -
3 [X.]; Beschluss vom 13.
August 2009 -
3 [X.]; [X.] StGB 58.
Aufl. §
64 Rn.
10). Die Beschwer 4
5
6
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-
5
-
besteht ungeachtet einer der Strafvollstreckungskammer in §
67 Abs.
3 Satz
1 StGB eröffneten Möglichkeit der nachträglichen Anordnung, denn eine spätere Anordnung steht lediglich in deren Ermessen und darf überdies nur auf Um-stände gestützt werden, die erst nach Rechtskraft der Unterbringungsanord-nung (typischerweise: während des Vollzugs) in Erscheinung getreten sind; verwehrt ist es dem nachträglich entscheidenden Gericht, bei gleicher tatsächli-cher Beurteilungsgrundlage die Urteilsfeststellungen des erkennenden Gerichts nach Art
eines Rechtsmittelgerichts zu "berichtigen" ([X.] 12.
Aufl. StGB §
67 Rn.
105).
3.
Über die Frage des [X.] eines Teils der Strafe ist daher unter Heranziehung eines Sachverständigen neu zu befinden. Stehen der [X.] keine gewichtigen Gründe entgegen, wird die Kammer auch die erfor-derliche Therapiedauer festzustellen haben.

Fischer

Appl

Berger

Krehl

Ott
8

Meta

2 StR 322/11

22.09.2011

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2011, Az. 2 StR 322/11 (REWIS RS 2011, 3036)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3036

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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