Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.02.2015, Az. XII ZB 304/12

12. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14944

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Gegenstand

Beschwerdeentscheidung zur rückwirkenden Zahlung einer Ausgleichsrente im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs: Bindungswirkung einer auf die Verfassungsbeschwerde ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Aufhebung der ersten Beschwerdeentscheidung und Zurückverweisung der Sache


Leitsatz

Zur Bindungswirkung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des [X.] vom 7. Mai 2012 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

[X.] 1.000 €.

Gründe

A.

1

Die Beteiligten streiten um den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.

2

Die Ehe der Antragstellerin wurde durch Urteil vom 24. Februar 1989 geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt. Der frühere Ehemann der Antragstellerin hatte in der Ehezeit eine betriebliche Versorgungsanwartschaft bei der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin erworben, die mit ihrem statischen Wert im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durch erweitertes Splitting und durch Beitragszahlung zugunsten der Antragstellerin ausgeglichen worden ist. Hinsichtlich der noch verfallbaren Einkommensdynamik der Anwartschaft wurde der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten. Der frühere Ehemann der Antragstellerin verstarb im Juli 1999.

3

Nachdem die Antragstellerin erstmals mit einem Schreiben vom 28. August 1999 wegen der Zahlung eines "Unterhaltsbeitrages" nach der maßgeblichen [X.] an die Antragsgegnerin herangetreten war, machte sie im Dezember 2002 ihr Verlangen nach einem verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vor dem [X.] geltend. Die Antragsgegnerin wurde in der Beschwerdeinstanz durch Beschluss des [X.] vom 25. November 2005 verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 1. Januar 2003 eine [X.] nach § 3 a Abs. 1 [X.] zu zahlen. Zur Begründung des Einsatzzeitpunkts führte das [X.] aus, dass die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der [X.] zwar schon seit dem 1. Januar 2000 erfüllt seien, weil die Antragstellerin ausweislich des [X.] der [X.] vom 3. Juli 2003 seit dem 1. Januar 2000 im Bezug einer gesetzlichen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit stehe. Allerdings habe sich die Antragsgegnerin vor dem 1. Januar 2003 nicht in Verzug befunden. Durch die mit der Antragstellerin in den Jahren 1999 und 2000 vorgerichtlich geführte Korrespondenz sei die Antragsgegnerin nicht in Verzug gesetzt worden, weil der Anspruch im [X.]punkt der ersten beiden Aufforderungsschreiben der Antragstellerin vom 28. August 1999 und vom 8. September 1999 noch nicht fällig gewesen sei und ein weiteres Schreiben vom 8. März 2000 keine klare und eindeutige Leistungsaufforderung enthalten habe.

4

Am 16. März 2007 stellte die Antragstellerin einen Antrag, die Antragsgegnerin zur Zahlung einer schuldrechtlichen [X.] ab einem früheren [X.]punkt als Januar 2003 zu verpflichten und trug hierzu vor, dass sie bereits seit April 1999 dauerhaft erwerbsunfähig gewesen sei und die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der [X.] somit schon vorgelegen hätten, als sie ihr erstes Aufforderungsschreiben vom 28. August 1999 an die Antragsgegnerin gerichtet habe. Das Amtsgericht lehnte diesen Antrag ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das [X.] durch Beschluss vom 3. November 2008 unter Hinweis auf die entgegenstehende Rechtskraft der Entscheidung des [X.] vom 25. November 2005 zurück.

5

Dem vorliegenden Verfahren liegt ein "Abänderungsantrag" der Antragstellerin vom Juli 2009 zugrunde, mit dem sie erneut das Ziel verfolgt, die Antragsgegnerin zur rückwirkenden Zahlung der [X.] ab dem 1. September 1999 zu verpflichten. Hierbei hat sich die Antragstellerin nunmehr auf einen Rentenbescheid der [X.] vom 15. Juni 2009 berufen, in dem die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente seit dem 3. Februar 1999 festgestellt wird. Die gegen die ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das [X.] durch Beschluss vom 18. August 2010 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass der verlängerte schuldrechtliche Versorgungsausgleich nach § 3 a [X.] einen bereits eingetretenen Rentenbezug voraussetze und die Antragsgegnerin ihre Erwerbsunfähigkeitsrente trotz des neuen [X.] tatsächlich zu keinem früheren [X.]punkt bezogen habe, als dies vom [X.] seinerzeit festgestellt worden sei. Auf die Verfassungsbeschwerde der Antragstellerin hat das [X.] die Beschwerdeentscheidung des [X.]s mit Beschluss vom 15. Dezember 2011 aufgehoben ([X.] FamRZ 2012, 431 f.) und die Sache an das [X.] zurückverwiesen. Mit seinem jetzt angefochtenen Beschluss hat das [X.] die Beschwerde erneut zurückgewiesen.

6

Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, die ihr Begehren auf Zahlung der [X.] seit dem 1. September 1999 weiterverfolgt.

B.

7

Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 [X.] und § 48 Abs. 1 [X.] noch das bis zum 31. August 2009 geltende Verfahrensrecht und materielle Recht anwendbar.

C.

8

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

9

Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass der Antragstellerin auch mit Rücksicht auf den Beschluss des [X.]s vom 15. Dezember 2011 kein Anspruch auf Zahlung einer [X.] für die [X.] vor dem 1. Januar 2003 zustehe und hat dies wie folgt begründet:

Zwar hätten die Anspruchsvoraussetzungen für die geltend gemachte [X.] nach § 3 a [X.], § 1587 g Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 [X.] seit dem Tod des geschiedenen Ehemanns der Antragstellerin am 10. Juli 1999 vorgelegen. Die Antragstellerin selbst habe ausweislich des neuen Rentenbescheids vom 15. Juni 2009 seit dem 3. Februar 1999 einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Das Beschwerdegericht sei aber an den rechtskräftigen Beschluss des [X.] vom 25. November 2005 und den eigenen rechtskräftigen Beschluss vom 3. November 2008 gebunden und deswegen an einer abweichenden Entscheidung über die Zahlung der schuldrechtlichen [X.] ab dem 1. September 1999 gehindert. Der nunmehr gestellte Antrag der Antragstellerin, ihr ab dem 1. September 1999 eine schuldrechtliche [X.] zu gewähren, betreffe denselben Verfahrensgegenstand wie die vorgenannten Entscheidungen, welche in materielle Rechtskraft erwachsen und einer neuerlichen Nachprüfung entzogen seien.

Die Voraussetzungen für eine Rechtskraftdurchbrechung seien nicht gegeben. Entscheidungen betreffend eine bereits fällige schuldrechtliche [X.] unterlägen nicht der Abänderung nach § 10 a [X.]. Unabhängig hiervon könne eine Abänderung nach § 10 a [X.] nur auf den [X.]punkt des der Antragstellung folgenden Monatsersten und damit keinesfalls auf den 1. September 1999 zurückwirken. Eine Abänderung "nach § 1587 g Abs. 3 [X.] iVm § 1587 d Abs. 2 [X.] entsprechend" könne die Antragstellerin ebenfalls nicht verlangen, weil sich die Verhältnisse nach Festsetzung der [X.] nicht wesentlich geändert hätten. Schon bei der Festsetzung der [X.] durch das [X.] am 18. Februar 2005 hätten die Voraussetzungen des § 1587 g Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 [X.] vorgelegen, weil die Antragstellerin bereits ab dem 3. Februar 1999 erwerbsunfähig gewesen sei.

Lediglich ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass sich die Antragsgegnerin nicht vor dem 1. Januar 2003 in Verzug befunden habe. Der Schuldner komme nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibe, den er nicht zu vertreten habe. Das sei hier anzunehmen, weil die Antragsgegnerin erst aufgrund des Rentenbescheids vom 15. Juni 2009 habe erkennen können, dass die Voraussetzungen des § 1587 g Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 [X.] bereits ab dem 3. Februar 1999 vorgelegen hatten. Es sei ihr somit nicht vorzuwerfen, dass sie die [X.] nicht bereits auf die Aufforderung der Antragstellerin vom 28. August 1999 gewährt habe.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist teilweise unzulässig.

1. Nach § 53 g Abs. 2 [X.] ist die Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen nach § 1587 d [X.] ausgeschlossen. Unter anderem führt die angefochtene Beschwerdeentscheidung aus, dass eine Abänderung der [X.] nach "§ 1587 g Abs. 3 iVm § 1587 d Abs. 2 [X.] entsprechend" von der Antragstellerin nicht verlangt werden könne, weil keine wesentliche Änderung der Verhältnisse nach der ersten Entscheidung zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich eingetreten sei.

Insoweit liegt eine Entscheidung nach § 1587 d [X.] vor. Nach § 1587 g Abs. 3 [X.], der auf § 1587 d Abs. 2 [X.] verweist, kann eine Entscheidung über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich abgeändert werden. Diese [X.] ist - anders als die Erstentscheidung oder Entscheidungen nach § 10 a [X.] über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich - nicht mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar. Entsprechendes gilt für Entscheidungen, mit denen über die Abänderung von Entscheidungen über den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich (§ 3 Abs. 6 [X.] iVm § 1587 d Abs. 2 [X.]) befunden werden soll ([X.]/[X.] [X.] 12. Aufl. § 53 g Rn. 6). Die durch § 53 g Abs. 2 [X.] angeordnete Unanfechtbarkeit ergreift sowohl stattgebende als auch zurückweisende Entscheidungen und gilt auch dann, wenn die Rechtsbeschwerde (irrtümlich) zugelassen worden ist (Senatsbeschluss vom 28. März 1984 - [X.] 774/81 - FamRZ 1984, 669). Soweit sich die Entscheidung des [X.] daher über die - im konkreten Fall versagte - Abänderung der Entscheidung des [X.] vom 25. November 2005 über den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich in Anwendung von (richtig:) § 3 a Abs. 6 [X.] iVm § 1587 d Abs. 2 [X.] verhält, ist es dem Senat verwehrt, den angefochtenen Beschluss in der Sache nachzuprüfen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 28. März 1984 - [X.] 774/81 - FamRZ 1984, 669 f.).

2. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Die angefochtene Entscheidung unterliegt der sachlichen Nachprüfung durch den Senat, soweit das Beschwerdegericht der Antragstellerin die Nachforderung der [X.] für den [X.]raum von September 1999 bis Dezember 2002 im Wege einer (weiteren) Erstentscheidung über den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich versagt hat. Ferner steht § 53 g Abs. 2 [X.] einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen, soweit sich das Beschwerdegericht zur Möglichkeit einer Abänderung von Entscheidungen über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach § 10 a [X.] verhalten hat und soweit die Rechtsbeschwerde rügt, dass das Beschwerdegericht das [X.] der Antragstellerin als Restitutionsantrag hätte auslegen müssen.

III.

Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg.

1. Mit Recht hat es das Beschwerdegericht abgelehnt, der Antragstellerin eine [X.] für den [X.]raum von September 1999 bis Dezember 2002 im Wege einer weiteren (Erst-) Entscheidung über den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zuzuerkennen.

a) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, erweist sich die angegriffene Entscheidung insoweit nicht bereits deshalb als rechtsfehlerhaft, weil das Beschwerdegericht die Bindungswirkung der Entscheidung des [X.]s vom 15. Dezember 2011 missachtet hätte.

aa) Gemäß § 95 Abs. 2 [X.]G hebt das [X.] auf eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde hin eine Entscheidung auf und verweist die Sache an das zuständige Gericht zurück. Die Entscheidungen des [X.]s erwachsen - wie auch die verfahrensabschließenden Entscheidungen anderer Gerichte - in Rechtskraft ([X.]E 104, 151, 196 = NJW 2002, 1559, 1560). Die materielle Rechtskraft einer Entscheidung des [X.]s bindet das Gericht und die Beteiligten des Verfahrens an die rechtskräftige Entscheidung. Das Gericht, an welches das Verfahren zurückverwiesen wird, hat unter Beachtung der Entscheidung des [X.]s erneut mit verfassungsrechtlich tragfähiger Begründung in der Sache zu entscheiden ([X.]/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge [X.]G [Stand: 2014] § 95 Rn. 20). Diese Bindungswirkung bezieht sich nur auf die Entscheidungsformel, nicht auf die in den Entscheidungsgründen enthaltenen Urteilselemente, auch wenn die Entscheidungsgründe zur Ermittlung des Sinnes der Urteilsformel herangezogen werden können (vgl. Schlaich/[X.] Das [X.] 9. Aufl. Rn. 479; [X.]/Zuck [X.]G 6. Aufl. § 93 Rn. 16).

bb) Gemessen daran entfaltet die Entscheidung des [X.]s Bindungswirkung insoweit, als das Beschwerdegericht bei einer erneuten Prüfung zu berücksichtigen hatte, dass die von § 3 a Abs. 1 [X.] in Bezug genommene Vorschrift des § 1587 g Abs. 1 Satz 2 [X.] mehrere Tatbestandsalternativen enthält und das Entstehen des Anspruchs auf die [X.] im Falle des § 1587 g Abs. 1 Satz 2, [X.]. [X.] nicht vom tatsächlichen Bezug einer gesetzlichen Erwerbsunfähigkeitsrente abhängt. Ferner musste das Beschwerdegericht berücksichtigen, dass nicht die Rechtsnachfolgerin des verstorbenen früheren Ehemannes der Antragstellerin, sondern die Antragsgegnerin als Trägerin der auszugleichenden Versorgung die richtige Empfängerin einer verzugsbegründenden Mahnung nach § 3 a Abs. 6 [X.] iVm §§ 1585 b Abs. 2, 1613 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist.

Zur Frage entgegenstehender Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidungen des [X.] vom 25. November 2005 und des [X.] vom 3. November 2008, zur Frage des Vorliegens von Abänderungsmöglichkeiten oder zu - weitergehenden - Fragen der wirksamen Inverzugsetzung der Antragsgegnerin hat sich das [X.] in den Entscheidungsgründen dagegen nicht geäußert. Allein aus dem Umstand, dass die Entscheidungen der [X.]e in den beiden Vorverfahren ausdrücklich unter Darstellung ihrer Entscheidungsinhalte im Tatbestand des verfassungsgerichtlichen Beschlusses erwähnt werden, kann entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht geschlossen werden, das [X.] habe die Frage einer entgegenstehenden Rechtskraft bindend mitentscheiden wollen. Wegen der Beschränkung des [X.]s auf die Prüfung und Entscheidung von Verfassungsfragen verbleibt die noch abschließend zu treffende Sachentscheidung in der Kompetenz und Verantwortlichkeit der Fachgerichte. Das [X.] überprüft daher, wenn nur die Auslegung und Anwendung eines Gesetzes verfassungsrechtlich zu beanstanden ist, nicht ohne weiteres, ob sich die angegriffene Entscheidung unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten rechtfertigen lässt. Für das [X.] ist die Aufhebung einer verfassungswidrigen Entscheidung vielmehr bereits dann geboten, wenn nur nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass das Fachgericht bei Vermeidung des festgestellten Verfassungsverstoßes zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wäre ([X.]E 35, 324, 330 = DVBl 1973, 955, 956; [X.]E 90, 22, 26 = NJW 1994, 993).

b) Ohne Verstoß gegen die Bindungswirkung der Entscheidung des [X.]s und im Ergebnis zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die materielle Rechtskraft der Entscheidung des [X.] vom 25. November 2005 einer erneuten (Erst-) Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin, ihr auch für den [X.]raum zwischen 1. September 1999 und dem 31. Dezember 2012 eine verlängerte schuldrechtliche [X.] zu bezahlen, entgegensteht.

aa) Auch Entscheidungen über den (verlängerten) schuldrechtlichen Versorgungsausgleich erwachsen in materielle Rechtskraft, sodass derselbe Verfahrensgegenstand grundsätzlich einer erneuten Nachprüfung entzogen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 28. März 1984 - [X.] 774/81 - FamRZ 1984, 669, 670; [X.] FamRZ 2009, 1676, 1677). In Rechtskraft erwächst die Entscheidung über den Anspruch, den der Antragsteller erhoben hat, wobei der Anspruch im prozessualen Sinne, also als Streitgegenstand zu verstehen ist ([X.]/[X.] [X.] 15. Aufl. § 31 Rn. 22; [X.]/von [X.] 3. Aufl. § 31 Rn. 13). Gegenstand der Rechtskraft ist das Bestehen oder Nichtbestehen der geltend gemachten Rechtsfolge aufgrund des zur Entscheidung gestellten vorgebrachten oder von Amts wegen ermittelten [X.]. Auch ein (teilweise) antragsabweisender Beschluss enthält eine Entscheidung über alle denkbaren rechtlichen Aspekte des vorgetragenen Sachverhalts, die für die begehrte Rechtsfolge in Betracht kommen.

bb) Gemessen daran hat das [X.] mit Beschluss vom 25. November 2005 bereits über einen Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf Zahlung einer [X.] für den [X.]raum ab dem 1. September 1999 entschieden.

Die Antragstellerin hatte gegen den Beschluss des [X.], mit dem die Antragsgegnerin zur Zahlung einer [X.] ab dem 1. Januar 2003 verpflichtet wurde, Beschwerde eingelegt, soweit das Amtsgericht die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung einer [X.] "zumindest bereits ab dem 1. Januar 2000" abgelehnt hatte. Sie hatte ferner beantragt, den Zahlungszeitpunkt der [X.] auf den 1. Januar 2000 und den Zahlungszeitpunkt des "[X.]" nach § 11 Nr. 5 der [X.] auf den 28. August 1999 festzulegen. Im Tatbestand seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, die Antragstellerin beantrage, den Zahlungszeitpunkt der [X.] "auf den 28. August 1999 bzw. den 1. Januar 2000" festzusetzen. Nach den Ausführungen des [X.] dient die Regelung in § 11 Nr. 5 der [X.] der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin der Umsetzung der gesetzlichen Regelung des § 3 a [X.]; ein Anspruch auf Zahlung eines [X.] nach § 11 Nr. 5 der [X.] kommt danach nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs vorliegen. Soweit das [X.] danach über den ausdrücklichen Antrag der Antragstellerin, den Zahlungszeitpunkt des [X.] nach § 11 Nr. 5 der [X.] auf den 28. August 1999 festzulegen, entschieden hat, hat es zugleich über einen etwaigen Anspruch der Antragstellerin auf Zahlung einer schuldrechtlichen [X.] ab dem 28. August 1999 entschieden. In den Entscheidungsgründen hat das [X.] zusammenfassend festgestellt, der Antragstellerin stehe "kein Anspruch auf Ausgleichszahlung vor dem 1. Januar 2003 zu".

cc) Soweit die Rechtsbeschwerde meint, die vorangegangene Entscheidung des [X.] vom 25. November 2005 sei nur insoweit in Rechtskraft erwachsen, als darin über einen Anspruch der Antragstellerin nach § 3 a Abs. 1 [X.] iVm § 1587 g Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. [X.] (Tod des Verpflichteten und Rentenbezug des Berechtigten) entschieden worden sei, während eine Entscheidung über einen Anspruch nach § 3 a Abs. 1 [X.] iVm § 1587 g Abs. 1 Satz 2, [X.]. [X.] (Tod des Verpflichteten und dauerhafte Erwerbsunfähigkeit des Berechtigten) bislang noch nicht ergangen sei, trifft dies nicht zu. Die Rechtsbeschwerde geht schon im Ausgangspunkt fehl in der Annahme, dass es sich um unterschiedliche Anspruchsgrundlagen handele. Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Zahlung einer verlängerten schuldrechtlichen [X.] ist § 3 a Abs. 1 Satz 1 [X.] iVm § 1587 g Abs. 1 Satz 1 [X.]. § 1587 g Abs. 1 Satz 2 [X.] knüpft die Fälligkeit des Anspruchs lediglich an die Erfüllung alternativer Voraussetzungen an, stellt aber selbst keine Anspruchsgrundlage dar. Abgesehen davon ist es für die Frage der Rechtskraft der Entscheidung unerheblich, ob das Gericht im Rahmen des Verfahrensgegenstands alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen geprüft hat. Mit der Abweisung des Antrags der Antragstellerin auf Zahlung einer [X.] für die [X.] vor dem 1. Januar 2003 durch das [X.] ist zugleich festgestellt, dass die von der Antragstellerin begehrte Rechtsfolge unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt aus dem zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalt hergeleitet werden kann.

2. Mit Recht hat das Beschwerdegericht auch eine Abänderung der rechtskräftigen Entscheidung des [X.] gemäß § 10 a [X.] abgelehnt.

a) Diese Vorschrift kann auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht unmittelbar angewendet werden, weil sie den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich betrifft. Entscheidungen, mit denen eine schuldrechtliche Versorgungsrente zugesprochen wurde, sind nur insoweit einer Abänderung nach § 10 a [X.] zugänglich, als das ursprünglich nur dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterliegende Anrecht nunmehr öffentlich-rechtlich ausgeglichen werden kann (vgl. [X.]/[X.]/[X.] Eherecht 4. Aufl. § 10 a [X.] Rn. 11; RGRK/[X.] [X.] 12. Aufl. § 10 a [X.] Rn. 7). Darum geht es im vorliegenden Fall nicht.

b) Im Übrigen folgt die Abänderung von rechtskräftigen Entscheidungen über den (verlängerten) schuldrechtlichen Versorgungsausgleich eigenen Regeln (§ 3 a Abs. 6 [X.] bzw. § 1587 g Abs. 3 iVm § 1587 d Abs. 2 [X.]). Diese lassen allerdings nur die Berücksichtigung von Umständen zu, die nach der letzten Tatsachenverhandlung eingetreten sind, während § 10 a [X.] für den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich im Interesse der materiellen Gerechtigkeit auch eine Korrektur anfänglicher Fehler in der Ausgangsentscheidung erlaubt. Da diese unterschiedliche Regelung zwischen dem schuldrechtlichen und dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich in Rechtsprechung und Schrifttum vielfach als unbefriedigend empfunden wurde, wurde verbreitet die Ansicht vertreten, entweder § 10 a [X.] analog auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich anzuwenden (vgl. [X.] FamRZ 2006, 276) oder die Prüfungskompetenz des mit einem Abänderungsverfahren nach § 1587 g Abs. 3 iVm § 1587 d Abs. 2 [X.] befassten Gerichts - über den Wortlaut des § 1587 d Abs. 2 [X.] hinaus - auf die Korrektur materieller Fehler der Erstentscheidung zu erstrecken ([X.] FamRZ 2005, 372, 373; [X.]/[X.]/[X.] Eherecht 4. Aufl. § 1587 g [X.] Rn. 24 und § 3 a [X.] Rn. 40). Einer näheren Befassung mit dieser Frage bedarf es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Wenn man § 10 a [X.] bezüglich des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs für analogiefähig hielte, könnte eine Abänderung analog § 10 a Abs. 7 [X.] nur auf den [X.]punkt des der Antragstellung (hier: 22. Juli 2009) folgenden Monats zurückwirken, so dass eine Abänderung mit Rückwirkung für den [X.]raum vom 1. August 1999 bis zum 31. Dezember 2002 schon aus diesem Grund ausscheidet. Entscheidungen im Rahmen des § 3 Abs. 6 [X.] bzw. § 1587 g Abs. 3 iVm § 1587 d Abs. 2 [X.] unterliegen wegen § 53 g Abs. 2 [X.] nicht der sachlichen Nachprüfung durch den Senat.

3. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, erweist sich die Beschwerdeentscheidung auch nicht deshalb als rechtsfehlerhaft, weil das Beschwerdegericht den Antrag der Antragstellerin im Hinblick auf den Bescheid der [X.] vom 15. Juni 2009 nicht als Restitutionsantrag nach § 580 Nr. 7 [X.] ausgelegt hat (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 21. April 1982 - [X.] 584/81 - FamRZ 1982, 687, 688).

a) Eine unmittelbare Anwendung von § 580 Nr. 7 [X.] auf diese Urkunde scheidet schon deshalb aus, weil sie erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem [X.] erstellt worden ist (vgl. [X.] Beschluss vom 7. Mai 2007 - [X.]/05 - NJW 2007, 3429 Rn. 12 mwN).

b) Eine analoge Anwendung von § 580 Nr. 7 [X.] auf nachträglich erstellte Urkunden ist in der Rechtsprechung des [X.] bislang nur für bestimmte Personenstandsurkunden anerkannt (vgl. [X.] Urteil vom 6. Juli 1979 - [X.] - NJW 1980, 1000, 1001 mwN). Im Übrigen ist einer nachträglich errichteten Urkunde die Eignung als Restitutionsgrund in analoger Anwendung von § 580 Nr. 7 [X.] jedenfalls dann abzusprechen, wenn im Vorverfahren die mit der Urkunde nachgewiesene Tatsache auch mit anderen Beweismitteln hätte belegt werden können (vgl. [X.] NJW 1985, 1485, 1486).

So liegt die Sache hier. Die Anerkennung der Erwerbsunfähigkeit durch die [X.] ist nicht Voraussetzung für die Fälligkeit eines Anspruchs auf Zahlung der verlängerten schuldrechtlichen [X.] nach § 3 a Abs. 1 [X.] iVm § 1587 g Abs. 1 Satz 2, [X.]. [X.]. Erforderlich ist lediglich, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte wegen Krankheit auf nicht absehbare [X.] eine ihm nach Ausbildung und Fähigkeiten zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann, ohne dass er deswegen eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht. Dies hat das Familiengericht in Anlehnung an die Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 43 [X.]) eigenständig zu prüfen (vgl. [X.] FamRZ 2005, 986, 987; [X.]/[X.] Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. [X.] Rn. 237; MünchKomm[X.]/[X.] 5. Aufl. § 1587 g Rn. 13). Die Fälligkeit nach § 1587 g Abs. 1 Satz 2, [X.]. [X.] kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte deshalb nicht nur durch die Vorlage eines Rentenbescheids, sondern etwa auch durch Vorlage einer amtsärztlichen Bescheinigung beweisen. Vorliegend ergibt sich bereits aus dem Antrag der Antragstellerin vom 16. März 2007, dass sie bereits vor dem Erlass des Rentenbescheids vom 15. Juni 2009 das Bestehen ihrer Erwerbsunfähigkeit hätte geltend machen können. In ihrer Antragsschrift legt die Antragstellerin unter Bezugnahme auf neun ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sowie einen Bescheid des Arbeitsamts vom 16. September 1999 dar, dass sie bereits ab dem 1. April 1999 erwerbsunfähig gewesen sei und dass deswegen die Fälligkeitsvoraussetzungen für die verlängerte schuldrechtliche [X.] zu einem früheren [X.]punkt vorgelegen hätten.

4. Auf die ohnehin nur hilfsweisen Erwägungen des [X.] zur Inverzugsetzung der Antragsgegnerin kommt es nicht an. Die Entscheidung wird bereits durch ihre im Ergebnis zutreffenden Ausführungen zur Rechtskraft der Entscheidung des [X.] vom 25. November 2005 und zur fehlenden Abänderungsmöglichkeit getragen.

Dose                              Schilling                      Günter

           Nedden-Boeger                        Botur

Meta

XII ZB 304/12

25.02.2015

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Koblenz, 7. Mai 2012, Az: 11 UF 411/10, Beschluss

§ 95 Abs 2 BVerfGG, § 3a Abs 1 VersorgAusglHärteG, § 1587g Abs 1 S 2 Alt 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.02.2015, Az. XII ZB 304/12 (REWIS RS 2015, 14944)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14944

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