Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2009, Az. 5 StR 195/09

5. Strafsenat | REWIS RS 2009, 2927

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5 [X.][X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 23. Juni 2009 in der Strafsache gegen 1. [X.]wegen räuberischer Erpressung u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 23. Juni 2009, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] [X.], [X.] [X.], [X.] [X.], [X.]in Dr. [X.], [X.] Prof. Dr. König als beisitzende [X.], Staatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt [X.]als Verteidiger für den Angeklagten [X.] , Rechtsanwalt [X.]als Verteidiger für den Angeklagten [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 4. November 2008 werden verwor-fen. Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten hier-durch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. [X.] Von Rechts wegen [X.]
G r ü n d e 1 Das [X.] hat den Angeklagten [X.]

[X.] unter teilweisem [X.] wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Kör-perverletzung (Einzelfreiheitsstrafe: drei Jahre und drei Monate) und wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Einzelfreiheitsstrafe: sechs Monate) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und den Ange-klagten [X.]
wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährli-cher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Re-visionen erstrebt die Staatsanwaltschaft eine höhere Bestrafung der Ange-klagten. Dabei beanstandet sie insbesondere die der Verneinung des § 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB zugrunde liegende Beweiswürdigung des [X.]s und wendet sich gegen die Strafzumessung für die von den Angeklagten gemeinsam begangene räuberische Erpressung (Fall II. 1 der Urteilsgründe). Die Rechtsmittel, die vom [X.] nicht vertreten werden, ha-ben keinen Erfolg. - 4 - 1. Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getrof-fen: 2 a) Gemeinschaftliche Tat vom 9. Februar 2009 (II. 1 der [X.]): Auf dem Rückweg von einer Diskothek trafen die Angeklagten, die —[X.] angetrunken und in einer latent schlechten [X.] waren, kurz vor 6.00 Uhr am [X.] auf einem menschenleeren [X.] den damals 19-jährigen späteren Geschädigten an. Er saß schlafend auf einer Bank, nachdem er die Nacht auf einer Geburtstagsfeier verbracht und dabei erheb-liche Mengen Alkohol getrunken hatte. Der Angeklagte [X.] sprach den Geschädigten an und schlug ihm mit der Faust auf den Kopf, ohne dass eine Provokation seitens des weiterhin verschlafenen Zeugen erfolgt wäre. [X.] schlugen beide Angeklagten auf dem Bahnsteig mehrfach auf den Kopf des Geschädigten, der zu einer Gegenwehr nicht imstande war. Nachdem er auf den Bahnsteig gestürzt war, schlug der Angeklagte [X.] mit der Faust auf das Gesicht des am Boden Liegenden ein, während der Angeklagte [X.]

—an dessen Kleidung nestelte und zerrtefi. Durch das [X.] löste sich die Kapuze von der Jacke des Geschädigten, und der An-geklagte [X.] taumelte einige Schritte nach hinten. Währenddessen ver-setzte der Angeklagte [X.] dem Geschädigten in kurzer Folge mehrere Fußtritte gegen den Kopf. Nachdem es diesem gleichwohl gelungen war auf-zustehen, wurde er von den Angeklagten durch Handbewegungen zum [X.] aufgefordert. Er ging mit ihnen bis zu der Treppe, die zum Ausgang der [X.] führt. Dort forderte einer der Angeklagten, vermutlich [X.], aufgrund eines nunmehr gefassten Tatentschlusses und in spontan und situativ zwischen den Angeklagten entstandenem Einvernehmen den Geschädigten auf, ihnen Geld zu geben. Dieser gab ihnen unter dem [X.] der vorangegangenen Schläge seine Geldbörse heraus. Die Angeklag-ten verließen mit der Geldbörse den [X.]. Auf der [X.] entnahmen sie ihr das Bargeld (7 •) und warfen sie mit dem übrigen Inhalt weg. 3 - 5 - Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das [X.] die An-geklagten wegen gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung schuldig ge-sprochen, jedoch eine Verurteilung wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung nach § 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB abgelehnt. Denn die schwere körperliche Misshandlung des Geschädigten sei bereits abgeschlossen ge-wesen, bevor der [X.] gefasst worden sei, und sei daher nicht während der Begehung der räuberischen Erpressung erfolgt, was die An-wendung des [X.] ausschließe. Darüber hinaus nimmt das [X.] eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB an, weil die Angeklagten den Verletzten wechselseitig geschlagen und getreten und hierbei am Tatort bewusst zusammengewirkt hätten. § 224 Abs. 1 [X.] StGB sieht das [X.] demgegenüber nur durch den [X.](Tritte gegen den Kopf und gegen das Gesicht) verwirklicht. 4 5 b) Tat des Angeklagten [X.] vom 19. Mai 2009 (II. 2 der Urteils-gründe): Anlässlich eines Streits mit seiner damaligen Lebensgefährtin schlug der Angeklagte heftig mit der flachen Hand auf ihr Gesicht und [X.] auch mit der Faust [X.] auf ihren Körper ein. 2. Die Revisionen sind insoweit beschränkt, als sie den Teilfreispruch des Angeklagten [X.] und den zweiten Schuldspruch von den Revisions-angriffen ausnehmen. In diesem Umfang hält das Urteil der sachlichrechtli-chen Überprüfung stand. 6 a) Die Feststellungen, welche die Verneinung des § 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB tragen (vgl. [X.], 418; NStZ 2004, 556), beruhen auf einer revisionsgerichtlich nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung. Die [X.], sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt allein dem Tatgericht. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen; es kann sie nur auf Rechtsfehler überprüfen. Die Revisionsbegründung zeigt solche indes nicht auf. Wie der [X.] in seiner Antragsschrift 7 - 6 - zutreffend ausgeführt hat, erschöpfen sich die Überlegungen der Staatsan-waltschaft zur Würdigung der Aussage des Geschädigten und der [X.] [X.]

vielmehr darin, die tatsachenfundierten Be-weiserwägungen des [X.]s durch eine hiervon abweichende eigen-ständige Sicht der Dinge zu ersetzen. Die Schlussfolgerungen des Landge-richts sind indes möglich und nachvollziehbar, mithin nicht rechtsfehlerhaft (vgl. BGHSt 36, 1, 14). Das [X.] ist der Einlassung des Angeklagten [X.]

gefolgt, nach der es zur Übergabe der Geldbörse erst am Fuße der zum Ausgang führenden Treppe gekommen sei. Die Idee, etwas herauszuverlangen, sei spontan erst dort entstanden. Diese Einlassung wird nach Auffassung des [X.]s gestützt durch die in Augenschein genommenen Videoaufnah-men der Überwachungskameras auf dem [X.], auf denen die Gewalt-handlungen der Angeklagten gegen den Geschädigten auf dem Bahnsteig aufgezeichnet seien; demgegenüber seien Handlungen am Fuße der Treppe nicht festgehalten, da dieser Bereich außerhalb des Blickfeldes der Kamera liege. Bei Inaugenscheinnahme der Videoaufnahmen konnte die [X.] nicht erkennen, dass bereits im Zusammenhang mit den schweren Ge-walthandlungen auf dem Bahnsteig eine Übergabe der Geldbörse oder auch nur irgendwelche darauf gerichtete Handlungen des Geschädigten [X.] hatten. Das [X.] setzt sich in nachvollziehbarer Weise mit der entgegenstehenden Aussage des Geschädigten auseinander, nach seiner Erinnerung habe er am Boden gelegen, als die Angeklagten ihn zur Heraus-gabe des Portemonnaies aufgefordert hätten und er es übergeben habe; dies müsse daher wohl auf dem Bahnsteig gewesen sein ([X.]). Das Land-gericht vermochte dies auf den Videoaufnahmen nicht zu sehen. Bei seinen Feststellungen zum Zeitpunkt und Ort der Übergabe hat es vor diesem [X.] in nicht zu beanstandender Weise dargelegt und berücksichtigt, dass die Erinnerung des Geschädigten an den genauen Tatablauf wegen der von ihm selbst eingeräumten starken Alkoholisierung und Übermüdung nicht als zuverlässig angesehen werden konnte. 8 - 7 - Der Annahme, der Entschluss zur Wegnahme der Geldbörse sei erst nach Abschluss der schweren Gewalthandlungen gegen den Geschädigten spontan entstanden, widerspricht auch nicht [X.] wie die Staatsanwaltschaft meint [X.] die Feststellung, der Angeklagte [X.]

habe an der Kleidung des Geschädigten —genestelt und [X.], während der Angeklagte [X.] auf den am Boden Liegenden einschlug. Diese Handlungen des Angeklagten [X.] lassen nämlich nicht zwingend auf eine Wegnahmeabsicht schlie-ßen. Sie können sich vielmehr als eine bloße Ausformung der Gewalttätigkei-ten gegen den Geschädigten darstellen. Dieser Schluss liegt angesichts des heftigen [X.]s an der Kapuze, das zu deren Ablösung von der Jacke des Opfers führte, sogar nahe. 9 10 b) Auch die Strafaussprüche halten rechtlicher Prüfung stand. 11 Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts, dessen Aufgabe darin besteht, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von Tat und Täter gewonnen hat, die wesentli-chen be- und entlastenden Umstände festzustellen, zu bewerten und gegen-einander abzuwägen; das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn sie gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraums liegt (BGHR StGB § 46 Abs. 1 Strafhöhe 10 m.w.[X.]). In diesem Sinne weisen die [X.] keinen durchgreifen-den Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten auf. Die für die gemeinschaftli-che Tat verhängten Freiheitsstrafen mögen milde sein; sie sind jedoch [X.] ebenso wie die Freiheitsstrafe für die von dem Angeklagten [X.] zum Nachteil seiner Lebensgefährtin begangenen Körperverletzung [X.] nicht unver-tretbar und entfernen sich nicht in unzulässiger Weise von ihrer Bestimmung des gerechten [X.]. 12 - 8 - Das [X.] hat allerdings rechtsfehlerhaft nicht bedacht, dass sich der Angeklagte [X.]

nicht nur nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbar gemacht, sondern [X.] ebenso wie der Mitangeklagte [X.] [X.] jedenfalls durch mittäterschaftliche Zurechnung zusätzlich auch den in [X.] in dieser Straf-bestimmung normierten Qualifikationstatbestand der Vornahme einer das Leben des Opfers der Körperverletzung gefährdenden Behandlung verwirk-licht hat. Dieser Rechtsfehler, der nicht den strafrahmenbestimmenden Tat-bestand betrifft, führt indes nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat schließt aus, dass das [X.], welches sich bei der Strafzumes-sung im Detail rechtsfehlerfrei am unterschiedlichen individuellen Gewaltein-satz der beiden Angeklagten orientiert hat, ohne den Fehler zu einem ande-ren Strafausspruch gelangt wäre. Dies gilt umso mehr (vgl. § 301 StPO), als das [X.] nicht erkennbar beachtet hat, dass dem Angeklagten [X.] wegen der an sich gesamtstrafenfähigen Verurteilung durch das [X.] vom 15. Februar 2008 zu einer Geldstrafe, die in Un-terbrechung der Untersuchungshaft in dieser Sache im Wege der Vollstre-ckung der Ersatzfreiheitsstrafe erledigt wurde, ein Härteausgleich zu gewäh-ren gewesen wäre (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 55 Rdn. 21 f. m.w.[X.]). 13 [X.] Brause [X.] [X.] König

Meta

5 StR 195/09

23.06.2009

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2009, Az. 5 StR 195/09 (REWIS RS 2009, 2927)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2927

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