Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2013, Az. AnwZ (Brfg) 52/12

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2013, 2440

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 52/12

vom

25. September 2013

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Verleihung der [X.]efugnis, die Fachanwaltsbezeichnung "Arbeitsrecht" zu führen

-

2

-
Der [X.], [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]s Prof. Dr. Tolksdorf, die Richterinnen [X.] und Dr.
Fetzer sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. [X.] und Dr. [X.]raeuer

am
25. September 2013
beschlossen:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des 2. Senats des [X.] [X.] vom 6.
Juni 2012 wird
abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 12.500

Gründe:

I.

Die Klägerin ist im [X.]ezirk der [X.] zur Rechtsanwaltschaft zugelas-sen. Am 4.
Mai 2009 beantragte sie, ihr zu gestatten, die [X.] "Arbeitsrecht" zu führen. Die [X.]eklagte wies den Antrag mit [X.]escheid vom 29.
November 2010 zurück, weil den gemeldeten Fällen keine hinreichende [X.]efassung mit Fragestellungen aus dem [X.]ereich des kollektiven Arbeitsrechts zu entnehmen gewesen sei; im deshalb anberaumten Fachgespräch habe die Klägerin keine ausreichenden Kenntnisse auf diesem Gebiet nachweisen kön-1
-

3

-
nen. Die Klage gegen diesen [X.]escheid ist erfolglos geblieben. Nach Ansicht des [X.] hat die Klägerin schon nicht nachgewiesen, innerhalb der letzten drei Jahre vor Antragstellung 50 gerichts-
oder rechtsförmliche Ver-fahren aus dem Fachgebiet "Arbeitsrecht" bearbeitet zu haben. Nunmehr bean-standet die Klägerin die Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des Anwalts-gerichtshofs.

II.

Der Antrag der Klägerin ist nach §
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124a Abs.
4 VwGO statthaft und auch im
Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Die Klägerin hat keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Ent-scheidung des [X.] beruhen kann (§
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO).

a) Die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Terminverlegung war nicht verfahrensfehlerhaft. Nach der Vorschrift des §
227 ZPO, die gemäß §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.]RAO, §
173 Satz
1 VwGO auch für das gerichtliche Ver-fahren in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen gilt, kann eine mündliche Ver-handlung aus "erheblichen Gründen" verlegt oder vertagt werden. Solche Gründe lagen nicht vor. Der sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte der Klä-gerin war zwar urlaubsbedingt an der Sitzungsteilnahme gehindert. Die Klägerin hatte aber eine Sozietät mit ihrer Vertretung beauftragt. Es blieb ihr daher un-benommen, sich in der nicht allzu komplexen Angelegenheit von einem ande-ren Sozietätsmitglied vertreten zu lassen oder sich in ihrer Eigenschaft als pos-tulationsfähige Rechtsanwältin selbst zu vertreten. Es besteht kein Anspruch 2
3
4
-

4

-
der Klägerin auf vorrangige Vertretung durch ihren sachbearbeitenden Pro-zessbevollmächtigten (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 19.
Mai 1998 -
7
[X.] 95/98, juris Rn.
2 m.w.N.).

Eine Verlegung des Termins war auch nicht zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs geboten. [X.]ei dem angesetzten Termin handelte es sich um einen Fortsetzungstermin. Die Sache war bereits am 7. Dezember 2011 münd-lich verhandelt und sodann vertagt worden. Am 3.
Januar 2012 erging ein Hin-weis-
und Auflagenbeschluss; die Klägerin erhielt Gelegenheit zur Stellung-nahme bis zum 31.
Januar 2012. Hiervon hat sie fristgerecht Gebrauch [X.] und dabei erklärt, an ihrem Rechtsstandpunkt festzuhalten; der Auflage, dem Gericht die Akten der Fälle, deren [X.]ewertung streitig war, zur Verfügung zu stellen, werde sie nicht nachkommen. Mit weiterem [X.]eschluss vom 8.
Februar 2012 wurde ihr Gelegenheit gegeben, ihren Vortrag bis zum 29.
Februar 2012 zu ergänzen. Von dieser Möglichkeit hat sie abgesehen. Die Sache war damit zur Endentscheidung reif und stand zur abschließenden [X.] an. Da alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte bereits ange-sprochen worden waren, war es der postulationsfähigen Klägerin zuzumuten, den Termin entweder selbst wahrzunehmen oder sich von einem anderen [X.] der [X.] vertreten zu lassen.

b) Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht darin begründet, dass der [X.] den Antrag der Klägerin auf Ablehnung des Vorsitzenden [X.] wegen der [X.]esorgnis der [X.]efangenheit zurückgewiesen hat.

aa) Eine Ablehnung eines [X.]efangenheitsantrags in der Vorinstanz unter-liegt grundsätzlich nicht der [X.]eurteilung des [X.]erufungsgerichts. [X.]eschlüsse über die Ablehnung von [X.] können nach §
112c Abs. 1 Satz
1 5
6
7
-

5

-
[X.]RAO, §
146 Abs. 2 VwGO nicht mit der [X.]eschwerde angefochten werden und sind daher gemäß §
173 Satz
1 VwGO, §
512 ZPO einer inhaltlichen [X.] im [X.]erufungsverfahren entzogen. Sie stellen damit grundsätzlich keinen im Zulassungsverfahren zu berücksichtigenden Verfahrensmangel dar (vgl. [X.] vom 8.
Dezember 2011 -
AnwZ
([X.]) 46/11, juris Rn.
7; vom 15.
März 2012 -
AnwZ
([X.]) 55/11, juris Rn.
14). Die unrichtige Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs ist allerdings ausnahmsweise dann beachtlich, wenn mit ihr die Verletzung der verfassungsrechtlichen Garantie einer vorschriftsmä-ßigen [X.]esetzung des Gerichts gemäß Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG geltend [X.] wird. Dies setzt voraus, dass für die Entscheidung willkürliche oder ma-nipulative Erwägungen maßgeblich waren ([X.], [X.] 2010, 216 m.w.N.; ebenso [X.], NVwZ 2008, 1025 Rn.
6; NVwZ-RR 2011, 621 Rn.
3 unter [X.]ezugnahme auf §
173 VwGO, §
557 Abs.
2 ZPO für das Revisionsverfahren).

bb) Einen solchen Vorwurf erhebt die Klägerin zu Unrecht. Die Zurück-weisung des Ablehnungsgesuchs der Klägerin durch [X.]eschluss vom 7. Mai 2012 begegnet in keiner Hinsicht rechtlichen [X.]edenken; insbesondere hat der [X.] keine willkürliche Entscheidung getroffen. Soweit die Kläge-rin ihr Ablehnungsgesuch auf die Zurückweisung
des Antrags auf Terminverle-gung gestützt hat, liegt ein Grund, der die [X.]esorgnis einer [X.]efangenheit des Vorsitzenden [X.] aufkommen lassen könnte, schon deswegen nicht vor, weil -
wie bereits aufgezeigt
-
kein Vertagungsgrund im Sinne von §
227 ZPO vorlag. Eine mit dem geltenden Recht in Einklang stehende, für die [X.] un-günstige Entscheidung rechtfertigt bei verständiger [X.]etrachtung kein Misstrau-en gegen eine unparteiliche Amtsausübung des entscheidenden [X.]. Ent-gegen der Auffassung der Klägerin liegt ein Ablehnungsgrund auch nicht darin, dass Mitgliedern des [X.] von der Vertreterin der [X.]
-

6

-
cher überreicht worden sein sollen. Denn der von ihr abgelehnte Vorsitzende Richter hat selbst kein [X.]uch von der [X.] erhalten.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulas-sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird ([X.], [X.]eschluss vom 29.
Juni 2011 -
AnwZ
([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn.
3; [X.] 110, 77, 83; [X.], [X.], 1163, 1164; NVwZ-RR 2008, 1; NJW 2009, 3642; vgl. ferner [X.],
NVwZ-RR 2004, 542, 543; Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, §
112e [X.]RAO Rn.
77). Diese Voraussetzungen hat die Klägerin nicht hinreichend [X.].

Sie beruft sich darauf, bei den von ihr angemeldeten Fällen Nr.
15 bis 20 handele es sich um sechs eigenständige Fälle im Sinne von §
5 [X.], so dass sie entgegen der Auffassung des [X.] die [X.]earbeitung 50 [X.] oder rechtsförmlicher Verfahren (§
5 Satz
1 [X.]uchst. c [X.] a.F.) im maßgeblichen Referenzzeitraum nachgewiesen habe. Dabei geht sie von der Prämisse aus, mehrere Fälle seien nur dann als ein identischer Fall zu [X.], wenn dieselben [X.]eteiligten mehrere Verfahren mit einem gleichgelagerten Sachverhalt führten. So lägen die Dinge im Streitfall jedoch nicht; sie, die Kläge-rin, habe in den Fällen Nr.
15 bis 20 für unterschiedliche [X.]eteiligte jeweils ein Verfahren geführt.

Mit diesem Vorbringen lässt die Klägerin außer [X.], dass die Identität der [X.]eteiligten und der zu beurteilenden Tatsachen nur die Abgrenzungskrite-rien für den eigentlich maßgeblichen Gesichtspunkt bilden, nämlich dafür, ob 9
10
11
-

7

-
den bearbeiteten Mandaten ein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrundeliegt oder nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 6.
März 2006 -
AnwZ
([X.]) 36/05, [X.]Z 166, 292 Rn.
12). Entscheidend ist letztlich, ob bei verständiger Würdigung aller Umstände von einem einheitlichen Lebenssachverhalt auszugehen ist, der in mehrere Fälle aufgespalten wurde, oder ob in sich geschlossene, von anderen Sachverhalten deutlich unterscheidbare Lebenssachverhalte juristisch aufzuar-beiten waren (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 21.
Mai 2004 -
AnwZ
([X.]) 36/01, [X.], 2748, 2749; [X.]/[X.]/[X.], [X.]RAO, 8.
Aufl., §
5 [X.] Rn.
4). [X.]ei der erstgenannten Konstellation liegt nur ein Fall vor; bei der letzt-genannten Gestaltung sind mehrere Fälle anzunehmen, wobei allerdings in der Regel nicht alle mit dem Faktor "1" gewichtet werden können. Diese [X.] gelten auch bei sogenannten "[X.]" (vgl. [X.]/[X.]/
[X.], aaO). Diese können -
je nach Fallgestaltung
-
unterschiedliche Fälle (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2009 -
AnwZ
([X.]) 48/08, [X.], 1320 Rn.
21, 31), aber auch nur einen einzigen Fall darstellen.

In den vorliegend in Frage stehenden Verfahren hat die Klägerin
-
entgegen ihrer Darstellung in der [X.]
-
nicht verschiedene Mandan-ten vertreten. Vielmehr ist sie nur für einen einzigen Mandanten tätig geworden, gegen den von sechs Arbeitnehmern -
in der Sache und in der rechtlichen [X.]e-gründung identische
-
Klagen auf Feststellung der Fortgeltung eines [X.] und der Anwendbarkeit bestimmter tarifrechtlicher [X.]estimmungen erho-ben worden sind. Die Klägerin ist von ihrem Mandanten hinsichtlich aller sechs Klagen am selben Tag mit der Fertigung einer Klageerwiderung beauftragt [X.] und hat nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des [X.] sechs gleichlautende Erwiderungsschriften gefertigt. Wenn der [X.] bei einer solchen Konstellation und in Anbetracht des [X.], dass die Klägerin es abgelehnt hat, weitere Einzelheiten zu diesen "Fällen" 12
-

8

-
und deren [X.]earbeitung vorzutragen, die Fälle Nr.
15 bis 20 als einen zusam-mengehörenden Lebenssachverhalt bewertet hat, ist dies nicht zu beanstan-den. Die Klägerin hat in der [X.] keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine andere [X.]eurteilung rechtfertigen würde. Damit fehlt es an einer ausrei-chenden Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.]RAO,
§
154 Abs.
2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §
194 Abs. 1 [X.]RAO, §
52 Abs.
1 [X.]. In Verfahren, welche das Führen von Fachanwaltsbezeichnungen betreffen, setzt der Senat den Streitwert regelmäßig auf 12.500

13
-

9

-
[X.], Urteil vom 26.
November 2012 -
AnwZ ([X.]) 56/11, [X.], 175 Rn.
13). Umstände, die im vorliegenden Fall ein Abweichen von dieser Praxis erfordern könnten, sind nicht ersichtlich.

Tolksdorf
[X.]
Fetzer

[X.]
[X.]raeuer

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 06.06.2012 -
2 [X.] 3/11 -

Meta

AnwZ (Brfg) 52/12

25.09.2013

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2013, Az. AnwZ (Brfg) 52/12 (REWIS RS 2013, 2440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2440

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AnwZ (Brfg) 52/12 (Bundesgerichtshof)

Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung für Arbeitsrecht: Fallbegriff und Behandlung von Serienfällen beim Nachweis der besonderen praktischen …


AnwZ (Brfg) 17/12 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (Brfg) 18/12 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (Brfg) 3/12 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (Brfg) 28/23 (Bundesgerichtshof)

Vorlage von Wiederholungsfällen bei Fachanwalts-Antrag


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.