Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2008, Az. IX ZB 144/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4820

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[X.] BESCHLUSS [X.] 144/07 vom 27. März 2008 in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 34 Abs. 1, ZPO § 571 Abs. 1 Hat das Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgewiesen, hat das Beschwerdegericht darüber nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung zu entscheiden ([X.] zu [X.] 169, 17). [X.], [X.]uss vom 27. März 2008 - [X.] 144/07 - [X.] AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Ganter und Raebel, die Richterin [X.] und [X.] [X.] am 27. März 2008 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten wird der Be-schluss der 11. Zivilkammer des [X.]s Nürnberg-[X.] vom 13. Juli 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung [X.] auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens [X.] an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 1.458,65 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die weitere Beteiligte (fortan: Gläubigerin) hat am 25. April 2007 die Er-öffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners [X.]. Das Insolvenzgericht hat den Antrag auf Kosten der Gläubigerin wegen Fehlens eines rechtlichen Interesses als unzulässig zurückgewiesen, weil das 1 - 3 - im Vorjahr eröffnete Verfahren 504 IN 62/06 noch laufe und eine von diesem Verfahren nicht erfasste "[X.]" nicht dargetan sei. Die sofortige Be-schwerde der Gläubigerin ist erfolglos geblieben. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 34 Abs. 1, §§ 6, 7 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückver-weisung der Sache an das Beschwerdegericht. 2 1. Der angefochtene [X.]uss unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil er nicht mit Gründen versehen ist (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO). [X.], die mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden können, müssen den maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben, über den entschieden wird; denn das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von demjenigen Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Fehlen tatsächliche Feststellungen, so ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des [X.], die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne ([X.], [X.]. v. 9. März 2006 - [X.] 17/05, [X.], 481). 3 2. Das [X.] hat seinen Rechtsausführungen keinen Sachverhalt vorangestellt. Die Bezugnahme auf die Begründung des erstinstanzlichen [X.] vermag die notwendigen tatsächlichen Feststellungen nicht zu [X.], weil sie das Beschwerdevorbringen der Gläubigerin nicht erfasst. Soweit aus den Gründen ersichtlich, ist das Beschwerdegericht denn auch von einem 4 - 4 - unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Es hat den Antrag der Gläubigerin [X.] des vermeintlich am 3. Mai 2007 eröffneten "[X.]" 504 IN 62/06 für unzulässig gehalten. Tatsächlich ist das Verfahren 504 IN 62/06 am 3. Mai 2006 eröffnet und am 13. Juni 2007, also vor Erlass des angefochtenen [X.], gemäß § 207 Abs. 1 [X.] wegen Fehlens einer die Kosten des [X.] deckenden Masse eingestellt worden. Im Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] über den Eröffnungsantrag war kein weiteres Verfah-ren anhängig. Darauf hatte die Gläubigerin in der Begründung ihrer sofortigen Beschwerde hingewiesen. II[X.] Der [X.]uss des [X.] kann damit keinen Bestand ha-ben. Er ist aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Be-schwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Für das weitere Ver-fahren weist der Senat auf folgende rechtlichen Gesichtspunkte hin: 5 1. Ob die Eröffnungsvoraussetzungen - [X.], § 16 [X.], und Deckung der Verfahrenskosten, § 26 [X.] - erfüllt sind, ist bezogen auf den Zeitpunkt der neu zu treffenden Entscheidung des [X.] zu prü-fen (§ 571 Abs. 2 ZPO; vgl. [X.] 169, 17, 25 f; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 571 Rn. 3). Die Beschwerdeinstanz ist eine vollwertige zweite Tatsachenin-stanz. Nach der amtlichen Begründung des [X.] [X.] liegt dieser Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens die Überlegung zugrunde, dass den im Beschwerdeverfahren angefochtenen Entscheidungen in der Regel kein mit dem erstinstanzlichen [X.] vergleichbares förmliches Verfahren mit eingehender Tatsachenfeststellung und ausführlich 6 - 5 - begründeter Abschlussentscheidung zugrunde liegt (BT-Drucks. 14/4722, [X.]). Das Beschwerdegericht hat deshalb weiterhin die Möglichkeit, aber auch die Verpflichtung, neue Tatsachen und Beweise uneingeschränkt zu be-rücksichtigen, unabhängig davon, ob diese vor oder nach der erstinstanzlichen Entscheidung entstanden sind. Auf den Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] kommt es dann an, wenn die Rechtmäßigkeit eines Eröffnungsbe-schlusses zu überprüfen ist (vgl. ausf. [X.] 169, 17, 25 ff). Ist ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens dagegen abgewiesen worden, bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] maßgebend ist. Liegen die [X.] in diesem Zeitpunkt - sei es auch erstmals - vor, ist das Insol-venzverfahren zu eröffnen. 2. Auch die Frage des rechtlichen Interesses des Gläubigers an der Er-öffnung des Insolvenzverfahrens (§ 14 [X.]) ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Eröffnungsantrag zu beantworten. Das Tatbestands-merkmal "rechtliches Interesse" ist eingefügt worden, um sicherzustellen, dass nur solche Gläubiger Anträge stellen, die im Falle der Eröffnung als Insolvenz-gläubiger am Verfahren beteiligt wären, und um missbräuchlichen Anträgen vorzubeugen, die etwa zu dem Zweck gestellt werden, Zahlungen solventer, aber zahlungsunwilliger Schuldner zu erzwingen (BT-Drucks. 12/2443, [X.]). In aller Regel wird einem Gläubiger, dem eine Forderung zusteht und der einen 7 - 6 - [X.] glaubhaft macht, das rechtliche Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht abgesprochen werden können ([X.], [X.]. v. 29. Juni 2006 - [X.] 245/05, [X.], 589; v. 7. Februar 2008 - [X.] 137/07, [X.], 565). Dr. [X.] [X.] Raebel [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 01.06.2007 - 503 IN 352/07 - [X.], Entscheidung vom 13.07.2007 - 11 T 5230/07 -

Meta

IX ZB 144/07

27.03.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2008, Az. IX ZB 144/07 (REWIS RS 2008, 4820)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4820

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