Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2008, Az. IX ZB 137/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5714

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[X.][X.] vom 7. Februar 2008 in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 14 Abs. 1 Der Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nicht deshalb unzulässig, weil der Gläubiger keine Auskunft über die tatsächlichen Voraussetzun-gen eines Anfechtungsanspruchs gegen sich erteilt. [X.], [X.]uss vom 7. Februar 2008 - [X.] 137/07 - [X.] AG [X.]- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], die Richter [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] am 7. Februar 2008 beschlossen: Auf die Rechtsmittel des weiteren Beteiligten zu 1 werden der Be-schluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 4. Juli 2007 und der [X.]uss des [X.] vom 4. Juni 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren - an das Amtsgericht zurückverwiesen. Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 7.816,53 • festgesetzt. Gründe: [X.] Am 28. Juni 2006 beantragte der weitere Beteiligte zu 1 (fortan: [X.]) wegen rückständiger Abgaben in Höhe von 32.973,01 • die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Mit [X.]uss vom 6. September 2006 wurde der weitere Beteiligte zu 2 (fortan: Gutachter) zum 1 - 3 - vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und mit der Erstattung eines Gutachtens über das Vorliegen eines [X.] sowie die Deckung der [X.] beauftragt. Der Gutachter sah den Eröffnungsgrund der [X.] als gegeben an. Die Verfahrenskosten könnten voraussichtlich mit Hilfe von [X.] gegen den antragstellenden Gläubiger ge-deckt werden, der im anfechtungsrechtlich relevanten Zeitraum laut telefoni-scher Auskunft etwa 7.200 • im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben habe. Das Insolvenzgericht forderte den Gläubiger auf, die seit März 2006 ver-einnahmten Beträge mitzuteilen. Dies lehnte der Gläubiger ab. 2 Mit [X.]uss vom 4. Juni 2007 hat das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als unzulässig abgewiesen und dem Gläu-biger die Verfahrenskosten auferlegt. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Gläubiger weiter-hin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners erreichen. 3 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 34 Abs. 1, §§ 6, 7 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 574, 575 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der er-gangenen Entscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 4 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Zwar sei der antragstellende Gläubiger nicht verpflichtet, Auskunft über mögliche Anfechtungsansprüche zu 5 - 4 - erteilen. Wenn er Anfragen des vorläufigen Verwalters und des [X.] jedoch nicht beantworte, obwohl die verlangten Auskünfte ohne großen Aufwand erteilt werden könnten, dürfe aus diesem Verhalten der Schluss gezo-gen werden, dass es ihm nicht um die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehe, sondern nur darum, weiteres Vermögen ermitteln zu lassen, auf das er nach Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen zugreifen könne. Das sei ein Miss-brauch des Eröffnungsverfahrens und unredlich. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 6 a) Gemäß § 14 Abs. 1 [X.] ist der Antrag eines Gläubigers nur zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des [X.] hat. Das Tatbestandsmerkmal —rechtliches Interessefi ist eingefügt worden, um sicherzustellen, dass nur solche Gläubiger Anträge stellen, die im Falle der Eröffnung als Insolvenzgläubiger am Verfahren beteiligt wären, und um missbräuchlichen Anträgen vorzubeugen, die etwa zu dem Zweck gestellt werden, Zahlungen solventer, aber zahlungsunwilliger Schuldner zu erzwingen (BT-Drucks. 12/2443, [X.]). In aller Regel wird einem Gläubiger, dem eine Forderung zusteht und der einen Eröffnungsgrund glaubhaft macht, das rechtli-che Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht abgesprochen werden können ([X.], [X.]. v. 29. Juni 2006 - [X.] 245/05, [X.], 588, 589; HK-[X.]/Kirchhof, 4. Aufl. § 14 Rn. 22). [X.] und damit unzulässig kann ein Antrag allerdings sein, wenn es dem Antragsteller um die Erreichung anderer Ziele als desjenigen der Befriedigung der eigenen Forde-rung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens geht ([X.], [X.]. v. 21. Juni 2007 - [X.] 51/06, [X.] 2007, 623, 624; [X.]/[X.], [X.] § 14 Rn. 4). Das gilt insbesondere für einen Antrag, mit dem der Gläubiger nur zu seinem eigenen Vorteil und zum Nachteil anderer Gläubiger Vermögensgegenstände 7 - 5 - des Schuldners ermitteln lassen will, in die er dann außerhalb eines [X.] vollstrecken kann ([X.], [X.]. v. 15. Juli 2004 - [X.] 280/03, [X.] 2004, 753, 754). b) Von diesen Grundsätzen scheint das Beschwerdegericht ausgegan-gen zu sein. Den Schluss, dass der Gläubiger verfahrensfremde Zwecke verfol-ge, hat es jedoch ausschließlich deshalb gezogen, weil der Gläubiger es [X.] hat, Einzelheiten der im anfechtungsrelevanten Zeitraum erfolgten [X.] mitzuteilen. Das ist nicht zulässig. 8 aa) Die [X.] kennt keine Auskunftspflichten möglicher [X.] gegenüber dem Insolvenzgericht. Erst recht bestehen der-artige Pflichten nicht gegenüber dem (künftigen) Verwalter als dem (künftigen) Gegner des [X.]. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] gibt es im Zivilprozess keine allgemeine prozessuale Aufklä-rungspflicht. Vielmehr gilt der [X.]. Es ist Sache der [X.], die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und Beweismittel zu benennen. Darauf beruhen auch die Regelungen zur Darlegungs- und Beweis-last im Zivilprozess. Keine Partei ist gehalten, dem Gegner das Material für sei-nen [X.] zu verschaffen, wenn nicht materiell-rechtliche Auskunfts- und Vorlagepflichten bestehen oder die Grundsätze der sekundären Darlegungslast eingreifen ([X.] 116, 47, 56; [X.], Urt. v. 11. Juni 1990 Œ II ZR 159/89, [X.], 1844, 1845 f; [X.]. v. 26. Oktober 2006 [X.], [X.], 155, 156). Stellen die Erfolgsaussichten eines [X.] nur eine Vor-frage bei der Prüfung der [X.] dar (§ 26 Abs. 1 [X.]), kann nichts anderes gelten. Dass im vorliegenden Fall der mögliche Anfech-tungsgegner derjenige ist, der den Insolvenzantrag gestellt hat, ändert schließ-lich ebenfalls nichts. Ob die Kosten des Insolvenzverfahrens voraussichtlich 9 - 6 - gedeckt sind, liegt nicht im Verantwortungsbereich des Gläubigers. Dieser hat zwar die Möglichkeit, durch einen Verfahrenskostenvorschuss die Eröffnung eines massearmen Insolvenzverfahrens zu ermöglichen (§ 26 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Macht er von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch, hat es dabei sein Bewenden. Auf die Zulässigkeit seines [X.] wirkt sich die Weigerung, einen Verfahrenskostenvorschuss zu leisten, nicht aus. Ebenso wenig muss der Gläubiger dadurch zur Deckung der Verfahrenskosten beitra-gen, dass er einen Anfechtungsprozess gegen sich vorbereitet. [X.]) Das Beschwerdegericht hat allein deshalb einen Missbrauch des In-solvenzeröffnungsverfahrens und die Verfolgung verfahrensfremder Zwecke angenommen, weil der Gläubiger die verlangten Auskünfte zu den tatsächlichen Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs nicht erteilt hat. Damit hat es, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, die Zulässigkeit des [X.] an die Beantwortung der Fragen zu den Anfechtungsvoraussetzungen geknüpft. Dieses Vorgehen findet in der [X.] keine Grundlage. § 14 Abs. 1 [X.] verlangt lediglich die Darlegung und Glaubhaftmachung der Forderung und des [X.]. Weitere Aufklärung hat der Gläubiger nicht zu leisten. 10 3. Der angefochtene [X.]uss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Insolvenzgericht 11 - 7 - zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO; vgl. [X.] 160, 176, 185 f). Das [X.] wird nunmehr zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen einer Er-öffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gegeben sind. Dr. [X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.06.2007 - 31 IN 63/06 - [X.], Entscheidung vom 04.07.2007 - 4 [X.]/07 -

Meta

IX ZB 137/07

07.02.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2008, Az. IX ZB 137/07 (REWIS RS 2008, 5714)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5714

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