Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.07.2020, Az. B 8 SO 37/20 B

8. Senat | REWIS RS 2020, 2445

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - konkrete Rechtsfrage - abstrakte Klärungsbedürftigkeit - Sozialhilfe - Kostenersatz durch Erben - Erbenstellung - Beschränkung der Haftung auf den Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses - Rüge der inhaltlichen Unrichtigkeit der Entscheidung


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 12. März 2020 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das bezeichnete Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt [X.] beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 25 758,86 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit ist die Verpflichtung der Klägerin zum Kostenersatz als Erbin in Höhe von 25 758,86 Euro.

2

Die Klägerin ist die Enkelin und Erbin der 2012 verstorbenen [X.] ([X.]), die vom Beklagten von Mai 1998 bis 31.12.2009 Leistungen der Sozialhilfe für die ungedeckten Kosten ihrer Unterbringung in einem Seniorenwohnheim erhalten hatte. Ab 1.1.2010 war sie in der Lage, aus dem Erbe ihres im Dezember 2009 vorverstorbenen Ehemanns [X.] die Kosten selbst zu zahlen. [X.] war nach dem gemeinschaftlichen Testament aus dem [X.] die alleinige Erbin ihres Ehemannes. Der Beklagte zog die Klägerin in Höhe von 25 758,86 Euro zum Kostenersatz heran (Bescheid vom 19.4.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.7.2015). Die Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28.3.2017; Urteil des [X.] <[X.]> vom 12.3.2020). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ua ausgeführt, die Klägerin sei als Erbin kostenersatzpflichtig. Zu [X.]echt sei der Beklagte von einem Nachlass in Höhe von 39 297,36 Euro ausgegangen.

3

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der [X.]evision im Urteil des [X.] macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der [X.]echtssache geltend; zugleich beantragt sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). Grundsätzlich bedeutsam sei die Frage, "ob entgegen den einschlägigen gesetzlichen erbrechtlichen Vorgaben und somit gesetzeswidrig eine Erbin mit Werten von einem Sozialhilfeträger in Anspruch genommen werden kann, die sie nach erbrechtlichen Vorgaben zwingend gerade nicht geerbt haben kann!" SG und [X.] hätten verkannt, dass nach dem gemeinsamen Testament der Eheleute [X.]. ein geteilter Nachlass nach dem Letztversterbenden bestimmt worden sei. Dementsprechend habe sie, die Klägerin, nur 3400 Euro nach ihrer Großmutter geerbt. Darauf sei die Erbenhaftung beschränkt. Auf den Vergleich vor dem Amtsgericht (AG) komme es nicht an.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.] 1 Sozialgerichtsgesetz ) nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden ist. Der [X.] konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung [X.] nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

5

Grundsätzliche Bedeutung hat eine [X.]echtssache nur dann, wenn sie eine [X.]echtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der [X.]echtseinheit oder der Fortbildung des [X.]echts einer Klärung durch das [X.]evisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete [X.]echtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG vom [X.] [X.] 142/02 B - Soz[X.] 3-1500 § 160a [X.] 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin überhaupt eine abstrakt klärungsbedürftige [X.]echtsfrage gestellt hat, deren Beantwortung durch den [X.] angestrebt wird oder ob die Klägerin nicht allein - wenn auch in eine Frage gekleidet - die inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des [X.] rügt. Denn selbst eine abstrakte [X.]echtsfrage unterstellt, fehlt es an hinreichenden Ausführungen zu ihrer Klärungsbedürftigkeit. Denn ihre Beantwortung ergibt sich bereits aus dem Gesetz. Kostenersatz nach § 102 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ([X.]) setzt bereits tatbestandlich die Erbenstellung voraus (§ 102 Abs 1 [X.]) und ist insbesondere (vgl § 102 Abs 2 Satz 2 [X.]) auf den Wert des im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlasses beschränkt. Weiterer Klärung durch das angestrebte [X.]evisionsverfahren bedarf es nicht, um die von der Klägerin aufgeworfene Frage zu beantworten. Wenn sie meint, das [X.] habe deshalb rechtswidrig entschieden, weil es den Wert des Nachlasses nach Maßgabe erbrechtlicher Vorschriften (die die Klägerin im Übrigen nicht benannt hat) unzutreffend beurteilt hat (und zudem weder geprüft hat, ob [X.] Sozialhilfe rechtmäßig gewährt worden ist oder ggf eine Härte anzunehmen ist <§ 102 Abs 3 [X.] 3 [X.]; vgl BSG vom [X.] - B 8 [X.] 15/17 [X.] - Soz[X.] 4-3500 § 102 [X.] 3>), ist dies eine Frage der inhaltlichen [X.]ichtigkeit der Entscheidung des [X.] im konkreten Einzelfall, die jedoch nicht zur Zulassung der [X.]evision verhilft (vgl nur BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - Soz[X.] 1500 § 160a [X.] 7).

6

Da der beabsichtigten [X.]echtsverfolgung nach dem Ausgeführten keine hinreichende Erfolgsaussicht beizumessen ist, kommt auch die Bewilligung von PKH nicht in Betracht (§ 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung ); zugleich entfällt die Beiordnung eines [X.]echtsanwalts (§ 121 ZPO).

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz ([X.]).

Meta

B 8 SO 37/20 B

15.07.2020

Bundessozialgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Chemnitz, 28. März 2017, Az: S 27 SO 209/15, Urteil

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 102 Abs 1 S 1 SGB 12, § 102 Abs 2 S 2 SGB 12

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.07.2020, Az. B 8 SO 37/20 B (REWIS RS 2020, 2445)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2445

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