Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2017, Az. AnwZ (Brfg) 58/16

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2017, 13012

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:310317BANWZ.B[X.]FG.58.16.0

BUN[X.]SGE[X.]ICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 58/16

vom

31. März 2017

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur [X.]echtsanwaltschaft

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Der Bundesgerichtshof, [X.],
hat durch die Präsidentin des [X.] [X.], die [X.]ichterin [X.], [X.] [X.]emmert sowie die [X.]echtsanwältin Schäfer und den [X.]echtsanwalt Dr. Wolf

am
31. März 2017
beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 27.
September 2016 an [X.] statt zugestellte Ur-teil des 2. Senats des Niedersächsischen [X.]
wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger wurde am 9. Oktober 2002
zur [X.]echtsanwaltschaft zugelas-sen. Am 16. Juni 2015 erteilte er gemäß § 802c ZPO Auskunft über sein Ver-mögen. Am
26. Juni 2015 wurde er in
das Schuldnerverzeichnis eingetragen, weil
eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nach dem Inhalt des [X.] ausgeschlossen war (§ 882c Abs. 1 Nr. 2, § 882b Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Mit Bescheid vom 20. Juli 2015 widerrief die Beklagte die [X.]
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sung des [X.] wegen [X.]. Die Klage gegen diesen Bescheid ist erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Beru-fung gegen das Urteil des [X.].

II.

Der Antrag des [X.] ist nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Der Kläger meint, ein Widerruf der Zulassung wegen Vermögensver-falls verstoße gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
GG. In sachwidrig ungleicher Weise werde strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des [X.]echtsanwaltes mit Bezug auf Vermögensinteressen des Mandanten regelmäßig schwächer sank-tioniert, als dies bei einem Vermögensverfall der Fall sei. Auch in seinem Fall müsse daher eine Auflage etwa des Inhalts ausreichen, dass er sich keine Geldempfangsvollmacht erteilen lassen dürfe. So verfahre er auch seit Jahren.
Eine vollständige Ordnung der finanziellen Verhältnisse des [X.] stehe
im Übrigen
unmittelbar bevor.

2. Ernsthafte Zweifel an der [X.]ichtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§
112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulas-sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender [X.]echtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird ([X.], Beschluss vom 29. Dezember 2016 -
AnwZ ([X.]) 36/16, juris [X.]n.
3 mwN). Daran fehlt es hier.
Das Urteil des [X.] steht im Einklang mit der [X.]echtsprechung des erkennenden Senates.

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a)
Im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsverfügung vom 20. Juli 2015 (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 29. Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 [X.]n.
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ff.) befand sich der Kläger in Vermögensverfall. Er war in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Vermögensverzeichnis eingetragen (§
882b ZPO). Gemäß §
14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] wird der Vermögensverfall in einem sol-chen Fall vermutet. Tatsachen, die zur Widerlegung dieser gesetzlichen Vermu-tung geeignet sind, hat der Kläger nicht dargelegt.

b) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] zum Ausdruck kommenden [X.] des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines [X.]echtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der [X.]echtsuchenden verbunden. Auch wenn diese [X.]egelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines [X.] folgt, kann die Gefährdung im nach der ge-setzlichen Wertung vorrangigen Interesse der [X.]echtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den [X.]echtsanwalt die Feststellungslast trifft. Der Anwalt darf seine anwaltliche Tätigkeit nur noch im [X.]ahmen einer an-waltlichen Sozietät ausüben und muss mit dieser rechtlich abgesicherte Maß-nahmen verabreden, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Die Einhaltung vertraglich vereinbarter Sicherungsmaßnahmen ist dabei nach ständiger Senatsrechtsprechung nur in einer Sozietät, nicht in einer Einzelkanz-lei sichergestellt. [X.] Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen [X.]echtsanwalts sind nicht geeignet, eine Gefährdung der [X.] auszuschließen (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Dezember 2016
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AnwZ ([X.]) 53/16, juris [X.]n. 15 f.
mwN).

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c) Wenn es dem Kläger -
wie er ohne Darlegung von Einzelheiten vor-trägt
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gelingt, seine finanziellen Verhältnisse zu ordnen, kann er seine [X.] beantragen und auch wieder als Einzelanwalt tätig sein.

3. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
(§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Dieser [X.] ist gegeben, wenn der [X.]echtsstreit eine entscheidungserhebliche, klä-rungsbedürftige und klärungsfähige [X.]echtsfrage aufwirft, die sich in einer [X.] Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des [X.]echts berührt ([X.], Beschluss vom 29. Dezember 2016 -
AnwZ ([X.]) 53/16, juris [X.]n. 21 mwN).
Das ist hier nicht der Fall. Die Vorschrift des § 14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

a) Entgegen der Ansicht des [X.] behält
ein [X.]echtsanwalt, der
eine
gegen das Vermögen von Mandanten gerichtete
vorsätzliche
Straftat
begeht,
nicht
in der [X.]egel seine Anwaltszulassung.
Eine derartige Straftat stellt eine schwerwiegende berufsrechtliche Pflichtverletzung dar, die mit den in §
114 [X.] genannten anwaltsgerichtlichen Maßnahmen geahndet werden kann. Ob der betroffene [X.]echtsanwalt aus der [X.]echtsanwaltschaft ausgeschlossen wird (§
114 Abs. 1 Nr. 5 [X.]), ob gegen ihn ein Vertretungsverbot verhängt wird (§
114 Abs. 1 Nr. 4 [X.]) oder ob eine Geldbuße oder ein
Verweis für [X.] erachtet wird (§ 114 Abs. 1 Nr. 2 und 3 [X.]), hat der Tatrichter auf-grund einer Gesamtwürdigung aller für die [X.]echtsfolgenzumessung maßgebli-chen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. dazu [X.], Urteil vom 26.
November 2012 -
AnwSt ([X.]) 6/12, B[X.]AK-Mitt. 2013, 128
[X.]n. 7).

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Die Folgen eines Ausschlusses aus der [X.]echtsanwaltschaft
nach §
114 Abs. 1 Nr. 5 [X.] treffen den
[X.]echtsanwalt regelmäßig härter als ein Widerruf der Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]. Ein durch Urteil aus der [X.]echts-anwaltschaft ausgeschlossener Bewerber
kann
erst wieder zur [X.]echtsanwalt-schaft zugelassen werden, wenn acht Jahre seit [X.]echtskraft des Urteils verstri-chen sind (§ 7 Nr. 3 [X.]). Selbst nach Ablauf der Mindestfrist von acht Jah-ren sind zusätzlich die Voraussetzungen des § 7 Nr. 5 [X.] (fehlende Würdig-keit, den Beruf eines [X.]echtsanwalts auszuüben) zu prüfen. Nach gefestigter [X.]echtsprechung des Senats ist bei gravierenden Straftaten im Kernbereich der beruflichen Tätigkeit des [X.]echtsanwalts, insbesondere bei Untreue und Betrug zum Nachteil von Mandanten, eine Wiederzulassung
in der [X.]egel
erst nach Ablauf von 15 bis 20 Jahren möglich, gerechnet vom Zeitpunkt der letzten Straf-tat an (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 28. März 2013 -
AnwZ ([X.]) 40/12, B[X.]AK-Mitt. 2013, 197 [X.]n. 6 mwN).
Wird die Zulassung dagegen nach §
14 Abs.
2 Nr. 7 [X.] wegen [X.] widerrufen, kann der [X.]echtsan-walt
demgegenüber
jederzeit seine Wiederzulassung betreiben, sobald seine Vermögensverhältnisse wieder geordnet sind
(vgl. auch § 7 Nr. 9 [X.]).

c) Auch die durch den Kläger angeführten Entscheidungen zeigen keine grundlegende, sachwidrige Ungleichbehandlung belegende Unterscheidung zwischen durch Straftaten bzw. durch Vermögensverfall ausgelösten Sanktio-nen und Maßnahmen gegenüber [X.]echtsanwälten auf. Die zitierten Entschei-dungen erweisen sich entweder als besonders gelagerte Einzelfälle, betreffen rein strafrechtliche Verurteilungen oder sprachen ihrerseits gravierende Sankti-onen (Berufsverbot bzw. Ausschluss aus der [X.]echtsanwaltschaft) aus.

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III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], §
154
Abs.
2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

[X.]
[X.]
[X.]emmert

Schäfer
Wolf

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 27.09.2016 -
AGH 15/15 ([X.]) -

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Meta

AnwZ (Brfg) 58/16

31.03.2017

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2017, Az. AnwZ (Brfg) 58/16 (REWIS RS 2017, 13012)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13012

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