Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2013, Az. IX ZB 179/10

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6220

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
[X.]/10
vom

25. April
2013

in dem
Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 34 Abs. 1, § 304 Abs. 1 Satz 1
Wird das auf Antrag des Schuldners eröffnete Verbraucherinsolvenzverfahren in ein Regelinsolvenzverfahren übergeleitet, hat der Schuldner hiergegen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde.

[X.] § 34 Abs. 1, § 304 Abs. 1 Satz 1
Wird das Verfahren auf Eigenantrag des Schuldners als Verbraucherinsolvenz eröff-net, steht hiergegen einem Gläubiger ein Beschwerderecht auch nicht mit dem Ziel zu, das Verfahren als Regelinsolvenzverfahren fortzuführen.
[X.], Beschluss vom 25. April 2013 -
IX [X.]/10 -
LG [X.]

[X.]

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.],
die
Richter
Prof. Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Fischer

am
25. April
2013
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der [X.] des [X.] vom 16.
Juli 2010 aufge-hoben.

Die sofortige Beschwerde der
weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des [X.] vom 24. Juni 2009
wird als unzulässig verworfen.

Die
weitere Beteiligte zu 2 trägt die Kosten der Rechtsmittelverfah-ren.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 5.000

-

3

-
Gründe:

I.

Mit Eigenantrag vom 3.
März 2009 beantragte der Schuldner beim [X.] die Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom 30.
März 2009 wurde für das Eröffnungsverfahren ein Gutachter bestellt. Der Schuldner nahm am 16.
April 2009 seinen Eigenantrag zurück.

Auf weiteren Eigenantrag des Schuldners vom 2.
März 2009 eröffnete das [X.] mit Beschluss vom 14.
April 2009 über das Vermö-gen des Schuldners ein Verbraucherinsolvenzverfahren.

Mit Schriftsatz vom 6.
Mai 2009 hat die weitere Beteiligte zu
2, ein [X.], die als Gläubigerin eine Forderung in Höhe von 5.479.168

beantragt, das Verfahren in ein Regelinsolvenzverfahren überzuleiten und das Verfahren an das für Regelinsolvenzverfahren zuständige Amtsgericht [X.] zu verweisen. Mit
Beschluss vom 24.
Juni 2009 hat das [X.] diesen Antrag zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete
sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu
2 hat das [X.] mit Beschluss vom 16.
Juli 2010 das Verfahren in ein Regelinsolvenzverfahren übergeleitet und das Verfahren an das für Regelinsolvenzverfahren zuständige [X.] verwiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit der Rechtsbeschwerde.

1
2
3
-

4

-
II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft.

Voraussetzung hierfür ist nach §
7 aF [X.], Art.
103f Satz
1 EG[X.], §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO, dass für den Rechtsbeschwerdeführer das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach §
6 Abs.
1 [X.] eröffnet war (vgl. [X.], Beschluss vom 6. März 2000 -
IX
ZB 2/00, [X.]Z 144, 78, 82; vom 4.
März 2004 -
IX
ZB 133/03, [X.]Z 158, 212, 214; vom 11. Januar 2007
-
IX
ZB 10/05, [X.] 2007, 268 Rn. 4; vom 26. April 2007 -
IX
ZB 221/04, [X.], 1074 Rn. 3). Dies gilt nicht nur dann, wenn er selbst die Beschwerde er-hoben hatte, sondern auch, wenn diese von einem anderen Verfahrensbeteilig-ten eingelegt war. Auch in diesem Fall ist die Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung des [X.]s nur statthaft, wenn gegen eine entsprechende erstinstanzliche Entscheidung die sofortige Beschwerde nach §
6 [X.] eröffnet gewesen wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 14.
Dezember 2005 -
IX
ZB 54/04, [X.], 239
Rn.
4; vom 26. April 2007, aaO). Dies war hier der Fall.

1. Gegen die Zurückweisung des Antrags auf Eröffnung des [X.] steht dem Schuldner das Recht zur Beschwerde zu. Die für das allgemeine Verfahren maßgebliche Bestimmung des § 34 Abs.
1 [X.], welche für den Schuldner als Antragsteller die Beschwerdebefugnis ge-gen die Zurückweisung des [X.] einräumt, gilt aufgrund der Verwei-sung in
§ 304 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch für das Verbraucherinsolvenzverfahren ([X.], Beschluss vom 22.
Oktober 2009 -
IX
ZB 195/08, Z[X.] 2009, 2262 Rn.
4; [X.],
[X.], 802, 803; HK-[X.]/[X.], 6. Aufl., §
304 Rn.
14; HmbKomm-[X.]/Streck, 4. Aufl., § 304 Rn. 10).

4
5
6
-

5

-

2. Wird
-
wie im Streitfall
-
der Eröffnungsantrag
des Schuldners nicht zurückgewiesen, sondern das Verfahren nach Eröffnung als
Verbraucherinsol-venz
in ein
Regelinsolvenzverfahren übergeleitet, so ist für den
Schuldner hier-gegen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eröffnet.

a) Nach ganz überwiegender Ansicht ist das Insolvenzgericht an die vom Schuldner gewählte Verfahrensart gebunden; es darf das Verfahren nicht in einer anderen als der beantragten Verfahrensart eröffnen ([X.],
Z[X.] 2000, 612, 613; [X.],
Z[X.] 2007, 166, 167; MünchKomm-[X.]/
Ganter, 2.
Aufl.,
§
5 Rn.
6; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 304
Rn.
34; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl.,
§
304 Rn.
17; FK-[X.]/[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
304 Rn.
53; HK-[X.]/[X.], aaO
Rn.
14; HK-[X.]/Kirchhof, aaO §
14 Rn.
5; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 304 Rn. 56; [X.] in Kübler/
Prütting/[X.],
[X.], 2013, §
304 Rn.
7; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl.,
§
304 Rn.
14; [X.]/[X.], [X.] 4.
Aufl.,
§
9 Rn.
9; Mohrbutter/[X.]/[X.]/Sietz, Handbuch der Insolvenzverwaltung,
8.
Aufl.,
§
16 Rn.
22; [X.],
[X.], 2045, 2052). Bei einem
Verstoß gegen diese Bindung ist für den Schuldner, der an seiner Antragstellung im [X.] festhalten will, nach ganz überwiegender Ansicht auch das Rechtsmittel der Beschwerde eröffnet ([X.],
[X.], 802, 803; [X.],
[X.], 164; [X.],
aaO; noch offengelassen von [X.], Beschluss vom 21.
Februar 2008 -
IX
ZB 62/05, [X.]Z 175, 307 Rn.
16; HK-[X.]/[X.], aaO Rn. 14; FK-[X.]/[X.]/[X.], aaO; HK-[X.]/Kirchhof, aaO, §
34 Rn. 8; HmbKomm-[X.]/Streck, aaO Rn. 10; [X.] in [X.]/[X.]/[X.],
aaO
Rn. 56; Graf-Schlicker/Sabel, [X.], 3.
Aufl., §
304 Rn.
4; [X.] in [X.], [X.], 2009,
§ 34 Rn.
51;
[X.] in [X.], aaO Rn.
8;
Mohrbutter/[X.]/[X.]/Sietz, aaO Rn.
22; aA MünchKomm-[X.]/[X.], aaO, §
34 Rn.
67). Nur vereinzelt 7
8
-

6

-
wird die Auffassung vertreten, das Insolvenzgericht müsse in einem solchen Fall den Antrag von Amts wegen analog §
17a [X.] in das als zulässig [X.] Regelinsolvenzverfahren überführen ([X.], [X.], 301, 303; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2011, §
304 Rn.
26).

b) Die erstgenannte Auffassung ist zutreffend.
Die Eröffnung in der ande-ren Verfahrensart beschwert den antragstellenden Schuldner ebenso wie die Überleitung des antragsgemäß eröffneten [X.]
in ein
Regelinsolvenzverfahren im Hinblick auf die strukturellen Unterschiede zwi-schen beiden Verfahrensarten.

aa) Die Einführung des [X.] beruht auf der Erwägung, für Kleininsolvenzen ein vereinfachtes, flexibles und nicht zuletzt kostensparendes Verfahren
zu schaffen ([X.], Beschluss vom 21.
Februar
2008 -
IX
ZB 62/05, [X.]Z 175, 307
Rn.
15; FK-[X.]/[X.]/[X.], aaO
Rn.
2). Im Gegensatz zum Regelinsolvenzverfahren zeichnet sich das Verbraucherin-solvenzverfahren
dadurch aus, dass ihm ein gerichtliches [X.] vorgeschaltet ist, das gegebenenfalls auch im eröffneten Verfahren fortgesetzt werden kann
(vgl. [X.], Beschluss vom 25.
September
2008 -
IX
ZB 233/07, Z[X.] 2008, 1324 Rn.
9). Bei der Eröffnung eines verein-fachten Verfahrens ist anstelle eines Insolvenzverwalters (§
27 Abs.
1 Satz 1 [X.]) ein Treuhänder zu ernennen (§
313 Abs.
1 Satz
1 und 2 [X.]). Ihm oblie-gen allerdings grundsätzlich die im Regelinsolvenzverfahren von dem [X.] wahrzunehmenden Aufgaben (§
313 Abs.
1
Satz 1 [X.]). [X.] wie der Insolvenzverwalter hat er die Insolvenzmasse einschließlich des Neuerwerbs in Besitz zu nehmen, zu sichern und im Interesse der bestmögli-chen Gläubigerbefriedigung zu verwerten (§
159 [X.]). Eine wesentliche Be-grenzung
der [X.] des Treuhänders im Vergleich zu einem Insol-9
10
-

7

-
venzverwalter sieht dagegen
§
313 Abs.
2 und 3 [X.] bei der Durchsetzung von [X.] und bei der Verwertung mit [X.] belasteter Gegenstände vor. Das Regelinsolvenzverfahren
und das [X.] bilden daher einander ausschließende, unterschiedlich strukturierte Verfahrensarten ([X.], Beschluss vom 21.
Februar
2008, aaO Rn.
16; FK-[X.]/[X.], aaO §
304 Rn.
50; HmbKomm-[X.]/Streck, aaO §
304 Rn.
9; [X.]/[X.], aaO
§
304 Rn.
6). Liegen die Vorausset-zungen eines Regelinsolvenzverfahrens vor, darf kein Verbraucherinsolvenz-verfahren und umgekehrt unter den Voraussetzungen eines Verbraucherinsol-venzverfahrens kein Regelinsolvenzverfahren eröffnet werden.

bb) Wird ein auf Eröffnung des [X.] gerichte-ter Antrag mit der Begründung
abgewiesen, es
lägen die Voraussetzungen ei-nes Regelinsolvenzverfahrens vor, ist der Schuldner gemäß § 34 Abs. 1 [X.] beschwerdeberechtigt. Aus
welchem Grund die [X.] erfolgt, ist für die Frage der Beschwerdebefugnis
unerheblich.

Wird nicht die Verfahrenseröffnung abgelehnt, sondern nach Eröffnung des [X.] die Überleitung in
das [X.] ausgesprochen, ist die
Beschwerdeberechtigung des Schuldners
eben-falls zu bejahen. Nach der Eröffnung des [X.] ist eine Überleitung in das Regelinsolvenzverfahren nach der Systematik des [X.] ausgeschlossen, sobald die im Eröffnungsbeschluss getroffene [X.], welche Verfahrensart eingreift, mit Ablauf der Beschwerdefrist unan-fechtbar geworden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
Februar 2008, aaO Rn.
16; vom 24. März 2011 -
IX
ZB 80/11, Z[X.] 2011, 932 Rn. 8). Verstößt das Insol-venzgericht oder -
wie hier
-
das an seine Stelle tretende Beschwerdegericht 11
12
-

8

-
gegen diesen Grundsatz, so kann der Schuldner sein Beschwerderecht auch gegen die verfahrenswidrige Überleitung ausüben.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil das
vom [X.] geübte Verfahren an einem Fehler leidet.

1. In der [X.] ist die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde von Amts wegen
zu prüfen ([X.], Beschluss
vom
23.
Oktober 2003 -
IX
ZB 369/02, [X.], 166; vom
6.
Mai 2004 -
IX ZB 104/04, [X.], 447; vom 21. Dezember 2006 -
IX
ZB 81/06, [X.] 2007, 90 Rn. 6; vom 25.
Juni 2009
-
IX
ZB 161/08, [X.], 1495 Rn. 8). War die sofortige Be-schwerde statthaft, aber unzulässig, hat das Beschwerdegericht sie jedoch sachlich beschieden,
und sei es durch Zurückweisung, ist diese Entscheidung auf eine zulässige Rechtsbeschwerde hin aufzuheben und die sofortige Be-schwerde als unzulässig zu verwerfen (vgl. [X.], Beschluss
vom
6.
Mai 2004,
aaO; vom 21. Dezember 2006, aaO; vom 25. Juni 2009, aaO Rn.
7).

2. Die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2.
war [X.]. Dieser stand als Gläubigerin kein Beschwerderecht gegen die Eröffnung des [X.] zu. Das Verfahren wurde auf Eigenantrag des Schuldners eröffnet; mithin war die weitere Beteiligte keine Antragstellerin im Sinne des § 34 Abs. 1 [X.].
Nach unanfechtbarer Eröffnung des Verfahrens als Verbraucherinsolvenzverfahren bestand, worauf das Amtsgericht zu Recht hingewiesen hat, ohnehin kein Beschwerderecht zu Gunsten der Gläubigerin.
Damit ist die angefochtene Entscheidung des [X.]s
auf die zulässige 13
14
15
-

9

-
Rechtsbeschwerde hin aufzuheben und die sofortige Beschwerde als unzuläs-sig zu verwerfen (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Juni 2009, aaO Rn. 6).

Kayser
[X.]
[X.]

[X.]
Fischer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.06.2009 -
38 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 16.07.2010 -
85 [X.]/09 -

Meta

IX ZB 179/10

25.04.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2013, Az. IX ZB 179/10 (REWIS RS 2013, 6220)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6220

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 179/10 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzrecht: Sofortige Beschwerde gegen die Überleitung des auf Eigenantrag eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahrens in ein Regelinsolvenzverfahren; Beschwerderecht …


IX ZR 158/15 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 62/05 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 233/07 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 215/08 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZB 179/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.