Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.01.2012, Az. 27 W (pat) 56/11

27. Senat | REWIS RS 2012, 10299

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Carrera (Wort-Bild-Marke)" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 030 041.0

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 10. Januar 2012 durch [X.] [X.], [X.] und Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 25 des [X.] vom 27. Mai 2010 und vom 16. März 2011 werden insoweit aufgehoben, als dem angemeldeten Zeichen die Eintragung versagt wurde.

Gründe

I.

1

Die Anmeldung der Wort-/Bildmarke 30 2009 030 041

Abbildung

2

hat die Markenstelle mit Beschlüssen vom 27. Mai 2010 und 16. März 2011, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, teilweise zurückgewiesen, nämlich für

3

„Bekleidungsstücke und Sportbekleidung; Schuhwaren und Sportschuhe einschließlich Gürtel, Skistiefel, Kopfbedeckungen und Kopfbedeckungen für den Sport; Augenschirme, Schutzhelme und Schutzbrillen; Druckereierzeugnisse; Waren aus Leder, soweit in Klasse 18 enthalten, ausgenommen Kleinlederwaren; Waren aus Lederimitationen, soweit in Klasse 18 enthalten.“

4

Das ist damit begründet, in Bezug auf die versagten Waren handle es sich um einen beschreibenden Sachhinweis. Das Wort „carrera“ gehöre zum [X.] Grundwortschatz und bedeute u. a. „Lauf, Rennen, Rennbahn, Karriere, Werdegang“.

5

Für die Schutzversagung reiche es aus, dass das Zeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen die versagten Waren beschreiben könne.

6

In Verbindung mit den versagten Waren entnähmen maßgebliche Teile der angesprochenen Kreise dem Begriff die Bedeutung „Rennbahn“ und „Rennen“. Damit würden die Bestimmung und der Einsatzort bzw. der Inhalt der genannten Waren beschrieben.

7

Das [X.] Wort „[X.]arrera“ sei in [X.] aufgrund einer beliebten [X.] bereits Kindern ein Begriff. Jedenfalls der angesprochene Fachhandel verstehe den [X.] Begriff.

8

Auch die Grafik sei nicht dazu geeignet, dem angemeldeten Zeichen Unterscheidungskraft zu verleihen. Sie bestehe lediglich aus einfachen werbeüblichen Gestaltungselementen. Schriftart, die Herausstellung des ersten Buchstabens sowie die damit verbundene Unterstreichung des Wortes sein in der Werbung häufig und hätten lediglich die Bedeutung eines Hervorhebungsmittels. Eine charakteristische, zur Erfüllung der Herkunftsfiktion geeignete Gestaltung werde hierdurch nicht erreicht.

9

Darüber hinaus enthalte die angemeldete Bezeichnung für die versagten Waren eine Bestimmungsangabe im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. [X.] nämlich insoweit auf die Art und den Verwendungszweck der Waren hin sowie darauf, dass diese für Rennen geeignet sein könnten bzw. Rennsport zum Gegenstand haben könnten.

Der Erinnerungsbeschluss wurde dem Anmelder am 21. März 2011 zugestellt; am 21. April 2011 hat er dagegen Beschwerde erhoben.

II.

1)

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der Marke steht weder § 8 Abs. 2 Nr. 1 noch Nr. 2 [X.] entgegen.

a)

§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. [X.], [X.] [X.], [X.], 428).

Das [X.] Wort „[X.]arrera“ hat im Wesentlichen Bedeutungen wie „Laufen, Wettlauf, Rennen, Rennstrecke“. Es ist so nicht in die [X.] eingegangen; das inländische Publikum wird es nicht ohne weiteres verstehen. Soweit die Markenstelle darauf verweist, schon Kinder würden das Wort kennen, ist dies richtig, bezieht sich aber auf die markenmäßige Bezeichnung einer [X.]. Die richtige Übersetzung aus dem [X.] ist damit nicht verbunden.

Hinzu kommt, dass sich das [X.] Wort „carrera“ vor allem in Wendungen wie „[X.]“ („Rennrad“) und „carrera di bicicletas“ („Radrennen“) findet. Von daher hat es zu den hier beanspruchten Waren einen allenfalls geringen Warenbezug.

Ein ernsthaftes Freihaltungsbedürfnis kommt damit allenfalls im Zusammenhang mit Export und Import und somit nur in begrenztem Umfang in Betracht.

b)

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten [X.] zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren abzustellen ist. Ausgehend hiervon besitzen Marken keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden.

Beides ist hier nicht gegeben, da das [X.] Wort „carrera“ in [X.] mit seiner Bedeutung „Rennen“ kaum bekannt ist und auch sonst kein gebräuchliches Wort ist, sondern allenfalls als Marke bekannt sein dürfte.

c)

Die Ausgestaltung des [X.] führt aber zu einer schutzbegründenden Graphik. An den erforderlichen bildlichen „Überschuss“, auf den der Schutz der eingetragenen Marke beschränkt werden kann, sind hier geringe Anforderungen zu stellen, da wenn überhaupt - nur von wenigen erfasst wird ([X.], 136, 137 [X.]; [X.], 394, 396 - Motorrad Active Line; [X.], 634 - [X.]; [X.] 33, 167 - Kamill; 33, 62 - Flamingo; [X.]. 1993, 367 - [X.]; [X.]. 1996, 215 - MOD’elle; [X.]. 1998, 272 - [X.]; GRUR 2005, 805 Immo-Börse; GRUR 2002, 889 - Fantastic).

Auch der nicht unterscheidungskräftige [X.]harakter der Angabe ist allenfalls gering. Die Ausgestaltung muss aber nur den konkreten Grad an Schutzfähigkeit aufheben.

Das angemeldete Zeichen weist mit dem geschwungenen [X.] am Wortanfang, das die restlichen Buchstaben unterstreicht und das erste a umrahmt, sowie der Schriftart der beiden a graphische Elemente mit charakteristischen Merkmalen auf. Es bewirkt somit eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke ([X.] GRUR 2006, 229 [X.]. 73, 74 - BioID, die ausreicht, Unterscheidungskraft zu erzeugen und ein Freihaltungsbedürfnis zu überwinden.

2)

Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]) besteht kein Anlass, da die Markenstelle die Auswirkungen der Graphik im Zusammenspiel mit einem Verständnis einer beschreibenden Bedeutung von „carrera“ nicht willkürlich beurteilt hat.

Meta

27 W (pat) 56/11

10.01.2012

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.01.2012, Az. 27 W (pat) 56/11 (REWIS RS 2012, 10299)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10299

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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