Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2008, Az. VI ZB 24/08

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 797

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[X.] 24/08 vom 18. November 2008 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privat-sachverständigen kann auch dann bestehen, wenn bei Erteilung des [X.] ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gege-ben waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 14. Oktober 2008 - [X.]). [X.], Beschluss vom 18. November 2008 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 18. November 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des [X.] vom 14. März 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Gegenstandswert des [X.]: 3.641,47 •
Gründe: [X.] Der Kläger hat die Beklagte zu 1 als Halterin, den Beklagten zu 2 als Fahrer und die Beklagte zu 3 als Haftpflichtversicherer eines Mietfahrzeuges aus einem Verkehrsunfall vom 31. Januar 2005 zunächst vorprozessual auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Da die Beklagte zu 3 aufgrund der Schadensmerkmale an den beteiligten Fahrzeugen und der Unfallschilderung den dringenden Verdacht hatte, dass das Ausmaß des Schadens dem [X.] Unfallgeschehen nicht entspreche, gab sie im April 2005 ein unfallanalyti-sches Sachverständigengutachten in Auftrag, das den Verdacht bestätigte. Daraufhin lehnte die Beklagte zu 3 den Ausgleich der angemeldeten Ersatzan-sprüche ab. Im August 2006 reichte der Kläger Klage ein, die, nach Einholung 1 - 3 - eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens mit ähnlichem Ergebnis (rechtskräftig) auf Kosten des [X.] abgewiesen wurde. 2 Dem Antrag der Beklagten, die durch die Einholung des vorprozessualen Sachverständigengutachtens entstandenen Kosten in Höhe von 4.089,52 • ge-gen den Kläger festzusetzen, hat die Rechtspflegerin des [X.] nicht entsprochen, sondern allein die Erstattung der gleichfalls angemeldeten [X.] angeordnet. Auf die Beschwerde der Beklagten hat das Oberlan-desgericht den Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.] teilweise geän-dert und - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde - auch die Kosten des Privatgutachtens (teilweise) in Höhe von 3.641,47 • festgesetzt. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Kläger die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.] in vollem Umfang. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 104 Abs. 3, 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§§ 575, 551 Abs. 2 Satz 5, 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. 3 Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im Streitfall die Kosten für die Einholung des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens im Kostenfest-setzungsverfahren erstattungsfähig sind, hält rechtlicher Nachprüfung stand. 4 1. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende [X.] "die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kos-ten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren". 5 - 4 - 6 a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. [X.] 153, 235; Beschluss vom 23. Mai 2006 - [X.] ZB 7/05 - [X.], 1236, 1237 f. und vom 4. März 2008 - [X.] ZB 72/06 - [X.], 801) die Kosten für ein vorprozessual erstat-tetes Privatgutachten grundsätzlich nur dann als "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden können, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind. Dagegen sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, regel-mäßig nicht erstattungsfähig. Damit soll verhindert werden, dass eine [X.] ihre allgemeinen Unkos-ten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die [X.] hat dabei grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den [X.] entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage ei-nes in diesem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein grundsätzlich nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Bezie-hung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehen. 7 b) Der Senat ([X.] 153, 235, 237 f.) hat dies für den Fall bejaht, dass das Sachverständigengutachten von dem an der Rechtmäßigkeit des Scha-densersatzbegehrens zweifelnden Haftpflichtversicherer erst zu einem Zeit-punkt in Auftrag gegeben worden ist, zu dem die Klage bereits angedroht [X.] war. Bei einer konkreten Klageandrohung kann die Beauftragung eines Pri-vatsachverständigen und der damit verbundene Kostenaufwand nicht den [X.] Betriebskosten zugerechnet werden, die grundsätzlich nicht erstat-tungsfähig sind. Vielmehr liegt in einem solchen Fall auf der Hand, dass das Privatgutachten nicht nur einer etwaigen außergerichtlichen [X.] - 5 - lung dienen, sondern auch die Position des Auftraggebers in dem ihm ange-drohten Rechtsstreit stützen sollte. 9 c) Mit Beschluss vom 23. Mai 2006 - [X.] ZB 7/05 - ([X.], 1236) hat der Senat die Erstattungsfähigkeit auch in einem Fall bejaht, in dem das [X.] zwar schon vor Klageandrohung in Auftrag gegeben worden war, jedoch erst nach Klageandrohung erstellt wurde. Auch das kann zur Bejahung unmittelbarer Prozessbezogenheit genügen. Es macht in der [X.] keinen Unterschied, ob der Sachverständige das Gutachten aufgrund eines ihm nach Klageandrohung erteilten Auftrags erstellt oder aufgrund eines zum Zeitpunkt der Klageandrohung fortbestehenden Auftrags. Denn spätestens mit der Klageandrohung wird die für die Vorbereitung der Rechtsverteidigung im anstehenden Prozess maßgebende Erstellung des Sachverständigengutach-tens zu einer unmittelbar prozessbezogenen Tätigkeit. Eine ausschließliche Ausrichtung des ursprünglichen [X.] auf den konkreten Prozess ist dagegen nicht erforderlich (vgl. Senat [X.] 153, 235, 238), zumal die Kos-ten des Sachverständigengutachtens erst nach seiner Erstellung - und damit nach Klageandrohung - entstanden sind. 2. Der Senat hat bisher die umstrittene Frage offen gelassen, ob für die Annahme der Prozessbezogenheit schon ein sachlicher Zusammenhang zwi-schen Gutachten und Rechtsstreit ausreichend ist (vgl. [X.], 11 f.; [X.] 1992, 194 f.), ob zusätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist (vgl. [X.] [X.] 1988, 761 f.; [X.] 1990, 1468, 1469; [X.] 1991, 1105, 1106; [X.] OLGR 1994, 142 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 91 Rn. 59; ablehnend Mümmler [X.] 1988, 761 f.), oder ein langer zeitlicher Zwischenraum sogar ein Indiz für das Fehlen eines sachlichen Zusammenhangs (vgl. [X.] 10 - 6 - [X.] 1992, 172 f.; [X.] VersR 2007, 1100, 1101) ist. Die Frage ist auch jetzt nicht zu entscheiden. 11 Nach der Rechtsprechung des Senats und der Oberlandesgerichte wird nämlich eine die Erstattungsfähigkeit auslösende Prozessbezogenheit trotz Fehlens eines engen zeitlichen Zusammenhangs in den Fällen bejaht, in denen sich der Verdacht eines [X.] aufdrängt, weil sich der [X.] dann von vornherein auf einen [X.] einstellen muss (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Oktober 2008 - [X.] - z.[X.]. und vom 17. Dezember 2002 - [X.] ZB 56/02 - [X.], 481 f.; [X.] [X.] 1989, 813; [X.] [X.], 287, 288; [X.] VersR 1996, 122; [X.] VersR 2004, 931, 932; [X.] VersR 2004, 803; [X.] [X.] 1989, 819 und [X.] 1991, 1105, 1106; [X.] zfs 2003, 145; [X.] VersR 2004, 933 und [X.] 2006, 543 f., sowie die oben genannten Stimmen in der Literatur; a.A. [X.] [X.] 2005, 656). Sind ausreichende Anhaltspunkte für den Versuch eines [X.] vorhanden, ist von Anfang an damit zu rechnen, dass es zum Prozess kommt, weil der Täter bei Ablehnung der Einstandspflicht versuchen wird, sein Ziel einer nicht gerechtfertigten Schadensregulierung durch einen Rechtsstreit zu erreichen. In einem solchen Fall ist das Privatgutachten - unab-hängig von einer ausreichenden zeitlichen Nähe zum Rechtsstreit - regelmäßig als prozessbezogen anzusehen. Die Kosten hierfür sind daher im Rahmen der Bestimmungen auch dann erstattungsfähig, wenn ein Verlust von Beweismitteln nicht zu besorgen ist. Der Versicherer besitzt nämlich in der Regel selbst nicht die erforderliche Sachkenntnis, um eine Verursachung der Schäden durch eine Straftat mit hinreichender Überzeugungskraft und Sicherheit auszuschließen. Er kann deshalb billigerweise nicht darauf verwiesen werden, zunächst die [X.] eines Gutachtens durch das Gericht abzuwarten. Vielmehr ist es in einem - 7 - solchen Fall zweckmäßig und prozessökonomisch, wenn die [X.] sich [X.] beraten lässt, ehe sie vorträgt. 12 Im hier zu entscheidenden Fall hat das eingeholte Gutachten den hinrei-chenden Verdacht eines versuchten [X.] bestätigt. Der Kläger hat nämlich auch Schadenspositionen als unfallbedingt abgerechnet, die durch den behaupteten Unfallhergang nicht entstanden sein können. 3. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen mit der Kosten-folge aus § 97 Abs. 1 ZPO. 13 [X.] [X.] [X.]

[X.] Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.01.2008 - 11 O 2819/06 - [X.], Entscheidung vom 14.03.2008 - 3 W 236/08 -

Meta

VI ZB 24/08

18.11.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2008, Az. VI ZB 24/08 (REWIS RS 2008, 797)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 797

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