Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2002, Az. VI ZB 56/02

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 149

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[X.] ZB 56/02vom17. Dezember 2002in dem [X.]:[X.]:ja[X.]R: [X.] § 91 Abs. 1 Satz 1Zum Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privat-sachverständigen.[X.], Beschluß vom 17. Dezember 2002 - [X.]/02 - [X.] Köln- 2 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat am 17. Dezember 2002 durch [X.] Richterin Dr. Müller, [X.] [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] und Zollbeschlossen:Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des17. Zivilsenats des [X.] vom 27. Mai 2002aufgehoben.Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die [X.] Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das [X.].Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 3.781,- Gründe:[X.] Kläger hat die Beklagte als Haftpflichtversicherer eines an einemUnfall beteiligten Kraftfahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch genommen.Die Beklagte befürchtete u.a. aufgrund der Einlassung des [X.], es könnesich um einen in [X.] gestellten Antrag handeln, mit dem für bereitsvor dem Unfall vorhandene Schäden Ersatz begehrt werde; auch hegte sie [X.], der Unfall sei im Zusammenwirken mit ihrem Versicherungsnehmerherbeigeführt worden. Am 8. Mai 2001 beauftragte sie den Sachverständigen [X.]mit der Erstellung eines Gutachtens dazu, welche Schäden durch den behaup-- 3 -teten Unfall verursacht worden seien. [X.] hat sein Gutachten nach der im [X.] erhobenen Klage unter dem 9. September 2001 fertiggestellt. Die [X.] hat ihre Klageerwiderung auf dieses Gutachten gestützt. Der Kläger [X.] Klage nach Zustellung der [X.] und der Klageerwiderung zu-rückgenommen.Den Antrag der Beklagten, die durch die Beauftragung des Sachverstän-digen [X.] entstandenen Kosten in Höhe von 7.395 DM (= 3.781 Kläger festzusetzen, hat der Rechtspfleger mit [X.] 18. Januar 2002 zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerdeder Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen [X.] die Beklagte ihr Begehren auf Festsetzung der Kosten für das Privat-gutachten weiter.[X.]I. Das [X.] hat zur Zurückweisung der Beschwerde im [X.] ausgeführt, die Kosten für das Gutachten seien nicht erstattungsfä-hig; es fehle an der dafür erforderlichen unmittelbaren Prozeßbezogenheit die-ser Aufwendungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] könnten die Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverstän-digen nur dann den Kosten eines Prozesses zugeordnet werden, wenn dieseAufwendungen zu einem konkret bevorstehenden Rechtsstreit in unmittelbarerBeziehung gestanden hätten und dessen Vorbereitung und Förderung dienensollten. Das sei nicht der Fall, wenn das Privatgutachten - wie hier - dem [X.] Klarheit über bestimmte Voraussetzungen seiner Rechtsposition [X.] und Erkenntnisse für sein künftiges Verhalten liefern [X.] -Daß die Klage noch vor Fertigstellung des Gutachtens erhoben [X.], stelle nicht nachträglich die Prozeßbezogenheit des Gutachtens her. Zwarsei Gegenstand des Rechtsstreits nach Ansicht der Beklagten ein versuchterVersicherungsbetrug gewesen; das rechtfertige aber entgegen einer in [X.] verschiedentlich vertretenen Auffassung keine andere Beur-teilung. Auch in einem solchen Fall könne ein unmittelbarer sachlicher Zusam-menhang mit dem Rechtsstreit erst nach einem unbedingten Entschluß zurProzeßführung bejaht werden, der hier bei Auftragserteilung nicht gegeben ge-wesen sei.II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 104 Abs. 3,568 ZPO) und zulässig (§§ 575 Abs. 1 und 2, 551 Abs. 2 Satz 5 und 6, 577Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.Das Beschwerdegericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, daß derunterlegene Kläger die dem Gegner erwachsenen Kosten des Rechtsstreits zuerstatten hat, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung [X.] waren (§§ 91 Abs. 1 Satz 1, 103 Abs. 1 ZPO).1. In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit darüber, daß [X.] für vorprozessual erstattete Privatgutachten nur ausnahmsweise [X.] des Rechtsstreits angesehen werden können. Insoweit genügt es nicht,wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird, sonderndas Gutachten muß sich auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerademit Rücksicht auf den konkreten Prozeß in Auftrag gegeben worden sein. [X.] sind diejenigen Aufwendungen, die veranlaßt werden, bevor sich [X.] einigermaßen konkret abzeichnet, nicht erstattungsfähig (vgl. [X.], [X.], 74 f.; [X.] 1985, 617; [X.], VersR 1982,362; [X.], [X.], 122; [X.], 384; [X.], [X.]- 5 -1992, 818; [X.], [X.] 1992, 172; [X.] 1992, 415 f.; OLG Karlsru-he, [X.], 1206 f.; [X.], [X.] 1989, 1701 f.; [X.] 1991,247; [X.] 1994, 421 f.; [X.] 1995, 36 f.; zfs 2002, 298; [X.],Rechtspfleger 1990, 526; r+s 1994, 118; [X.], [X.], 1534 [X.], [X.] 1985, 122 f.; [X.], 1535; [X.],[X.] 1983, 1399).Der vorliegende Sachverhalt nötigt nicht zur Entscheidung der umstritte-nen Frage, ob für die Annahme der Prozeßbezogenheit schon ein sachlicherZusammenhang zwischen Gutachten und Rechtsstreit ausreichend ist (vgl.[X.], [X.], 11 f.; [X.], [X.] 1992, 194 f.), ob zu-sätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist (vgl. [X.],[X.] 1988, 761 f.; [X.] 1990, 1468, 1469; [X.] 1991, 1105, 1106;[X.], [X.], 142 f.; Musielak/Wolst, ZPO 3. Auflage, § 91 Rn. 59;ablehnend Mümmler, [X.] 1988, 762) oder ob ein langer zeitlicher Zwi-schenraum sogar als ein Indiz für fehlenden sachlichen Zusammenhang (vgl.[X.], [X.] 1992, 172 f.) zu werten ist. Das dem [X.] ist zwar vor Zustellung der Klage in [X.], aber erst nach Zustellung der Klage erstellt worden. Damit ist ein Zweifelan einem ausreichend engen zeitlichen Zusammenhang nicht gegeben.Allerdings wird ein Privatgutachten entgegen der Ansicht der Rechtsbe-schwerde nicht schon durch seine Vorlage im Rechtsstreit —prozeßbezogenfi.§ 91 Abs. 1 ZPO sieht eine Erstattungspflicht nur für die dem Gegner erwach-senen —Kosten des [X.] vor. Damit soll verhindert werden, daß [X.] ihre allgemeinen Unkosten oder prozeßfremde Kosten auf den Gegnerabzuwälzen versucht und so den Prozeß verteuert. Jede [X.] hat [X.] ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener [X.] prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb- 6 -genügt die Vorlage eines in anderem Zusammenhang erstellten [X.] nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muß vielmehr in unmittel-barer Beziehung zu dem Rechtsstreit stehen. Im vorliegenden Fall ist das [X.] für den konkreten Rechtsstreit eingeholt worden und damit —unmittelbarprozeßbezogenfi.Das Beschwerdegericht legt seiner abweichenden Auffassung zugrunde,es könne unbedenklich davon ausgegangen werden, daß die Beklagte sich [X.] des Sachverständigen noch nicht schlüssig gewesen sei, ob undinwieweit sie ihre Haftung für die vom Kläger geltend gemachten Schäden an-erkennen oder ob sie die Schadensersatzansprüche ganz oder teilweise alsungerechtfertigt zurückweisen solle. Das Bemühen der Beklagten um Aufklä-rung des Sachverhalts lasse nämlich den Schluß zu, daß sie das Gutachten zuden Ursachen und zur Höhe des Schadens in Auftrag gegeben habe, um sichdie für die Prüfung ihrer Einstandspflicht notwendige Gewißheit zu verschaffen.Das zeige, daß die Beklagte im Zeitpunkt der Beauftragung des [X.] noch nicht entschlossen gewesen sei, es auf eine gerichtliche Auseinan-dersetzung mit dem Kläger ankommen zu lassen, und daß das Privatgutachtennicht prozeßbezogen sei. Diese Folgerung hält rechtlicher Überprüfung jedochnicht stand, weil sie von falschen Voraussetzungen ausgeht.Die Rechtsbeschwerde rügt nämlich mit Recht, das [X.]habe verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt, daß zum Zeitpunkt des [X.] am 8. Mai 2001 bereits die Klage angedroht war (§§ 575 Abs. 3Nr. 3 lit. b, 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Unter diesen Umständen kann die [X.] nicht verneint werden. Im Hinblick auf diekonkrete Klageandrohung kann die Beauftragung des Privatsachverständigenund der hiermit verbundene Kostenaufwand nicht den allgemeinen Betriebs-kosten zugerechnet werden, die grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. [X.] 7 -mehr liegt auf der Hand, daß das Privatgutachten nicht nur einer etwaigen au-ßergerichtlichen Schadensfeststellung dienen, sondern auch die Position [X.] in dem ihm angedrohten Rechtsstreit stützen sollte (vgl. [X.], [X.], 74, 75; [X.], Rechtspfleger 1980, 392, 393;AnwBl. 1981, 114; [X.], 122; [X.], [X.] 1992, 818; [X.], NJW 1972, 2273 f.; a.A. [X.], [X.], 337, 338; OLGKöln, r+s 1994, 118). Das genügt zur Bejahung unmittelbarer Prozeßbezogen-heit. Eine ausschließliche Ausrichtung des [X.] auf den konkre-ten Prozeß ist nicht erforderlich.2. Der Auftrag an den Privatsachverständigen war im konkreten Fall auchnotwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.Die Beurteilung dieser Frage hat sich daran auszurichten, ob eine ver-ständige und wirtschaftlich vernünftige [X.] diese die Kosten [X.] als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die [X.] diezur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Unterdiesem Blickpunkt kommt eine Erstattung der Kosten eines Privatgutachtensdann in Betracht, wenn die [X.] infolge fehlender Sachkenntnisse nicht zueinem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (vgl. [X.], [X.] 1980,132 f.; [X.] 1983, 1097; [X.] 1989, 1568 f.; [X.], [X.]1981, 436 f.; [X.], Rechtspfleger 1990, 182; [X.], [X.]1981, 439, 440; [X.], Rechtspfleger 1973, 28; NJW-RR 1996, 830, 831;[X.], [X.] 1972, 63; [X.] 1989, 813, 815; [X.],[X.] 1992, 746; [X.], Rechtspfleger 1978, 328; [X.] 1988, 878;[X.] 1992, 611; [X.], [X.] 1978, 1075 f.).Das kann der erkennende Senat unter den gegebenen Umständen beja-hen, ohne daß es hierzu noch tatsächlicher Feststellungen bedarf. Maßgeblich- 8 -ist, daß die Beklagte aufgrund des [X.] den Verdacht hatte, es liegeein Versicherungsbetrug vor. In solchen Fällen gestaltet sich für den [X.] der Nachweis eines versuchten [X.] schwierig. Der Versicherer wird in der Regel selbst nicht die Sachkennt-nis besitzen, die erforderlich ist, um eine Verursachung der geltend gemachtenSchäden durch den Unfall mit hinreichender Sicherheit und Überzeugungskraftauszuschließen. Er bedarf daher regelmäßig sachverständiger Hilfe, um [X.] Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlichen Vortrag halten zu [X.], und kann deshalb nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Einholungeines Sachverständigengutachtens durch das Gericht abzuwarten. Vielmehr [X.] in einem solchen Fall zweckmäßig, wenn die [X.] sich sachkundig beratenläßt, ehe sie vorträgt (vgl. [X.], [X.], 331, 332; [X.] 2002,125, 126; [X.], [X.] 1991, 247 f.). Aus diesem Grund ist die Er-stattung von Kosten eines Privatgutachtens in vergleichbaren Fällen von [X.] mehrfach bejaht worden (vgl. [X.], [X.] 2002,125; [X.], OLGR 1996, 216; [X.] 2000, 323 f.; [X.], [X.], 63, 64; [X.], Rechtspfleger 2002, 483). Dem schließt der [X.] -Gleichwohl kann in der Sache nicht abschließend entschieden werden,weil der Kläger gegen die Höhe der geltend gemachten [X.] Einwendungen erhoben hat, auf die das Beschwerdegericht - folgerichtig -bisher nicht eingegangen ist.Müller [X.] Diederichsen Pauge Zoll

Meta

VI ZB 56/02

17.12.2002

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2002, Az. VI ZB 56/02 (REWIS RS 2002, 149)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 149

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