Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.12.2005, Az. I ZR 117/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 498

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 117/04 Verkündet am: 1. Dezember 2005 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

HGB § 425 Abs. 2 Eine [X.] wegen Mitverschuldens des Versenders unter dem Ge-sichtspunkt des Unterlassens einer Wertdeklaration scheidet aus, wenn der Versender in [X.], die er mit Hilfe einer ihm von dem Frachtführer zur Verfügung gestellten Software erstellt und diesem übersandt hat, in dafür vor-gesehenen Spalten Angaben über den Wert des Gutes gemacht hat und diese dem Frachtführer zur Kenntnis gelangt sind. [X.], [X.]. v. 1. Dezember 2005 - I ZR 117/04 - [X.] - 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 1. Dezember 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:
Die Revision gegen das [X.]eil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 21. Juli 2004 wird auf Kosten der [X.] zu-rückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin ist Transportversicherer der C.

GmbH & Co. in [X.] (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht wegen Verlusts von Transportgut in 28 Fällen auf Schadensersatz in Anspruch. 1 Die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, führte für die Versicherungsnehmerin, mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung stand, den Transport von Paketsendungen zu fest vereinbarten Preisen durch. Den dabei 2 - 3 - geschlossenen Verträgen lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der [X.] (Stand Februar 1998) zugrunde. Darin enthalten sind u.a. folgende Bestimmungen: 2. Transportierte Güter und Servicebeschränkungen
Sofern nicht schriftlich abweichend mit U. vereinbart, bietet U. den Transport von Gütern unter folgenden Einschränkungen an: – c) Nicht transportiert werden die in den Versandhinweisen aufgeführ-ten von der Beförderung ausgeschlossenen Artikel, insbesondere Güter von außergewöhnlich hohem Wert (wie z.B. Kunstwerke, Antiquitäten, Edelsteine, Briefmarken, Unikate, Gold oder Silber), Geld oder bege[X.]are Wertpapiere (insbesondere Schecks, [X.], Wertpapiere, Sparbücher, Aktien oder sonstige Sicherheiten) sowie gefährliche Güter. 10. Haftung In den Fällen, in denen die im [X.] oder im [X.] festge-legten Haftungsbestimmungen Anwendung finden –, wird die Haf-tung von U. durch diese Bestimmungen geregelt und entsprechend dieser Bestimmungen begrenzt. In den Fällen, in denen das [X.] oder das [X.] nicht gelten, wird die Haftung von U. durch die vorliegenden Beförderungsbedingungen geregelt. U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von – DM 1.000 pro Sendung in der [X.] oder bis zu dem nach § 54 ADSp – ermittelten Erstattungsbetrag, je nachdem, welcher Betrag höher ist, es sei denn, der Versender hat, wie im Folgenden beschrieben, einen höheren Wert angegeben.
Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Wertes der Sendung auf der Vorderseite des [X.] und wenn der in der [X.] aufgeführte Zuschlag entspre-chend der Frankatur auf der Vorderseite des [X.] entrichtet wird. Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender er-klärt durch die Unterlassung der Wertangabe, dass sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung nicht übersteigt.
– Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U. , seiner gesetzlichen Vertreter oder Er- füllungsgehilfen. - 4 - Sofern vom Versender nicht anders vorgeschrieben, kann U. die [X.] als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders in seinem Namen an ein oder mehrere Versicherungsun-ternehmen weitergeben. – Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Jahre 2000 mit dem Transport von Paketen mit Mobiltelefonen und Zubehörteilen innerhalb [X.]. In den streitgegenständlichen 28 Transportfällen erreichten die Pakete die Empfänger nicht. Die Beklagte zahlte jeweils eine Entschädigung in Höhe von 1.000 DM. Nach Überlassung sämtlicher Schadensunterlagen durch ihre Versicherungsnehmerin begehrt die Klägerin weiteren Schadensersatz in Höhe von insgesamt 39.912,98 •. 3 Die Beklagte ist dem Schadensersatzanspruch dem Grunde nach entge-gengetreten und hat weiter geltend gemacht, jedenfalls müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerin zurechnen lassen, weil diese von Wertangaben nach Nr. 10 der Beförderungsbedingungen abgesehen habe. 4 Das [X.] hat die Klage in 27 Fällen für begründet erachtet und die Beklagte zur Zahlung von 38.644,98 • nebst Zinsen verurteilt. Die dagegen ge-richtete Berufung der [X.] ist erfolglos geblieben. 5 Mit ihrer Revision, die der Senat beschränkt auf die Frage des Mitver-schuldens zugelassen hat, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabwei-sung weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. 6 - 5 - Entscheidungsgründe: 7 I. Das Berufungsgericht hat eine Minderung des der Klägerin zuerkann-ten Schadensersatzanspruchs durch ein Mitverschulden der Versicherungs-nehmerin verneint. Dazu hat es ausgeführt: Ein Mitverschulden des Geschädigten komme gemäß § 254 Abs. 1 [X.] in Betracht, wenn er trotz Kenntnis, daß die Sendung bei zutreffender Wertan-gabe mit größerer Sorgfalt behandelt würde, von einer Wertdeklaration absehe und dennoch vollen Schadensersatz verlange. Im vorliegenden Fall sei jedoch schon keine Aufforderung zu einer Wertangabe erfolgt. Den Beförderungsbe-dingungen sei nicht zu entnehmen, daß bei einer Wertangabe eine bessere Kontrolldichte gegeben sei und damit für die Beklagte die Möglichkeit bestünde, den Schadenseintritt besser nachzuvollziehen. 8 Ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin komme auch nicht ge-mäß § 254 Abs. 2 Satz 1 [X.] unter dem Gesichtspunkt in Betracht, daß diese es unterlassen habe, die Beklagte auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen. Aufgrund der zwischen der [X.] und der Versi-cherungsnehmerin bestehenden Geschäftsbeziehung sei von der Kenntnis der [X.] auszugehen, daß Gegenstände mit einem höheren Wert verschickt würden. Dies sei auch aus den [X.], die Nachnahmepreise enthalten hätten, ersichtlich gewesen. 9 II. Die Revision der [X.] hat keinen Erfolg. 10 - 6 - 1. Gemäß § 425 Abs. 2 HGB hängen die Verpflichtung zum [X.] sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders mitgewirkt hat. § 425 Abs. 2 HGB greift den Rechtsgedanken des § 254 [X.] auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zu-sammen (Begründung zum Regierungsentwurf des [X.], BT-Drucksache 13/8445, [X.]). Ein mitwirkender Schadensbeitrag des Versenders kann sich daraus ergeben, dass er eine Wertdeklaration unterlas-sen oder von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Scha-dens abgesehen hat. Die zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des [X.] am 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.] er-gangenen Senatsentscheidungen sind ohne inhaltliche Änderungen auf § 425 Abs. 2 HGB übertragbar ([X.], [X.]. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, [X.] 2003, 467, 471). 11 2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei verneint, dass die Versiche-rungsnehmerin durch Unterlassen einer Wertdeklaration bei der Entstehung der Schäden mitgewirkt hat. 12 a) Das Berufungsgericht hat beachtet, dass ein Versender in einen ge-mäß § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei [X.] gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (vgl. [X.] 149, 337, 353; [X.], [X.]. v. 15.11.2001 - I ZR 163/99, [X.] 2002, 452, 457; [X.]. [X.], [X.] 2003, 317, 318; [X.]. v. 17. 6. 2004 - [X.], [X.] 2004, 399, 401). Es ist allerdings davon ausgegangen, dass ein sol-cher Selbstwiderspruch nur bei einer Kenntnis der Versicherungsnehmerin von einer sorgfältigeren Behandlung von [X.] durch die Beklagte [X.] - 7 - nommen werden kann. Es reicht jedoch aus, wenn die Versicherungsnehmerin davon Kenntnis haben mußte. § 425 Abs. 2 HGB bezieht den Rechtsgedanken des § 254 Abs. 1 [X.] mit ein. Nach dieser Vorschrift ist ein Mitverschulden bereits anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens an-zuwenden pflegt ([X.] 74, 25, 28; [X.], [X.]. [X.] 313/99, NJW 2001, 149, 150, jeweils zu § 254 [X.]; [X.], Transportrecht, 5. Aufl., § 425 HGB [X.]. 74; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 254 [X.]. 23). b) Im vorliegenden Fall musste ein ordentlicher und verständiger Versen-der davon Kenntnis haben, dass die Beklagte Wertpakete einer besonderen Behandlung unterzieht. Dies ergibt sich, wie der Senat in der am selben Tag zwischen den Parteien ergangenen Entscheidung in der [X.] nä-her ausgeführt hat ([X.]eilsumdruck S. 15/16), aus der Regelung in Nr. 10 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen, nach der die Beklagte nur bei einer Wertdeklaration über die beschriebene Haftungshöchstgrenze hinaus (1.000 DM oder Erstattungsbetrag nach § 54 ADSp) haften will. 14 c) Das Unterlassen einer Wertdeklaration der Versicherungsnehmerin hat jedoch, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht zu der Entstehung der Schäden beigetragen. 15 aa) Nach dem Vorbringen der [X.] werden von ihr nur Wertpakete, bei denen der deklarierte Wert mehr als 2.500 • beträgt, unter besonderen Kon-trollmaßnahmen befördert. Nur in sechs der in der Revisionsinstanz noch zur Beurteilung anstehenden Schadensfälle ([X.] bis 10, 12, 20 und 22 gemäß der Aufstellung [X.]) lag der Wert des [X.] über 2.500 •. In den übrigen 21 Fällen, in denen Transportgut mit einem Wert von weniger als 2.500 • beför-16 - 8 - dert wurde, kann somit schon aus diesem Grunde das Unterlassen einer Wert-deklaration nicht zu den eingetretenen Schäden beigetragen haben. 17 [X.]) In den verbleibenden sechs Schadensfällen ([X.] bis 10, 12, 20 und 22) ist die Beförderung des [X.] nach den Feststellungen des [X.] unter Anwendung des zwischen der Versicherungsnehmerin und der [X.] vereinbarten sog. [X.] erfolgt. Danach fertigte die Versicherungsnehmerin mit Hilfe einer ihr von der [X.] zur Verfügung ge-stellten Software [X.], in denen die an einem Abholtag der [X.] zur Beförderung übergebenen Pakete unter Angabe einer Kontroll- und Refe-renznummer und des jeweiligen Empfängers aufgeführt waren. Die [X.] enthielten ferner eine Rubrik "Nachn. DM", in der bei Nachnahmesendun-gen der [X.] eingegeben werden konnte, sowie eine weitere Rubrik "Haft. DM". Die [X.] wurden der [X.] per EDV direkt ü-bermittelt. In diesen Schadensfällen sind in der jeweiligen [X.] in der Rubrik "Haft. DM" Beträge von 9.690 DM, 13.750 DM, 6.023 DM, 16.270 DM, 6.044 DM und 21.048 DM angegeben. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Wertangaben in der Rubrik "Haft. DM" als [X.] im Sinne von Nr. 10 Abs. 2 der Allgemeinen Beförderungen der [X.] anzusehen sind, weil bei dem sog. EDI-Verfahren keine Frachtbriefe ausgestellt werden. [X.] steht die Angabe von Werten, die den Betrag von 2.500 • übersteigen, in der Rubrik "Haft. DM" der Annahme eines Mitverschuldens der Versicherungs-nehmerin unter dem Gesichtspunkt des [X.] entgegen. Nach den nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts sind die in den [X.] enthaltenen Angaben der [X.] zur Kenntnis gelangt. Die Versicherungsnehmerin durfte demnach davon ausgehen, daß ihre unter der Rubrik "Haft. DM" enthaltenen Wertangaben von der [X.] beachtet [X.] - 9 - den (vgl. [X.], [X.]. [X.] - I ZR 276/02, [X.] 2005, 208, 209 = NJW-RR 2005, 1058 zum [X.], wenn der Schädiger bei einer Nachnahmesendung deren Wert kennt). Wenn die Beklagte ihren Kunden ein Softwaresystem zur Durchführung des [X.] zur Verfügung stellt, das die Rubrik "Haft. DM" enthält, dann hat sie entweder dafür Sorge zu tragen, daß dort angegebene Werte von ihr berücksichtigt werden, oder sie muß ihren Kun-den ausdrücklich und unmißverständlich angeben, auf welchem anderen Wege [X.] zu erfolgen haben. d) Aus diesem Grunde ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen des Unterlassens eines [X.] auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens scheide aus, frei von [X.]. 19 - 10 - III. Danach ist die Revision der [X.] zurückzuweisen. Die Kosten-entscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 20 [X.] Büscher

Schaffert Bergmann Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 26.03.2004 - 33 O 112/03 KfH - OLG [X.], Entscheidung vom 21.07.2004 - 3 U 75/04 -

Meta

I ZR 117/04

01.12.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.12.2005, Az. I ZR 117/04 (REWIS RS 2005, 498)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 498

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