Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.02.2016, Az. 3 StR 538/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 16490

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Bandendiebstahl: Zurechenbarkeit von Tatbeiträgen; Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe; Erkundung von Tatobjekten als Beihilfehandlung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. Juli 2015, soweit es ihn betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen schweren [X.]s in zwei Fällen, Beihilfe zum schweren [X.] sowie Diebstahls verurteilt ist;

b) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 4. der Urteilsgründe und über die Gesamtstrafe mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in drei Fällen sowie wegen Diebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Im Fall II. 4. der Urteilsgründe hält der Schuldspruch der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

3

Nach den rechtsfehlerfrei insoweit getroffenen Feststellungen verabredete sich der Angeklagte mit den beiden Mitangeklagten, gemeinsam Einbrüche in Geschäftsräume zu begehen, um sich mit Bargeld oder Verkaufserlösen für entwendete Waren, insbesondere Zigaretten und Alkoholika, eine dauerhafte Einnahmequelle zu erschließen. Dem Angeklagten kam dabei die Rolle zu, sich in der Nähe des Tatorts aufzuhalten und aufzupassen, während die Mitangeklagten sich Zugang zu den [X.] verschaffen und Geld und Waren entwenden sollten. In Ausführung dieser Verabredung begingen der Angeklagte und die beiden Mitangeklagten insgesamt drei [X.]. Im Fall II. 4. der Urteilsgründe machte der Angeklagte beim Auskundschaften geeigneter Einbruchsobjekte die beiden Mitangeklagten auf eine Bäckerei aufmerksam, in die diese einige Tage später einbrachen, mit Hilfe eines Trennschleifers [X.] öffneten und 4.000 € Bargeld entnahmen.

4

Diese Feststellungen rechtfertigen den Schuldspruch im Fall II. 4. der Urteilsgründe nicht.

5

Schließen sich mehrere Täter zu einer Bande zusammen, um fortgesetzt Diebstähle nach § 242 Abs. 1, § 244a Abs. 1 StGB zu begehen, hat dies nicht zur Folge, dass jede von einem der Bandenmitglieder aufgrund der [X.] begangene Tat den anderen Bandenmitgliedern ohne Weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Vielmehr ist für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien festzustellen, ob sich die anderen Bandenmitglieder hieran als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet haben. Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft an bzw. Beihilfe zu der jeweiligen Einzeltat ist in wertender Betrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen, die von der Vorstellung des jeweiligen Bandenmitglieds umfasst sind. Maßgeblich sind dabei insbesondere sein Interesse an der Durchführung der Tat sowie der Umfang seiner Tatherrschaft oder jedenfalls sein Wille Tatherrschaft auszuüben, d.h. ob objektiv oder jedenfalls aus seiner Sicht die Ausführung der Tat wesentlich von seiner Mitwirkung abhängt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 13. Mai 2003 - 3 [X.], [X.], 265, 267; vom 24. Juli 2008 - 3 [X.], [X.], 575).

6

Nach diesen Kriterien ist der festgestellte Tatbeitrag des Angeklagten im Fall II. 4. der Urteilsgründe als Beihilfehandlung zu werten. Dieser beschränkte sich auf eine unterstützende Tätigkeit, mit der der Angeklagte bei der Erkundung möglicher neuer Tatobjekte die Mitangeklagten auf die Bäckerei aufmerksam machte. Der Einbruch selbst erfolgte erst einige Tage später durch diese anderen Bandenmitglieder. Für seinen Hinweis erhielt der Angeklagte einen angesichts der [X.] von 4.000 € vergleichsweise geringen Betrag von 700 € als Entlohnung. Unter diesen Umständen ist eine Tatherrschaft des Angeklagten ebenso wenig erkennbar wie sein Wille hierzu.

7

2. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Taten führen. Er ändert deshalb den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

8

3. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der Einzelstrafe im Fall II. 4. der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafe.

[X.]

                 [X.]

Meta

3 StR 538/15

09.02.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Verden, 21. Juli 2015, Az: 7 KLs 7/15

§ 25 Abs 2 StGB, § 27 StGB, § 242 Abs 1 StGB, § 244a Abs 1 StGB, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.02.2016, Az. 3 StR 538/15 (REWIS RS 2016, 16490)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16490

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 538/15 (Bundesgerichtshof)


3 StR 243/08 (Bundesgerichtshof)


1 StR 491/17 (Bundesgerichtshof)

Schwerer Bandendiebstahl: Doppelverwertung der bandenmäßigen Tatbegehung bei der Strafzumessung


4 StR 665/11 (Bundesgerichtshof)

Bandendiebstahl: Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe


4 StR 665/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 94/16

1 StR 94/16

3 StR 538/15

3 StR 274/22

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.