Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2016, Az. X ZR 5/14

X. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16231

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:160216UXZR5.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
X [X.]
Verkündet am:
16. Februar 2016
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]verfahren
EPÜ Art. 56
a)
Für eine Veranlassung des Fachmanns, eine in einem Entwurf für einen technischen Standard beschriebene Routine in bestimmter, dem Ziel des Verfahrens dienlicher Weise weiterzuentwickeln, kann es sprechen, wenn im Entwurf enthaltene Verfahrensschritte
ohnehin darauf angelegt sind, vom Fachmann konkretisiert zu werden, oder die Routine aus fachmännischer Sicht (möglicherweise) noch lückenhaft und im weiteren Standardisierungs-prozess mit ergänzenden Angaben auszufüllen ist.
b)
Kommen für den Fachmann zur
Lösung eines Problems mehrere Alternati-ven in Betracht, können mehrere von ihnen naheliegend sein. Grundsätzlich ohne Bedeutung ist insofern, welche der Lösungsalternativen der Fachmann als erste in Betracht zöge.
[X.], Urteil vom 16. Februar 2016 -
X [X.] -
[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16.
Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter Dr.
Grabinski und [X.] sowie die Richterin Schuster und den Rich-ter Dr.
Deichfuß
für
Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.
September 2013 verkündete Urteil des 5.
Senats ([X.]) des [X.] abgeändert.
Das [X.] Patent
1
931
094 wird mit Wirkung für die [X.] insgesamt für nichtig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.]n Patents
1
931
094 ([X.]), das am 30.
August 2006 angemeldet wurde und eine Priorität vom 31.
August 2005 in Anspruch nimmt. Es umfasst in der erteilten Fassung 15
Patentansprüche, von denen Patentanspruch
1 in der [X.] wie folgt lautet:
"A Circuit Switched, [X.], domain call terminating method of call routing characterized in that the method is a method of avoiding repeated routing control in a [X.] domain call terminating flow, comprising:
receiving, by a GMSC, [X.] in a received call initiation message;
sending, by the GMSC, [X.]; and
executing, a subsequent call flow of the call in accordance with the received routing-controlled information, [X.]:
determining, [X.], [X.] in accordance with the rout-ing-controlled information;
sending, [X.], a Continue message to the GMSC; and
sending, by the GMSC, to an [X.] an [X.] message carrying a suppress T-[X.]I parameter upon receipt of the Continue message to obtain an [X.] procedures."
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des [X.] ge-he über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und sei nicht patentfähig. Hinsichtlich der Patentansprüche
14 und
15 hat die Klägerin ferner mangelnde Ausführbarkeit geltend gemacht.
1
2
-
4
-
Die Beklagte hat das Streitpatent in einer Fassung verteidigt, die Pa-tentanspruch
12 nicht enthält.
Das Patentgericht hat das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig er-klärt, dass Patentanspruch
12 entfällt, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie den Antrag auf vollständige Nichtigerklärung des [X.] weiterverfolgt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat Erfolg.
I.
Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines [X.] unter Beteiligung des Mobilfunknetzes.
1.
Das Streitpatent referiert ein Projekt des 3rd Generation Partnership Project ([X.]), einer Kooperation von [X.] für den Mobil-funk, das sich in dem Technical Report 23.806 V1.3.0 ([X.]) mit einer Echtzeit-Sprachanrufskontinuität ("[X.]"

[X.]) für Mobilfunkgeräte [X.], die Anrufe nicht nur in dem leitungsvermittelten ("Circuit Switched"

[X.]) Mobilfunknetz ([X.]-Domäne), sondern auch z.B. mittels einer WLAN-Anbindung an das [X.] (IP-Multimedia Subsystem
-
IMS) nach dem VoIP-Standard vor-nehmen können. Das Standardisierungsprojekt behandelt hierbei verschiedene Szenarien, die unter anderem das Anrufen eines solchen [X.] und das Annehmen solcher Anrufe betreffen, je nachdem, ob das Gerät
gerade über das Mobilfunknetz ([X.]-Domäne) oder über das [X.] ([X.]) ange-bunden ist, wobei das Mobilfunkgerät jeweils unter derselben (Mobilfunk)Rufnummer in beiden Netzen erreichbar sein und anrufen können soll.
3
4
5
6
7
-
5
-
Für eines der Szenarien, bei dem ein sich in der [X.]-Domäne befinden-des Mobilfunkgerät ("Other End") ein anderes, sich ebenfalls in einer [X.]-Domäne befindendes Mobilfunkgerät ("User Equipment"

UE) unter dessen [X.] anrufen möchte, die sowohl für die [X.]-Domäne als auch für [X.] als möglicher Verbindungsweg registriert ist, beschreibt [X.] in Figur [X.] folgenden Verfahrensablauf zur Herstellung des Anrufs, wenn dabei der Anruf an die [X.]-Domäne gerichtet ist:

Bei diesem Ablauf sendet die Vermittlungsstelle im [X.]-Mobilfunknetz ("Gateway Mobile Switch Center"

GMSC, im Folgenden auch nur: [X.]) am Ende von Schritt
2 eine als Initial Detection Point
([X.]) be-zeichnete Nachricht an die im Streitpatent als Global System for Mobile Com-munications-Service Control Function
([X.]) und in [X.] als [X.]
(CCCF)/Network Domain Selection
([X.]) bezeichnete Steu-erungseinrichtung. Hierbei handelt es sich um eine kombinierte Funktionsein-8
9
-
6
-
heit, die gemäß [X.] den Netzwerkstrukturen der [X.]-
und der [X.] hinzugefügt werden soll ([X.] Abschnitt
6.2 bis 6.2.2) und die sowohl die für einen Anruf vorzunehmende Netzwerkauswahl ([X.]) als auch die Einhaltung der Anforderungen an die Kontinuität eines Anrufs und die Erreichbarkeit bei einem Wechsel zwischen diesen beiden Netzwerken (CCCF) sicherstellen soll. Teile der Funktionalität der Steuerungseinrichtung CCCF/[X.] (im Folgenden auch nur: Steuerungseinrichtung) werden im Streitpatent auch als Domain Selection
Function
([X.]) bezeichnet (Streitpatent Sp.
2 Abs.
8).
In der am Ende des zweiten Schritts vorgesehenen [X.]-Nachricht von der Vermittlungsstelle an die Steuerungseinrichtung wird zur Bezeichnung des angerufenen Teilnehmers dessen im ersten Schritt mit der Initial Address Mes-sage
([X.]) übermittelte, weltweit eindeutige [X.] ([X.]) verwendet. Die darauf folgenden Schritte dienen unter anderem der Feststel-lung der Route, auf der der angerufene Teilnehmer erreicht werden kann, und der damit verbundenen Routinginformationen, die mit
den in Schritten
8 und
9 übersandten INVITE-
und [X.]-Nachrichten von der Steuerungseinrichtung an die Vermittlungsstelle in Form einer [X.]-Domain Routing Number
([X.]RN) über-tragen werden. Mit Schritt
10 wird eine Sending-Routing-Information-([X.])Nachricht
an das als Datenbank für den angerufenen Mobilfunkteilnehmeran-schluss fungierende Home Location Register
([X.]) übermittelt, wobei hierfür dessen [X.] verwendet wird. In Schritt
11 folgt sodann erneut eine [X.]-Nachricht von der Vermittlungsstelle an die Steuerungseinrichtung, die nach dem in der [X.] vorgesehenen Ablaufplan zum Szenario gemäß Fi-gur
[X.]5 mit einer CONTINUE-Nachricht beantwortet werden soll.
10
-
7
-
Das Streitpatent geht davon aus, dass bei der erneuten Sendung einer [X.]-Nachricht in Schritt
11 die [X.] des angerufenen [X.] und nicht die für ein Routing zu diesem Gerät erforderliche [X.]RN an die Steue-rungseinrichtung übermittelt wird, bei der der Anruf verankert ist. Damit könne die Steuerungseinrichtung nicht feststellen, ob der
Anruf bereits einer Routing-steuerung entsprechend den vorangegangenen Schritten
2 bis
9 unterzogen wurde, ob es sich mit anderen Worten bei der [X.]-Nachricht um eine solche gemäß Schritt
2 handelt. Dies könne zu einer wiederholten Routingsteuerung gemäß den Schritten
2 bis
8 anstelle einer CONTINUE-Nachricht gemäß Schritt
12 führen, so dass der Anruf in der [X.]-Domäne nicht normal vermittelt werden könne (Streitpatent Sp.
8 Abs.
42 Z.
37 bis
51).
Demnach liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, wiederholte [X.] zu vermeiden, um so den Ablauf zur Herstellung eines Anrufs zu einem sowohl in der [X.]-Domäne als auch in der [X.] ver-wendbaren Mobilfunkgerät zu verbessern.
2.
Zur Lösung schlägt das Streitpatent ein Verfahren zur
Herstellung ei-nes Anrufs mit folgenden Merkmalen vor [in eckigen Klammern die [X.] Urteils]:
1.
Das Verfahren dient dem [X.] mittels eines An-rufroutings in einer leitungsvermittelten [X.]-Domäne (circuit switched [[X.]] domain call terminating method of call routing)
[1.1],
1.1
wobei eine wiederholte Routingsteuerung in einem [X.]-Domänen-[X.]fluss vermieden wird (a method
of avoiding repeated routing control in a [X.] do-main call terminating flow)
[1.2].
2.
Das Verfahren umfasst folgende Schritte [1.2]:
2.1
Eine Vermittlungsstelle GMSC empfängt in einer Anruf-einleitungsnachricht ("call initiation message") Informati-onen zur Routingsteuerung eines Anrufs (receiving, by a 11
12
13
-
8
-
GMSC, [X.] in a received call initiation message)
[1.3].
2.2
Die Vermittlungsstelle GMSC sendet eine die Routing-steuerung des Anrufs enthaltende Information an eine Steuerungseinrichtung [X.] (sending, by the GMSC, [X.] of
the call to a [X.])
[1.4].
3.
Der nachfolgende Anruffluss erfolgt gemäß der empfangenen [X.] (executing a subsequent call flow of the call in accordance with the received routing-controlled information) [1.5]:
3.1
Die Steuerungseinrichtung [X.] stellt anhand der empfangenen [X.] fest, dass der Anruf einer Routingsteuerung unterlag (deter-mining, [X.], [X.] in accordance with [X.])
[1.5.1].
3.2
Die Steuerungseinrichtung [X.] sendet eine CON-TINUE-Nachricht an die Vermittlungsstelle GMSC (sending, [X.], a Continue message to the GMSC)
[1.5.2].
3.3
Die Vermittlungsstelle GMSC sendet eine [X.]-Nachricht an ein Lokalisierungsregister [X.] mit einem Termina-ting-CAMEL-Subscription-Information-(T-[X.]I-) [X.], um nach dem Empfang der [X.] eine Roaming-Nummer (Mobile Station Roaming Number

[X.]) aufgrund von Standard-[X.]verfahren zu erhalten (sending, by the GMSC, to an [X.] an [X.] message carrying a suppress T-[X.]I parameter upon receipt of the Continue message to obtain an [X.] procedures)
[1.5.3].
3.
Einige Merkmale bedürfen näherer Erläuterung:
a)
Mit "[X.]"
ist das Herstellen einer Sprachverbindung mit einem Mobilfunkgerät aufgrund eines an die zugehörige [X.] gerichteten Anrufs gemeint.
14
15
-
9
-
b)
Das [X.] gemäß Merkmal
1 bestimmt, über welche Stationen im Kommunikationsnetz die Verbindung mit dem Mobilfunkgerät hergestellt wird.
c)
Eine wiederholte Routingsteuerung wird gemäß Merkmal
1.1 dann vermieden, wenn Schritte zur Routingsteuerung bei der Herstellung eines [X.] zu einem Mobilfunkgerät nicht unnötig mehrfach vorgenommen werden.
d)
Informationen zur Routingsteuerung gemäß Merkmal
2.1 sind [X.], die der Herstellung einer Verbindungsroute zum angerufenen [X.] dienen und nicht dessen [X.] darstellen, sondern die mögliche Route weiter konkretisieren. Die Beschreibung des [X.] bringt zum Ausdruck, dass das Senden lediglich der [X.] in dem dem Merkmal
2.2 entsprechen-den Verfahrensschritt gerade der Grund ist, warum eine wiederholte Routing-steuerung entstehen kann,
und dass dies mit dem Senden einer von der [X.] abweichenden [X.] vermieden wird (Streitpatent Sp.
8 Abs.
42 Z.
29 bis Sp.
9 Abs.
43 Z.
5). Für die Schritte gemäß den Merkmalen 2.2 bis 3.1 reicht es hinsichtlich der die [X.] und der [X.] aus, eine In-formation beispielsweise in Form eines einzelnen Bits zu senden, dergemäß zuvor eine über die [X.] hinausgehende Routingsteuerung stattfand (Streitpatent Sp.
10 Abs.
52 Z.
38 bis
41). Der die Routingsteuerung konkreti-sierende Inhalt muss in den gemäß den Merkmalen 2.2 bis
3.1 übersandten beziehungsweise ausgewerteten Informationen nicht enthalten sein.
e)
Mit einer [X.]-Nachricht gemäß Merkmal 3.3 fragt die [X.] das Register [X.] nach weiteren Routinginformationen. Um nicht (nur) die Nachricht zu erhalten, dass das angerufene Mobilgerät mit der gewähl-ten Rufnummer sowohl in der [X.]-Domäne als auch in der [X.] er-reichbar ist, wird ein T-[X.]I-Parameter im Schritt gemäß Merkmal
3.3 gesendet. Dies veranlasst das Register, eine Roaming-Nummer [X.] zu senden, an-16
17
18
19
-
10
-
hand deren
die Vermittlungsstelle und andere Funktionseinheiten des Mobil-funknetzes eine Verbindung zu dem angerufenen Mobilfunkgerät (UE) nach standardisierten Prozeduren herstellen.
II.
Das Patentgericht hat den

für ursprungsoffenbart und ausführbar erachteten

Gegenstand des [X.] als patentfähig angesehen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das Szenario zu Figur [X.]5 der [X.] zeige ein [X.]ver-fahren mit den Merkmalen 1, 2, 2.1,
3.2 und 3.3. Selbst wenn Merkmal 1.1 bei der Prüfung der Patentfähigkeit nicht berücksichtigt würde, weil es kein unmit-telbares Merkmal des geschützten Verfahrens, sondern nur ein zu
erreichendes Ziel darstelle, zeige die [X.] nicht die Verfahrensschritte 2.2, 3 und 3.1 und sei daher nicht neuheitsschädlich. Ihr könne nicht unmittelbar und eindeutig ent-nommen werden, dass an die Steuerungseinrichtung eine die Routingsteuerung enthaltende Information gesendet
werde, diese feststelle, dass der Anruf einer Routingsteuerung unterlegen habe, und der weitere Anrufabfluss gemäß dieser Information durchgeführt werde.
Das Senden einer CONTINUE-Nachricht gemäß Schritt
12 der Fi-gur
[X.]5 in [X.] gebe dem Fachmann nicht unmittelbar und eindeutig zu erkennen, dass die Steuerungseinrichtung mit der [X.]-Nachricht im Schritt
11 zuvor eine die Routingsteuerung enthaltende Information erhalte habe und [X.] auswerte, denn die [X.] spreche an keiner Stelle das Problem des wieder-holten Routens an. Die Annahme der Klägerin, dass die Vermittlungsstelle GMSC zuvor in einer [X.]-Nachricht als "[X.]"
die [X.]RN erhal-ten habe und deshalb diese Information in der sodann folgenden [X.]-Nachricht verwendet werde, überzeuge nicht, denn zuvor werde aus der [X.]RN wieder die [X.] ermittelt, weshalb der Fachmann diese Nummer als "[X.]"
verwenden werde. Es sei daher keineswegs selbstverständlich, in der [X.] die [X.]NR in der [X.]-Nachricht zu verwenden, und Gleiches gelte für die 20
21
22
-
11
-
Druckschrift [X.] TSG SA WG2 Architecture -
[X.] Ad hoc, 9.
bis 11.
August 2005 ([X.]), die im Wesentlichen den gleichen Sachverhalt betreffe.
Der Gegenstand des [X.] beruhe auch auf erfinderischer Tätig-keit. Ausgehend von der [X.], der unterschiedliche Ausführungsbeispiele für das Verankern eines Anrufs in der [X.]-Domäne zu entnehmen seien, stelle sich dem Fachmann nicht das Problem, ein [X.]-Domänenverbindungsabschluss-verfahren zu entwickeln, bei dem eine wiederholte Routingsteuerung verhindert werde, denn die [X.] bringe dieses Problem an keiner Stelle zum Ausdruck. Der Fachmann habe deshalb keine Veranlassung gehabt, von dem im Stand der Technik bekannten Vorgehen für den Rufaufbau in einer [X.]-Domäne ab-zuweichen. Soweit andere Druckschriften des Projekts [X.] wie die techni-schen Spezifikationen [X.]
TS
23.078 V6.6.0 ([X.]) und [X.] TS 29.078 7.0.0 ([X.]) Ausführungen zur Erstellung einer [X.]-Nachricht enthielten, werde darin eine "[X.]"
übertragen, bei der es sich um die [X.] des angerufenen Mobilgeräts handele. Der Fachmann werde deshalb für einen Ablauf gemäß Figur
[X.] der [X.] ebenfalls auf die [X.] für eine Initi-aDP-Nachricht gemäß Schritt
11 dieses Szenarios zurückgreifen, da diese Nummer für den Schritt zuvor aus der [X.]-Nachricht und darin übermittelten [X.]RN ermittelt werde. Selbst wenn der Fachmann erkennen würde, dass es bei einer Verwendung der [X.] in diesem Schritt zu einem wiederholten Routing komme, könnte er der [X.] keinen Hinweis und keine Anregung dafür entnehmen, statt der [X.] die [X.]RN zu übersenden.
III.
Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
1.
Der Gegenstand des Patentanspruchs
1 ist nicht patentfähig. Es kann offen bleiben, ob das darin
beschriebene Verfahren im Stand der Technik bereits neuheitsschädlich offenbart war. Jedenfalls beruht dieses Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
23
24
25
-
12
-
a)
Das Patentgericht hat den Fachmann rechtsfehlerfrei und unange-fochten als einen Diplomingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik mit Schwerpunkt auf dem Gebiet der Signalverarbeitung in Mobilfunksystemen und mehrjähriger Berufserfahrung in Bezug auf [X.]verfahren definiert.
b)
Entsprechend den weiteren Ausführungen des Patentgerichts
war diesem Fachmann ausgehend von der [X.] mit deren am 19.
August 2005 ver-öffentlichte
Entwurfsversion V1.3.0 insbesondere hinsichtlich des darin anhand Figur
[X.] beschriebenen Szenarios ein Verfahren mit den Merkmalen
1,
2, 2.1, 3.2 und 3.3 in dem für ihn relevanten Stand der Technik offenbart. Die Beklagte tritt dem auch nicht entgegen.
c)
Die [X.] erwähnt nicht ausdrücklich, ob und gegebenenfalls wie sich die [X.]-Nachricht gemäß Schritt
11 der Figur
[X.] von der in Schritt
2 beschriebenen [X.]-Nachricht unterscheidet und aufgrund welcher [X.] die Steuerungseinrichtung CCCF nach Schritt
11 nicht die gleiche Antwort gibt wie nach der [X.]-Nachricht in Schritt
2, sondern in Schritt
12 eine CONTINUE-Nachricht sendet.
d)
Sollte, wie das Patentgericht angenommen hat, der Fachmann dem Gesamtablauf nach der Figur [X.] nicht bereits entnommen haben, dass die [X.]-Nachricht gemäß Schritt
11 sich von derjenigen in Schritt
2 inhaltlich unterscheiden muss, damit die Steuerungseinrichtung in Schritt
12 aufbauend auf einem dafür getroffenen Entscheidungsprozess eine andere Antwort (CON-TINUE-Nachricht) gibt als in Schritt
3 ([X.]), und dass hierfür die mit der im Schritt
9 übersandte [X.]RN als Unterscheidungsmerkmal oder ein anderes klares Unterscheidungsmerkmal zu verwenden war, musste sich der Fachmann jedenfalls Gedanken darüber machen, wie er den mit der [X.] offen-barten Standardisierungsentwurf zweckmäßig umsetzen und gegebenenfalls weiterentwickeln konnte. Dies gab ihm jedenfalls Veranlassung, mit der [X.]-Nachricht nach Schritt 11 nicht die [X.], sondern die [X.]RN zu übertragen.
26
27
28
29
-
13
-
aa)
Zunächst ist zu berücksichtigen, welche Qualität der als [X.] veröf-fentlichte Entwurf besaß. Der Inhalt dieses Entwurfs war entsprechend seinem Vorwort ([X.] S.
7) Gegenstand weitergehender Arbeit und Überlegungen und noch nicht abschließend durch dafür vorgesehene Gremien bestätigt. Für den Fachmann bedeutete dies, dass der Entwurf noch Lücken enthalten konnte, die der Ausfüllung bedurften. Weiterhin sollte der entworfene Standard dem [X.] nicht jeden Befehl für zu entwerfende Programme vorgeben, die in den jeweiligen Funktionseinheiten für ein dem Standard gemäßes
Verfahren erfor-derlich sind. Die in [X.] entworfenen Szenarien waren mithin darauf angelegt, hinsichtlich ihrer technischen Umsetzung durch den Fachmann weiter konkreti-siert zu werden.
bb)
Im Hinblick auf diese Konstellation war vom Fachmann die Erkennt-nis zu erwarten, dass sich in dem Szenario der [X.] zu Figur
[X.] der [X.] nach der [X.]-Nachricht in Schritt
2 von dem Ablauf nach der [X.]-Nachricht gemäß Schritt
11 unterscheiden sollte. Nach Schritt
2 soll eine Anfrage der Steuerungseinrichtung bei dem Register [X.] erfolgen. Für Schritt
11 gibt die [X.] hingegen an, dass mit dieser [X.]-Nachricht die Ausführung der zweck-dienlichen logischen Schritte für den Anruf ([X.], [X.].3.2.2.3 Nr.
11: "for execution of appropriate service logic for the incoming session") und in Schritt
12 eine CONTINUE-Nachricht folgen soll. Dem
Fachmann musste damit klar sein, dass die Steuerungseinrichtung eine Unterscheidung zwischen den beiden Schritten treffen muss und es hierfür einer Entscheidungsgrundlage [X.]. Der Fachmann hatte deshalb Veranlassung, Überlegungen anzustellen, wie eine solche Entscheidungsgrundlage für die Steuerungseinrichtung nach Empfang der [X.]-Nachrichten in den Schritten
2 und
11 jeweils hergestellt wer-den konnte.
Aus dem Szenario zu Figur [X.] wusste der Fachmann, dass sich die beiden von der Vermittlungsstelle an die Steuerungseinrichtung gesandten 30
31
32
-
14
-
[X.]-Nachrichten in den Schritten
2 und
11 darin unterschieden, dass der [X.] bei Schritt
2 für das [X.] nur die Rufnummer des angeru-fenen [X.] (die mit Schritt
1 per [X.]-Nachricht übermittelte [X.]) bekannt war und die darauf folgenden Schritte dazu führen sollten, aufgrund der mit Schritt
2 erfolgenden [X.]-Nachricht weitere Informationen zur Konkretisierung der Anrufroute zu erhalten. Diese weitere Routinginformation soll die Vermittlungsstelle GMSC mit der [X.]-Nachricht gemäß Schritt
9 in Form der [X.]RN erhalten.
Für die Vermittlungsstelle unterscheidet sich die Situation vor Schritt
2 einerseits und Schritt
11 andererseits mithin dadurch, dass sie vor Schritt
2 in einer [X.]-Nachricht eine [X.] und vor Schritt
11 in einer [X.]-Nachricht eine [X.]RN empfängt. Diese Information stellt für die Vermittlungsstelle GMSC das Kriterium dar, um zwischen Schritt
2 und Schritt
11 unterscheiden zu [X.]. Mit Blick auf die Notwendigkeit, es auch der Steuerungseinrichtung
CCCF zu ermöglichen, die Situationen nach den Schritten
2 und
11 zu unterscheiden, bot es sich deshalb an, eben diesen Unterschied in der Datenlage auch der Steuerungseinrichtung
zu übermitteln.
Hierfür sprach auch die
Offenbarung in der Technischen Spezifikation [X.]
TS
29.078
7.0.0 ([X.]) zum [X.], die in Annex
A unter A.1 beschreibt, wie die Daten für eine [X.]-Nachricht aus einer vorangegangenen [X.]-Nachricht zusammengestellt ("mapping") werden. Als erstes Datum wird dabei die Nummer des angerufenen Mobilgeräts aus der [X.]-Nachricht in die [X.]-Nachricht übertragen. Üblicherweise handelt es sich zwar wie in den Schrit-ten
1 und
2 der Figur
[X.] um die [X.] des angerufenen Mobilgeräts. Wenn jedoch mit der vorangegangenen
[X.]-Nachricht eine [X.]RN als Ruf-nummer des angerufenen Mobilgeräts übermittelt wird, hat der Fachmann sich zumindest die Frage zu stellen, ob er für die folgende [X.]-Nachricht die [X.]RN oder eine aus dieser ermittelten [X.] überträgt. Im
Hinblick auf
die Veran-33
34
-
15
-
lassung des Fachmanns, für die Steuerungseinrichtung CCCF ein Kriterium zur Unterscheidung der beiden [X.]-Nachrichten der Schritte
2 und
11 zu finden, war danach von ihm zu erwarten, für die [X.]-Nachricht nicht eine aus der [X.]RN ermittelte [X.],
sondern die [X.]RN selbst als Rufnummer des ange-rufenen [X.] zu verwenden.
cc)
Dem steht nicht entgegen, dass die [X.] zu Figur
[X.]5 unter Nr.
10 für die Vermittlungsstelle GMSC die Anweisung enthält, vor Schritt
10 für die an das Register [X.] zu übermittelnde [X.]-Nachricht die [X.] aus der [X.]RN tatsächlich zu ermitteln. Die Klägerin hat dies unwidersprochen damit erklärt, dass das Register nur die [X.], nicht aber die [X.]RN verarbeiten kann.
dd)
Weiterhin steht dem nicht entgegen, dass ein wiederholtes Durchlau-fen der Routingsteuerung in den Schritten
2 bis
10 auch durch andere [X.] hätte vermieden werden können. Der Patentfähigkeit ermangelt nicht nur die nächstliegende Lösung für ein technisches Problem, sondern jede für den Fachmann naheliegende Lösung. Kommen für den Fachmann mehrere Alternativen in Betracht, können folglich mehrere von ihnen naheliegend sein. Grundsätzlich ohne Bedeutung ist insofern auch, welche der Lösungsalternati-ven der Fachmann als erste in Betracht zöge
(vgl. [X.],
Urteil vom 6.
März 2012
X
ZR
50/09, juris Rn.
19).
Die Beklagte trägt vor, ein wiederholtes Durchlaufen der Schritte
2 bis
10 hätte ebenso vermieden werden können, indem die Steuerungseinrichtung CCCF bei Schritt
8 speichert, dass sie eine bestimmte [X.]RN für eine konkrete Kombination aus angerufener Rufnummer und anrufender Rufnummer für die in diesem Schritt
folgende INVITE-Nachricht vergeben hat, diese Speicherung für einen eng begrenzten Zeitraum aufrecht erhält,
sodann nach der [X.]-Nachricht in Schritt
11 anhand der dabei übermittelten [X.] die bereits vollzogene 35
36
37
-
16
-
Übermittlung einer [X.]RN erkennt und deshalb in Schritt
12 die Entscheidung für die Übersendung einer CONTINUE-Nachricht trifft.
Es kann offen bleiben, ob eine solche Lösung überhaupt nahegelegt war. Jedenfalls kam sie für den Fachmann nicht allein und nicht einmal bevorzugt in Betracht. Vielmehr weist diese Lösung Nachteile auf. Das Speichern der Vergabe einer [X.]RN in Schritt
8 nebst Löschen dieser Speicherung und [X.] dieses Datums mit den in Schritt
11 in der [X.]-Nachricht übersandten Daten, nur um festzustellen, dass die in Schritt
11 übermittelte [X.]-Nachricht auf einer vorangegangenen Routingsteuerung beruht, stellt -
wie von der Kläge-rin unwidersprochen dargelegt
-
einen erheblich größeren [X.] dar, als schlicht mit der [X.]-Nachricht die Information zu verbinden, dass bereits eine Routingsteuerung stattgefunden hat und deshalb von der Steuerungseinrichtung CCCF in Schritt
12 eine
CONTINUE-Nachricht zu [X.] ist.
ee)
Vom Fachmann war daher zu erwarten, mit der [X.]-Nachricht ge-mäß Schritt
11 auch die Information zu übersenden, dass die Nachricht seitens der Vermittlungsstelle GMSC dem Empfang der [X.]RN folgt. Hierfür konnte die [X.]RN in der [X.]-Nachricht übertragen oder ein gesondertes Bit übersandt werden, das diese Informationsgrundlage im Sinne einer die Routingsteuerung enthaltenden Information anzeigt (Merkmal
2.2), damit die Steuerungseinrich-tung feststellen kann, dass der Anruf einer Routingsteuerung unterlag (Merkma-le
3 und
3.1), eine CONTINUE-Nachricht an die Vermittlungsstelle folgen kann (Merkmal
3.2) und nicht wiederholt die Schritte
2 bis
10 ausgeführt werden (Merkmal
1.1).
e)
Mit einer Konkretisierung oder Weiterentwicklung des in [X.] zu Fi-gur
[X.] gezeigten Szenarios, bei der mit der [X.]-Nachricht gemäß Schritt
11 die [X.]RN oder eine andere, die fortgeschrittene Routingsteuerung anzeigende Information übertragen und somit in der Datenverarbeitung der 38
39
40
-
17
-
Steuerungseinrichtung CCCF auf dieser Informationsgrundlage die Entschei-dung getroffen wird, in Schritt
12 eine CONTINUE-Nachricht zu senden, gelang-te der Fachmann mithin in naheliegender Weise für das in Figur [X.] be-schriebene und gegebenenfalls weitere, ähnliche
Szenarien -
wie beispielswei-se das
in den Figuren
[X.]-3 und [X.]-4 der [X.]
beschriebene
-
zu ei-nem Verfahren mit allen Merkmalen des Gegenstands von Patentanspruch
1.
2.
Für eine abweichende Beurteilung der Patentfähigkeit des [X.] der Nebenansprüche
9, 14 und 15, mit denen jeweils Vorrichtungen be-ziehungsweise ein System von Vorrichtungen beansprucht werden, die in der Lage sind, ein Verfahren gemäß der Lehre von Patentanspruch
1 durchzufüh-ren, sowie der den Patentansprüchen 1, 9, 14 und 15 untergeordneten Ansprü-che des [X.] ist nichts geltend gemacht und für den Senat nichts er-sichtlich.
41
-
18
-
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
121 Abs.
2 [X.], §
91 Abs.
1 ZPO.

Meier-Beck
Grabinski
[X.]

Schuster
Deichfuß
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 18.09.2013 -
5 Ni 72/11 (EP) -

42

Meta

X ZR 5/14

16.02.2016

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2016, Az. X ZR 5/14 (REWIS RS 2016, 16231)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16231

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X ZR 5/14

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