Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2002, Az. I ZR 19/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 2601

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 19/00Verkündet am:27. Juni 2002WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.] : [X.]: [X.] § 3Wenn eine beworbene Ware am [X.] im Ge-schäft vorrätig ist, einem Kaufinteressenten aber auf dessen telefonische An-frage die falsche Auskunft gegeben wird, sie sei noch nicht eingetroffen, liegtdarin keine relevante Irreführung im Sinne des § 3 UWG.[X.], [X.]. v. 27. Juni 2002 - [X.] Landshut- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 27. Juni 2002 durch [X.] v. Ungern-Sternberg,Prof. [X.], [X.], [X.] und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des [X.] vom 18. November 1999 aufge-hoben.Die Berufung der Klägerin gegen das [X.]eil der [X.] für Han-delssachen des [X.] vom 28. April 1999 wird [X.].Die Kosten der Rechtsmittel werden der Klägerin auferlegt.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Parteien waren im Jahre 1998 örtliche Wettbewerber beim Einzel-handel mit Artikeln der Unterhaltungselektronik.Die Beklagte bewarb am 19. November 1998 in der "[X.]"einen [X.] [X.] zum Preis von 799,-- [X.] Klägerin hat behauptet, das beworbene Gerät sei am [X.] nicht im Geschäft der [X.] vorrätig gewesen. [X.] sowohl der Besuch eines Testkäufers im Geschäft der [X.] alsauch die telefonische Anfrage eines weiteren Kaufinteressenten ergeben. [X.] habe daher gegen ihre Pflicht, eine ausreichende Anzahl von [X.] zum Kauf vorrätig zu halten, verstoßen. Es sei dabei [X.] entscheidend, ob das Gerät tatsächlich vorrätig gewesen sei; eine irrefüh-rende Werbung liege bereits dann vor, wenn das Personal - irrtümlich - anneh-me, die beworbene Ware sei nicht vorhanden und Interessenten auf Nachfrageeine entsprechende Antwort gebe.Die Klägerin hat (zuletzt) beantragt,1.der [X.] unter Androhung von [X.] zu verbie-ten, im geschäftlichen Verkehr zu [X.] Unterhaltungselektronik zu bewerben, soweit diese am [X.] Erscheinens der Werbung nicht zur sofortigen Mitnahme vor-rätig sind;2.festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allenSchaden zu ersetzen, der dieser durch die unter [X.] -seit 19. November 1998 erfolgte [X.] ist und noch entsteht;3.die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zuerteilen, in welchem Umfang sie [X.] gemäßZiffer 1 seit dem 19. November 1998 begangen hat, wobei [X.] nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger und Ka-lendervierteljahren aufzuschlüsseln ist.Die Beklagte hat behauptet, sie habe am [X.] vor Geschäftsbeginnzwei Geräte des beworbenen [X.]s im Laden aufgestellt bzw. auf [X.] gehabt. Dies sei ausreichend gewesen, da die beiden Geräte erst nach [X.] Woche verkauft worden seien. Der Testkäufer der Klägerin habe nicht nachdem beworbenen [X.] gefragt. Der Anrufer habe telefonisch nicht ge-nügend nachgefragt. Da er den Namen seiner Auskunftsperson nicht angebenkönne, bestehe die Möglichkeit, daß er nicht mit einem Verkäufer der zuständi-gen Abteilung gesprochen habe.Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat [X.] antragsgemäß verurteilt.Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebtdie Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen [X.]eils.Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne die [X.] Unterlassung gemäß § 3 UWG verlangen. Dazu hat es [X.] -Die Beklagte gebe mit ihrer Werbeanzeige gegenüber den Verbrauchernzu erkennen, daß sie die beworbenen Artikel auf jeden Fall am [X.] vorrätig habe und den Kunden nicht mangels Lieferbereitschaft [X.].Der Zeuge [X.]habe die Lieferbereitschaft der [X.] getestet, denbeworbenen Artikel aber nicht gesehen, obwohl er vorhanden gewesen sei.Dies reiche für eine Kundenabweisung nicht aus. Der Artikel müsse nicht au-genfällig bereitgestellt werden. Der Verbraucher wisse und nehme an, daß [X.] dem beworbenen Artikel fragen müsse, ehe er unverrichteter Dinge [X.] verlasse.Eine Irreführung über das Vorrätigsein der beworbenen Ware sei jedochim Fall der telefonischen Anfrage des Zeugen [X.]nach dem beworbenen[X.] gegeben. Bei einer solchen - durchaus üblichen - Anfrage werdeerwartet, daß die Ware vorhanden sei und die richtige Antwort gegeben werde.Der Zeuge habe von der zuständigen Abteilung der [X.] die [X.], der [X.] sei nicht auf Lager; die erwartete Lieferung werde [X.] eintreffen. Auch wenn die Ware vorrätig sei, müsse [X.] sicher-stellen, daß dem [X.] Kunden die richtige Antwort gegeben werde.Von der Erwartung des Kunden, eine zutreffende Auskunft zu erhalten, seiennur Fälle ausgenommen, in denen schuldlos eine fehlerhafte Auskunft erteiltwerde. Eine derartige Sachverhaltsgestaltung sei im Streitfall nicht gegeben.Wegen der wettbewerbswidrigen Werbung sei die Beklagte auch [X.] verpflichtet, da sie die falsche Auskunft bei Beachtung der er-forderlichen Sorgfalt hätte vermeiden können und müssen. Soweit die Scha-densersatzpflicht bestehe, könne die Klägerin zudem Auskunft über den [X.] 6 -fang der Irreführung seit dem [X.] der beanstandeten [X.] verlangen.I[X.] Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie füh-ren zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der landge-richtlichen Entscheidung.1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das Berufungsge-richt hätte den Unterlassungsantrag und die darauf bezogenen weiteren Anträ-ge bereits als unzulässig abweisen müssen, weil der im Unterlassungsantragbenutzte Begriff "Artikel der Unterhaltungselektronik" nicht dem [X.] des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genüge. Der Begriff "Artikel der Unter-haltungselektronik" umfaßt zwar neben [X.]n eine Vielzahl weitererProdukte der Unterhaltungselektronik, ist aber inhaltlich genügend abgegrenzt,um sowohl für die Beklagte als auch gegebenenfalls für das [X.] hinreichend deutlich zu machen, auf welche Produkte sich eine dem Kla-gebegehren entsprechende Verurteilung beziehen soll (vgl. [X.], [X.]. [X.] - I ZR 6/94, [X.], 796, 797 = [X.], 734 - Setpreis). [X.] andere Frage ist es, ob die Klage unbegründet ist, weil die Fassung [X.] von der konkreten Verletzungsform zu sehr abstrahiertund deshalb zu weit geht (vgl. [X.], [X.]. v. 16.3.2000 - I ZR 229/97, [X.], 187, 188 = [X.], 1131 - Lieferstörung, m.w.[X.] die Klage - wie die Revision weiterhin vorbringt - wegen Rechtsmiß-brauchs gemäß § 13 Abs. 5 UWG unzulässig ist, kann offenbleiben, da [X.] sich jedenfalls als unbegründet erweist (vgl. [X.], [X.]. v.10.12.1998 - I ZR 141/96, [X.], 509, 510 = [X.], 421 - [X.] 7 -lücken, m.w.N.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren,8. Aufl., [X.]. 13 Rdn. 52).2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des Be-rufungsgerichts, das Unterlassungsbegehren sei gemäß § 3 UWG begründet.a) Die Klägerin hat im Lauf des Rechtsstreits ihr eigenes Geschäft inE. auf einen [X.] übertragen. Die Frage, ob ihr schon deshalb keinwettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte wegen [X.] in deren [X.]Geschäft begangenen irreführenden Werbung zustehenkann, muß nicht entschieden werden, weil die Klage von Anfang an unbegrün-det war.b) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen,daß eine Werbung grundsätzlich als irreführend zu beurteilen ist, wenn die an-gebotene Ware, die - wie hier - zum persönlichen Gebrauch bestimmt ist, ent-gegen einer durch die konkrete Werbemaßnahme hervorgerufenen Erwartungdes Verkehrs zum angekündigten Zeitpunkt nicht oder nicht in [X.] im Verkaufslokal vorrätig ist und zur sofortigen Mitnahme bereitsteht (st.Rspr.; vgl. [X.], [X.]. [X.] - I ZR 107/94, [X.], 800, 801 = WRP1996, 899 - EDV-Geräte; [X.]. v. 30.10.1997 - I ZR 127/95, [X.], 949,950 = [X.], 598 - [X.]; [X.] [X.], 509, 511- Vorratslücken; [X.], [X.]. v. 17.2.2000 - I ZR 254/97, [X.], 911, 912 =[X.], 1248 - Computerwerbung). Für die Beurteilung der beanstandetenWerbung als irreführend kommt es gemäß § 3 UWG darauf an, welchen Inhaltdas Publikum der Werbung entnimmt und ob dieser Eindruck mit der Wirklich-keit übereinstimmt ([X.] [X.], 949, 950 - [X.]; [X.][X.], 911, 913 - Computerwerbung).- 8 -Das Berufungsgericht hat - von der Revisionserwiderung unbeanstan-det - festgestellt, daß der beworbene [X.] am [X.]der Werbeanzeige für Kaufinteressenten zum Erwerb und zur sofortigen Mit-nahme zur Verfügung stand. Es hat zu Recht angenommen, daß eine Irrefüh-rung durch die Anzeige, mit der für den [X.] geworben worden war,nicht damit begründet werden kann, daß der Testkäufer [X.]die Ware im Ge-schäft nicht gefunden hat.c) Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag gleichwohl für [X.] erachtet, weil dem Zeugen [X.]auf dessen telefonische Nachfra-ge von der zuständigen Fachabteilung der [X.] die unrichtige Auskunfterteilt worden sei, der beworbene [X.] sei nicht auf Lager; die erwar-tete Lieferung werde erst noch eintreffen. Das hält der [X.] nicht stand.aa) Mit seinem [X.]eil hat das Berufungsgericht nicht über einen Streitge-genstand entschieden, der nicht zur Entscheidung gestellt war. In erster Instanzwar der Unterlassungsantrag allerdings im Tatsächlichen nur darauf gestützt,daß der Testkäufer den beworbenen [X.] im Geschäft der [X.]nicht gefunden habe. Das Vorbringen, dem Zeugen [X.]sei [X.] falsche Auskunft erteilt worden, war lediglich als Beleg dafür vorgetragenworden, daß das Gerät im Geschäft nicht vorrätig gewesen sei.Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage aber erweitert undnunmehr auch im Hinblick auf die unrichtige Auskunft, die dem Zeugen [X.]nach ihrer Behauptung erteilt worden sei, Unterlassung verlangt. Die [X.] zwar den Wortlaut ihres [X.] diesem weiteren [X.] -nicht angepaßt, ihrem Klagevorbringen ist aber zweifelsfrei zu entnehmen, daßsie nunmehr gerade auch deshalb Unterlassung verlangen wollte, weil die [X.] wegen der behaupteten falschen Auskunft gegenüber dem Zeugen[X.] irreführend für den [X.] geworben habe.bb) Für die Prüfung, ob der Unterlassungsantrag begründet ist, kannunterstellt werden, daß das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei [X.], daß dem Zeugen [X.]bei seinem Anruf eine falsche Auskunft erteiltworden ist. Denn das Unterlassungsbegehren wäre entgegen der [X.] auch dann nicht gemäß § 3 UWG gerechtfertigt.Die Auskunft, eine Ware sei nicht lieferbar, obwohl sie tatsächlich im Ge-schäft bereitliegt, ist zwar eine irreführende Angabe über die Vorratsmenge undwird deshalb vom Wortlaut des § 3 UWG erfaßt. Einer derartigen [X.] jedoch die wettbewerbsrechtliche Relevanz, die für die Anwendung des § [X.] nach dessen Schutzzweck erforderlich ist. Das Verbot irreführender An-gaben über die Menge der Vorräte soll verhindern, daß der Verbraucher durchsolche Angaben angelockt, im Geschäft des Werbenden dann enttäuscht undgegebenenfalls veranlaßt wird, andere Waren zu kaufen (vgl. [X.]/Hefer-mehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 UWG Rdn. 360). Eine falsche telefoni-sche Auskunft, eine Ware sei im Geschäft nicht vorrätig, hält jedoch einen inter-essierten Kunden erfahrungsgemäß gerade davon ab, das Geschäft aufzusu-chen. Eine Irreführung dieser Art verschafft dem Wettbewerber deshalb keinenwettbewerblichen Vorteil zu Lasten seiner Mitbewerber, sondern schädigt [X.] -3. Den auf den Unterlassungsantrag bezogenen Anträgen auf [X.] der [X.] zur Auskunftserteilung und auf Feststellung ihrer Schadens-ersatzpflicht ist aus denselben Gründen nicht stattzugeben.II[X.] Auf die Revision der [X.] war danach das Berufungsurteil auf-zuheben und die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche [X.]eil [X.].Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.v. Ungern-Sternberg[X.][X.]BüscherSchaffert

Meta

I ZR 19/00

27.06.2002

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2002, Az. I ZR 19/00 (REWIS RS 2002, 2601)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2601

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