Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2015, Az. VIII ZR 208/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 16926

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
VIII ZR 208/14
vom

20. Januar 2015

in dem Rechtsstreit

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2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 20. Januar
2015
durch
die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Achilles und [X.], die Richterin Dr.
Fetzer sowie den
Richter Dr.
Bünger
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten
wird das Urteil des
Landgerichts [X.] -
1. Zivilkammer -
vom 9. Juli 2014
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an eine andere Kammer des
Berufungsgerichts
zurückverwiesen.
Der Streitwert für das [X.] wird auf 6.780

festgesetzt.

Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig,
insbesondere ist der Be-schwerdewert nach §
544 ZPO, §
26 Nr.
8 EGZPO erreicht. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Beklagten
auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1
GG).
1. Die Kläger nehmen die Beklagten auf Räumung einer Mietwohnung in Anspruch, nachdem sie das Mietverhältnis mit Schreiben vom 28. Juli 2010 we-1
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gen Eigenbedarfs ordentlich sowie mit Schreiben vom 27. April
2012 und 24.
Juli 2013
wegen Zahlungsverzugs
und wegen mutwilliger Beschädigung von Teilen des Inventars fristlos gekündigt hatten.
Die von den Klägern zu zah-lende o-rauszahlung). Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen ge-richtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Die Kläger haben [X.] die Zwangsräumung der Wohnung durchgeführt. Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Berufungsurteil vom 18. Juli 2012 aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. [X.] hat die Berufung der Beklagten in der nunmehr mit der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten angefochtenen Entscheidung erneut zurückgewiesen und die von den Beklagten
erhobene Widerklage auf Wiedereinräumung des Besitzes ab-gewiesen.
2. [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung, so-weit für das Verfahren der
Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im [X.] ausgeführt:
Die Räumungsklage sei begründet, denn die Kündigungserklärung vom 24. Juli 2013
habe das Mietverhältnis der Parteien beendet. Im [X.]punkt der Kündigung hätten sich die Beklagten für zwei aufeinanderfolgende Monate mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug befunden, denn es hätten Rückstände wie folgt bestanden: für für [X.] September 2012:

:

;
für No-vember 2012:
93 sowie
für Dezember 2012:

Der Verzug sei auch nicht durch ein Zurückbehaltungsrecht der [X.] wegen Mängeln oder fehlender Nebenkostenabrechnungen für die [X.]räu-me 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 und 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011
entfallen. 3
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Das bloße Bestehen von Gegenforderungen beseitige den Verzug noch nicht; vielmehr sei erforderlich, dass das Zurückbehaltungsrecht -
unter gleichzeitiger Anbietung
der eigenen Leistung [X.] -
geltend gemacht werde.
Auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der Nebenkostenabrechnungen für die [X.] von 1. Juni 2009 bis 30. Juni 2011 hätten sich die Beklagten indes erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2014 berufen. Dies sei verspätet gewesen und ändere am Vorliegen des Verzugs im Kündigungszeitpunkt nichts. Der pauschale Hinweis der Beklagten auf das Verfahren 1 [X.]/12 des [X.] im Hinblick auf ein Zurückbehaltungsrecht oder Minderungs-recht wegen Mängeln sei ebenfalls unzureichend.
Im Übrigen ergebe sich ein Grund für die fristlose Kündigung auch [X.], dass die Beklagten jedenfalls die Zirbelkiefereckbank nebst Raumteiler
und den Zirbelkieferschrank während
ihrer [X.] mutwillig beschädigt [X.]. Zu Unrecht hätten
sich die Beklagten darauf berufen, dass
es sich bei die-sen
Gegenständen
um ihr Eigentum gehandelt habe, das ihnen die
Rechtsvor-gängerin der Kläger anlässlich des Abschlusses des [X.]
übertragen habe. Denn es habe sich um fest eingebaute Möbel und somit wesentliche Be-standteile (§ 93 BGB) gehandelt, so dass eine gesonderte Übertragung gar nicht möglich gewesen sei. Im Übrigen lasse sich die behauptete Übereignung weder aus dem Schreiben des [X.] vom 16. Dezember 2009 nebst [X.] noch aus
dem Anhang zum Mietvertrag ent-nehmen. Im Gegenteil ergebe sich aus dem Mietvertrag, dass die Wohnung teilmöbliert mit Essecke vermietet werde, was gegen einen
Eigentumserwerb der Beklagten spreche.
3. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten
auf Gewährung rechtlichen [X.] (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.
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a) Die Beklagten haben sich bereits mit [X.] vom 11. Mai 2012 ([X.] 145)
und damit vor Fälligkeit der in Rede stehenden [X.] darauf berufen, dass sie
wegen der ausstehenden
(beziehungs-weise bisher nicht formell ordnungsgemäß abgerechneten) Nebenkostenab-rechnungen
für den
[X.]raum
1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 sowie vom 1.
Juli
2010 bis 30. Juni 2011 ein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden [X.] geltend machen. Dieser Sachvortrag ist erheblich, denn die Nebenkostenabrechnungen
für diese [X.]räume
waren
spätestens zum 30.
Juni 2011 beziehungsweise bis zum 30. Juni 2012
zu erstellen
(§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB), so dass die
Beklagten nach der Rechtsprechung des Se-nats (vgl. Senatsurteile vom 29. März 2006 -
VIII ZR 191/05, [X.], 2552 Rn. 13 sowie vom 6. Februar 20013 -
VIII ZR 184/12, NJW 2013, 1595 Rn. 10) danach die e-halten durften. Unter Berücksichtigung eines solchen berechtigten (monatli-chen) Einbehalts verblieb von den Zahlungsrückständen, die das [X.] zugrunde gelegt hat, kein zur fristlosen Kündigung berechtigender [X.], sondern

.
b) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die Beklagten hätten zu Mietmängeln und einem darauf gestützten Minderungs-
oder Zurückbehal-tungsrecht nur pauschal auf Vorbringen in einem anderen Prozess verwiesen, hat es gleichfalls entscheidungserheblichen Sachvortrag der Beklagten in ge-hörsverletzender Weise übergangen. Denn die Beklagten hatten mit [X.] vom 27. Juni 2014
vorgetragen, dass die
Teppichfliesen
in der Wohnung derart zerschlissen und infolge ihres Alters unbrauchbar gewesen seien, dass sie ihn in [X.] verbracht und den Mangel den Klägern angezeigt hätten, was sich mittelbar aus dem gleichfalls vorgelegten Schreiben der Kläger an die [X.] vom 9.
Juni 2012 (Anlage [X.]) ergebe; zum Beweis haben sie die Beizie-8
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hung der Akte des Amtsgerichts [X.] 1 [X.]/12 beantragt. Mit diesem Vortrag haben die Beklagten einen konkreten Sachmangel und dessen recht-zeitige Anzeige dargelegt.
c) Schließlich hat das Berufungsgericht das rechtliche Gehör der [X.] auch insoweit verletzt, als es von einer mutwilligen Beschädigung der im Eigentum der Kläger stehenden Möbel (Zirbelkiefereckbank und -schrank) aus-gegangen ist, ohne der unter Zeugenbeweis gestellten Behauptung der [X.] nachzugehen, diese Gegenstände seien ihnen von der Rechtsvorgängerin der Kläger übereignet worden.
Das Zustandekommen einer solchen Vereinba-rung anlässlich des Abschlusses des [X.] mit der durch ihren [X.] (den als Zeugen benannten B.

E.

) vertretenen Voreigentümerin haben die Beklagten detailliert vorgetragen und in diesem Zusammenhang erläutert, dass die Voreigentümerin wegen des Umzugs in ein Altenheim für die Möbel keine Verwendung mehr gehabt habe und sie ihnen deshalb zur Verfügung ha-be stellen wollen. Von der danach gebotenen Beweiserhebung durfte das [X.] nicht etwa deshalb absehen, weil sich aus dem Mietvertrag und einem Schreiben des
[X.] vom 16. Dezember 2009 eine solche Übereignung nicht ergab oder die Formulierungen des [X.] nach Auffassung des Berufungsgerichts gegen einen Eigentumserwerb der Beklagten sprachen.
Diese vom Berufungsgericht herangezogenen
Umstände mögen im Rahmen der Beweiswürdigung eine Rolle spielen, rechtfertigten es aber nicht, von der Erhebung der weiteren von den Beklagten angebotenen Beweise von vornherein abzusehen.
Eine andere Beurteilung ist schließlich auch nicht mit Rücksicht auf die Erwägung des Berufungsgerichts geboten, dass ein Eigentumserwerb der [X.] in jedem Fall daran scheiterte, dass es sich um wesentliche Bestandtei-le des Grundstücks gehandelt habe. Eine solche -
eher fern liegende -
Einord-10
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7
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nung der Möbel als wesentliche Grundstücksbestandteile
haben die Parteien, wie die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend ausführt, ersichtlich nicht in [X.] gezogen. [X.] hätte deshalb zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung auf seine diesbezügliche
Rechtsauffassung hin-weisen und den Parteien
Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagten daraufhin, wie jetzt in der Nichtzulas-sungsbeschwerde geschehen, im Einzelnen zum Fehlen einer festen Verbin-dung sowie zur Abgrenzung zum bloßen Scheinbestandteil und einer möglichen Umwandlung eines wesentlichen Bestandteils in einen Scheinbestandteil vorge-tragen
hätten. Im Übrigen hat das Berufungsgericht auch verkannt, dass dem
von ihm
als
bewiesen erachteten
Vorwurf einer mutwilligen (vorsätzlichen) Be-schädigung des
Vermietereigentums
schon dann der Boden entzogen gewesen wäre, wenn die Beklagten aufgrund einer Vereinbarung mit der Voreigentümerin lediglich subjektiv davon ausgegangen wären, dass ihnen die streitigen Möbel gehörten. Auch aus diesem Grund durfte das Berufungsgericht nicht im Hinblick auf eine von ihm vorgenommene Einordnung der Möbel als wesentliche Grund-stücksbestandteile
eine erhebliche Pflichtverletzung der Beklagten bejahen, ohne
den angebotenen Beweis
zu erheben.
4. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten und Erhebung der dafür [X.] Beweise zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre,
ist
das Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuver-

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8
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weisen.
Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2
ZPO Gebrauch.
[X.]
[X.]
[X.]

Dr. Fetzer
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 15.02.2012 -
8 [X.] 1540/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 09.07.2014 -
12 [X.]/12 -

Meta

VIII ZR 208/14

20.01.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2015, Az. VIII ZR 208/14 (REWIS RS 2015, 16926)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16926

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VIII ZR 208/14

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