Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.01.2010, Az. VI ZB 36/08

6. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 10315

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Rechtsanwaltsgebühr: Tätigkeit für Auftraggeber als Partei und zugleich als Nebenintervenient im Haftpflichtprozess


Leitsatz

Wird ein Rechtsanwalt für eine im Wege des Direktanspruchs mitverklagte Partei und zugleich für diese als Streithelferin einer anderen Partei tätig, steht ihm keine erhöhte Gebühr nach Nr. 1008 RVG-VV zu .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 3 gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats in [X.] des [X.] vom 15. Mai 2008 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

[X.]: 358,15 €

Gründe

I.

1

Die Klägerin hat gegen die [X.] zu 1 und 2 als Fahrer bzw. Halter sowie gegen die Beklagte zu 3 als Haftpflichtversicherer Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend gemacht. Die Beklagte zu 3 ist dem Rechtsstreit auf Seiten der [X.] zu 1 und 2, die durch einen eigenen Prozessbevollmächtigten vertreten waren, als Streithelferin beigetreten, weil wegen des Einwands einer Unfallmanipulation eine Interessenkollision nicht auszuschließen war. Ihr Prozessbevollmächtigter hat "namens und [X.] der [X.] zu 3" in deren Eigenschaft als Streithelferin der [X.] zu 1 und 2 ebenfalls Klageabweisung beantragt.

2

Das [X.] hat die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention auferlegt. Bei der Kostenfestsetzung hat es den Antrag der [X.] zu 3 abgelehnt, im Hinblick auf ihre Nebenintervention eine zweifache Erhöhungsgebühr von 0,3 gemäß Nr. 1008 [X.] festzusetzen. Die sofortige Beschwerde der [X.] zu 3 hat das [X.] durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Das [X.] habe die Voraussetzungen für eine erhöhte Gebühr gemäß Nr. 1008 [X.] zu Recht als nicht erfüllt erachtet. Voraussetzung für eine Erhöhung sei, dass der Prozessbevollmächtigte mehrere Mandanten vertreten habe. Der von dem Prozessbevollmächtigten der [X.] zu 3 erklärte Beitritt der [X.] zu 3 als Streithelfer der [X.] zu 1 und 2 habe aber kein Mandat der - anderweitig anwaltlich vertretenen - [X.] zu 1 und 2 im Sinne der Nr. 1008 [X.] zur Folge gehabt. Vielmehr habe der von der [X.] zu 3 im eigenen Interesse erklärte Beitritt als Nebenintervenient (§ 66 Abs. 1 ZPO) lediglich zur Folge gehabt, dass die Beklagte zu 3 [X.] eigenen Rechts die Rechtsstellung eines Gehilfen der [X.] zu 1 und 2 im Prozess erlangt habe. Die erhöhte Gebühr gemäß Nr. 1008 [X.] falle im Falle der Nebenintervention nur an, wenn der von dem Rechtsanwalt vertretene Streithelfer und die von ihm vertretene [X.] nicht dieselbe Person sei.

3

Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte zu 3 den Antrag weiter, ihr eine zweifach erhöhte Gebühr nach Nr. 1008 [X.] zuzubilligen.

II.

4

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das [X.] hat zu Recht die Voraussetzungen für die Zubilligung einer erhöhten Gebühr verneint.

5

1. Zwar gilt im [X.] nach einem Verkehrsunfall im Innenverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer § 7 Abs. 2 Nr. 5 [X.]. Danach hat der Versicherungsnehmer im Falle eines Rechtsstreits dessen Führung dem Versicherer zu überlassen und dem Rechtsanwalt, den der Versicherer bestellt, Vollmacht zu erteilen (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Januar 2004 - [X.]/03 - [X.], 622, 623). Wird gemäß dieser Bestimmung im [X.] gegen den Versicherungsnehmer und den Haftpflichtversicherer ein einheitlicher Prozessbevollmächtigter bestellt, wird dieser für mehrere Personen im Sinne der Nr. 1008 [X.] tätig.

6

2. Im vorliegenden Fall liegt jedoch eine andere Situation vor. Hier ist der Prozessbevollmächtigte für die Beklagte zu 3 als im Wege des Direktanspruchs mitverklagte [X.] und zugleich für die Beklagte zu 3 als Streithelferin der [X.] zu 1 und 2 tätig geworden. In diesem Fall steht dem Prozessbevollmächtigten keine erhöhte Gebühr nach Nr. 1008 [X.] zu, weil er nicht für verschiedene Personen im Sinne dieser Vorschrift tätig geworden ist.

7

Der Nebenintervenient ist nicht Vertreter der von ihm unterstützten [X.]. Er beteiligt sich vielmehr nur an einem fremden Prozess und handelt insoweit neben der [X.]. Der Nebenintervenient handelt mithin stets in eigenem Namen und [X.] eigenen Rechts (vgl. Musielak/[X.], ZPO, 7. Aufl., § 67 Rn. 2; PG/Gehrlein, ZPO, § 67 Rn. 1; [X.]/Vollkommer, 27. Aufl., ZPO, § 67 Rn. 1, jeweils m.w.N.).

8

Im Hinblick darauf wird zu Recht ein Anspruch auf eine erhöhte Gebühr nach Nr. 1008 [X.] (früher: § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO) verneint, wenn ein Rechtsanwalt in einem Prozess eine [X.] und zugleich diese als Streithelfer eines Dritten vertritt (vgl. [X.], [X.] 2001, 181, 182; [X.], [X.] 2004, 484; [X.], [X.] 1993, 171). Nach dem Sinn und Zweck der Nr. 1008 [X.] soll mit der Erhöhung dem mit dem Vorhandensein mehrerer Beteiligter typischerweise verbundenen Mehr an Arbeit und Aufwand, insbesondere durch die laufende Informationsaufnahme und Unterrichtung durch den Rechtsanwalt, in genereller Weise Rechnung getragen werden. Zudem wird die Erhöhung in solchen Fällen mit dem für den Prozessbevollmächtigten bestehenden höheren Haftungsrisiko begründet (vgl. [X.], NJW 1987, 2240, 2241; [X.], aaO; [X.]/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 18. Aufl., 1008 [X.] Rn. 37; BT-Drucks. 7/2016 S. 99; BT-Drucks. 15/1971 [X.]). Nach diesem Sinn und Zweck ist es zwar grundsätzlich möglich, dass der Rechtsanwalt eine erhöhte Gebühr erhält, wenn er eine [X.] und zugleich einen Streithelfer vertritt, weil es unerheblich ist, in welcher Rolle die mehreren Auftraggeber an einer Angelegenheit beteiligt sind (vgl. [X.]/Müller-Rabe, aaO, Rn. 40). Der Anwalt muss aber für mehrere Personen tätig werden. Dies ist nicht der Fall, wenn er einen Auftraggeber vertritt, der in verschiedenen Rollen am Verfahren teilnimmt, wie hier die Beklagte zu 3 als [X.] und zugleich als Nebenintervenient (vgl. [X.]/Müller-Rabe, aaO, Rn. 48). In einem solchen Fall liegt eine andere Situation vor als in den Verfahren, in denen der Rechtsanwalt den Nebenintervenienten und die von diesem unterstützte [X.] vertritt (vgl. [X.] [X.], 1984, 702) oder eine Person gleichzeitig als [X.] [X.] Amtes und als natürliche Person gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen wird (vgl. [X.], [X.] 2009, 64).

Galke                                       Zoll                                     Wellner

                   Diederichsen                               [X.]

Meta

VI ZB 36/08

19.01.2010

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 15. Mai 2008, Az: 12 W 43/08, Beschluss

Nr 1008 RVG-VV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.01.2010, Az. VI ZB 36/08 (REWIS RS 2010, 10315)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10315

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZB 36/08 (Bundesgerichtshof)


11 W 40/22 (OLG München)

Kostenerstattung, Beschwerde, Berufung, Kostenerstattungsanspruch, Gegenstandswert, Abwesenheitsgeld, Beweisverfahren, Verfahren, Streitwert, Rechtspfleger, Kostenfestsetzungsantrag, Auslegung, Rechtsanwaltskosten, Akteneinsicht, Co …


17 W 39/09 (Oberlandesgericht Köln)


17 W 37/15 (Oberlandesgericht Köln)


VI ZB 13/06 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.