Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.05.2021, Az. XIII ZB 91/19

13. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 5812

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Gegenstand

Abschiebungshaftsache: Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Freiheitsentziehung


Leitsatz

Die Feststellung, dass die Anordnung der Haft den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, erfasst den gesamten Zeitraum vom Erlass der Anordnung bis zur Entlassung des Betroffenen und beinhaltet, dass die Freiheitsentziehung bis zur Entlassung rechtswidrig war.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des [X.] vom 29. April 2019 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000 €.

Gründe

1

I. Der Betroffene, ein algerischer Staatsangehöriger, wurde in [X.] aufgegriffen und befand sich aufgrund eines Beschlusses des dortigen Amtsgerichts vom 19. Dezember 2018 in Abschiebungshaft. Auf die Beschwerde des Betroffenen hob das Landgericht [X.] den Beschluss am 10. Februar 2019 auf und ordnete die sofortige Freilassung des Betroffenen an (nachfolgend: [X.]). Der Betroffene wurde am 12. Februar 2019 aus der Haft entlassen. Am 19. Februar 2019 ergänzte das Landgericht [X.] auf Antrag des Betroffenen seinen Beschluss um die Feststellung, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 19. Dezember 2018 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.

2

Am 21. Februar 2019 hat der Betroffene bei dem für den Gewahrsamsort zuständigen Amtsgericht die Feststellung beantragt, dass seine Freiheitsentziehung vom Zeitpunkt des Erlasses des [X.]es bis zu seiner Entlassung aus der Haft rechtswidrig gewesen sei. Das Amtsgericht hat angenommen, dass eine Entscheidung über den Antrag nicht veranlasst sei. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

3

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

4

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es bestehe keine Rechtsgrundlage für die begehrte Feststellung. Sie könne nicht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG erfolgen, denn es gehe nicht um die Erledigung einer angefochtenen Entscheidung im Beschwerdeverfahren. Vielmehr begehre der Betroffene nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer nicht auf einer gerichtlichen Entscheidung beruhenden Freiheitsentziehung.

5

2. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Einer Entscheidung über den Feststellungsantrag steht die materielle Rechtskraft der Entscheidung des Landgerichts [X.] vom 19. Februar 2019 - was von Amts wegen zu berücksichtigen ist - entgegen (vgl. [X.], Beschluss vom 20. April 2021 - [X.]/20, z. Veröff. best., Rn. 19 ff.; [X.]/[X.], FamFG, 20. Aufl., § 45 Rn. 33).

6

Das für die Beschwerde gegen die Haftanordnung zuständige Landgericht [X.] hat auf den Antrag des Betroffenen festgestellt, dass ihn der Beschluss des Amtsgerichts [X.] vom 19. Dezember 2018 in seinen Rechten verletzt hat. Die Feststellung ist neben der Aufhebung der Haftanordnung zulässig und beinhaltet, dass die Freiheitsentziehung rechtswidrig war (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. Oktober 2010 - [X.], [X.] 2011, 39 Rn. 10, 13 und vom 30. August 2012 - [X.], [X.] 2013, 37 Rn. 5). Der im [X.] gestellte Feststellungsantrag und mithin auch die daraufhin ergangene Feststellung erfasst den gesamten Zeitraum vom Erlass der Haftanordnung bis zur Entlassung des Betroffenen ([X.], Beschlüsse vom 26. Mai 2011 - [X.], juris Rn. 16, 18; vom 20. April 2021 - [X.]/20, z. Veröff. best., Rn. 17). Für die im vorliegenden Verfahren begehrte Feststellung hinsichtlich des (teilweise) identischen Zeitraums ist daher kein Raum.

7

3. [X.] beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

Meier-Beck     

        

Schmidt-Räntsch     

        

Kirchhoff

        

[X.]      

        

Tolkmitt      

        

Meta

XIII ZB 91/19

18.05.2021

Bundesgerichtshof 13. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Mainz, 29. April 2019, Az: 8 T 89/19, Beschluss

§ 62 FamFG, § 417 Abs 1 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.05.2021, Az. XIII ZB 91/19 (REWIS RS 2021, 5812)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 5812

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Referenzen
Wird zitiert von

XIII ZB 20/21

Zitiert

V ZB 78/10

V ZB 12/12

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x

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