Bundessozialgericht, Urteil vom 23.06.2016, Az. B 14 AS 42/15 R

14. Senat | REWIS RS 2016, 9373

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Ersetzung der Eingliederungsvereinbarung durch einen Eingliederungsverwaltungsakt - Anforderungen an die Ersetzungsentscheidung - Ermessensausübung - Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage


Leitsatz

Wird eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt ersetzt, sind dessen Regelungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen wie bei einer konsensualen Eingliederungsvereinbarung.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird unter Änderung der Urteile des [X.] vom 26. Februar 2015 und des [X.] vom 30. Oktober 2014 festgestellt, dass der Verwaltungsakt vom 20. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 sowie des Änderungsbescheids vom 1. August 2014 für die [X.] vom 20. Mai 2014 bis 19. November 2014 rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des [X.] für alle Instanzen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen [X.] ([X.]) nach dem [X.] ersetzende Verwaltungsakte (im Folgenden: [X.]e).

2

Der 1978 geborene Kläger bezieht vom beklagten Jobcenter laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]. Nachdem die ihm gesetzte Frist zur Unterzeichnung einer [X.] verstrichen war, ersetzte der Beklagte die [X.] unter Hinweis auf die nicht zustande gekommene Vereinbarung und die Notwendigkeit der Verbesserung der beruflichen Integrationschancen des [X.] für die Dauer vom 20.5.2014 bis 19.11.2014 durch einen Verwaltungsakt ua folgenden Inhalts:

"1. Unterstützung durch Jobcenter …
Das Jobcenter unterbreitet Ihnen [X.], soweit geeignete Stellenangebote vorliegen.
Das Jobcenter unterstützt Ihre [X.] durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 44 [X.]I, sofern Sie diese zuvor beantragt haben.
Das Jobcenter unterstützt Ihre [X.] nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 44 [X.]I durch Übernahme von angemessenen und nachgewiesenen Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen, sofern die Kostenübernahme vor Fahrtantritt durch Sie beantragt wurde.


2. Bemühungen von G
- …
- Sie unternehmen von Mai 2014 bis einschließlich Oktober 2014 mindestens 6 Bewerbungen pro Monat für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und legen hierüber folgende Nachweise … vor:
- Vorlage dieser Dokumentation bei jeder Einladung durch die Arbeitsvermittlung!
- … "
(Bescheid vom 20.5.2014 und Widerspruchsbescheid vom 21.5.2014).

3

Nach Erhebung der Klage hiergegen und noch vor Ablauf des [X.] dieses [X.]s erließ der Beklagte auf Hinweise, dass die geforderten Bewerbungen des [X.] bei den Arbeitgebern nicht eingegangen seien, und nach Nichtzustandekommen einer ihm deswegen unterbreiteten ändernden [X.] einen den ursprünglichen Bescheid teilweise ersetzenden neuen [X.] für die [X.] vom [X.] bis 31.1.2015, wonach bei unveränderter Fassung im Übrigen nunmehr Bewerbungsschreiben innerhalb von drei Werktagen zum Postversand beim Beklagten einzureichen seien (Bescheid vom [X.] und Widerspruchsbescheid vom 13.8.2014).

4

Gestützt auf ein vom Kläger nicht angenommenes Teilanerkenntnis des Beklagten hat das [X.] den Bescheid vom [X.] aufgehoben, soweit der Geltungszeitraum des [X.]s durch ihn über den 19.11.2014 hinaus verlängert worden ist, und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 30.10.2014). Das L[X.] hat die Berufung hiergegen nach Umstellung der Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage zurückgewiesen (Urteil vom [X.]): Der [X.] beruhe auf einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage und sei auch im Übrigen rechtmäßig. Insbesondere seien dem Kläger sechs Bewerbungen monatlich zumutbar. Nicht zu beanstanden sei auch die partielle Änderung des [X.]s. Eine hierzu berechtigende rechtlich wesentliche Änderung der Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 Satz 1 [X.]B X bestehe, wenn aus begründetem Anlass während der Geltungsdauer eines [X.]s Verhandlungen über eine neue [X.] aufgenommen würden. So liege es hier wegen der Feststellung des Beklagten, dass entgegen der Angaben des [X.] keine Bewerbungen bei potentiellen Arbeitgebern eingegangen seien. In dieser Lage dürfe das Jobcenter die Vorlage von Bewerbungskopien fordern.

5

Mit seiner vom L[X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 15 Abs 1 [X.] sowie seiner Grundrechte aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 GG sowie aus Art 2 Abs 1, Art 12 Abs 1 sowie Art 3 Abs 1 GG. Die in Ziff 1 des [X.]s umschriebenen Unterstützungsleistungen des Beklagten seien unbestimmt und daher unzureichend, insbesondere im Hinblick auf Bewerbungs- und Fahrkosten. Der tatsächliche Zugang von Bewerbungen in der Vergangenheit stelle keinen rechtlich wesentlichen Umstand für den Fortbestand des ursprünglichen [X.]s dar und rechtfertige daher nicht den Erlass des Änderungsbescheids. Verfassungswidrig sei, dass er über die Sanktionsnormen der §§ 31 ff [X.] dazu angehalten werde, jede zumutbare Arbeit aufzunehmen, unabhängig davon, ob dies seinem Willen oder seinem Verständnis von guter Arbeit entspreche.

6

Der Kläger beantragt,
unter Änderung der Urteile des [X.] vom 26. Februar 2015 und des [X.] vom 30. Oktober 2014 festzustellen, dass der Verwaltungsakt vom 20. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 sowie des Änderungsbescheids vom 1. August 2014 für die [X.] vom 20. Mai 2014 bis 19. November 2014 rechtswidrig war.

7

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des [X.] ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 [X.]G). Die Ersetzung der EinglVb war mangels einer ausreichenden Ermessensbetätigung seitens des beklagten Jobcenters zu den ihm zu gewährenden Leistungen zur Eingliederung in Arbeit rechtswidrig.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nach Ablauf des [X.] vom 20.5.2014 und dessen teilweiser Aufhebung durch das [X.] für die [X.] ab dem 20.11.2014 das Begehren des [X.], für den verbliebenen [X.]raum vom 20.5.2014 bis 19.11.2014 seine Rechtswidrigkeit in der Gestalt feststellen zu lassen, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 21.5.2014 und den Änderungsbescheid vom [X.] erhalten hat. Dieses Interesse verfolgt der [X.]läger zulässig mit der Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 [X.]G (vgl zum berechtigten Interesse nach zeitbedingter Erledigung eines [X.]s B[X.] Urteil vom 14.2.2013 - B 14 [X.]/11 R - B[X.]E 113, 70 = [X.]-4200 § 15 [X.], Rd[X.]6).

2. Rechtsgrundlage des [X.]s ist § 15 Abs 1 Satz 6 iVm § 15 Abs 1 Satz 1 und 2 [X.]B II (hier idF der Bekanntmachung der Neufassung des [X.] vom 13.5.2011, [X.]). Hiernach soll die [X.] ([X.]) im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). Diese soll insbesondere bestimmen, 1. welche Leistungen die oder der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, 2. welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind, 3. welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu beantragen haben (Satz 1 und 2). [X.]ommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die Regelungen durch Verwaltungsakt erfolgen (Satz 6).

Hiernach war, nachdem der [X.]läger den ihm unterbreiteten Entwurf einer EinglVb nicht unterzeichnet hatte, jedenfalls deshalb (vgl B[X.] Urteil vom 14.2.2013 - B 14 [X.]/11 R - B[X.]E 113, 70 = [X.]-4200 § 15 [X.], Rd[X.]7 ff; weitergehend B[X.] Urteil vom 22.9.2009 - [X.] AS 13/09 R - B[X.]E 104, 185 = [X.]-4200 § 15 [X.], Rd[X.]7) Raum für den Erlass eines ersetzenden [X.]s. Dafür war der Beklagte in Wahrnehmung der Aufgaben der [X.] auch sachlich zuständig (§ 44b Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 [X.]B II). Bei dem dabei auszuübenden Ermessen hat er aber die Anforderungen verfehlt, die bei [X.] nach § 15 Abs 1 Satz 6 [X.]B II zu beachten sind.

3. Ersetzt das Jobcenter eine EinglVb durch Verwaltungsakt, sind die ersetzenden Regelungen im Rahmen pflichtgemäßem Ermessens nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, wie sie für die [X.] gelten.

a) Ob und mit welchen Inhalten eine EinglVb durch Verwaltungsakt ersetzt wird, hat das Jobcenter gemäß § 15 Abs 1 Satz 6 [X.]B II ("sollen die Regelungen … durch Verwaltungsakt erfolgen") nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Entsprechend § 39 Abs 1 [X.]B I ist daher die Ersetzungsentscheidung an den Zwecken auszurichten, die nach dem Regelungskonzept des [X.]B II mit der zu ersetzenden EinglVb verfolgt werden, und es sind die Grenzen einzuhalten, die auch bei einer vertraglichen Verständigung über die Inhalte der EinglVb zu wahren sind. Auch die Regelungen eines [X.]s müssen danach zunächst den Anforderungen genügen, die je für sich aus den möglichen Inhalten nach § 15 Abs 1 Satz 2 [X.]B II abzuleiten sind. Zu beachten sind zudem weiter die Maßgaben, die aus der Vertragsform der zu ersetzenden EinglVb resultieren. Als öffentlich-rechtlicher Vertrag (so Urteil vom heutigen Tag, B[X.] Urteil vom [X.] [X.]/15 R - Rd[X.]6) unterliegt der Abschluss einer EinglVb den Anforderungen des § 55 Abs 1 Satz 2 [X.]B X (dazu näher ebenda Rd[X.]6). Muss danach die Gegenleistung, zu der sich der Vertragspartner der Behörde verpflichtet, "den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen", so gilt nichts anderes, wenn das Jobcenter "die Regelungen" (§ 15 Abs 1 Satz 6 [X.]B II) durch Verwaltungsakt zu ersetzen hat; auch in dieser Handlungsform wahrt die verbindliche und ggf die [X.] nach §§ 31a, 31 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]B II auslösende [X.]onkretisierung der [X.] der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten den durch § 55 Abs 1 Satz 2 [X.]B X vorgegebenen Rahmen nur, wenn ihr eine iS der Vorschrift den Umständen nach angemessene Bestimmung der "vertraglichen Leistung der Behörde", also: der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 15 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B II, gegenübersteht.

b) Nichts anderes folgt aus dem bei der Ersetzungsentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu beachtenden Sinn und Zweck von § 15 Abs 1 Satz 1 und 2 [X.]B II selbst. Wie die Materialien und die Verankerung der Verpflichtung zum Abschluss einer EinglVb bereits in die zentrale Bestimmung des § 2 Abs 1 Satz 2 [X.]B II zur Eigenverantwortung der Leistungsberechtigten erweisen, misst der Gesetzgeber der wechselbezüglichen [X.]onkretisierung von Pflichten und Obliegenheiten im Rahmen von [X.] entgegen verbreiteter Skepsis (vgl etwa [X.] in von [X.]/[X.], Festschrift 50 Jahre [X.], [X.], 736 ff; von [X.], [X.] 2011, 1, 5 ff) eine herausgehobene Bedeutung für die Eingliederung in Arbeit zu (vgl BT-Drucks 15/1516 [X.]). Getragen von der Erwartung, dass bei personalintensiverer Betreuung und individuellen Eingliederungskonzepten insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit besser abgebaut werden könne, soll das einem Fallmanagement dienen, das unter aktiver Mitarbeit des Leistungsberechtigten aufbauend auf einer Erhebung seiner konkreten Bedarfslage ein individuelles Angebot mit einer "maßgeschneiderten Ausrichtung der Eingliederungsleistungen" planen und steuern soll (vgl BT-Drucks 15/1516 [X.]). Demgemäß soll die EinglVb in [X.]onkretisierung des [X.] zwischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und [X.] (vgl BT-Drucks 15/1516 [X.]) sicherstellen, dass einerseits die [X.] Angebote unterbreitet, die den individuellen Bedürfnissen des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, den Anforderungen des Arbeitsmarktes und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit entsprechen, und zugleich soll mit jedem Leistungsberechtigten vereinbart werden, welche Anstrengungen von ihm selbst im Rahmen des [X.] erwartet werden (vgl BT-Drucks 15/1516 [X.]). Diesem Zweck würde es nicht genügen, würde das Jobcenter nicht auch bei [X.] nach § 15 Abs 1 Satz 6 [X.]B II eine der individuellen Bedarfslage des erwerbsfähigen Leistungsbeziehers gerecht werdende [X.]onkretisierung der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit vornehmen.

c) Nur so versteht sich in systematischer Hinsicht auch, dass mit dem [X.] gemäß § 15 Abs 1 Satz 6 [X.]B II "die" Regelungen nach § 15 Abs 1 Satz 2 [X.]B II zu ersetzen und im Unterschied zur Arbeitsförderung nicht nur die [X.] des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zu konkretisieren sind. Soweit dort das Instrumentarium der EinglVb (zunächst § 35 Abs 4 [X.]B III idF des [X.] vom [X.], [X.] 3443; seit 1.1.2009: § 37 Abs 2 [X.]B III idF des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom [X.], [X.] 2917) zwischenzeitlich in § 37 Abs 3 Satz 4 [X.]B III ebenfalls um eine Regelung zur Ersetzung durch Verwaltungsakt ergänzt worden ist, beschränkt sie sich ausschließlich auf die Festsetzung der "erforderlichen [X.]" iS von § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]B III. Ob die Arbeitsagentur darüber hinaus in dem die EinglVb ersetzenden Verwaltungsakt auch Leistungen der aktiven Arbeitsförderung gewährt, ist hingegen in ihr Ermessen gestellt (vgl Rademacker in [X.]/[X.], [X.]B III, [X.] § 37 [X.]B III Rd[X.]8, Stand der Einzelkommentierung Juli 2013). Diese unterschiedliche Ausgestaltung erweist ebenfalls, dass sich die [X.]e nach dem [X.]B II auch in Bezug auf das Sanktionsregime der §§ 31a, 31 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]B II nicht auf die Bestimmung der von den Leistungsberechtigten erwarteten [X.] beschränken dürfen (zu den Motiven für die Einführung des [X.]s in das [X.]B III durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vgl dagegen BT-Drucks 16/10810 [X.]), sondern dass sie zur Meidung eines Formenmissbrauchs jeweils ebenso situationsangepasste [X.] vorzusehen haben.

d) Gestützt wird das schließlich auch durch die Weiterentwicklung, die § 15 [X.]B II nach dem Entwurf der Bundesregierung eines [X.] zur Änderung des [X.] - Rechtsvereinfachung (im Folgenden: 9. [X.]B II-ÄndG-E) erfahren soll. Danach soll den Vorschriften über die EinglVb in Anlehnung an § 37 Abs 1 [X.]B III eine Pflicht zur Durchführung von [X.] vorangestellt werden (§ 15 Abs 1 Satz 1 [X.]B II idF 9. [X.]B II-ÄndG-E, vgl BT-Drucks 18/8041 [X.]), wie es in den fachlichen Hinweisen der [X.] ([X.]) zu § 15 [X.]B II im Rahmen des sogenannten Profilings bereits zugrunde gelegt wird (vgl [X.]/[X.], Durchführungshinweise der [X.] für die Anwendung des [X.]B II, 8. Aufl 2011, Anlage zu § 15). Auch das unterstreicht, dass die EinglVb nach der [X.]onzeption des [X.]B II als das maßgebliche Werkzeug zur Planung und Gestaltung des [X.] und zur Festlegung gegenseitiger Rechte und Pflichten anzusehen und dabei an den jeweiligen individuellen Umständen auszurichten ist (vgl BT-Drucks 18/8041 [X.]), was auch bei [X.] durch Verwaltungsakt entsprechend zu berücksichtigen ist.

4. Hieran gemessen war der streitbefangene [X.] sowohl in seiner ursprünglichen Fassung vom 20.5.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.5.2014 als auch in der Fassung des Änderungsbescheids vom [X.] in der noch im Streit stehenden [X.] vom 20.5.2014 bis 19.11.2014 rechtswidrig, ohne dass es auf die Berechtigung zu der Änderung selbst noch ankommt.

a) [X.] kann dabei, ob bereits das an den [X.]läger gerichtete Verlangen rechtswidrig war, mindestens sechs Bewerbungen pro Monat für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und hierüber Nachweis zu führen. Zwar können solche Aufforderungen nach dem Maßstab von § 2 Abs 2 Satz 2 [X.]B II und § 10 [X.]B II zumutbar sein, wie das B[X.] zu entsprechenden Anforderungen aus dem Regelungsbereich des [X.]B III bereits entschieden hat (B[X.] Urteil vom [X.] - B 7a [X.] 18/05 R - B[X.]E 95, 176 = [X.]-4300 § 119 [X.], Rd[X.]9; B[X.] Urteil vom [X.] [X.] 13/05 R - Rd[X.]1). Hiernach müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen (§ 2 Abs 2 Satz 2 [X.]B II), soweit nicht einer der Ausnahmetatbestände des § 10 Abs 1 [X.]B II vorliegt. Jedoch entzieht sich auch das einer schematischen, die Umstände des Einzelfalls außer Betracht lassenden Bewertung. Wie der erkennende Senat schon entschieden hat, darf in [X.] nicht an Zielen starr festgehalten werden, die sich als erfolglos erwiesen haben (B[X.] Urteil vom 14.2.2013 - B 14 [X.]/11 R - B[X.]E 113, 70 = [X.]-4200 § 15 [X.], Rd[X.]1). Ebenso hat der 4. Senat des B[X.] darauf hingewiesen, dass die Chancen, eine Arbeitsstelle auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erlangen, bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die die Voraussetzungen des § 16d Abs 1 Satz 1 [X.]B II erfüllen, deutlich herabgesetzt sind (B[X.] Urteil vom 16.12.2008 - [X.] AS 60/07 R - B[X.]E 102, 201 = [X.]-4200 § 16 [X.], Rd[X.]5 zu § 16 Abs 3 Satz 2 [X.]B II idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 2954). Von Bedeutung ist schließlich ebenfalls die Arbeitsmarktlage in der konkreten Bewerbersituation (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 7a [X.] 18/05 R - B[X.]E 95, 176 = [X.]-4300 § 119 [X.], Rd[X.]9).

Daher ist die Rechtsprechung des B[X.] zu § 119 Abs 1 [X.] [X.]B III (in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung, inzwischen entsprechend: § 138 Abs 1 [X.] [X.]B III) nicht dahin zu verstehen, dass aus der Selbsthilfeobliegenheit des § 2 Abs 1 Satz 1 [X.]B II eine allgemeingültige Zahl monatlicher Bewerbungsbemühungen abzuleiten sein könnte, die von besonderen und entsprechend darzulegenden Umständen des Einzelfalls abgesehen grundsätzlich als zumutbar anzusehen wäre. Vielmehr ist nach der aufgezeigten Regelungsintention des Gesetzgebers jeweils im Einzelfall zu beurteilen, welche [X.] von dem Arbeitsuchenden mit Blick auf die individuellen Fähigkeiten und gesundheitliche Situation einerseits (vgl etwa Müller in [X.]/[X.], [X.]B II, § 15 Rd[X.]9, Stand Einzelkommentierung Juli 2012; [X.] in LP[X.]-[X.]B II, 5. Aufl 2013, § 15 Rd[X.]6; [X.]ador in Eicher, [X.]B II, 3. Aufl 2013, § 15 Rd[X.]3; [X.] in jurisP[X.]-[X.]B II, 4. Aufl 2015, § 15 RdNr 88 ff; zur Rechtslage nach dem [X.] auch BVerwG Urteil vom 17.5.1995 - 5 C 20/93 - BVerwGE 98, 203, Juris Rd[X.]7) und die Arbeitsmarktlage andererseits zumutbar verlangt werden können. Ob die hier im Streit stehenden Anforderungen dem genügt haben, vermochte der Senat mangels näherer Feststellungen der Vorinstanzen (vgl § 163 [X.]G) nicht zu beurteilen. Das konnte indes dahinstehen, weil sich jedenfalls die [X.] des streitbefangenen [X.]s als unzureichend erweisen und er deshalb insgesamt rechtswidrig ist.

b) Die [X.] sind allerdings entgegen der Auffassung des [X.] nicht schon hinsichtlich der Erklärung unzureichend, [X.] nach "Maßgabe des § 16 Abs. 1 [X.]B II i.V.m. § 44 [X.]B III" zu unterstützen durch Übernahme von "angemessenen nachgewiesenen [X.]osten für schriftliche Bewerbungen …, sofern Sie diese zuvor beantragt haben" bzw "von angemessenen und nachgewiesenen Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen, sofern die [X.]ostenübernahme vor Fahrtantritt durch Sie beantragt wurde". Darin liegt zwar eine verbindliche Verpflichtung dem Grunde nach und nicht lediglich ein nicht bindender Verweis auf die Rechtslage (zu einer solchen Fallgestaltung vgl dagegen Urteil vom heutigen Tag, B[X.] Urteil vom [X.] [X.]/15 R - Rd[X.]1 ff). Das ist auch ausgehend von der Rechtsprechung des B[X.] zum Eintritt einer Sperrzeit im Arbeitsförderungsrecht nicht entbehrlich (vgl B[X.] Urteil vom [X.] [X.] - [X.]100 § 119 [X.]; B[X.] Urteil vom 16.10.1990 - 11 [X.]/89 - [X.] 3-4100 § 119 [X.] S 16 ff). In der Ausgestaltung hat das B[X.] es indes regelmäßig ausreichen lassen, wenn die auf Antrag bestehenden Ansprüche dem Grunde nach verbindlich bezeichnet waren (vgl B[X.] Urteil vom [X.] [X.] - [X.]100 § 119 [X.]; B[X.] Urteil vom 16.10.1990 - 11 [X.]/89 - [X.] 3-4100 § 119 [X.] S 17). Hiervon abzuweichen besteht jedenfalls in Fällen wie hier kein Anlass. Zwar mögen Gestaltungen denkbar sein, bei denen angesichts der geforderten [X.] mit hohen Bewerbungskosten zu rechnen ist und deren Höhe im Vorhinein abschätzbar ist. Dass es hier so lag, ist indes weder den Feststellungen des L[X.] noch dem Vorbringen des [X.] zu entnehmen. Angesichts dessen lässt es keinen Ermessensfehler erkennen, dass die zu beanspruchenden Leistungen in den streitbefangenen Verfügungen nach Art und Rechtsgrundlage lediglich dem Grunde nach bezeichnet worden sind und die Bestimmung ihrer Höhe im Einzelnen dem Antragsverfahren überlassen geblieben ist.

c) Unzureichend war jedoch, dass der streitbefangene [X.] über den Verweis auf die Rechtsansprüche zur Erstattung von Bewerbungskosten und der Zusage, bei geeigneten Angeboten [X.] zu unterbreiten, hinaus keine konkreten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne der angestrebten "maßgeschneiderten Ausrichtung der Eingliederungsleistungen" (vgl BT-Drucks 15/1516 [X.]) bezeichnet hat, ohne dass dies von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen wäre. Zwar mag es dafür im Einzelfall Gründe geben. Soll auf [X.] nach § 15 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B II, die auf die individuelle Situation zugeschnitten sind, verzichtet werden, setzt das jedoch gemäß § 15 Abs 1 Satz 6 [X.]B II ("sollen" die Regelungen von Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen) die Ausübung pflichtgemäßem Ermessens voraus (§ 39 Abs 1 [X.]B I), wofür mangels jeder Begründung der angefochtenen Entscheidungen (§ 35 Abs 1 Satz 3 [X.]B X) hier nichts erkennbar ist. Damit erschöpften sich die streitbefangenen Entscheidungen von der Bezeichnung ohnehin bestehender gesetzlicher Ansprüche abgesehen in der [X.]onkretisierung von [X.] des [X.], womit sie im Ergebnis auf eine Anknüpfungsgrundlage für mögliche Sanktionsentscheidungen reduziert worden sind; das entspricht der gesetzlichen [X.]onzeption nicht (vgl ebenso etwa L[X.] Baden-Württemberg Beschluss vom [X.] AS 4160/06 [X.] - RdNr 6; L[X.] Niedersachsen-Bremen Beschluss vom [X.] [X.]/10 B - Rd[X.]1; L[X.] Baden-Württemberg Urteil vom [X.] [X.]/15 - Rd[X.]5).

d) Dieser [X.] begründete die Rechtswidrigkeit der streitbefangenen [X.]e insgesamt. Zwar konnte der [X.]läger etwaige weitergehende Eingliederungsleistungen auch ohne Fixierung im [X.] beanspruchen. Ebenso bestand eine entsprechende Verpflichtung auf Seiten des Beklagten, ohne dass es auf die ersetzten [X.] ankam (vgl § 14 [X.]B II). Nach dem dargelegten [X.]onzept des § 15 [X.]B II mit der Wechselbezüglichkeit konkret zu fassender Leistungen zur Eingliederung in Arbeit auf der einen und konkret zu bestimmender Anforderungen an die [X.] der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auf der anderen Seite ist eine auf Absatz 1 Satz 6 gestützte Ersetzungsentscheidung nach dem Rechtsgedanken des § 58 Abs 3 [X.]B X aber insgesamt zu Lasten des Regelungsadressaten rechtswidrig, wenn sie sich auf die Vorgabe allein ihn verpflichtender Maßgaben beschränkt. Hiernach ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag bei der Nichtigkeit auch eines Teils im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre. Das gilt für den eine EinglVb als öffentlich-rechtlichen Vertrag ersetzenden Verwaltungsakt entsprechend, weil es nach der gesetzlichen [X.]onzeption, wie ausgeführt, ausgeschlossen ist, dass das Jobcenter die Ersetzungsentscheidung von besonderen Ausnahmefällen abgesehen regelhaft auf die Bestimmung ausschließlich von Pflichten der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beschränken darf. Sind keine Gründe dargelegt, die ermessensfehlerfrei ausnahmsweise das Absehen von situationsangepassten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit tragen, ist der die EinglVb ersetzende Verwaltungsakt in einer das Regelungskonzept des [X.]B II verfehlenden Weise allein auf die die sanktionsbewehrte [X.]ontrolle der Eigenaktivitäten des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beschränkt und insgesamt rechtswidrig.

Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 42/15 R

23.06.2016

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Augsburg, 30. Oktober 2014, Az: S 15 AS 580/14, Urteil

§ 15 Abs 1 S 1 SGB 2, § 15 Abs 1 S 2 SGB 2, § 15 Abs 1 S 6 SGB 2, § 39 Abs 1 SGB 1, § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 2, §§ 31ff SGB 2, § 55 Abs 1 S 2 SGB 10, § 58 Abs 3 SGB 10, § 131 Abs 1 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.06.2016, Az. B 14 AS 42/15 R (REWIS RS 2016, 9373)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9373

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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