Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2010, Az. AnwZ (B) 110/09

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2010, 6778

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[X.][X.]ESCHLUSS [X.] ([X.]) 110/09 vom 11. Mai 2010 in dem Verfahren wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft - 2 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]undesgerichtshofs Prof. Dr. [X.], [X.] Schmidt-Räntsch, die Richterin [X.], den Rechtsanwalt Dr. [X.] und die Rechtsanwältin [X.] im schriftlichen Verfahren am 11. Mai 2010 beschlossen: Der Antrag des Antragstellers auf [X.]ewilligung von Prozesskosten-hilfe für das [X.]eschwerdeverfahren wird zurückgewiesen. Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschluss des 2. Senats des [X.] vom 21. September 2009 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstat-ten. Der Geschäftswert für das [X.]eschwerdeverfahren wird auf 50.000 • festgesetzt. - 3 - Gründe: [X.] Der Antragsteller ist seit 1989 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, seit dem 6. September 1990 im [X.]ezirk der Antragsgegnerin. Im Laufe des Jahres 2007 wurde bekannt, dass sich der Antragsteller in finanziellen Schwierigkeiten befand. Am 26. November 2007 gab er vor dem Amtsgericht [X.]. die eidesstattliche Versicherung ab. Mit [X.]escheid vom 23. Januar 2008 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft. Seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen diesen [X.]escheid hat der [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen [X.]eschwerde. Er beantragt, ihm für das [X.]eschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Die Antragsgegnerin beantragt, das [X.] zurückzuweisen. 1 I[X.] Das nach § 215 Abs. 3 [X.]RAO [X.]. § 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.]RAO a.F. zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. 2 1. Die formellen [X.] des Antragstellers greifen nicht durch. 3 a) Die Anwaltsgerichtshöfe sind staatliche Gerichte für das besondere Sachgebiet des anwaltlichen [X.]erufsrechts, gegen deren Einrichtung und [X.]eset-zung, anders als der Antragsteller meint, weder unter dem Gesichtspunkt [X.] (vgl. Art. 101 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GG) noch unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit (vgl. Art. 92, Art. 97 GG) etwas einzuwenden ist ([X.]VerfGE 26, 186, 195 ff.; 48, 300, 316 f.; 4 - 4 - [X.]VerfGK 8, 280, 284 f. = NJW 2006, 3049; Senat, [X.]eschl. v. 4. Mai 1998, [X.] ([X.]) 81/97, [X.]RAK-Mitt. 1999, 39, 40; [X.]eschl. v. 6. November 2006, [X.] ([X.]) 87/05, [X.]RAK-Mitt. 2007, 77 [Ls.], [X.] bei juris; [X.]VerwG NJW 1984, 191 f.; [X.]/[X.], [X.]RAO, 7. Aufl., Vor § 92 Rdn. 11 f.). Unbedenklich ist auch das Verfahren für die zudem den Landesjustizverwaltungen obliegende [X.]erufung der berufsrichterlichen und der anwaltlichen Mitglieder dieser Ge-richtshöfe ([X.]VerfGK 8, 280, 284 f.; Senat, [X.]eschl. v. 6. November 2006, [X.] ([X.]) 87/05, [X.]RAK-Mitt. 2007, 77 [Ls.], [X.] bei juris). b) Die weitere Rüge, sein Prozesskostenhilfeantrag sei von dem [X.] zu spät entschieden worden, ist prozessual überholt, weil die-ser Antrag durch [X.]eschluss des [X.]s vom 12. Januar 2009 zu-rückgewiesen worden ist und der Antragsteller dagegen ein Rechtsmittel nicht einlegen konnte (vgl. Senat, [X.]eschl. v. 21. Juli 1997, [X.] ([X.]) 16/97, [X.]RAK-Mitt. 1997, 253; [X.]eschl. v. 30. Oktober 2007, [X.] ([X.]) 59/07, juris) und auch nicht eingelegt hat. 5 c) Die geltend gemachten weiteren Verfahrensfehler (nichtöffentliche Verhandlung, Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör) sind für das [X.]eschwerdeverfahren vor dem [X.]undesgerichtshof unerheblich. Der [X.]undesge-richtshof entscheidet nämlich nach § 215 Abs. 3 [X.]RAO [X.]. § 42 Abs. 6 Satz 2 [X.]RAO a.F. und dem danach ergänzend heranzuziehenden früheren Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit als Tatsacheninstanz. Er hat dabei den Sachverhalt selbst und ohne [X.]indung an die Feststellungen der Vorinstanz von Amts wegen aufzuklären und eigenständig zu beurteilen. Dadurch werden etwaige Verfahrensfehler des [X.]s geheilt (Se-nat, [X.]GHZ 77, 327, 329; [X.]eschl. v. 9. November 2009, [X.] ([X.]) 13/09, juris, 6 - 5 - Rdn. 6 f.). Im [X.]eschwerdeverfahren vor dem Senat hat der Antragsteller seine Position eingehend darstellen können und dargestellt. 2. Sein Rechtsmittel ist auch in der Sache unbegründet. Der [X.] ist rechtmäßig. 7 a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in [X.], schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. [X.]eweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (Senat, [X.]eschl. v. 25. März 1991, [X.] ([X.]) 73/90, [X.]RAK-Mitt. 1991, 102; [X.]eschl. v. 21. November 1994, [X.] ([X.]) 40/94, [X.]RAK-Mitt. 1995, 126; [X.]eschl. v. 26. November 2002, [X.] ([X.]) 18/01, [X.], 577). Wird der Rechtsanwalt in das von dem [X.] nach § 915 ZPO zu führende Schuldnerverzeichnis eingetra-gen, wird der Vermögensverfall gesetzlich vermutet. 8 b) Diese Voraussetzungen lagen bei Erlass des [X.] vor. 9 aa) Der Antragsteller war nicht in der Lage, seine Verbindlichkeiten ge-genüber dem [X.] Rechtsanwaltsversorgungswerk in Höhe von 17.000 • und gegenüber der Stadt [X.]. , Fachbereich Kinder, Jugend und Familie, in Höhe von 4.000 • zu erfüllen. In den zur Durchsetzung seiner Verpflichtungen eingeleiteten Zwangsvollstreckungsverfahren hatte der [X.] am 26. November 2007 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. 10 - 6 - Er ist seitdem in das Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts [X.]. eingetragen. Vermögensverfall wurde deshalb bei dem Antragsteller gesetzlich vermutet. Diese Vermutung hatte der Antragsteller bei Erlass des [X.] nicht widerlegt. Aus den von ihm abgegebenen eidesstaatlichen Versi-cherungen ergab sich im Gegenteil, dass der Vermögensverfall gegeben war. Danach hatte der Antragsteller seinerzeit seine Rechtsanwaltskanzlei verkauft. Der Kaufpreis war auf Gegenforderungen verrechnet worden. Ein zur Tilgung seiner Schulden verwertbares Einkommen hatte der Antragsteller nach seinen Angaben nicht. Er bezog vielmehr staatliche Unterstützungsleistungen. [X.]) Wie der [X.]estimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Interessen der Rechtsuchenden [X.] sind, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet (Senat, [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, juris). Das ist in der Regel auch der Fall, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremd-geldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern (Senat, [X.]eschl. v. 18. Oktober 2004, [X.] ([X.]) 43/03, [X.], 511). Anhaltspunkte dafür, dass das hier bei Erlass des [X.] ausnahmsweise nicht der Fall war, sind nicht ersichtlich. 11 c) Die Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung des Antragstel-lers sind, was zu berücksichtigen wäre (Senat, [X.]GHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150), auch nicht im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens entfallen. 12 aa) Der Antragsteller befindet sich nach wie vor in Vermögensverfall. Er bezieht nach dem [X.]escheid der ARGE [X.]. vom 28. Dezember 2009 weiterhin staatliche Unterstützungsleistungen, weil er nach wie vor kein für sei-nen Lebensunterhalt und die Rückführung seiner Verbindlichkeiten ausreichen-13 - 7 - des Einkommen hat. Damit hat der Antragsteller auch seinen Antrag auf Pro-zesskostenhilfe begründet. [X.]) Die Interessen der Rechtsuchenden sind auch weiterhin gefährdet. 14 (1) Dem kann der Antragsteller nicht erfolgreich entgegenhalten, dass er die Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht mehr selbständig ausübt. Allerdings kann eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nach der Rechtsprechung des Senats ausgeschlossen sein, wenn der Rechtsanwalt die zum Schutz der Interessen der Rechtsuchenden in seiner Lage erforderlichen Vorkehrungen trifft und (vertrags-) rechtlich und tatsächlich sicherstellt, dass diese Vorkehrun-gen auch eingehalten werden ([X.]eschl. v. 25. Juni 2007, [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925; [X.]eschl. v. 9. November 2009, [X.] ([X.]) 87/08, juris; [X.]eschl. v. 8. Februar 2010, [X.] ([X.]) 67/08, juris, Rdn. 11 f.). Das setzt indes regelmäßig die Aufgabe einer Tätigkeit als Einzelanwalt und den Abschluss ei-nes Anstellungsvertrags mit einer Anwaltssozietät (Senat, [X.]eschl. v. 5. Dezem-ber 2005, [X.] ([X.]) 13/05, NJW-RR 2006, 559, 560; [X.]eschl. v. 15. September 2008, [X.] ([X.]) 67/07, juris = Anw[X.]l. 2009, 64, 65, dort allerdings mit fehlerhaf-ten Entscheidungsdaten; [X.]eschl. v. 8. Februar 2010, [X.] ([X.]) 67/08, juris) [X.], der nach der [X.] (vgl. Senat, [X.]eschl. v. 15. [X.] 2008, [X.] ([X.]) 67/07, aaO), dem Umfang der Tätigkeitsverpflichtung des Rechtsanwalts gegenüber der Sozietät (vgl. Senat, [X.]eschl. v. 17. September 2007, [X.] ([X.]) 75/06, Anw[X.]l. 2008, 66, 67) und den getroffenen vertraglichen und tatsächlichen Vorkehrungen einen effektiven Schutz der Interessen der Rechtsuchenden erwarten lässt (Senat; [X.]eschl. v. 9. November 2009, [X.] ([X.]) 87/08, juris, und v. 8. Februar 2010, [X.] ([X.]) 67/08, juris). 15 - 8 - (2) Diese Voraussetzungen liegen hier schon im Ansatz nicht vor. Der Antragsteller hat zwar einen Praxisvertrag mit einer Sozietät geschlossen. Er hat sich in Nr. 1 dieser Vereinbarung aber ausdrücklich eine selbst- und eigen-ständige Tätigkeit innerhalb der Kooperation auf den Gebieten anwaltliche [X.]e-ratung, Mediation und kollektives Arbeitsrecht vorbehalten. Das ist auch der [X.]ereich, auf den sich der Antragsteller in seiner künftigen Tätigkeit beschränken will. Gerade hier sieht der Vertrag keine Vorkehrungen zum Schutz der [X.] vor. Sie sind sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Nach Nr. 6 der Vereinbarung soll die Abrechnung anwaltlicher Leistungen in diesem [X.]e-reich unmittelbar zwischen dem Antragsteller und den Mandanten erfolgen. Es wird nach Nr. 4 der Vereinbarung dafür auch ein eigenes, dem Zugriff des [X.]s unterliegendes Konto eingerichtet. Für die Mandanten des [X.]s ändert der Vertrag damit im praktischen Ergebnis nichts. Deshalb ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Interessen der Rechtsuchenden aus-nahmsweise nicht (mehr) gefährdet wären, obwohl sich der Antragsteller wei-terhin in Vermögensverfall befindet. 16 3. Der Antrag auf [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach § 215 Abs. 3 [X.]RAO [X.]. § 42 Abs. 6 Satz 2 [X.]RAO a.F., § 14 [X.] a.F. und § 114 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den vorste-henden Gründen aussichtslos erscheint. 17 - 9 - 4. Nach dem Verzicht beider [X.]eteiligten auf eine mündliche Verhandlung konnte der Senat im schriftlichen Verfahren entscheiden. 18 [X.] [X.]Fetzer

[X.] Hauger
Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom [X.] - [X.] 6/08 -

Meta

AnwZ (B) 110/09

11.05.2010

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2010, Az. AnwZ (B) 110/09 (REWIS RS 2010, 6778)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6778

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