Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2008, Az. AnwZ (B) 2/08

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2008, 1066

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.] ([X.]) 2/08 vom 3. November 2008 in dem Verfahren Antragsteller und [X.]eschwerdeführer, gegen Antragsgegnerin und [X.]eschwerdegegnerin, wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft - 2 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]undesgerichtshofs Prof. Dr. [X.], [X.] Ernemann und [X.], die Richterin [X.], die Rechtsanwältin [X.] sowie die Rechtsanwälte Dr. [X.] und Prof. Dr. [X.] nach mündlicher Verhand-lung am 3. November 2008 beschlossen: Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschluss des 2. Senats des [X.]es [X.] vom 13. November 2007 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstande-nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten. Der Geschäftswert des [X.]eschwerdeverfahrens wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist 1978 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Die Antragsgegnerin widerrief mit [X.]escheid vom 29. Mai 2007 die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO wegen Vermögensverfalls. 1 - 3 - Der [X.] hat den hiergegen gerichteten Antrag auf ge-richtliche Entscheidung zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung des [X.] wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen [X.]eschwerde. 2 I[X.] 3 Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.]RAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsan-waltschaft ist zu Recht widerrufen worden. 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der [X.] Verfügung erfüllt. 4 a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in [X.], schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. [X.]eweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von [X.] und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr., vgl. nur [X.]GH, [X.]eschl. vom 25. März 1991 - [X.] ([X.]) 73/90, [X.]RAK-Mitt. 1991, 102; [X.]eschl. vom 21. November 1994 - [X.] ([X.]) 40/94, [X.]RAK-Mitt. 1995, 126; [X.]eschl. v. 26. November 2002 - [X.] ([X.]) 18/01, [X.], 577). Ist der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht nach § 915 ZPO zu füh-rende Verzeichnis eingetragen oder ist das Insolvenzverfahren über sein [X.] eröffnet worden, so wird der Vermögensverfall nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO vermutet. 5 - 4 - Diese Voraussetzungen lagen bei Erlass des [X.] am 25. Mai 2007 vor. Das Amtsgericht [X.]. - Insolvenzgericht - hatte am 14. März 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers eröffnet. 6 7 b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die In-teressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Wi-derrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechts-anwalts mit Mandantengeldern. Im vorliegenden Fall sprachen auch konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Mandantengelder. Nach dem [X.]ericht des Insolvenzverwalters vom 29. Juni 2007 waren [X.] in Höhe von 37.405,55 • offen. Zur Insolvenztabelle wurden nach der Mitteilung des Insolvenzverwalters vom 17. Oktober 2007 drei Forderungen aus unerlaub-ter Handlung mit einer Gesamthöhe von 4.119,90 • angemeldet. Weiterhin hat sich der Antragsteller noch am 1. März 2007 von einem [X.]

ein Darlehen in Höhe von 12.000 • gewähren lassen mit dem Versprechen der Rückzahlung am 12. März 2007, obwohl bereits Insolvenzantrag gegen ihn ge-stellt und das Amtsgericht [X.]. am 26. Oktober 2006 die vorläufige Verwal-tung seines Vermögens angeordnet hatte. [X.]

musste später ein Versäumnisurteil gegen den Antragsteller erwirken. 2. Ein nachträglicher Wegfall des [X.], der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre ([X.]GHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor. 8 a) Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der [X.] nicht dargetan. Solange das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers läuft, ist die Grundlage der gesetzlichen Vermutung nicht entfal-len. Die Vermögensverhältnisse eines Schuldners können grundsätzlich erst 9 - 5 - mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, mit welcher der Schuldner das Recht zurückerhält, über die vormalige Insolvenzmasse frei zu verfügen (§ 259 Abs. 1 Satz 2 [X.]), und mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch [X.]eschluss des Insolvenzgerichts (§ 291 Abs. 1 [X.]) wieder als geordnet an-gesehen werden (st. Rspr., vgl. nur [X.]GH, [X.]eschl. vom 7. Dezember 2004 - [X.] ([X.]) 40/04, [X.], 1271; [X.]eschl. vom 25. Juni 2007 - [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925 [X.]. 12; [X.]eschl. vom 26. November 2007 - [X.] ([X.]) 96/06; [X.]eschl. vom 31. März 2008 - [X.] ([X.]) 33/07). Hier befindet sich das Insolvenzverfahren noch im Stadium der Forderungsprüfung. b) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind. Wie der [X.]estimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO zu entnehmen ist, geht der Ge-setzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der [X.] aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet; dies ist auch in aller Regel der Fall, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubi-gern. Diese Gefährdung entfällt nicht bereits durch die Insolvenzeröffnung und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung des Insolvenzschuldners (st. Rspr., vgl. [X.]GH, [X.]eschl. vom 18. Oktober 2004 - [X.] ([X.]) 43/03, [X.], 511; [X.]eschl. vom 25. Juni 2007 - [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925 [X.]. 12 und [X.]eschl. vom 26. November 2007 - [X.] ([X.]) 96/06). Vielmehr kann in aller Regel erst dann, wenn das Insolvenzverfahren zu einem Abschluss führt, bei dem mit einer Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des [X.]tellers gerechnet werden kann, das heißt mit der Ankündigung der Rest-schuldbefreiung durch [X.]eschluss des Insolvenzgerichts, davon ausgegangen werden, dass nicht nur der Vermögensverfall, sondern auch eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nach dem Abschluss des Insolvenzverfah-rens nicht mehr fortbesteht (st. Rspr., vgl. [X.]GH, [X.]eschl. vom 16. April 2007 - 10 - 6 - [X.] ([X.]) 6/06, [X.] 2007, 619, 620 [X.]. 10; [X.]eschl. vom 26. November 2007 - [X.] ([X.]) 96/06; [X.]eschl. vom 31. März 2008 - [X.] ([X.]) 33/07). Diese Voraus-setzung liegt hier nicht vor. 11 c) Ein Ausnahmefall, in dem eine Gefährdung der Interessen der [X.] durch den Vermögensverfall des Rechtsanwalts verneint werden kann (dazu [X.]GH, [X.]eschl. vom 18. Oktober 2004 - [X.] ([X.]) 43/03 unter [X.]; [X.]eschl. vom 5. Dezember 2005 - [X.] ([X.]) 13/05, Anw[X.]l. 2006, 280 unter [X.]; [X.]eschl. vom 5. Dezember 2005 - [X.] ([X.]) 14/05, Anw[X.]l. 2006, 281 f. unter [X.]; [X.]eschl. vom 25. Juni 2007 - [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925 [X.]. 8 ff.), ist ebenfalls nicht gegeben. Zwar ist der Antragsteller seit dem 1. Januar 2008 als angestellter Rechtsanwalt bei seinem Verfahrensbevollmächtigten Dr. H.

tätig. Er hat nach seinen Angaben keine Verfügungsbefugnis über die Konten der Kanzlei; bei Abwesenheit von [X.]sei eine andere Sozietät beauftragt, über die Konten zu verfügen. 12 Damit sind aber die Voraussetzungen eines Ausnahmefalles nicht darge-tan. Die Anstellung bei einem Einzelanwalt vermag nach ständiger Rechtspre-chung des Senats eine Gefährdung der Rechtsuchenden in der Regel nicht auszuschließen. Ein Einzelanwalt kann aus Urlaubs-, Krankheits- oder dienstli-chen Gründen ortsabwesend sein und ist deshalb außerstande, eine effektive Kontrolle des betroffenen Rechtsanwalts zu gewährleisten ([X.]GH, [X.]eschl. v. 15. September 2008 - [X.] ([X.]) 67/07 [X.]. 9; [X.]eschl. v. 5. Dezember 2005 - [X.] ([X.]) 13/05, Anw[X.]l. 2006, 280; [X.]eschl. v. 5. Dezember 2005 - [X.] ([X.]) 14/05, Anw[X.]l. 2006, 281; a. M. Römermann, Anw[X.]l. 2006, 237, 238). Eine sol-che effektive Kontrolle ist auch nicht durch die Einschaltung einer anderen So-zietät in die Kontoführung gewährleistet. Dies schließt nicht aus, dass der [X.] - 7 - gestellte Rechtsanwalt von Mandanten [X.]argeld entgegennimmt oder Überwei-sungen auf ihm zugängliche Konten tätigen lässt ([X.]GH, [X.]eschl. v. 17. [X.] 2007 - [X.] ([X.]) 75/06, Anw[X.]l. 2008, 66, 67). [X.] Ernemann Frellesen [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 13.11.2007 - 2 AGH 12/07 -

Meta

AnwZ (B) 2/08

03.11.2008

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2008, Az. AnwZ (B) 2/08 (REWIS RS 2008, 1066)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1066

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AnwZ (B) 27/09 (Bundesgerichtshof)

Widerruf der Anwaltszulassung wegen Vermögensverfall: Wiederherstellung geordneter Vermögensverhältnisse bei Insolvenz des Anwalts


AnwZ (B) 27/09 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (B) 27/09 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (B) 33/07 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (B) 100/09 (Bundesgerichtshof)

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft: Anwendbares Recht für sofortige Vollziehung der Verfügung in einem Altfall


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.