Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 03.08.2011, Az. 3 AZB 8/11

3. Senat | REWIS RS 2011, 4231

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Anwaltsbeiordnung - Prozesskostenhilfe - vorläufige Insolvenzverwaltung


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des [X.] vom 9. Dezember 2010 - 3 Ta 654/10 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerde- und des [X.] als außerhalb des Insolvenzverfahrens liegende Verbindlichkeit zu tragen.

Gründe

1

I. Die Antragstellerin begehrt als juristische Person die [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe und die [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts zur Verteidigung gegen eine Kündigungsschutzklage.

2

Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betrieb ein Unternehmen der [X.]ekleidungsindustrie mit Verkauf. Nachdem sie mit Schreiben vom 29. Oktober 2009 das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin des Hauptsacheverfahrens gekündigt hatte, erhob diese unter dem 11. November 2009 Kündigungsschutzklage und beantragte zudem festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere [X.]eendigungstatbestände beendet wurde, sondern zu unveränderten [X.]edingungen fortbesteht. Die Klägerin des Hauptsacheverfahrens war dabei - ebenso wie die Antragstellerin - anwaltlich vertreten. Die Antragstellerin rechtfertigte die ausgesprochene Kündigung mit der Einstellung ihrer operativen Tätigkeit und der damit verbundenen Kündigung aller Arbeitnehmer.

3

Nachdem die Antragstellerin am 1. Februar 2010 beim Amtsgericht - Insolvenzgericht - [X.] Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt hatte, wurde mit [X.]eschluss vom 9. Februar 2010 Rechtsanwalt [X.] zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Verfügungen der Antragstellerin über Gegenstände ihres Vermögens waren nach dem [X.]eschluss nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters zulässig. Ein allgemeines Verfügungsverbot wurde der Antragstellerin nicht auferlegt.

4

Die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin beantragten unter dem 5. März 2010 mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters, der Antragstellerin für den Kündigungsrechtsstreit Prozesskostenhilfe zu gewähren und die Sozietät der Prozessbevollmächtigten zu den [X.]edingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beizuordnen. Mit dem Antrag machte die Antragstellerin ua. geltend, die Unterlassung der Rechtsverteidigung liefe allgemeinen Interessen zuwider, weil der ordnungsgemäße Ablauf des bevorstehenden Insolvenzverfahrens gesichert werden müsse. Sie legte Ablichtungen von Entscheidungen des [X.] und des [X.] vor, nach denen bei Kündigungsschutzverfahren Prozesskostenhilfe unter diesem Gesichtspunkt bewilligt worden war.

5

Mit [X.]eschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - [X.] vom 16. März 2010 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt [X.] zum Insolvenzverwalter ernannt. Der Insolvenzverwalter beendete das Hauptsacheverfahren durch Vergleich mit der Klägerin, dessen Zustandekommen gerichtlich durch [X.]eschluss vom 19. August 2010 festgestellt wurde.

6

[X.]ereits mit [X.]eschluss vom 15. Juli 2010 hatte das Arbeitsgericht es abgelehnt, der Antragstellerin Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihr einen Rechtsanwalt beizuordnen. Das Arbeitsgericht hat angenommen, es lägen weder die Voraussetzungen einer [X.]eiordnung nach § 11a [X.] noch die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO für die [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe vor. Es sei absehbar gewesen, dass wegen der zu erwartenden Eröffnung des Insolvenzverfahrens [X.] der Klägerin nach Ablauf der Kündigungsfrist erst zu einem Zeitpunkt entstehen würden, zu dem die Geltendmachung einer Lohnforderung gem. § 87 [X.] unzulässig sein würde.

7

Gegen diesen, ihrem Prozessbevollmächtigten am 19. Juli 2010 formlos und ohne [X.]egründung zugeleiteten [X.]eschluss hat die Antragstellerin mit Eingang am 19. August 2010 sofortige [X.]eschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht mit [X.]eschluss vom 23. August 2010 nicht abgeholfen hat. Auf Veranlassung des [X.] ist der [X.]eschluss mit [X.]egründung dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 15. September 2010 förmlich zugestellt worden. Daraufhin hat sie die [X.]egründung ihrer sofortigen [X.]eschwerde vertieft und ergänzend einen [X.]eschluss des [X.] vorgelegt, nach dem unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der geordneten Insolvenzabwicklung einer juristischen Person in einem Kündigungsschutzprozess Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, weil das Unterlassen der Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderliefe. Mit [X.]eschluss vom 5. November 2010 hat das Arbeitsgericht im Ergebnis an seiner Auffassung festgehalten und der [X.]eschwerde auch weiterhin nicht abgeholfen.

8

Mit dem angegriffenen [X.]eschluss vom 9. Dezember 2010 hat das [X.] die sofortige [X.]eschwerde zurückgewiesen, ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Im Rubrum des [X.]eschlusses ist als „[X.]eklagter und [X.]eschwerdeführer“ der Insolvenzverwalter genannt. Das [X.] hat angeführt, es sei nicht feststellbar, dass die ordnungsgemäße Abwicklung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens grundsätzlich als im öffentlichen Interesse liegend betrachtet werden könne. Auf die vorgelegten Entscheidungen anderer [X.]e geht der [X.]eschluss nicht ein. Er ist nach dem in der Akte befindlichen Abgangsvermerk am 10. Dezember 2010 zur Post gegeben worden. Die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin haben anwaltlich versichert und durch eine Kopie des Eingangsstempels belegt, dass ihnen dieser [X.]eschluss am 13. Dezember 2010 formlos zugeleitet wurde.

9

Mit Schriftsatz, der am 27. Dezember 2010 beim [X.] eingegangen ist, hat die Antragstellerin eine Anhörungsrüge nach § 78a [X.] erhoben. Diese hat sie darauf gestützt, das [X.] habe offensichtlich die vorgelegten Entscheidungen anderer [X.]e übersehen, so dass ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör zumindest insoweit vorliege, als die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wurde.

Mit [X.]eschluss vom 4. Januar 2011, in dem die [X.] als „[X.]eklagte und [X.]eschwerdeführerin“ aufgeführt ist, hat das [X.] den [X.]eschluss vom 9. Dezember 2010 dahingehend abgeändert, dass die Rechtsbeschwerde zugelassen wird. Es hat die Anhörungsrüge zurückgewiesen, da „unter keinem rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt“ ein Verstoß gegen den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör vorliege. Es hat in der Anhörungsrüge jedoch zugleich eine Gegenvorstellung gesehen, aufgrund derer es aus dem Rechtsgedanken des § 321a ZPO im Hinblick auf die vorgelegten Entscheidungen des [X.] und des [X.] die Rechtsbeschwerde „gem. § 574 Abs. 2 Ziff. 2, Abs. 3 ZPO“ zugelassen hat. Der [X.] ist vom [X.] den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin formlos am 7. Januar 2011 zugeleitet worden. Er enthält keine Rechtsmittelbelehrung.

Mit ihrer am 7. Februar 2011 beim [X.]undesarbeitsgericht eingelegten und gleichzeitig begründeten Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin weiterhin das Ziel der [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe und der [X.]eiordnung der Sozietät ihrer Prozessbevollmächtigten.

II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Prozessuale Hindernisse stehen einer Entscheidung über die Rechtsbeschwerde nicht entgegen. Sie ist jedoch in der Sache unbegründet.

1. Prozessuale Hindernisse stehen einer Entscheidung über die Rechtsbeschwerde nicht entgegen.

a) Die Antragstellerin war auch nach der Insolvenzeröffnung weiterhin [X.]eteiligte im Prozesskostenhilfeverfahren und damit allein berechtigt, Erklärungen im Verfahren abzugeben, wie sie es über ihre Prozessbevollmächtigten auch getan hat. Dass das [X.] den Insolvenzverwalter als [X.]eklagten und [X.]eschwerdeführer in das Rubrum der [X.]eschwerdeentscheidung aufgenommen hat, ist daher unbeachtlich.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Prozesskostenhilfe beantragenden [X.] wirkt sich nicht auf das Prozesskostenhilfeverfahren aus ([X.]GH 4. Mai 2006 - IX ZA 26/04 - NJW-RR 2006, 1208). Für das [X.]eiordnungsverfahren nach § 11a [X.] gilt nichts anderes.

b) Der [X.] steht nicht entgegen, dass das [X.] sie erst in einem die ursprüngliche Entscheidung abändernden [X.]eschluss zugelassen hat. In entsprechender Anwendung von § 78a [X.] ist auf Gegenvorstellung die Rechtsbeschwerde nach § 78 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 72 Abs. 2 [X.] in einem weiteren [X.]eschluss zuzulassen, wenn durch die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde Verfahrensgrundrechte verletzt worden sind (vgl. zu den entsprechenden Regelungen in der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit: [X.]GH 4. Juli 2007 - VII Z[X.] 28/07 - NJW-RR 2007, 1654). Die dafür notwendigen Voraussetzungen liegen hier vor.

aa) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im [X.]eschluss vom 9. Dezember 2010 hat unter Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG der Antragstellerin [X.] entzogen, weil sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist (vgl. [X.]VerfG 27. August 2010 - 2 [X.]vR 3052/09 - Rn. 12). Im Hinblick auf die von der Klägerin vorgelegten Entscheidungen des [X.] und des [X.] war die Zulassung der Rechtsbeschwerde offensichtlich nach § 78 Satz 2, § 72 Abs. 2 Nr. 2 [X.] wegen Divergenz geboten.

bb) Die Antragstellerin hat auch die zweiwöchige Notfrist des § 78a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 [X.] gewahrt. Sie hat durch anwaltliche Versicherung und die vorgelegte Ablichtung des Eingangsstempels glaubhaft gemacht, dass ihren Prozessbevollmächtigten der [X.]eschluss des [X.] vom 9. Dezember 2010 am 13. Dezember 2010 zugegangen ist. Das entspricht, da dieser [X.]eschluss am 10. Dezember 2010 zur Post gegeben wurde, der gesetzlichen Fiktion in § 78a Abs. 2 Satz 3 [X.], wonach formlos mitgeteilte Entscheidungen mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gelten. Der Eingang der Gegenvorstellung beim [X.] am 27. Dezember 2010 wahrte daher die Frist.

c) Die Rechtsbeschwerde ist auch insoweit statthaft, als sie die [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts nach § 11a Abs. 1 [X.] betrifft.

Schon das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin auch eine [X.]eiordnung nach dieser Vorschrift beantragt hat. Auch insoweit ist die sofortige [X.]eschwerde nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO und daran anknüpfend auch die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft, soweit das [X.] sie, wie hier, zugelassen hat. § 127 ZPO gilt für die Entscheidung über die [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts nach § 11a [X.] entsprechend. Das folgt aus der Systematik von § 11a [X.]. Die Vorschrift regelt in den Absätzen 1, 2 und 2a, unter welchen Voraussetzungen eine [X.] vor dem Arbeitsgericht zu erfolgen hat. Soweit dort die materiellen Voraussetzungen der [X.]eiordnung geregelt sind, ist diese [X.]estimmung abschließend. Ein Verweis auf das Prozesskostenhilferecht erfolgt allein dadurch, dass hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen eine [X.]eeinträchtigung des Unterhalts des Antragstellers und seiner Familie durch die Prozesskosten erforderlich ist. Mangels näherer [X.]estimmung ist insoweit ohne weiteres auf die dieselben Fragen regelnden Vorschriften des Prozesskostenhilferechts zurückzugreifen.

Allerdings enthält § 11a Abs. 2 und Abs. 2a [X.] keine ausdrücklichen Regelungen über das mit der [X.] verbundene Verfahren und der Rechtsmittel. Insoweit sind über § 11a Abs. 3 [X.], nach dem die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe entsprechend gelten, die [X.]estimmungen über die Prozesskostenhilfe und damit auch § 127 ZPO anwendbar. § 11a Abs. 3 [X.] kommt insoweit eine Doppelfunktion zu, weil er außerdem die Anwendbarkeit der Regeln der ZPO über das Prozesskostenhilfeverfahren insgesamt einschließlich der dort abweichend geregelten Voraussetzungen für die [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe und der dort vorgesehenen [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts anordnet (ebenso: [X.]/[X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. § 11a Rn. 2; abweichend wohl z[X.] GMP/Germelmann 7. Aufl. § 11a Rn. 1).

d) Der Zulässigkeit sowohl der sofortigen [X.]eschwerde gegen den [X.]eschluss des Arbeitsgerichts als auch der Rechtsbeschwerde gegen den [X.]eschluss des [X.] steht nicht entgegen, dass sie vor bzw. ohne Zustellung dieser [X.]eschlüsse und damit vor dem [X.]eginn der [X.] eingelegt worden sind, da diese [X.]eschlüsse seit der formlosen Mitteilung bereits nach außen verlautbart waren (vgl. [X.]AG 28. Februar 2008 - 3 AZ[X.] 56/07 - Rn. 9 f., [X.] ZPO § 189 Nr. 1 = EzA [X.] 1979 § 72a Nr. 116).

2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

a) Im Ergebnis zu Recht haben die Vorinstanzen der Antragstellerin die [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts nach § 11a Abs. 1 [X.] versagt.

Nach § 11a Abs. 1 Satz 1 [X.] kann ein Rechtsanwalt nur einer [X.] beigeordnet werden, die außer Stande ist, ohne [X.]eeinträchtigung des für sie und ihre Familie notwendigen Unterhalts die Kosten des Prozesses zu bestreiten. Diese Voraussetzung kann nur von natürlichen Personen erfüllt werden. Juristische Personen und [X.]en kraft Amtes sind auf die [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe und die [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen des Prozesskostenhilferechts verwiesen ([X.]/Germelmann § 11a Rn. 9).

b) Zu Recht haben die Vorinstanzen auch den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin abgelehnt. Nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO erhalten juristische Personen auf ihren Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich [X.]eteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass die Unterlassung der Rechtsverteidigung in dem Kündigungsschutzprozess durch die Antragstellerin allgemeinen Interessen nicht zuwiderliefe.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs (zusammengefasst bei [X.]GH 10. Februar 2011 - IX Z[X.] 145/09 - Rn. 8 ff., D[X.] 2011, 583) liegt ein allgemeines Interesse im Sinne von § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO vor, wenn außer den an der Führung des Rechtsstreits wirtschaftlich [X.]eteiligten ein erheblicher Kreis von Personen durch die Unterlassung der Rechtsverfolgung in Mitleidenschaft gezogen würde. Das ist etwa dann der Fall, wenn die [X.] ohne die Durchführung des Rechtsstreits gehindert wäre, der Allgemeinheit dienende Aufgaben zu erfüllen oder die Durchführung des Rechtsstreits dem Erhalt einer großen Zahl von Arbeitsplätzen dient. Gleiches gilt, wenn eine große Zahl von [X.] betroffen ist (vgl. hierzu auch [X.]FH 15. Oktober 1992 - I [X.] 84/92 - zu [X.] der Gründe, [X.] 1993, 290). Unerheblich ist das Einzelinteresse an einer richtigen Entscheidung oder die mögliche [X.]eantwortung einer Rechtsfrage von allgemeiner [X.]edeutung. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob im Falle des Obsiegens im Rechtsstreit die [X.] in die Lage versetzt wird, rückständige Steuern oder sonstige Abgaben zu begleichen (vgl. [X.]GH 10. Februar 2011 - IX Z[X.] 145/09 - aaO).

bb) Danach liefe die Unterlassung der Rechtsverteidigung durch die Antragstellerin in dem Kündigungsschutzprozess nicht allgemeinen Interessen zuwider. Ein allgemeines Interesse ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung eines ordnungsgemäßen künftigen Insolvenzverfahrens. Nicht jede die Masse betreffende Rechtsverteidigung durch die spätere Insolvenzschuldnerin nach der [X.]estellung eines „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters liegt im allgemeinen Interesse iSv. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Dem Interesse an einer ordnungsgemäßen Durchführung eines Insolvenzverfahrens ist bereits durch § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO Rechnung getragen. Einer [X.]erücksichtigung dieser Interessen im Rahmen von § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO bedarf es deshalb nicht.

Durch die Einfügung von § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO mit Gesetz vom 13. Juni 1980 ([X.]G[X.]l. I S. 677) wollte der Gesetzgeber dem Konkursverwalter im Interesse der Anreicherung der Konkursmasse die Prozessführung in weiterem Umfange als vorher ermöglichen ([X.]T-Drucks. 8/3068 S. 26). Dies geschah dadurch, dass nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO einer [X.] kraft Amtes Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, ohne dass es darauf ankäme, ob die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Der Konkursverwalter gehörte als amtlich bestellter Vermögensverwalter zu den [X.]en kraft Amtes (vgl. [X.]AG 17. Januar 2002 - 2 [X.] - zu [X.] I 2 a der Gründe, EzA KSchG § 4 nF Nr. 62). Eine Erweiterung dieser Möglichkeit, im Interesse der Masseanreicherung Prozesse zu führen, über die [X.]egünstigung für [X.]en kraft Amtes hinaus hat auch der Gesetzgeber der [X.] (Gesetz vom 5. Oktober 1994, [X.]G[X.]l. I S. 2866) nicht vorgenommen.

Der Gesetzgeber der [X.] hat mit der Einführung des vorläufigen Insolvenzverwalters die Möglichkeiten der Sicherung des [X.] im Vorfeld der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verstärkt. Er unterscheidet dabei zwischen dem „starken“ vorläufigen Verwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergeht (§ 22 Abs. 1 [X.]), und dem „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter, dessen Pflichten sich nach der Anordnung des Gerichts bestimmen (§ 22 Abs. 2 [X.]; vgl. zu dieser Unterscheidung auch [X.]GH 18. Juli 2002 - [X.]/01 - [X.]GHZ 151, 353). Ebenso wie der endgültige Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 [X.] „erhält bereits der vorläufige Insolvenzverwalter die volle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners“ (so die Formulierung in der [X.]egründung zum Entwurf der [X.]: [X.]T-Drucks. 12/2443 S. 116 f.), soweit es sich um einen „starken“ vorläufigen Verwalter handelt. Wie der endgültige Insolvenzverwalter - und früher der Konkursverwalter - ist der starke vorläufige Insolvenzverwalter amtlich bestellter Vermögensverwalter und damit [X.] kraft Amtes ([X.] 22. Dezember 2008 - 419 [X.]/07 - zu I der Gründe, [X.], 686; [X.] 2. Januar 2002 - 21 [X.]/01 - zu [X.] I der Gründe, Z[X.] 2002, 386).

Dahingestellt bleiben kann, ob die Prozessführungsbefugnis des „starken“ vorläufigen Verwalters auf solche Verfahren beschränkt ist, die zur Sicherung der Masse unerlässlich sind (dazu mit Nachweisen [X.] 27. Mai 2003 - 27 W 16/03 - zu II der Gründe, [X.], 35). Denn jedenfalls hat der Gesetzgeber mit dem „starken“ vorläufigen Verwalter eine Institution geschaffen, die im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens Prozesskostenhilfe zur Sicherung des [X.] unter den Voraussetzungen von § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO erlangen kann, ohne dass es darauf ankäme, ob die Unterlassung der Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderliefe.

cc) Die Antragstellerin hat nicht geltend gemacht, dass im konkreten Fall durch eine mögliche Masseverringerung Arbeitsplätze gefährdet wären, eine erhebliche Anzahl von [X.] ausfallen würde, oder ähnlich schwerwiegende Folgen eintreten könnten.

III. Die Antragstellerin hat die Kosten ihrer [X.]eschwerde und ihrer Rechtsbeschwerde zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO, Nr. 8614 und 8623 des Kostenverzeichnisses zum GKG). Mit der Kostenentscheidung hatte der Senat auch über die insolvenzrechtliche Einordnung der Kosten zu entscheiden ([X.]AG 19. September 2007 - 3 AZ[X.] 35/05 - Rn. 16 ff., [X.] [X.] § 55 Nr. 15 = EzA ZPO 2002 § 91 Nr. 2). Es handelt sich um die Antragstellerin treffende, nicht im Insolvenzverfahren zu berücksichtigende Kosten. Da der Insolvenzverwalter nie [X.]eteiligter am Prozesskostenhilfeverfahren war, scheidet eine Einordnung als Masseverbindlichkeit aus. Es handelt sich auch nicht um bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits entstandene Kosten, die als Insolvenzforderung anzumelden wären (§ 38 [X.]). Dem steht nicht entgegen, dass das Prozesskostenhilfeverfahren bereits vor der Insolvenzeröffnung eingeleitet wurde. Im vorliegenden Falle folgt das bereits daraus, dass [X.] im Prozesskostenhilfeverfahren erst ab der [X.]eschwerdeinstanz entstehen können. Die Einlegung der [X.]eschwerde und der Rechtsbeschwerde erfolgten hier nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sonstige Kosten sind im Prozesskostenhilfeverfahren ohnehin nicht erstattungsfähig (§ 127 Abs. 4 ZPO).

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

        

        

        

                 

Meta

3 AZB 8/11

03.08.2011

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZB

vorgehend ArbG Düsseldorf, 15. Juli 2010, Az: 12 Ca 8272/09 (PKH), Beschluss

Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 11a ArbGG, § 78 ArbGG, § 116 S 1 Nr 1 ZPO, § 116 S 1 Nr 2 ZPO, § 22 Abs 1 InsO, § 22 Abs 2 InsO, § 127 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 03.08.2011, Az. 3 AZB 8/11 (REWIS RS 2011, 4231)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4231

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 AZR 546/15 (A) (Bundesarbeitsgericht)

Eigenverwaltender Schuldner - Prozesskostenhilfe


3 Ta 165/20 (LArbG München)

Prozesskostenhilfe, Kündigungsschutzverfahren, Unterbrechung des Hauptsacheverfahrens, Insolvenz des Arbeitgebers


12 Ca 8272/06 (Arbeitsgericht Düsseldorf)


3 AZB 46/10 (Bundesarbeitsgericht)

Prozesskostenhilfe - Mutwilligkeit


4 Ta 36/05 (Landesarbeitsgericht Hamm)


Referenzen
Wird zitiert von

3 Ta 165/20

1 Ta 231/15

1 Ta 438/11

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.